TE Bvwg Beschluss 2019/7/17 W107 2213048-1

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Veröffentlicht am 17.07.2019
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Entscheidungsdatum

17.07.2019

Norm

AVG §38
BaSAG §123a Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W107 2213048-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Anke SEMBACHER und den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, Hilmgasse 10, 8010 Graz, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom XXXX , GZ: XXXX :

A)

Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG bis zur Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union im Verfahren T-414/18 ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Mit Mandatsbescheid vom 24.04.2018 schrieb die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) in ihrer Funktion als Abwicklungsbehörde der XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gemäß § 123a Abs. 2 BaSAG iVm Art. 70 VO (EU) 806/2014 und Art. 8 Abs. 1 lit a der Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 einen Anteil an den Beiträgen für den einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 in Höhe von EUR XXXX vor.

Als Anlagen wurden dem Mandatsbescheid der Beschluss ("Decision") des Einheitlichen Abwicklungsausschusses ("Single Resolution Board" - im Folgenden: SRB) vom 12.04.2018 in Englisch und Deutsch, die Berechnungsdetails des SRB und eine Übersicht statistischer Werte beigelegt.

2. Gegen den Mandatsbescheid vom 24.04.2018 erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 09.05.2018 das Rechtsmittel der Vorstellung an die belangte Behörde.

3. Zudem brachte die Beschwerdeführerin am 05.07.2018 beim Gericht der Europäischen Union eine Klage gegen den Beschluss des SRB vom 12.04.2018 ein und beantragte die Nichtigerklärung dieses Beschlusses des SRB betreffend die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 einschließlich des Anhangs. Dieses Verfahren ist beim Gericht der Europäischen Union zur Zahl T-414/18 anhängig.

4. Aufgrund des Rechtsmittels der Vorstellung leitete die belangte Behörde mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 17.05.2018 das Ermittlungsverfahren ein. Es erfolgten Stellungnahmen der Beschwerdeführerin vom 03.07.2018 und 14.09.2018.

5. Mit (Vorstellungs-)Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2018, GZ: XXXX , wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 24.04.2018 als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin ihren Anteil an den Beiträgen für den Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 in Höhe von EUR XXXX bis spätestens 25.05.2018 auf näher bezeichnetes Konto einzuzahlen habe, wobei zugleich festgehalten wurde, dass dieser Betrag bereits fristgerecht bei der belangten Behörde eingegangen sei.

Als Anlagen wurden dem Bescheid der Beschluss des SRB vom 12.04.2018 in Englisch und Deutsch, der Beschluss des SRB vom 08.02.2018 über die Höhe und Nutzung von unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungen im Rahmen der Beitragsleistung zum einheitlichen Abwicklungsfonds SRF 2018, die Berechnungsdetails des SRB und eine Übersicht statistischer Werte beigelegt.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

7. Die Beschwerde und der Akt des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Unter einem erfolgte eine Stellungnahme der belangten Behörde zu den Beschwerdegründen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Festgestellungen

Dem Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 24.04.2018 sowie auch dem gegenständlich in Beschwerde gezogenen (Vorstellungs-)Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2018, mit welchen der Beschwerdeführerin ein Anteil an den Beiträgen für den Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 vorgeschrieben wird, liegt der Beschluss des SRB vom 12.04.2018 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 zu Grunde.

Beim Gericht der Europäischen Union ist eine Klage der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des SRB vom 12.04.2018 anhängig, protokolliert zur Zahl T-414/18, mit welcher die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung des Beschlusses des SRB vom 12.04.2018 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 einschließlich des Anhangs beantragt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu A) Aussetzung des Beschwerdeverfahrens:

3.1.1. Maßgebliche Rechtslage:

§ 38 AVG lautet:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie (Es) kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des europäischen Parlaments und des Rates vom 15.07.2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (im Folgenden: SRM-VO) lautet auszugsweise:

"Artikel 42 - Rechtsform

(1) Hiermit wird der Ausschuss geschaffen. Der Ausschuss ist eine Agentur der Union mit einer seinen Aufgaben entsprechenden Struktur. Er besitzt eigene Rechtspersönlichkeit.

[...].

Artikel 67- Allgemeine Bestimmungen

(1) Hiermit wird der einheitliche Abwicklungsfonds (im Folgenden ‚Fonds') errichtet. Der Fonds wird gemäß den im Übereinkommen verankerten Regelungen über die Übertragung der auf nationaler Ebene erhobenen Mittel auf den Fonds gefüllt.

[...]

(4) Die Beiträge nach Maßgabe der Artikel 69, 70 und 71 werden von den nationalen Abwicklungsbehörden bei den Unternehmen im Sinne des Artikels 2 erhoben und gemäß dem Übereinkommen auf den Fonds übertragen.

[...]

Artikel 70 - Im Voraus erhobene Beiträge

(1) Die jeweiligen Beiträge der einzelnen Institute werden mindestens jährlich erhoben und anteilig zur Gesamthöhe ihrer Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) abzüglich gedeckter Einlagen im Verhältnis zu den aggregierten Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) abzüglich gedeckter Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berechnet.

(2) Nach Anhörung der EZB oder der nationalen zuständigen Behörde und in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Abwicklungsbehörden errechnet der Ausschuss jährlich die einzelnen Beiträge, damit die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, 12,5 % der Zielausstattung nicht übersteigen.

[...]."

Art. 4 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates vom 19.12.2014 zur Festlegung einheitlicher Modalitäten für die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: DfV) lautet:

"Artikel 4 - Berechnung der jährlichen Beiträge

Nach Anhörung der EZB oder der nationalen zuständigen Behörden und in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Abwicklungsbehörden berechnet der Ausschuss für jeden Beitragszeitraum auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung den jährlichen Beitrag, der von jedem Institut zu entrichten ist. Die jährliche Zielausstattung wird unter Bezugnahme auf die Zielausstattung des Fonds gemäß Artikel 69 Absatz 1 und Artikel 70 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 und im Einklang mit der in der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63 dargelegten Methodik festgelegt."

§ 123a Abs. 1 und 2 Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) lautet auszugsweise:

"(1) Institute mit Sitz im Inland, von denen gemäß Art. 70 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 Beiträge zu erheben sind, haben die regulären Beiträge und außerordentlichen nachträglich eingehobenen Beiträge durch finanzielle Mittel zu leisten. Die Summe der regulären Beiträge in einem Beitragsjahr entspricht der Beitragsvorschreibung des jährlichen nationalen Beitrags zum Einheitlichen Abwicklungsfonds durch den Ausschuss.

(2) Die Abwicklungsbehörde hat die regulären Beiträge und außerordentlichen nachträglich eingehobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds von Instituten, von denen gemäß Art. 70 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 reguläre Beiträge und außerordentliche nachträglich eingehobene Beiträge zu erheben sind, zu erheben. Hierzu hat sie diesen Instituten per Bescheid den jeweiligen regulären Beitrag, außerordentlichen nachträglich eingehobenen Beitrag und die nötigen Zahlungskonditionen vorzuschreiben. [...]."

3.1.2. Aus den zitierten Rechtsvorschriften ergibt sich für das Beschwerdeverfahren Folgendes:

Wie sich aus dem unter Punkt I. dargestellten Verfahrensgang ergibt, schrieb die belangte Behörde in ihrer Funktion als Abwicklungsbehörde der Beschwerdeführerin mit Mandatsbescheid vom 24.04.2018 gemäß § 123a Abs. 2 BaSAG iVm Art. 70 SRM-VO einen Anteil an den Beiträgen für den Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 vor. Aus der Begründung des Mandatsbescheides geht zweifelsfrei hervor, dass es sich bei dem vorgeschriebenen Beitrag um jenen handelt, den der Ausschuss (SRB) für die einheitliche Abwicklung individuell für die Beschwerdeführerin in Form eines vom Ausschuss am 12.04.2018 gefassten Beschlusses festgesetzt hat, über die die Beschwerdeführerin im Wege des Mandatsbescheides "informiert" wurde.

Für die Anfechtung von individuell verbindlichen Entscheidungen des Ausschusses für die einheitliche Abwicklung gemäß der SRM-VO steht das Rechtsschutzsystem der Europäischen Union zur Verfügung. Die Entscheidungen können entweder beim Beschwerdeausschuss oder mit Nichtigkeitsklage an das Gericht der Europäischen Union angefochten werden (vgl. BVwG-Erkenntnis vom 24.08.2016, Zl. W230 2129180-1/6E, mwN.).

Die Beschwerdeführerin erhob sodann das Rechtsmittel der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 24.04.2018 und gesondert das Rechtsmittel der Klage an das Gericht der Europäischen Union gegen den Beschluss des Ausschusses (SRB) vom 12.04.2018.

Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin gegen den Mandatsbescheid vom 24.04.2018 wurde mit gegenständlich angefochtenem (Vorstellungs-)Bescheid der belangten Behörde abgewiesen und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin ihren Anteil an den Beiträgen für den Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 einzuzahlen habe.

Beim Gericht der Europäischen Union ist nach wie vor die Klage der Beschwerdeführerin gegen die Entscheidung des SRB vom 12.04.2018 anhängig, protokolliert zur Zahl T-414/18, mit welcher die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung des Beschlusses des SRB vom 12.04.2018 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2018 einschließlich des Anhangs beantragt.

Solange die Entscheidung des Ausschusses nicht aufgehoben oder zumindest durch Zuerkennung aufschiebender Wirkung in ihren Auswirkungen gehemmt wird, sind die belangte Behörde und die Beschwerdeführerin an die Entscheidung des Ausschusses uneingeschränkt gebunden. Der gemäß § 123a BaSAG zu erlassende Bescheid der FMA als nationaler Abwicklungsbehörde kommt nämlich erst nach verbindlich erfolgter Festsetzung der Beitragshöhe durch den Ausschuss (SRB) in Betracht und dient nur dem Zweck, die Zahlungsmodalitäten zu präzisieren. Er hat somit bloßen Mitteilungs- und Durchführungscharakter und ist gegenüber der ihm zugrunde liegenden Entscheidung des Ausschusses untergeordnet (vgl. BVwG - Erkenntnis vom 24.08.2016, Zl. W230 2129180-1/6E).

Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Ausschusses vom 12.04.2018 stellt somit eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar, welche derzeit den Gegenstand eines beim Gericht der Europäischen zur Zahl T-414/18 anhängigen Verfahrens bildet.

Die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage sind daher gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zugrundeliegenden Normen sind in dem Maß klar und bestimmt, dass kein Hinweis für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung besteht. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abwicklung, Anhängigkeit, Aussetzung, Berechnung, EuGH,
Finanzmarktaufsicht, Mandatsbescheid, Vorfrage, Vorschreibung,
Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W107.2213048.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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