TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/10 LVwG-2020/25/0163-2

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Veröffentlicht am 10.02.2020
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Entscheidungsdatum

10.02.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §359b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, Adresse 1, Z, und BB, Adresse 2, Y, beide vertreten durch RA CC, Adresse 3, X vom 14.01.2020 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 10.12.2019, Zl ***, betreffend Verfahren nach § 359b Gewerbeordnung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nunmehr wie folgt zu lauten hat:

„Es wird festgestellt, dass bei der eingangs und in den mit dem Genehmigungsvermerk zu diesem Bescheid versehenen Plänen und technischen Unterlagen beschriebenen und dargestellten Anlage die im § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994, BGBl 194 idF BGBl I 2017/96 festgelegten Tatbestände (800 m2 und 300 kW) erfüllt sind.“

Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem am 28.06.2019 bei der Erstbehörde eingelangten Ansuchen beantragte die DD GmbH die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Gastgewerbes in der Betriebsart Restaurant/Cafè in W, Adresse 4.

Mit Verständigung vom 29.07.2019 schrieb die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung für 22.08.2019 aus. Dazu erstatteten die nunmehrigen Beschwerdeführer ihre Einwendung vom 12.08.2019, in welcher beantragt wurde, die Öffnungszeiten für die Gasträume wie auch für den Terrassenbereich nur von 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr zu bewilligen sowie eine Musikdarbietung jeglicher Art (Hintergrundmusik und Lebendmusik) auf dem Terrassenbereich nicht zu gestatten.

In der mündlichen Verhandlung am 22.08.2019 konnte der gewerbetechnische Amtssachverständige keine endgültige Stellungnahme abgeben, da geänderte Antragsunterlagen nachzureichen waren.

Mit Kundmachung vom 09.10.2019 ermöglichte die belangte Behörde betroffenen Nachbarn bis 25.10.2019, eine Stellungnahme zu den geänderten Antragsunterlagen abzugeben.

Die nunmehrigen Beschwerdeführer erhoben mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2019 Einwendungen gegen das Projekt und begründeten dies mit unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen. Es wurde Abweisung des Antrages beantragt.

In Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest, dass gemäß § 359b Abs 5 GewO iVm § 93 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die eingangs und in den mit dem Genehmigungsvermerk zu diesem Bescheid versehenen Plänen und technischen Unterlagen beschriebene und dargestellte Anlage eine Anlage nach § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28.10.1994, BGBl Nr 850, in der geltenden Fassung des Gesetzes und den Anforderungen des § 359b Abs  2 GewO 1994 entspricht. In Spruchpunkt III. wurden die nachbarschaftlichen Einwendungen von AA und BB und weiterer Nachbarn als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde von AA und BB, in welcher diese durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführen, dass die belangte Behörde davon ausgegangen sei, dass keine unzumutbaren Störungen zu erwarten seien und im Lokal bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste, dargeboten wird. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens seien amtswegig zu prüfen. Gegenständlich seien diese nicht vorgelegen. In der Kundmachung vom 09.10.2019 sei nur ausgeführt, dass zu den geänderten Antragsunterlagen bis 25.10.2019 eine Stellungnahme abzugeben sei. Diesbezüglich wäre auf die Präklusionsfolgen hingewiesen worden. Mit keinem Wort sei in dieser Kundmachung die Rede, dass nur Einwendungen in dem Sinn möglich wären, dass das vereinfachte Verfahren nicht anwendbar wäre. Die Einwendungen aus den Schreiben vom 23.10.2019 und vom 12.08.2019 würden wiederholt. Die genehmigte Betriebsart lege nahe, dass es sich um ein Nachtlokal handle. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, da die belangte Behörde sich aufgrund der fälschlich rechtlichen Beurteilung, wonach das vereinfachte Verfahren anwendbar wäre, obwohl in der Kundmachung die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens gar nicht angekündigt war, nicht mit allen Einwendungen der Nachbarn auseinandergesetzt habe. Es seien daher während der Betriebszeiten erhebliche Lärmemissionen zu erwarten, es werde auch Hintergrundmusik dargeboten und sei nicht definiert, wann Lebendmusik dargeboten wird. So sei keine verlässliche Prüfung der Lärmemissionen möglich. Auf diese Weise komme es durch den Betrieb selbst und durch an- und abfahrende Gäste zu einer Belästigung der Nachbarn durch Lärm im Zeitraum von 06:00 Uhr bis 02:30 Uhr. Es werde die Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens sowie die Einvernahme der Beschwerdeführer als Parteien sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Weiters werde beantragt, den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, dass die beantragte Genehmigung versagt wird, in eventu Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde.

II.      Sachverhalt:

Laut der Betriebsbeschreibung, auf die sich der bekämpfte Bescheid bezieht, umfasst das Restaurant 100 Verabreichungsplätze und die Terrasse 43, womit sich eine Gesamtzahl von 143 Verabreichungsplätzen ergibt. Hintergrundmusik ist im Restaurant von 06:00 Uhr bis 02:00 Uhr vorgesehen, auf der Terrasse von 08:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Die Betriebsbeschreibung enthält keine Lebendmusik. Im Restaurant sind Musikdarbietungen über künstliche Tonträger bis 70 dB (A) in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr vorgesehen. Die Betriebsräume erstrecken sich auf einer Fläche von 498,58 m2, die Terrasse umfasst 160,64  m2., was eine Summe der Betriebsflächen von 659,22 m2 ergibt. Die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte beträgt 116,5 kW.

Sowohl in der Verständigung vom 29.07.2019 für die Verhandlung am 22.08.2019 als auch in der Kundmachung vom 09.10.2019 findet sich eine Belehrung im Sinn des § 42 Abs 1 AVG und der Hinweis auf die Einsichtmöglichkeit in die Projektunterlagen. In keiner dieser beiden Verständigungen findet sich der Hinweis darauf, dass die Nachbarn einwenden können, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen, widrigenfalls die Parteistellung endet.

Es kam im Verfahren und auch nach der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2019 zu Projektänderungen.

Aus der ergänzenden lärmtechnischen Stellungnahme der EE GmbH vom 06.12.2019 ergibt sich, dass aufgrund der durchgeführten lärmtechnischen Untersuchungen und Berechnungen der planungstechnische Grundsatz gemäß ÖAL 3 im stundenweise betrachteten Nachtzeitraum eingehalten wird.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft X.

IV.      Rechtslage:

Die hier maßgebliche Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF. BGBl I 2017/96 lautet wie folgt:

„§ 359b.

(1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn

         1.       jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

         2.       das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

         3.       die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

         4.       das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

         5.       bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.

(2) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.

(3) Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn und, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen.

(4) Der Bescheid gemäß Abs. 3 gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat binnen zwei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und dessen Beilagen (§ 353) zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben spätestens zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde gegen den Bescheid zu entscheiden. IPPC-Anlagen und Betriebe im Sinne des § 84b Z 1 sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(5) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erfüllt.“

V.       Erwägungen:

Die Beschwerdeführer rügen, dass ihnen gegenüber keine Präklusion eingetreten sein könne, weil in der Kundmachung sich kein Hinweis darauf befunden hat, dass nur Einwendungen in dem Sinn möglich wären, dass das vereinfachte Verfahren nicht anwendbar wäre.

Ein einer gewerbebehördlichen Kundmachung nach § 356 Abs 1 GewO 1994 zugrundeliegendes Ansuchen erfordert nach ständiger Judikatur des VwGH im Hinblick auf die den Nachbarn gemäß § 356 Abs 3 GewO eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Einwendungen einen Inhalt, der Art und Umfang der beantragten Genehmigung eindeutig erkennen lässt. Eine erst nach der Anberaumung der in § 356 Abs 1 vorgesehenen mündlichen Augenscheinverhandlung erfolgende Klarstellung von Art und Umfang der beantragten Genehmigung bewirkt nicht bei der Unterlassung der Erhebung von Einwendungen den Verlust der Parteistellung der Nachbarn. Den Nachbarn ist im Rahmen des nach § 359b Abs 2 GewO vorgesehenen Anhörungsverfahrens Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer diesbezüglichen Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Die Bekanntmachung des Projektes hat auch den Hinweis auf die beschränkte Parteistellung der Nachbarn und das damit verbundene Recht zu einer Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens zu enthalten.

Deshalb und aufgrund der im folgenden Verfahren mehrfachen Projektänderungen erst nach der mündlichen Verhandlung am 22.08.2019 können keine Präklusionsfolgen gegenüber AA und BB eingetreten sein. Dies führt zur rechtlichen Folge, dass das Begehren der Beschwerdeführer auf Prüfung, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, auch im Rechtsmittelverfahren noch zulässig ist.

Im Gesetz ist ein eigener, auf einem Feststellungsbescheid gerichteter Antrag eines Genehmigungswerbers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne des § 359b Abs 3 GewO nicht vorgesehen, sondern die Behörde hat bei Vorliegen eines den Voraussetzungen des § 353 GewO entsprechenden Genehmigungsantrages dann, wenn sich aus diesem Ansuchen ergibt, dass die Anlage den in § 359b Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Tatbestandsvoraussetzungen entspricht, von Amts wegen einen Feststellungsbescheid im Sinn dieser Gesetzesstelle zu erlassen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Einleitungssatz des § 359 Abs 2, in dem ausdrücklich auf ein Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) Bezug genommen und damit klargestellt wird, dass ein Bescheid nach dieser Gesetzesstelle das Vorliegen eines solchen Genehmigungsansuchens erfordert (VwGH 22.04.1997, 97/04/0037). Die Behörde hat aufgrund eines Ansuchens des Genehmigungswerbers im Sinn des § 353 GewO um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage (§ 77 Abs 1 GewO) entweder bei Erbringung eines entsprechenden Nachweises im Sinne des § 359b GewO einen Feststellungsbescheid zu erlassen, welcher in seiner Rechtswirkung einen Genehmigungsbescheid darstellt. Es kommt dem Umstand keine Entscheidungsrelevanz zu, ob die Behörde die bei der Erfüllung der Voraussetzungen ihr obliegende bescheidmäßige Feststellung nach § 359b GewO unmittelbar aufgrund des Genehmigungsansuchens traf oder etwa erst nach Durchführung eines behördlichen Lokalaugenscheins (VwGH 31.03.1992, 92/04/0038). Erfüllt die Betriebsanlage die in § 359b Abs 1 oder die in einer Verordnung gemäß Abs 5 festgelegten Voraussetzungen, dann hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn diese die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen.

Nach § 359b Abs 1 GewO 1994 ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ua dann durchzuführen, wenn das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt (Z 2). Nach der GewRNov 2017 II ist die Prognose der Unbedenklichkeit der Immissionen nicht mehr Teil der Prüfung der zutreffenden Verfahrensart (sog Einzelfallprüfung), sondern zentraler Teil der inhaltlichen Bewertungen im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens (EB 2017). Es kommt somit nur mehr auf die Erfüllung einer der in Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Voraussetzungen an.

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu. Diese eingeschränkte Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Darüber hinaus kommen dem Nachbarn keine weiteren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu; insb. kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegens der in §  74 Abs 2 normierten Voraussetzungen (vgl. Wendl in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage4, 2016, Rz 271 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).

Gemäß § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, fallen darunter Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs 1 Z 2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert, noch zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste).

Aus der Betriebsbeschreibung gegenständlicher Anlage ergibt sich, dass die Zahl der Verabreichungsplätze mit 143 diesem Kriterium entspricht, ebenso der Umstand, dass in den dort angeführten Zeiten Hintergrundmusik wiedergegeben wird und keine Lebendmusik beantragt wurde. Die in der Betriebsbeschreibung enthaltenen Musikdarbietungen über künstlichen Tonträger bis 70 db(A) im Restaurant von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr sind jedoch nicht von § 1 Z 1 dieser Verordnung umfasst.

Im Praxisleitfaden für Gastgewerbe, welcher eine Richtlinie nach dem Stand der Technik wiederspiegelt, wird für die Interpretation von Hintergrundmusik grundsätzlich auf die ÖNORM S 5012 und deren Definition verwiesen:

- Musik, welche die Atmosphäre in einem Lokal akustisch untermalt

- unauffällig

- Verbleiben im Hintergrund

- geringer Dynamikumfang

- keine hervortretenden Frequenzen

- in der Regel ohne Text

- ohne auffällige Rhythmen

Hintergrundmusik ist nicht dazu bestimmt, bewusst wahrgenommen zu werden. Zur Definition von Hintergrundmusik mit 65 dB wird ausgeführt, dass dies gem ÖAL Nr 33 Ausgabe November 1990 definiert wurde, dabei wurde von einem Level La,1 und 65 dB ausgegangen. Mit dem Bericht BE 168 „Begrenzung der Schallemissionen durch Musikanlagen“, herausgegebenen vom Umweltbundesamt im Jänner 2000 wurde noch entgegnet, dass der La,1 von 65 dB als mittlerer Spitzenpegel angesehen wird und der Laeq mit 58 dB zu verstehen ist, wobei hierzu Ringversuche durchgeführt wurden und die Differenz zwischen Laeq und La,1 bei üblichen Musikstücken jeweils 7 dB betrug. Zum Laeq ist festzuhalten, dass dieser mit rosa Rauschen einzustellen ist. Demgemäß ist Hintergrundmusik im heutigen Fachjargon mit 58 dB zu verstehen.

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf § 1 Z 1 der Verordnung des Bundeministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl 1994/850 idF BGBl II 1999/19, wonach für Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (davon ausgenommen ist bloße Hintergrundmusik), das vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelangt. Dies geht auch aus der Begründung des Bescheids hervor. Aufgrund der Betriebsbeschreibung steht jedoch fest, dass im gegenständlichen Fall nicht von Hintergrundmusik auszugehen ist. Nichts desto trotz erfüllt die gegenständliche Betriebsanlage - wie erwähnt - die Parameter des § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994, sodass der Spruch des angefochtenen Bescheides entsprechend zu korrigieren war.

Da den Beschwerdeführern im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren lediglich hinsichtlich der Frage der Verfahrensart Parteistellung zukommt, war auf das Vorbringen zu den befürchteten Lärm- und Geruchsemissionen nicht näher einzugehen.

Die Beschwerde der Nachbarn AA und BB erweist sich daher, was die gewählte Verfahrensart betrifft, als unbegründet und im Übrigen als unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nach § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs 2 Z 1 kann die Verhandlung entfallen, wenn ua die Beschwerde zurückzuweisen ist.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Betriebsbeschreibung;
keine Hintergrundmusik;
Parteistellung;
vereinfachtes Verfahren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.0163.2

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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