TE Vwgh Beschluss 2020/1/14 Ro 2018/16/0045

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken

Norm

BAO §115 Abs1
BAO §167 Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebG 1957 §33 TP17 Abs1
GebG 1957 §33 TP17 Abs2
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 23. Juli 2018, Zl. RV/7101044/2016, betreffend Rechtsgebühren (mitbeteiligte Partei: H Ltd in S, United Kingdom, vertreten durch Dr. Michael Sedlaczek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug Rechtsgebühren nach § 33 Tarifpost (TP) 17 Abs. 1 Z 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) in jeweils näher angeführter Höhe fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

2 Die mitbeteiligte Gesellschaft (Mitbeteiligte) sei ein im United Kingdom eingetragenes Internetunternehmen, welches Wetten (insbesondere im Zusammenhang mit sportlichen Ereignissen) über das Internet anbiete. Zu einer Selbstberechnung der Wettgebühren für den Zeitraum Jänner 2011 bis August 2014 habe die Mitbeteiligte u.a. ausgeführt, in der Berechnung der Wettgebühren für diesen Zeitraum seien all jene Wettumsätze enthalten, die von Kunden erzielt worden seien, die sich mit einer österreichischen Adresse bei ihr registriert hätten. Diese führten allerdings teilweise Wetten mit einer ausländischen IP-Adresse durch. 3 Das Bundesfinanzgericht ging in einer ausführlichen Beweiswürdigung davon aus, dass die im angefochtenen Erkenntnis näher angeführten Wettteilnehmer mit einer ausländischen IP-Adresse die Wette im Inland abgeschlossen hätten. Dabei wurde einerseits der bei der Registrierung angeführte Wohnsitz in Österreich, teilweise auch eine ausländische IP-Adresse sowie Beruf, Telephonnummer, E-Mail-Anschrift, der Ort und die Art der Bezahlung als Indizien herangezogen. Bei manchen Wettteilnehmern gelangte das Bundesfinanzgericht - anders als das revisionswerbende Finanzamt - zum Ergebnis, dass diese die Wette nicht im Inland abgeschlossen hätten.

4 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, es sei zwar durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt, dass sowohl die inländische Wohnsitzadresse als auch die inländische IP-Adresse Indizien für die "Teilnahme vom Inland" darstellten. Nicht geklärt sei, inwieweit die beiden Indizien gleichwertig seien, und offen sei die Wertigkeit der weiteren "vorgebrachten" Indizien. 5 Die dagegen erhobene Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2018 eingereichten Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten, welche die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt, dem Verwaltungsgerichtshof vor.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden.

8 Gemäß § 33 TP 17 (Glücksverträge) Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen im Inland abgeschlossene Wetten, die nicht dem Glückspielgesetz unterliegen, wenn zumindest eine der am Rechtsgeschäft mitwirkenden Personen Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 des Glückspielgesetzes ist, einer Gebühr von 2 vH vom Wetteinsatz und, wenn die Wetteinsätze verschieden sind, vom höheren Wetteinsatz.

9 Eine Wette gilt gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 leg. cit. auch dann als im Inland abgeschlossen, wenn sie vom Inland in das Ausland vermittelt wird oder wenn die Teilnahme an dem Rechtsgeschäft Wette vom Inland aus erfolgt.

10 Das revisionswerbende Finanzamt führt zur Zulässigkeit seiner Revision aus, das Bundesfinanzgericht habe zum ersten Mal eine Würdigung von "sonstigen" Indizien zur Teilnahme vom Inland aus vorgenommen. Wie zu verfahren sei, wenn zusätzliche sonstige Indizien zur Teilnahme vom Inland aus vorhanden seien, stelle eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar, zu welcher es bislang keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gebe. Weiters rügt das Finanzamt in der Zulässigkeitsbegründung eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch das Bundesfinanzgericht, weil es Ermittlungen zum Fall einer ausländischen Registrierungsadresse und einer inländischen IP-Adresse nicht durchgeführt habe. 11 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20. November 2014, 2013/16/0085, betreffend Rechtsgebühren nach § 33 TP 17 Abs. 1 GebG ausgesprochen, dass die Frage, ob eine Wette im Inland abgeschlossen wurde oder ob dem gleichkommend an einer Wette vom Inland aus teilgenommen wurde, ein als Ergebnis einer Beweiswürdigung festzustellender Sachverhalt ist, der den zur Gebührenpflicht führenden Tatbestand verwirklicht. Bei dieser Sachverhaltsfeststellung sind sowohl die Registrierung des "Users" mit einer inländischen Wohnanschrift als auch die Zuordnung der Wette zu einer "inländischen IP-Adresse" ein Indiz dafür, dass sich der Wettteilnehmer dabei im Inland befunden hat. Einem solchen Indiz kann zwar für konkrete Wettfälle durchaus entgegengetreten werden, doch müssen dazu konkrete, diesem Beweisergebnis entgegenstehende Indizien angeführt werden. 12 Die vom Bundesfinanzgericht zur Begründung der Zulässigkeit der Revision angeführte Wertigkeit verschiedener Indizien oder die Zulässigkeit anderer Indizien als der bei der Registrierung angegebenen Wohnanschrift und der verwendeten IP-Adresse stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 B-VG dar. Die Gewichtung einzelner Indizien ist in jedem Einzelfall gesondert vorzunehmen. Somit geht die konkrete Berücksichtigung von Indizien und das dabei gefundene Ergebnis in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus. Dass das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall die konkrete Beweiswürdigung in einer unvertretbaren, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen hätte, zeigt das Finanzamt nicht auf.

13 Zum gerügten Verfahrensmangel lässt das Finanzamt offen, welche konkrete Ermittlungen das Bundesfinanzgericht unterlassen hätte, und zeigt damit schon deshalb keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 14. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018160045.J00

Im RIS seit

10.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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