TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/8 I415 2134200-1

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Veröffentlicht am 08.07.2019
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Entscheidungsdatum

08.07.2019

Norm

AuslBG §12b Z1
AuslBG §20d
B-VG Art. 133 Abs4
NAG §41 Abs2 Z2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2134200-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Kurt LORBEK und Josef WILLE als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA Türkei, und des XXXX, geboren am XXXX, StA Türkei, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Ganahl LL.M., gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX vom 10.06.2016, GZ: XXXX / GF: XXXX ABB-Nr.

XXXX, in nicht-öffentlicher Sitzung am 08.07.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der türkische Staatsangehörige XXXX (in Folge Erstbeschwerdeführer) beantragte am 06.04.2016 bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG).

2. Die Bezirkshauptmannschaft XXXX leitete den Antrag des Erstbeschwerdeführers an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX (in Folge belangte Behörde) weiter.

3. Mit Bescheid vom 10.06.2016, GZ: XXXX / GF: XXXX ABB-Nr. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Ausstellung einer "Rot-Weiß-Rot-Karte" für eine sonstige Schlüsselkraft gemäß §12b AuslBG gemäß §20d Abs. 1 Z 2 AuslBG mangels Arbeitgebers und in Folge mangels Zuständigkeit zurück.

Begründend wurde ausgeführt, dass der beabsichtigte Arbeitgeber keinen Betriebssitz in Österreich habe und es für einen Arbeitgeber mit Sitz außerhalb Österreichs keine für die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zuständige regionale Geschäftsstelle gebe. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Gesetzestext der Bestimmung des § 20d Abs. 1 AuslBG. Laut vorliegender Arbeitgebererklärung befinde sich der Arbeitgeber XXXX in XXXX. Laut KUR (Kennziffer Unternehmensregister) sei die Firma XXXX jedoch mit Adresse in XXXX, Schweiz, gespeichert. In XXXX, befinde sich laut GISA (Gewerbeinformationssystem Austria) lediglich ein Standort der Gewerbeberechtigung. Der Gewerbeinhaber sei ebenfalls in der Schweiz wohnhaft. Damit stehe fest, dass der Arbeitgeber keinen Betriebssitz in Österreich habe.

4. Gegen diesen Bescheid erhoben der Erstbeschwerdeführer und XXXX (in Folge Zweitbeschwerdeführer) mit Schriftsatz ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 06.07.2016 Beschwerde und machten darin unrichtige Tatsachenfeststellung/Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

Begründend führten der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer aus, dass die belangte Behörde örtlich zuständig sei. Der Umstand, dass der Zweitbeschwerdeführer unbestrittenermaßen in der Schweiz ein Einzelunternehmen mit der Bezeichnung XXXX, betreibe, sei nicht relevant, weil er auch in Österreich ein nicht protokolliertes Einzelunternehmen unter der Adresse XXXX, betreibe. Er habe sein Gewerbe bei der zuständigen Gewerbebehörde angemeldet und betreibe dieses seit 01.09.2015 in XXXX. Das Gewerbe sei registriert beim Gewerbeinformationssystem Austria unter der GISA-Zahl XXXX und es sei aufrecht, da es weder bei der zuständigen Gewerbebehörde gelöscht noch bei der Wirtschaftskammer ruhend gemeldet worden sei. Eine örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde sei gegeben, zumal der Zweitbeschwerdeführer in Österreich Geschäfte betreibe und auch beim Finanzamt XXXX unter der Steuernummer XXXX registriert sei. Als nicht protokollierter Unternehmer, d.h. er ist nicht im Firmenbuch eingetragen, führe er gemäß den gesetzlichen Bestimmungen seinen Familiennamen und Vornamen. Der Zweitbeschwerdeführer erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Gewerbeausübung in Österreich und beabsichtige, den Erstbeschwerdeführer gemäß vorliegendem Arbeitsvertrag in seinem Betrieb in Österreich zu beschäftigen.

5. Am 06.09.2016 legte die belangte Behörde die Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Mit einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.09.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I401 abgenommen und der Abteilung I418 neu zugewiesen.

7. Mit einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 06.04.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I418 abgenommen und der Abteilung I415 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Das vom Erstbeschwerdeführer in seinem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Arbeitgeber angeführte Einzelunternehmen XXXX hat und hatte keinen Betriebssitz in Österreich.

Der Zweitbeschwerdeführer XXXX betrieb von 02.06.2014 bis 22.07.2016 in XXXXh (Schweiz) ein Einzelunternehmen mit der Bezeichnung XXXX.

Mit 01.09.2015 hat der Zweitbeschwerdeführer ein Gewerbe inXXXX, Österreich, angemeldet. Ergänzend zu den Feststellungen der belangten Behörde wird unter Verweis auf eine aktuelle Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) die Feststellung getroffen, dass die Gewerbeberechtigung des Zweitbeschwerdeführers mit 31.07.2017 erloschen ist und er seither über keine Gewerbeberechtigung im Bundesgebiet verfügt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen konnten aufgrund des unbedenklichen Akteninhalts, insbesondere den Antragsunterlagen und dem Parteienvorbringen getroffen werden. Die nunmehr aufgrund der Aktenlage getroffenen Feststellungen wurden von den Beschwerdeführern nicht substantiiert bestritten, vielmehr zogen diese nur andere rechtliche Schlüsse als die belangte Behörde. Ergänzend zum vorliegenden Akt wurden aktuelle Auskünfte aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA), dem Handelsregister Kanton XXXX, sowie dem Firmenbuch eingeholt.

Aus den folgenden Erwägungen war der belangten Behörde in ihrer Rechtsansicht zu folgen, dass der Zweitbeschwerdeführer als Arbeitgeber über keinen Betriebssitz in Österreich verfügt(e):

Im offiziellen für die Frage des Betriebssitzes maßgeblichen Unternehmensregister Österreichs (UR) war das Einzelunternehmen des Zweitbeschwerdeführers an der Adresse XXXX, Schweiz, eingetragen. Aus einer aktuellen Auskunft aus dem Handelsregister Kanton XXXX vom 02.07.2019 ergibt sich darüber hinaus, dass das in der Schweiz betriebene Einzelunternehmen des Zweitbeschwerdeführers "XXXX" lediglich von 02.06.2014 bis 22.07.2016 bestand und die Firma mittlerweile erloschen ist.

Auch die Gewerbeberechtigung des Zweitbeschwerdeführers endete laut einer am 02.07.2019 eingeholten Auskunft aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) am 31.07.2017.

Aus diesen Gründen war in Zusammenschau das Vorliegen eines Betriebssitzes in Österreich zu verneinen und hat ein solcher auch zu keinem Zeitpunkt bestanden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die im vorliegenden Fall anzuwendende maßgebende Bestimmung des § 20d Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. I. Nr. 218/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2019 (AuslBG) lautet:

"Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde - je nach Antrag - schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung

1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12

2. als Fachkraft gemäß § 12a,

3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,

4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),

5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine "Blaue Karte EU") oder

6. als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 20d Abs. 1 AuslBG haben besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen den Antrag auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte" (§ 41 Abs. 2 NAG) gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Diese hat den Antrag, sofern er nicht nach dem NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln.

Wie unter Punkt II.2. ausführlich dargelegt, besteht kein Betriebssitz des Arbeitgebers in Österreich. Für Arbeitgeber mit Betriebssitz im Ausland gibt es nach dem Gesetzeswortlaut des § 20d Abs. 1 AuslBG keine für die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen zuständige regionale AMS-Geschäftsstelle. Die belangte Behörde ist für die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen örtlich nicht zuständig.

Die Zurückweisung des Antrages des Erstbeschwerdeführers auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot- Karte gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 NAG iVm §12b Z 1 AuslBG für sonstige Schlüsselkräfte gemäß §20d Abs. 1 Z 2 (gemeint war wohl §20d Abs. 1 Z 3) AuslBG durch die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu bestätigen. Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Im gegenständlichen Fall ist ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitsmarktservice, Betriebsstandort, Rot-Weiß-Rot-Karte,
Schlüsselkraft, Unzuständigkeit, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I415.2134200.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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