TE Vfgh Beschluss 1996/9/24 V66/96

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Veröffentlicht am 24.09.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Verordnungsprüfungsantrags als unzulässig mangels bestimmter Bezeichnung der zur Aufhebung beantragten Verordnungsstellen

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Beim Landesgericht für Strafsachen Wien ist ein Verfahren anhängig, in dem der Beschuldigte in dringendem Verdacht steht, unter Verletzung der Bestimmungen des Außenhandelsgesetzes 1984, in der Fassung der Novelle BGBl. 469/1992 und teilweise in der Fassung der Novelle BGBl. 408/1993, in der Zeit ab 1992 über den Hafen Antwerpen Ersatzteile für Pumpen und Membranventile in den Iran geliefert zu haben. Aus Anlaß dieses Verfahrens sind beim Landesgericht für Strafsachen Wien Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Bewilligungspflicht der Ausfuhr sowie die Überlassung oder die Vermittlung von Waren im Zollausland, BGBl. 848/1992, (im folgenden: Verordnung BGBl. 848/1992), entstanden. Es wird daher der Antrag gestellt die Verordnung BGBl. 848/1992 als gesetzwidrig aufzuheben, "soweit hiedurch eine Bewilligungspflicht für 'Rechtsgeschäfte und Handlungen, welche die Überlassung oder Vermittlung von in der Ausfuhrliste genannten Waren einschließlich Technologie im Zollausland zur Verbringung in ein anderes Land zum Gegenstand haben' normiert wird".

2. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat eine Äußerung erstattet, in der er darauf hinweist, daß die Verordnung BGBl. 848/1992 durch das Außenhandelsgesetz 1995, BGBl. 172/1995, bereits aufgehoben wurde. In der Sache verteidigt er die Gesetzmäßigkeit der Verordnung BGBl. 848/1992 und begehrt, den Antrag abzuweisen.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. §1 Abs1 der Verordnung BGBl. 848/1992 lautet:

"Rechtsgeschäfte oder Handlungen, welche die Ausfuhr von in der Anlage zu dieser Verordnung genannten Waren einschließlich Technologie (Ausfuhrliste) in das Zollausland oder die Überlassung oder Vermittlung von in der Ausfuhrliste genannten Waren einschließlich Technologie im Zollausland zur Verbringung in ein anderes Land zum Gegenstand haben, bedürfen nach Maßgabe des Abs2 einer Bewilligung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten."

Das Begehren des Landesgerichtes für Strafsachen lautet:

"Antrag nach Art89 Abs2 BV.-G auf Aufhebung der Verordnung BGBl. Nr. 848/1992 als gesetzwidrig, soweit hiedurch eine Bewilligungspflicht für 'Rechtsgeschäfte und Handlungen, welche die Überlassung oder Vermittlung von in der Ausfuhrliste genannten Waren einschließlich Technologie im Zollausland zur Verbringung in ein anderes Land zum Gegenstand haben' normiert wird."

2. Gemäß §57 Abs1 VerfGG muß ein Antrag begehren, "daß entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden".

Dem unter Punkt 1. wörtlich wiedergegebenen Antrag haftet ein nicht im Sinne des §18 VerfGG verbesserungsfähiger - gravierender - Mangel an (vgl. VfSlg. 10702/1985, 11152/1986, 11802/1988), denn er enthält entgegen der zwingenden Vorschrift des §57 Abs1 VerfGG keine bestimmte Bezeichnung jener Verordnungsstelle(n), deren Aufhebung begehrt wird (vgl. VfSlg. 9046/1981, 9850/1983, 10141/1984, 11802/1988, 12859/1991). Er grenzt den laut Antragsvorbringen als gesetzwidrig erachteten Teil der Verordnung BGBl. 848/1992 nicht - in einer den Anforderungen des VerfGG entsprechenden Weise - klar und unmißverständlich ab. Die im Antragsbegehren unter Anführungszeichen gesetzte und durch Unterstreichung hervorgehobene Wortfolge findet sich zum einen nicht in dieser Formulierung in der Verordnung. Spricht die Verordnung BGBl. 848/1992 von "Rechtsgeschäfte oder Handlungen" so bezieht sich der Antrag ua. auf die Wortfolge "Rechtsgeschäfte und Handlungen". Andererseits würde die Aufhebung der Verordnung BGBl. 848/1992 im bezeichneten Umfang einen sprachlich unverständlichen Torso hinterlassen. Der verbleibende Rest des §1 Abs1 der Verordnung BGBl. 848/1992 wäre inhaltsleer und unanwendbar. Der Verfassungsgerichtshof ist aber nicht befugt, Verordnungsbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen(teile) der Antragsteller ins Auge gefaßt haben könnte, in Prüfung zu ziehen (VfSlg. 8552/1979, 11152/1986, 11802/1988).

Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.

3. Bei diesem Ergebnis war nicht zu prüfen, ob nach Inkrafttreten des Außenhandelsgesetzes 1995 die mit dem gleichzeitig aufgehobenen Außenhandelsgesetz 1984 außer Kraft getretene Verordnung BGBl. 848/1992 dergestalt Rechtswirkungen entfaltet, daß sie vom antragstellenden Gericht noch anzuwenden ist.

4. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V66.1996

Dokumentnummer

JFT_10039076_96V00066_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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