TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/1 96/09/0130

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Veröffentlicht am 01.07.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §13 Abs3;
AuslBG §4 Abs3 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerden

1.

der ACES International Public Relations GesmbH in Wien, und

2.

der ACES Bratislava Public Relations s.r.o. in Bratislava/SK, beide vertreten durch Dr. Franz Christian Sladek und Dr. Michael Meyenburg, M.C.I., Rechtsanwälte in Wien VII, Neustiftgasse 3, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. März 1996, Zl. 10/67 02 B/154 9400, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,

Spruch

I. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, ist Antragstellerin und Bescheidadressatin sowohl des erstinstanzlichen Bescheides als auch des nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides der belangten Behörde ausschließlich die Zweitbeschwerdeführerin; die Erstbeschwerdeführerin war weder am Verwaltungsverfahren beteiligt noch wurde ihr gegenüber der angefochtene Bescheid erlassen.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die erstbeschwerdeführende Partei war weder Antragsteller noch Bescheidadressat, eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Akten. Allein aus der Tatsache der firmenmäßigen Verflechtung läßt sich die Beschwerdelegitimation der Erstbeschwerdeführerin nicht ableiten. Mangels Berechtigung zur Beschwerdeerhebung war daher die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

II.

Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Am 10. Jänner 1996 stellte die Zweitbeschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung (ohne Sicherungsbescheinigung) nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für die slowakischen Staatsangehörige Jovanka Benkeova (im folgenden: B.) mit Wohnsitz in Banska Bystrica für die berufliche Tätigkeit einer Geschäftsführerin bei der voraussichtlichen Anzahl von in Österreich verbrachten Wochenstunden von ca. 10 bis 15 (spezielle Kenntnisse und Ausbildungserfordernisse: "Russisch, Slowakisch, Behördenkontakte in der Slowakei") mit dem Bemerken, eine Aufenthaltsberechtigung bestehe, weil B. "Grenzgänger im Sinne des Aufenthaltsgesetzes" sei.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1996 lehnte das zuständige Arbeitsmarktservice die Ausstellung der beantragten Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG ab.

In der dagegen gerichteten (gemeinsamen) Berufung der erst- und zweitbeschwerdeführenden Partei sowie der B. wurde im wesentlichen ausgeführt, auf Grund der in Aussicht genommenen Tätigkeit sei es nicht erforderlich, daß B. Aufenthalt in Österreich nehme, "weil sie ja nur für die Zeit, die sie mit Projekten in Österreich beschäftigt ist, sich in Österreich aufhalten wird". Die beantragte Beschäftigungsbewilligung diene daher lediglich dazu, auch für diese Zeit eine legale Beschäftigung in Österreich zu begründen. Insoweit überhaupt nicht die Erstbeschwerdeführerin als dasjenige österreichische Unternehmen, bei der die Beschäftigung der B. beabsichtigt sei, im Bescheid erwähnt worden sei, würden dieser (österreichischen Gesellschaft) überhaupt die Rechte zur Erwerbsausübung genommen. Für den Fall, daß die Rechtsmeinung der Erstbehörde richtig sein solle, wonach unter allen Umständen zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auch für kurzfristige Projekte eine Aufenthaltsbewilligung erforderlich sein sollte, erscheine § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG verfassungswidrig. Insbesondere auch, weil auf Grund des novellierten § 18 AuslBG durch das Arbeitsplatzsicherungsgesetz ein Spielraum für den Einsatz von ausländischen Arbeitnehmern für Projekte in Österreich, soweit sie nicht aus EWR-Staaten stammen, nicht mehr möglich erscheine. Wie solle aber die inländische erstbeschwerdeführende GesmbH und die Zweitbeschwerdeführerin ihre Projekte für die Slowakei durchführen, wenn sie nicht die Möglichkeit erhielten, legal slowakische Staatsbürger, die bei der Zweitbeschwerdeführerin angestellt seien, für diese Arbeiten, die auch zwangsweise in Österreich kurzfristig notwendig würden, in Österreich zu beschäftigen. Für solche kurzfristige Arbeiten, die keinen Aufenthalt in Österreich begründeten, seien die Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes daher nicht anwendbar.

Mit dem (ausschließlich an die zweitbeschwerdeführende Partei gerichteten angefochtenen Bescheid) wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991, BGBl. Nr. 51 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG "in der derzeit geltenden Fassung" ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, als "Grenzgänger" im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gälten nur Ausländer, die ihren Wohnsitz in einem Nachbarstaat haben, täglich an ihren Wohnsitz zurückkehren und in einem der Staatsgrenze unmittelbar benachbarten politischen Bezirk Österreichs einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen wollen. Diese Voraussetzungen träfen auf das Bundesland Wien nicht zu - es handle sich nicht um einen politischen Grenzbezirk -, daher benötige B. für die Beschäftigungsaufnahme eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei festgestellt worden, daß der beantragten ausländischen Arbeitskraft noch niemals eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden sei. Daher sei auch der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für B. aus den Gründen des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG abzulehnen gewesen. Im übrigen sei im Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ausgeführt gewesen, daß die beantragte Ausländerin mit 10 bis 15 Stunden pro Woche in Österreich hätte tätig sein sollen, weshalb es sich um eine regelmäßige Verwendung im Bundesgebiet gehandelt hätte, sodaß hiefür sowohl die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als auch einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich gewesen wäre. Für eine laufende Verwendung der B. in Österreich spreche auch die Tatsache, daß von der zweitbeschwerdeführenden Partei bereits am 29. September 1993 ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für B. als "PR-Koordinatorin" eingebracht worden sei, der abgelehnt worden sei. Am 20. Oktober 1993 sei ein Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung gestellt worden, der ebenfalls negativ beschieden worden sei. Auch erscheine § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG im Hinblick auf die Bestimmung des § 18 Abs. 2 AuslBG keineswegs verfassungswidrig, denn gerade letztere Bestimmung regle, daß Ausländer, die ausschließlich im Zusammenhang mit kurzfristigen Arbeitsleistungen, für die ihre Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden, wie geschäftliche Besprechungen, Besuche von Messeveranstaltungen, Kongressen und dgl., beschäftigt werden, eine Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich sei. Da aber die beantragte Ausländerin dem Antrag zufolge als Geschäftsführerin bzw. Direktorin in Wien hätte agieren sollen und zudem keine Befristung dieses Aufgabenbereiches bekanntgegeben worden sei, könne die beantragte Ausländerin nicht unter § 18 Abs. 2 AuslBG subsumiert werden. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 AuslBG lägen ebenfalls nicht vor. Eine verfassungswidrige Einschränkung der Erwerbsfreiheit sei ebenfalls nicht zu erkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG gestützt. Nach dieser Gesetzesbestimmung (in der Fassung BGBl. Nr. 475/1992) darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn der Ausländer zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, berechtigt ist, ausgenommen im Falle des Antrags auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung (was hier nicht vorliegt).

Nach § 1 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) brauchen Fremde (§ 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes - BGBl. Nr. 838/1992) zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung. Von Fremden, die sich

1.

...

2.

zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, wird für Zwecke dieses Bundesgesetzes gemäß § 1 Abs. 2 AufG jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz begründen.

§ 1 Abs. 3 AufG sieht Ausnahmen für bestimmte Fremde vor, die keiner Aufenthaltsbewilligung bedürfen.

Aus der unwiderleglichen (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage 525 Blg. NR XVIII. GP) Vermutung des § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG folgt, daß alle nicht unter die Ausnahmebestimmungen fallenden Fremden jedenfalls ab dem Augenblick der Aufnahme der Erwerbstätigkeit in Österreich einer Aufenthaltsbewilligung bedürfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG bereits im Zeitpunkt der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung vorliegen muß (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/09/0196).

Die Zweitbeschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang die Behauptung aufgestellt, die Ausländerin B. bedürfe im Sinne des § 1 Abs. 3 AufG keiner Bewilligung, weil sie gemäß § 13 Abs. 3 AufG "Grenzgängerin" sei.

Nach § 13 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz bedürfen Fremde bis zum Inkrafttreten der in § 1 Abs. 3 Z. 2 vorgesehenen Staatsverträge (Anmerkung: mit der slowakischen Republik bestand und besteht derzeit kein solcher Staatsvertrag) keiner Bewilligung nach diesem Bundesgesetz (AufG), die ihren Wohnsitz in einem Nachbarstaat haben, in den sie täglich zurückkehren und die sich zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in einem unmittelbar an der Staatsgrenze liegenden politischen Bezirk in Österreich aufhalten.

"Grenzgänger" sind auf Grund der Bestimmung des § 13 Abs. 3 AufG somit nur dann von der Bewilligungspflicht - sofern sie nicht ohnedies schon auf Grund eines Staatsvertrages keiner Bewilligung bedürfen - ausgenommen, wenn sie

1.

täglich in den Heimatstaat zurückkehren, und

2.

der Firmensitz der Arbeitgeberin in einem Grenzbezirk liegt. Daß der Wohnsitz des Fremden im Nachbarstaat unmittelbar in einem Grenzbezirk liegt, ist nicht erforderlich. Der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang Rechtswidrigkeit nicht vorzuwerfen, wenn sie auch angesichts der geografischen Lage Wiens und dem damit fehlenden Firmensitz der Arbeitgeberin in einem Grenzbezirk die Voraussetzung des § 13 Abs. 3 AufG nicht als gegeben erachtet hat, sodaß nicht näher erörtert werden muß, daß sich aus den vorliegenden Akten eine von B. beabsichtigte tägliche Rückkehr in ihren Heimatstaat während ihrer inländischen Beschäftigungszeit nicht ergibt.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Zweitbeschwerdeführerin im Hinblick auf ihren Sitz in Bratislava überhaupt ein Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung hat.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin auf § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090130.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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