TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/30 98/11/0108

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §75 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. April 1998, Zl. VerkR-392.891/1-1997/Si, betreffend Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, sich binnen zwei Wochen bei der Erstbehörde ärztlich untersuchen zu lassen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 ist vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ein neuerliches ärztliches Gutachten gemäß § 67 Abs. 2 einzuholen. Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, u.a. sich ärztlich untersuchen zu lassen, keine Folge, so ist ihm die Lenkerberechtigung zu entziehen. Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 ist, daß im Sinne des Abs. 1 dieses Paragraphen begründete Bedenken in der Richtung bestehen, die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung seien nicht mehr gegeben.

Der bekämpfte Aufforderungsbescheid beruht auf der Annahme, es bestünden Bedenken gegen die geistige und körperliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Die belangte Behörde begründete dies damit, daß laut Strafanzeige vom 29. September 1997 anlässlich einer Hausdurchsuchung im Haus des Beschwerdeführers Suchtgifte und "Utensilien" vorgefunden worden seien. Dieser Sachverhalt gebe Anlaß zu Bedenken, insbesondere im Hinblick auf eine allfällige Süchtigkeit, die das sichere Beherrschen von Kraftfahrzeugen und das Einhalten der für deren Lenken geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnte (§ 34 Abs. 1 lit. e KDV 1967).

Der Beschwerdeführer tritt dieser Ansicht zu Recht entgegen. Anders als im Falle eines stattgefundenen Alkohol- oder Drogenmißbrauchs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 98/11/0004) vermag die Tatsache des Vorfindens von Suchtgift und Suchtgiftutensilien anlässlich einer Hausdurchsuchung - ebensowenig wie das Vorfinden von alkoholischen Getränken - für sich allein noch nicht begründete Bedenken im Sinne des § 75 Abs. 1 KFG 1967 gegen die geistige und körperliche Eignung des Inhabers der Wohnung (des Hauses) zu erwecken. Solche Bedenken wären erst dann gegeben, wenn aufgrund der Umstände des Falles die Annahme eines tatsächlichen Drogenkonsums des Betreffenden berechtigt wäre. Die belangte Behörde hat dazu allerdings weder Ermittlungen vorgenommen noch Feststellungen getroffen. Der Inhalt der Anzeige allein bildet keine taugliche Grundlage für eine derartige Annahme. An keiner Stelle ist darin von einem (zugestandenen oder zumindest schlüssig anzunehmenden) Suchtgiftkonsum des Beschwerdeführers die Rede. Die Anzeige nach dem Suchtgiftgesetz erfolgte wegen des Verdachtes, er habe die vorgeführten Suchtgifte und "Utensilien" frei zugänglich im Wohnzimmerschrank gelagert. Der Beschwerdeführer, der mit seiner Lebensgefährtin in dem betreffenden Haus seit längerem wohnt, erklärte, von diesen Gegenständen nichts zu wissen. Die Lebensgefährtin gab an, sie habe die Gegenstände selbst erworben und auch gelegentlich "Joints geraucht", von einem Suchtgiftkonsum des Beschwerdeführers sei ihr nichts bekannt.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998110108.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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