TE Vwgh Beschluss 2020/1/7 Fr 2019/03/0006

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Veröffentlicht am 07.01.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
VwGG §25a Abs3
VwGG §46 Abs2
VwGG §46 Abs3
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §30
VwGVG 2014 §34 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Fristsetzungsantrag der antragstellenden Partei Ö AG in W, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 19, gegen das Landesverwaltungsgericht Steiermark wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend eine eisenbahnrechtliche Bewilligung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 27. Februar 2018 wurde der antragstellenden Partei die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den Rückbau des Durchlasses in km 10,533 der ÖBB-Strecke Stainach/Irdning - Attnang-Puchheim erteilt.

2 Gegen diesen Bescheid erhoben Franz und Monika S. am 26. März 2018 Beschwerde. Nach dem Vorbringen der antragstellenden Partei, das mit den vorgelegten Verwaltungsakten übereinstimmt, ist die Beschwerde nach Vorlage durch die belangte Behörde (erst) am 29. März 2019 beim Verwaltungsgericht eingelangt. 3 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 11. Juni 2019 wurde das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des Landesgerichts Leoben in einem näher bezeichneten Verfahren zwischen Franz und Monika S. und der antragstellenden Partei gemäß § 38 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG ausgesetzt. Dieser Beschluss enthielt die Belehrung, dass gegen ihn kein Rechtsmittel zulässig sei. Dies wurde damit begründet, dass es sich um eine verfahrensleitende Anordnung handle und daher kein gesondertes Rechtsmittel zulässig sei.

4 Mit dem am 6. Dezember 2019 beim Verwaltungsgericht eingelangten Fristsetzungsantrag begehrt die antragstellende Partei, der Verwaltungsgerichtshof möge dem Landesverwaltungsgericht Steiermark zur Entscheidung über die von Franz und Monika S. eingebrachte Beschwerde vom 26. März 2018 eine angemessene Frist setzen.

5 In der Begründung des Antrags legt die antragstellende Partei dar, dass seit Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht am 29. März 2019 mehr als sieben Monate vergangen seien, sodass angesichts der Entscheidungsfrist von sechs Monaten Säumnis vorliege. Gemäß § 38 Abs. 2 Z 1 VwGG würden Zeiten, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist, in die Sechsmonatsfrist des § 38 Abs. 1 VwGG nicht eingerechnet. Dies gelte jedoch "gemäß der ständigen Judikatur des VwGH" (die nicht näher konkretisiert wird und die es auch tatsächlich mit dem behaupteten Inhalt nicht gibt) jedenfalls dann nicht, wenn die Aussetzung des Verfahrens mit bloß verfahrensleitender Anordnung geschehen sei und überdies diese verfahrensleitende Anordnung der Aussetzung des Verfahrens fehlerhaft sei.

6 Der Fristsetzungsantrag ist nicht zulässig, da die Entscheidungsfrist des Verwaltungsgerichtes noch nicht abgelaufen ist:

7 Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache nicht binnen sechs Monaten, wenn aber durch Bundes- oder Landesgesetz eine kürzere oder längere Frist bestimmt ist (was hier nicht der Fall ist), nicht binnen dieser entschieden hat. Gemäß § 38 Abs. 2 Z 1 VwGG wird in die Frist die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist, nicht eingerechnet.

8 Im vorliegenden Fall ist die Beschwerde am 29. März 2019 beim Verwaltungsgericht eingelangt. Mit Beschluss vom 11. Juni 2019 wurde das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer näher bezeichneten Vorfrage durch das Landesgericht Leoben ausgesetzt; nach dem Vorbringen des Verwaltungsgerichtes im Vorlagebericht ist diese Entscheidung des Landesgerichts Leoben noch nicht ergangen.

9 Da demnach die Entscheidungsfrist des Verwaltungsgerichtes noch nicht abgelaufen ist, erweist sich der Fristsetzungsantrag als verfrüht.

10 Daran ändert es - entgegen der Ansicht der antragstellenden Partei - auch nichts, dass der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens ausdrücklich, wenngleich fehlerhaft (vgl. etwa VwGH 24.3.2015, Ro 2014/05/0089), als verfahrensleitende Anordnung bezeichnet wurde, gegen die kein gesondertes Rechtsmittel zulässig sei. Eine Aussetzungsentscheidung gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG ist keine bloß verfahrensleitende Entscheidung im Sinne des § 25a Abs. 3 VwGG, gegen welche eine abgesonderte Revision (von vornherein) nicht zulässig wäre (vgl. etwa VwGH 28.10.2015, Ra 2015/10/0102).

11 Enthält der Beschluss des Verwaltungsgerichtes fälschlich die Angabe, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei, und wurde die Revisionsfrist deshalb versäumt, so sieht § 46 Abs. 2 VwGG vor, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 VwGG - zu bewilligen ist. Das Gesetz räumt demnach ausdrücklich einen Rechtsbehelf gegen eine insoweit unrichtige Belehrung im Sinne des § 30 VwGVG ein. Vor diesem Hintergrund besteht auch für eine "teleologische Reduktion" der Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 Z 1 VwGVG dahin, dass die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes nicht unterbrochen werde, wenn die Aussetzung des Verfahrens vom Verwaltungsgericht "trotz Nichtvorliegens einer Vorfrage im Sinne des § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG mit Beschluss verfügt wird und das Verwaltungsgericht das Rechtsmittel gegen einen derartigen Beschluss in seiner Rechtsmittelbelehrung ausschließt", kein Raum (VwGH 30.4.2019, Fr 2019/10/0005). 12 Der noch vor Ablauf der Entscheidungsfrist des Verwaltungsgerichtes gestellte Fristsetzungsantrag war daher gemäß § 38 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Wien, am 7. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:FR2019030006.F00

Im RIS seit

27.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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