TE Bvwg Beschluss 2019/7/8 I406 2115559-2

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Veröffentlicht am 08.07.2019
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Entscheidungsdatum

08.07.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3
VwGG §46
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I406 2115559-2/14E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, vom 05.07.2019 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist auf Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis (richtig: Beschluss) des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2019, Zl. I406 2115559-2/5E, beschlossen:

A)

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.

2. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.02.2019, Zl. I406 2115559-2/5E, wurde über den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2019, Zl. IFA XXXX beschlossen, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 rechtmäßig ist, zudem wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Dem Vertreter, MigrantInnenverein St. Marx, wurde dieser Beschluss rechtswirksam mit 01.03.2019 zugestellt.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, Zl. Ra 2019/18/0142-2, vom 29.04.2019 wurde dem Antragsteller die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision bewilligt.

Der Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien, Zl. XXXX, vom 16.05.2019 mit welchem der Verfahrenshelfer bestellt wurde, wurde diesem am 23.05.2019 zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt begann die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Revision zu laufen und endete diese mit Ablauf des 04.07.2019.

Am 05.07.2019 wurde der Verfahrenshelfer telefonisch vom Verwaltungsgerichtshof in Kenntnis gesetzt, dass die außerordentliche Revision beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen ist.

Am selben Tag langte der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit der außerordentlichen Revision und einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages wurde Folgendes ausgeführt:

"Der Verfahrenshelfer wurde telefonisch am 05.07.2019 vom Verwaltungsgerichtshof in Kenntnis gesetzt, dass die Beschwerde bei diesem, anstatt beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde. Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag ist daher innerhalb der 14 tägigen Frist und damit rechtzeitig gestellt worden.

Wie sich schon aus dem Rubrum ergibt, wurde die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht adressiert und sollte dort auch eingebracht werden.

Da die Rechtsanwälte mittlerweile verpflichtet sind, ihre Eingaben via WEB-ERV einzubringen, wurde ein entsprechendes WEB-ERV Dokument erstellt. Hierbei kam es dazu, dass die mit der Erstellung des WEB-ERV Dokumentes beauftragte Sekretärin, XXXX, irrtümlich statt das Bundesverwaltungsgericht als Empfänger den Verwaltungsgerichtshof anklickte. Dies obwohl am Rubrum, welches vom Verfahrenshelfer bereits unterschrieben war, eindeutig das Bundesverwaltungsgericht als Empfänger angeführt wurde.

Ein derartiger Fehler ist der ausführenden Sekretärin, welche auch seit mehr als vier Jahren Kanzleileiterin beim Verfahrenshelfer ist, noch nie passiert und erstellt diese sämtliche WEB-ERV Dokumente und versendet auch üblicherweise am Tag eine Vielzahl an Schriftstücken via WEB-ERV abgesehen vom vorliegenden Fall, jeweils stets an den richtigen Empfänger.

Im gegenständlichen Fall dürfte allenfalls auch eine gewisse Namensähnlichkeit zwischen Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof eine Rolle gespielt haben. Es handelt sich hierbei allerdings nur um einen minderen Grad des Versehens, welcher auch einem ordentlichen Sekretariatsmitarbeiter unterlaufen kann.

Als Beweis wurden dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine Einvernahme der Mitarbeiterin XXXX, eine Eidesstättige Erklärung der XXXX, eine Empfangsbestätigung sowie der Bestellungsbescheid samt Eingangsstempel, beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum vorliegend entscheidungswesentlichen Sachverhalt wird auf die unter I. getätigten Ausführungen verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem im Antrag auf Wiedereinsetzung widerspruchsfrei dargestellten Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Zeitablauf und den Fehlern ergeben sich aus den Angaben des gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) 1:

1. Der gegenständliche Sachverhalt gründet sich auf die Schriftsätze, welche Teil der Verfahrensakten sind.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

2.2. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geht - etwa im Beschluss 23.06.2016, Ra 2016/02/00100 bis 0112 - in Bezug auf Kontrolleinrichtungen Folgendes hervor:

"Wenn im Wiedereinsetzungsantrag in keiner Weise dargelegt wird, ob irgendwelche Kontrolleinrichtungen vorgesehen sind oder ob jemals eine Kontrolle der manipulativen Vorgänge im Kanzleibetrieb oder der Kanzleiangestellten erfolgte, kann von einer Organisation des Kanzleibetriebes, die eine fristgerechte Setzung von Vertretungshandlungen mit größtmöglicher Zuverlässigkeit sicherstellt und von einer wirksamen Überwachung keine Rede sein. Ein Parteienvertreter hat nämlich durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Fehlt es an einem diesbezüglichen Vorbringen, liegt jedenfalls kein bloß minderer Grad des Versehens vor. Daher sind bereits mangels einer Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems die Voraussetzungen für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages nicht erfüllt."

2.3. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der Verfahrenshelfer des Antragstellers räumt ein, dass die außerordentliche Revision irrtümlich an den Verwaltungsgerichtshof per WEB-ERV übermittelt worden sei.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden kann.

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag konnte weder nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass der Antragsteller bzw. seine Verfahrenshelfer durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert waren, die gegenständliche Frist zur Einbringung einer Revision zu wahren noch dass der Antragsteller oder sein Verfahrenshelfer an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt A) 2:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wen dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Beschlusses oder mit der Ausübung der durch den angefochtenen Beschluss eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Revisionswerber und Antragsteller hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Parteibeschwerden in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers sind streng (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A).

Das im vorliegenden Antrag erstattete Vorbringen des Verfahrenshelfers der revisionswerbenden Partei ist nicht geeignet, einen konkreten unverhältnismäßigen Nachteil der Partei darzutun.

Da der Revisionswerber und Antragsteller die Konkretisierungspflicht unterlassen hat, war daher dem Antrag, der gegenständlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen gemäß § 30 Abs. 2 VwGG der Erfolg zu versagen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen den Beschluss zu Spruchpunkt A) 2. ist gemäß § 25a Abs. 2 Z 1 VwGG die Revision nicht zulässig. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 88a Abs. 2 Z 2 VfGG auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Hingegen ist der Beschluss zu Spruchpunkt A) 1. in der taxativen Aufzählung des § 25a Abs. 2 bis 4 VwGG nicht enthalten. Die Zulässigkeit einer Revision zu diesem Spruchpunkt ist daher nach § 25a VwGG nicht ex lege ausgeschlossen. Es ist daher eine Zulässigkeitsentscheidung nach § 25a Abs. 1 VwGG zu treffen.

Die Revision zu Spruchpunkt A) 1. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung - Entfall, außerordentliche
Revision, faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig,
Fristablauf, Fristüberschreitung, Fristversäumung,
Interessenabwägung, Irrtum, konkrete Darlegung, Konkretisierung,
minderer Grad eines Versehens, öffentliche Interessen, Übermittlung,
unabwendbares Ereignis, unverhältnismäßiger Nachteil,
unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis,
Verwaltungsgerichtshof, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I406.2115559.2.01

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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