TE Vwgh Erkenntnis 2020/1/28 Ko 2019/03/0003

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Veröffentlicht am 28.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verfassungsgerichtshof
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §27 Abs10
B-VG Art102 Abs2
B-VG Art131 Abs2
B-VG Art140 Abs7
VerfGG 1953 §52
VwGG §47
VwGG §59 Abs1
VwGG §71

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag der Dr. S S in S, vertreten durch Mag. Michael Schubhart, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 6, auf Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes zwischen dem Landesverwaltungsgericht Salzburg und dem Bundesverwaltungsgericht betreffend Eintragung in die Ärzteliste (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident der Österreichischen Ärztekammer), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 29. August 2018, BÄL 103/2018/29082018-Mag.Sch/Mag.CK, betreffend Eintragung in die Ärzteliste, zuständig.

2. Der entgegenstehende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Jänner 2019, W136 2205471-2/2E, wird aufgehoben.

3. Der Bund hat der Antragstellerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 29. August 2018, BÄL 103/2018/29082018- Mag.Sch/Mag.CK, wurde gemäß § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 festgestellt, dass die Antragstellerin "die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebene gesundheitliche Eignung nicht erfüllt und eine Eintragung in die Ärzteliste nicht erfolgen kann."

2 Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3 Mit Beschluss vom 3. Jänner 2019, W136 2205471-2/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurück und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das es sich um ein Verfahren gemäß § 117c Abs. 1 Z 6 ÄrzteG handle; solche Verfahren würden von der Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich geführt. Mit näherer Begründung kam das Bundesverwaltungsgericht schließlich zum Ergebnis, dass auch dann, wenn der Präsident der Österreichischen Ärztekammer belangte Behörde sei, keine Nähe zur unmittelbaren Bundesverwaltung zu erkennen sei und daher keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes, sondern eine Zuständigkeit des örtlich zuständigen Landesverwaltungsgerichtes bestehe.

4 Gegen diesen Beschluss wurde von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Revision erhoben. 5 Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 15. Mai 2019, 405-8/39/1/9-2019, wurde die Beschwerde der Antragstellerin wegen Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichte s Salzburg zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.

6 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Salzburg im Wesentlichen aus, dass die Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichte s im oben zitierten Beschluss durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2019, G 242/2018 ua, widerlegt sei. In diesem Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof - neben der Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des ÄrzteG mit Ablauf des 31. August 2020 - ausgeführt, dass die dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer übertragenen Aufgaben in der durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes fortgeltenden Fassung des ÄrzteG der unmittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen sei, woraus im Falle der Bekämpfung von Akten der Vollziehung die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes folge.

7 Gegen diesen Beschluss wurde von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Revision erhoben. 8 Mit dem nun vorliegenden Antrag beantragte die Antragstellerin die Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonflikts zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Landesverwaltungsgericht Salzburg.

9 Der Verwaltungsgerichtshof stellte den Antrag dem Bundesverwaltungsgericht, dem Landesverwaltungsgericht Salzburg und der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht zu, die die Verfahrensakten vorlegten und von einer weiteren Äußerung Abstand nahmen.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof (unter anderem) über Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten.

12 Gemäß § 71 VwGG sind im Verfahren zur Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen Verwaltungsgerichten die §§ 43 bis 46, 48, 49, 51 und 52 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 (VfGG) sinngemäß anzuwenden.

13 Nach § 51 VfGG hat das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über die Kompetenz auch die Aufhebung der diesem Erkenntnis entgegenstehenden behördlichen Akte auszusprechen.

14 Der vorliegende Antrag auf Entscheidung des Kompetenzkonfliktes ist zulässig, da beide beteiligten Verwaltungsgerichte ihre Zuständigkeit förmlich mittels nicht mehr mit Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfbaren Beschlüssen abgelehnt haben (vgl VwGH 19.5.2015, Ko 2014/03/0001, sowie VwGH 18.2.2015, Ko 2015/03/0001).

15 Die Beschwerde der Antragstellerin richtete sich gegen einen Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, der gemäß § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 über die Eintragung in die Ärzteliste entschieden hatte. Dabei hatte er "im Rahmen des Verfahrens gemäß § 117c Abs. 1 Z 6" (im übertragenen Wirkungsbereich) mit Bescheid zu entscheiden.

16 Mit Erkenntnis vom 13. März 2019, G 242/2018 ua, hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 und die Wort- und Zeichenfolgen "1 und" und "2", "§ 4 Abs. 2 oder" und "Eintragung in die oder" in § 117c Abs. 1 Z 6 ÄrzteG 1998 als verfassungswidrig aufgehoben. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. August 2020 in Kraft tritt. Damit wurde unter anderem die Zuständigkeitszuweisung an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich zur Eintragung in die Ärzteliste aufgehoben. In der Begründung dieses Erkenntnisses hat der Verfassungsgerichtshof auch ausgeführt, dass diese dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom Ärztegesetzgeber übertragenen Aufgaben der Eintragung in die Ärzteliste - in der durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes fortgeltenden Fassung (Art. 140 Abs. 7 B-VG) - der unmittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen sind, woraus im Fall der Bekämpfung von Akten der Vollziehung die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes folgt (Art. 131 Abs. 2 B-VG; vgl. VfSlg. 19.953/2015).

17 Dieser Rechtsansicht ist auch der Verwaltungsgerichtshof gefolgt und hat einen Beschluss des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer über die Streichung aus der Ärzteliste als Tätigwerden im übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer in unmittelbarer Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister und damit als Tätigwerden in einer Angelegenheit der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von einer Bundesbehörde besorgt wird, im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG qualifiziert, sodass für die Entscheidung über eine dagegen erhobene Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist (VwGH 24.4.2019, Ro 2019/11/0004). Dasselbe hat in einem Fall zu gelten, der nicht die Streichung aus der Ärzteliste, sondern wie hier die Eintragung in die Ärzteliste betrifft.

18 Für die Entscheidung über die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 29. August 2018, betreffend Eintragung in die Ärzteliste, ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

19 Der entgegenstehende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichte s vom 3. Jänner 2019 war daher nach § 71 VwGG in Verbindung mit § 51 VfGG aufzuheben.

20 Diese Entscheidung konnte auf dem Boden des § 71 VwGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl VwGH 19.5.2015, Ko 2014/03/0001). 21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf § 71 VwGG in Verbindung mit § 52 VfGG und §§ 47 ff VwGG.

22 Wenn § 52 VfGG in seinem ersten Satz auf den "Ersatz der der Partei erwachsenen Prozesskosten" abstellt, bedeutet dies für seine sinngemäße Anwendung im Rahmen des § 71 VwGG, dass diesbezüglich jener Aufwandersatz zum Tragen kommt, wie ihn das VwGG für seinen Bereich in den §§ 47 ff VwGG regelt. Damit kann ein Aufwandersatz im Rahmen des § 71 VwGG jedenfalls nur dann Platz greifen, wenn ein entsprechender Antrag auf Aufwandersatz gestellt wurde (vgl § 59 Abs. 1 VwGG). Die antragstellende Partei hat unter dem Titel Aufwandersatz den Schriftsatzaufwand geltend gemacht, der sowohl in § 48 Abs. 1 Z 2 VwGG als auch in § 1 Z 1 lit a der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 Deckung findet und daher antragsgemäß zuzusprechen war.

Wien, am 28. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:KO2019030003.K00

Im RIS seit

27.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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