TE Bvwg Beschluss 2019/9/6 W224 2223018-1

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Veröffentlicht am 06.09.2019
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Entscheidungsdatum

06.09.2019

Norm

AVG §39 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
Leistungsbeurteilungsverordnung §3 Abs3
SchUG §25 Abs1
SchUG §71 Abs2 litc
SchUG §71 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

W224 2223018-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Waltl & Partner, Flugplatzstraße 52, 5700 Zell am See, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Salzburg vom 08.08.2019, Zl. 525002/0058-PA-BWR-Allgemein/2019, beschlossen:

A)

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz wird der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bildungsdirektion für Salzburg zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2018/2019 die XXXX -Klasse der HTBLA XXXX

2. Am 27.06.2019 entschied die Klassenkonferenz, dass der Beschwerdeführer gemäß § 25 SchUG nicht zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe berechtigt sei, weil er in den Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften", "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus", "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" jeweils die Note "Nicht genügend" erhalten habe.

3. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer am 03.07.2019 form- und fristgerecht Widerspruch. In diesem wird Folgendes wörtlich ausgeführt:

"Da die Einspruchsfrist am Freitag endet und ich mich auf Grund dieses knappen Zeitfensters noch nicht rechtlich habe beraten lassen können, lege ich hiermit Einspruch gegen das Nicht Genügend in den Fächern Naturwissenschaften sowie Mechanik und Elektronik ein. Das Nicht Genügend in den Fächern Elektrotechnik und Elektronik sowie Angewandte Informatik akzeptiere ich nur vorbehaltlich einer Überprüfung auf eventuelle Formalfehler durch eine rechtskundige Person."

4. Die Lehrkräfte in den Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften" und "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus" gaben jeweils eine Stellungnahme zur erfolgten Beurteilung ab. Die Bildungsdirektion für Salzburg gab eine "pädagogische Stellungnahme zum Widerspruch" ab, wobei sie hinsichtlich des Pflichtgegenstandes "Naturwissenschaften" ausführte, dass Mitarbeitsaufzeichnungen nicht ausreichend vorhanden seien, um die Beurteilung "gut nachvollziehen zu können". Auch die Beurteilung der Tests erscheine nicht transparent, so werde nicht, wie vorgesehen, die zu erreichende Anzahl an Punkten pro Fragestellung im Vorhinein festgelegt. Auf Grund der in den Tests erbrachten Leistungen des Beschwerdeführers scheine die Beurteilung mit "Nicht genügend" dennoch gerechtfertigt.

5. Mit Schreiben vom 22.07.2019 erstattete der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine Ergänzung zum Widerspruch und beantragte Akteneinsicht unter anderem in die Unterlagen betreffend die Mitarbeit in den Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften", "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus", "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik".

6. Am 02.08.2019 erstatte der Beschwerdeführer eine Äußerung und brachte dabei vor, er habe Widerspruch hinsichtlich der negativen Beurteilung in vier Fächern, nämlich "Naturwissenschaften", "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus", "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" erhoben. Der Widerspruch sei auch "telefonisch bestätigt" worden. Betreffend die Pflichtgegenstände "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" seien keinerlei Unterlagen über die Benotung im Akt vorhanden gewesen. Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage dieser Unterlagen, andernfalls er davon ausgehe, dass für die Pflichtgegenstände keine Dokumentation für die Beurteilung vorliege. Im Pflichtgegenstand "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus" erkenne er die Beurteilungen der schriftlichen Arbeiten als richtig an. Es fehlten jedoch Aufzeichnungen für die Mitarbeit, mündliche Wiederholungen, mündliche Lernzielkontrollen und sonstige Beurteilungsunterlagen. Im Bericht über den Pflichtgegenstand "Naturwissenschaften" schienen als Beurteilungsgrundlage drei Tests und ein "chemisches Rechnen" auf, über sonstige Mitarbeit, Anwesenheit und mündliche Prüfungen lägen keine Unterlagen vor. Ein Prüfungstermin sei dem Beschwerdeführer nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden.

7. Mit Bescheid vom 08.08.2019, Zl. 525002/0058-PA-BWR-Allgemein/2019, wies die Bildungsdirektion für Salzburg (im Folgenden: belangte Behörde) den Widerspruch des Beschwerdeführers ab. Weiters führte die belangte Behörde im Spruch des Bescheides aus: "Die Beurteilungen in den Pflichtgegenständen ‚Naturwissenschaften', ‚Mechanik und Elemente des Maschinenbaus', ‚Elektrotechnik und Elektronik' sowie ‚Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik' mit ‚Nicht Genügend' bleiben aufrecht." In ihrer Begründung stützte sie sich im Wesentlichen auf die Stellungnahmen der Lehrer in den Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften" und "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus" und die "pädagogische Stellungnahme". Hinsichtlich der Pflichtgegenstände "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" seien tatsächlich keine Unterlagen der Schule vorgelegt worden, weil der Beschwerdeführer seinen Widerspruch zunächst nicht auf diese Pflichtgegenstände gestützt habe und lediglich ausgeführt habe, dass er die Beurteilung mit "Nicht genügend" in diesen Pflichtgegenständen vorbehaltlich einer Überprüfung auf eventuelle Formalfehler durch eine rechtskundige Person akzeptiere. Der Beschwerdeführer habe keine Anhaltspunkte dafür vorgelegt, aus welchem Grund die Beurteilung in diesen Gegenständen nicht richtig sein sollte. Auf Grund der Ferienzeit sei es auch nicht mehr möglich gewesen, die entsprechenden Unterlagen der Schule einzuholen. Im Pflichtgegenstand "Naturwissenschaften" seien tatsächlich keine umfangreichen Mitarbeitsaufzeichnungen vorgelegt worden. Jedoch werde in der Stellungnahme des unterrichtenden Lehrers ausgeführt, dass die Mitarbeit mit "Genügend" beurteilt werde. Wenn der Beschwerdeführer keine näheren Argumente vorbringe, aus welchem Grund die Beurteilung unrichtig sein sollte, müsse auf die Aussagen des Lehrers vertraut werden. In jedem Fall sei nachvollziehbar, dass bei der vorliegenden Beurteilung der Tests mit "Nicht genügend" die Jahresbeurteilung mit "Nicht genügend" ebenfalls gerechtfertigt sei. Die Dokumentation im Pflichtgegenstand "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus" scheine nachvollziehbar und sei von beiden Lehrkräften erstellt worden. Da die Beurteilung in den Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften" und "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus" auf die vorgelegten Unterlagen gestützt werden könne, müsse der Widerspruch in jedem Fall abgewiesen werden, auch wenn eine Überprüfung der Beurteilung in den Pflichtgegenständen "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" eine positive Beurteilung ergebe. Es gebe aber keine Anhaltspunkte, dass die Beurteilung in diesen beiden letztgenannten Pflichtgegenständen unrichtig sein könnte.

8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte dabei im Wesentlichen vor, er habe seinen Widerspruch immer gegen die Beurteilung mit "Nicht genügend" in den vier Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften", "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus", "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" gerichtet. Hinsichtlich der Fächer "Naturwissenschaften" und "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus" fehle in den Unterlagen jegliche Angabe darüber, wie die Beurteilung prozentuell in Mitarbeit, schriftliche Arbeiten und mündliche Prüfungen aufgeteilt worden sei. Bei der mündlichen Prüfung im Pflichtgegenstand "Naturwissenschaften sei der erste Prüfungstermin nicht mitgeteilt worden. In den Pflichtgegenständen "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" fehlten die Unterlagen zur Beurteilung zur Gänze.

9. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.08.2019, eingelangt am 02.09.2019, die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2018/2019 die XXXX -Klasse der HTBLA XXXX .

In den Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften", "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus", "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" erhielt er jeweils die Beurteilung "Nicht genügend".

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2019, lauten:

"Aufsteigen

§ 25. (1) Ein Schüler ist zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit "Befriedigend" beurteilt wurde.

(2) Ein Schüler ist ferner zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält, aber

a) der Schüler nicht auch schon im Jahreszeugnis des vorhergegangenen Schuljahres in demselben Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" erhalten hat,

b) der betreffende Pflichtgegenstand - ausgenommen an Berufsschulen - in einer höheren Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist und

c) die Klassenkonferenz feststellt, daß der Schüler auf Grund seiner Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweist.

(3) - (9) [...]

[...]

Provisorialverfahren (Widerspruch)

§ 71. (1) Gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 ist Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.

(2) Gegen die Entscheidung,

a) daß die Einstufungs-, Aufnahms- oder Eignungsprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 3, 8, 28 bis 31),

b) betreffend den Wechsel von Schulstufen (§ 17 Abs. 5),

c) dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit § 25) oder zum Übertritt in eine mindestens dreijährige mittlere oder in eine höhere Schule nicht berechtigt ist (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6a),

d) daß die Aufnahmsprüfung gemäß § 31b Abs. 4 nicht bestanden worden ist,

e) daß der Schüler auf der nächsten Schulstufe eine niedrigere Leistungsgruppe zu besuchen hat oder daß sein Antrag auf Umstufung in die höhere Leistungsgruppe für die nächste Schulstufe abgelehnt wird (§ 31c Abs. 6),

f) daß eine Reifeprüfung, eine Reife- und Diplomprüfung, eine Diplomprüfung, eine Abschlußprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 38, 41, 42),

g) dass dem Ansuchen gemäß § 26a nicht vollinhaltlich stattgegeben wurde,

h) dass die letztmögliche Wiederholung einer Semesterprüfung (§ 23a) nicht bestanden worden ist,

ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter (der Vorsitzende der Prüfungskommission) hat den Widerspruch unter Anschluß einer Stellungnahme der Lehrer (Prüfer), auf deren Beurteilungen sich die Entscheidung gründet, sowie unter Anschluß aller sonstigen Beweismittel unverzüglich der zuständigen Schulbehörde vorzulegen.

(2a) Mit Einbringen des Widerspruches tritt die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 und des § 71 Abs. 2 außer Kraft. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.

(3) Die Frist für die Einbringung des Widerspruchs beginnt im Falle der mündlichen Verkündung der Entscheidung mit dieser, im Falle der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung jedoch mit der Zustellung.

(4) Die zuständige Schulbehörde hat in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit "Nicht genügend" stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, daß eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.

(5) Für die Durchführung der kommissionellen Prüfung gelten die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung (§ 23 Abs. 6) mit der Maßgabe, dass

1. die Prüfung unter dem Vorsitz eines Schulaufsichtsbeamten oder eines von diesem bestimmten Vertreters stattzufinden hat und

2. der Vorsitzende den Lehrer, der den betreffenden Unterrichtsgegenstand in der betreffenden Klasse unterrichtet hat, oder einen anderen für den betreffenden Unterrichtsgegenstand (das Prüfungsgebiet) lehrbefähigten Lehrer als Prüfer und einen weiteren Lehrer als Beisitzer zu bestellen hat.

Wenn eine Einigung über die Beurteilung des Ergebnisses dieser Prüfung nicht zu Stande kommt, entscheidet der Vorsitzende.

(6) Der dem Widerspruch stattgebenden oder diesen abweisenden Entscheidung ist die Beurteilung zugrunde zu legen, die die Behörde nach der Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach der Durchführung der Prüfung für richtig hält. Sofern diese Beurteilung nicht auf "Nicht genügend" lautet, ist ein Zeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält.

(7) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 75/2013)

(7a) Im Falle des Abs. 2 lit. h hat die Schulbehörde erster Instanz die behauptete unrichtige Beurteilung der Semesterprüfung mit "Nicht genügend" bzw. deren Nichtbeurteilung wegen vorgetäuschter Leistungen zu überprüfen. Wenn die Unterlagen zur Feststellung, dass eine Nichtbeurteilung oder eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, nicht ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber zu einer neuerlichen Semesterprüfung unter dem Vorsitz eines Vertreters der Schulbehörde erster Instanz zuzulassen.

(8) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 75/2013)

(9) Gegen andere als in Abs. 1 und 2 genannte Entscheidungen von schulischen Organen ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig."

Zu A)

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063; 18.5.2016, Ra 2016/20/0072 m.w.H.).

Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält.

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist (§ 20 Abs. 6 iVm. § 25), ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die zuständige Schulbehörde in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit "Nicht genügend" stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, dass eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen.

Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist der dem Widerspruch stattgebenden oder diesen abweisenden Entscheidung die Beurteilung zugrunde zu legen, die die Behörde nach der Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach der Durchführung der Prüfung für richtig hält. Sofern diese Beurteilung nicht auf "Nicht genügend" lautet, ist ein Zeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesem erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre. Wenn jedoch der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern (vgl. VwGH vom 13.03.2016, 2013/17/0705). Aus dem ursprünglich eingebrachten Widerspruch, der Ergänzung zum Widerspruch und der Äußerung des Beschwerdeführers geht eindeutig hervor, dass sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung in den vier Pflichtgegenständen "Naturwissenschaften", "Mechanik und Elemente des Maschinenbaus", "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" gewandt hat.

Mit dem eingebrachten Widerspruch trat die (provisoriale) Entscheidung des Schulorganes außer Kraft (§ 71 Abs. 2a SchUG) und die belangte Behörde wurde verpflichtet, ein Verwaltungsverfahren einzuleiten.

Die belangte Behörde hat jegliche Ermittlungen in Bezug auf die Beurteilung in den Pflichtgegenständen "Elektrotechnik und Elektronik" sowie "Angewandte Informatik und fachspezifische Informationstechnik" unterlassen und im angefochtenen Bescheid hierzu lediglich ausgeführt, auf Grund der Ferienzeit sei es nicht mehr möglich, die entsprechenden Unterlagen einzuholen. Hinsichtlich des Pflichtgegenstandes "Naturwissenschaften" führte die pädagogische Stellungnahme aus, dass Mitarbeitsaufzeichnungen nicht ausreichend vorhanden seien, um die Beurteilung "gut nachvollziehen zu können". Auch die Beurteilung der Tests erscheine nicht transparent, so werde nicht, wie vorgesehen, die zu erreichende Anzahl an Punkten pro Fragestellung im Vorhinein festgelegt. Für den Fall, dass die Unterlagen nicht zur Feststellung, dass eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung zuzulassen (§ 71 Abs. 4 SchUG). Diese Vorgehensweise wäre aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf Grund der Aussagen der pädagogischen Stellungnahme auch im Pflichtgegenstand "Naturwissenschaften" geboten gewesen, denn selbst wenn der Lehrer die Mitarbeit mit "Genügend" beurteilt, sind keinerlei Aufzeichnungen über die Mitarbeit des Beschwerdeführers vorgelegt worden. Auch die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass für den Fall, dass der Beschwerdeführer keine näheren Argumente vorbringe, aus welchem Grund die Beurteilung unrichtig sein sollte, auf die Aussagen des Lehrers vertraut werden müsse, ist rechtlich nicht haltbar. Im Übrigen ist es auch unzulässig, ausschließlich die Tests im Pflichtgegenstand "Naturwissenschaften" der Leistungsbeurteilung zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 3 Leistungsbeurteilungsverordnung).

Die belangte Behörde verkennt insoweit, dass der Beschwerdeführer eben keine "Anhaltspunkte" liefern muss, dass die Beurteilung unrichtig sein könnte, denn die belangte Behörde hat den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (VwSlg. 10.391 A/1981). Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Lehrplananforderungen unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichts. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Lehrplananforderungen und der maßgebliche Stand des Unterrichts ermittelt und mit den Stellungnahmen der Lehrkräfte abgeglichen worden wären. Aus dem gesamten Verfahren vor der belangten Behörde sind keine Stellungnahmen der Schulqualitätsmanager in den vier vom Widerspruch umfassten Pflichtgegenständen eingeholt worden. Die belangte Behörde muss sich mit den Stellungnahmen der Lehrkräfte näher auseinandersetzen (insbesondere durch Einholung einer fachgutachterlichen Stellungnahme) und im Rahmen der Beweiswürdigung darlegen, aus welchen Gründen diesen Stellungnahmen gefolgt wird oder nicht bzw. wie die Ausführungen des Beschwerdeführers zu gewichten sind. Jedenfalls kann in einer bloßen wörtlichen Wiedergabe der Stellungnahmen der Lehrkräfte keine für eine Bescheidbegründung notwendige, ausreichende Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt gesehen werden (vgl. VwGH 6.3.2008, 2007/09/0335).

Da somit die erforderlichen entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Dabei ist neuerlich darauf hinzuweisen, dass im Verfahren zur Überprüfung einer Beurteilung mit "Nicht genügend" den Schüler keine formelle Beweislast trifft, sondern die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufzuklären hat (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage, Anm. 13 zu § 71 SchUG mit Hinweis zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Im weiteren Verfahren wird die belangte Behörde ein umfassendes Ermittlungsverfahren zu führen haben, bei dem alle für die Entscheidung relevanten Beweismittel eingeholt werden (insbesondere ein Fachgutachten zu den ausführlichen Stellungnahmen der Lehrkräfte; im Bedarfsfall Vorgehen gemäß § 71 Abs. 4 SchUG).

In der Gesamtschau ist der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides im Vergleich zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht unter dem Aspekt der Raschheit und der Kostenersparnis der Vorzug zu geben. Das erstinstanzliche Verfahren erweist sich aus den dargelegten Gründen insgesamt als so mangelhaft, dass von dem in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen war. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Gegenständlich ist der Bescheid zur Gänze aufzuheben, weil die Absprüche der belangten Behörde über die einzelnen Beurteilungen in den jeweiligen Pflichtgegenständen nicht trennbar sind.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergeht in Anlehnung an die im Beschluss zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

amtswegige Ermittlungspflicht, Antragsbegehren, Aufstieg in
nächsthöhere Schulstufe, Auslegung, Begründungsmangel,
Beweiswürdigung, Ermittlungspflicht, Kassation, kommissionelle
Prüfung, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, negative Beurteilung,
Parteiwille, Pflichtgegenstand, Widerspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W224.2223018.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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