TE Vwgh Beschluss 2020/1/29 Ra 2019/13/0115

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Veröffentlicht am 29.01.2020
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

EStG 1988 §22 Z2
UStG 1994 §2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des F in L, vertreten durch Dr. Christiane Bobek, Rechtsanwältin in 1150 Wien, Mariahilfer Straße 140/2/15, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. September 2019, Zl. RV/7103307/2010, betreffend u.a. Einkommensteuer 2005, 2006, 2008 und 2009 sowie Umsatzsteuer 2005, 2008 und 2009, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheiden vom 2. Juli 2010 setzte das Finanzamt - nach Wiederaufnahme der Verfahren - die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2008 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2005, 2006 und 2008 (neu) fest.

2 Mit Bescheiden vom 7. Dezember 2011 setzte das Finanzamt Umsatzsteuer sowie Einkommensteuer für das Jahr 2009 fest.

3 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Berufung.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde u.a. hinsichtlich "Umsatzsteuer 2005, 2006, 2008 und 2009" als unbegründet ab. Die Einkommensteuerbescheide 2005, 2006, 2008 und 2009 wurden abgeändert. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei der einzige Gesellschafter und Geschäftsführer der R GmbH. Er halte eine Gewerbeberechtigung für Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik. Mit Sacheinlagevertrag vom 3. Jänner 2003 habe der Revisionswerber sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung in die R GmbH eingebracht. Mittlerweile befinde sich die R GmbH in Liquidation. 6 Zwischen dem Revisionswerber und der R GmbH sei ein "Bevollmächtigungsvertrag" betreffend die Tätigkeit als Geschäftsführer abgeschlossen worden. Aus dem Titel der Geschäftsführerbezüge habe der Revisionswerber in den Streitjahren Einkünfte zwischen 0 EUR (2006) und ca. 14.000 EUR (2009) erzielt. 7 Der Revisionswerber sei in den Streitjahren auch als "Auftragnehmer" der R GmbH tätig geworden (Wartung von EDV-Hardware und Standortbetreuung an einem näher genannten Standort für näher genannte Gesellschaften). Für die Erbringung dieser Leistungen habe dem Revisionswerber ein Stundensatz von 100 EUR zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer gebührt; das Volumen der Tätigkeit sei pro Jahr mit maximal 800 Stunden beschränkt gewesen. Der Revisionswerber habe in den Streitjahren Honorare von jeweils 80.000 EUR zuzüglich 16.000 EUR Umsatzsteuer an die R GmbH verrechnet.

8 Der Revisionswerber habe mit S im Jänner 2002 einen Vertrag zur Nutzung und Verwertung von Programmiertools ("RTools") abgeschlossen. Diese Programmiertools dürften nur vom Revisionswerber und von S für ihre jeweiligen Kundenaufträge genutzt und vertrieben werden. Eine Weitergabe der lauffähigen Programmteile an Dritte sei nur im Rahmen eines Auftrages eines der beiden Vertragspartner und nur innerhalb der Laufzeitumgebung des damit erstellten Programmsystems gestattet. Der Quellcode dürfe an Dritte nicht weitergegeben werden.

9 In den Beilagen zu den Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen habe der Revisionswerber hinsichtlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Geschäftsführer) auf Leistungserlöse exklusive 0% Umsatzsteuer verwiesen. Betreffend die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Auftragsverhältnis zur R GmbH) verweise der Revisionswerber auf nicht entnommene Gewinne laut vorgelegter Bilanz.

10 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht aus, das Finanzamt habe die vom Revisionswerber bisher als nicht steuerbare Umsätze behandelten Geschäftsführerleistungen der Umsatzsteuer unterworfen. Das Beschwerdevorbringen zeige in diesem Punkt keine Rechtswidrigkeit auf. Der Revisionswerber führe - entsprechend den näheren Inhalten des Bevollmächtigungsvertrages - diese Tätigkeiten in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung aus. Er trage das wirtschaftliche Risiko aus dieser Tätigkeit. Er erbringe daher unternehmerische Leistungen im Bereich der Geschäftsführung. Diese Leistungen seien steuerbar und steuerpflichtig. 11 Betreffend Einkommensteuer sei strittig, ob der Revisionswerber insgesamt (nur) Einkünfte aus selbständiger Arbeit, oder auch solche aus Gewerbebetrieb erzielt habe. Der Revisionswerber habe kontinuierlich Leistungen an die R GmbH im operativen Bereich erbracht. Der Revisionswerber sei als einziger Gesellschafter und Geschäftsführer sowohl als EDV-Fachmann bei der Leistungserbringung der R GmbH gegenüber ihren Kunden (Wartung der EDV-Hardware, Standortbetreuung, Netzwerkbetreuung) als auch als Geschäftsführer der R GmbH tätig gewesen. Der Revisionswerber sei in den Organismus des Betriebs der Gesellschaft durch kontinuierliche Leistungen an die GmbH im operativen Bereich und durch die Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung eingegliedert. Die Verwendung von Programmiertools, die einer Vereinbarung mit einem Dritten unterlegen seien, ändere nichts an der Eingliederung in den Organismus der Gesellschaft. Die Einkünfte seien insgesamt als solche nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu beurteilen.

12 Da die vom Revisionswerber vorgelegten Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen eine nicht vorhandene Einkunftsquelle aus Gewerbebetrieb zum Gegenstand hätten, sei im vorliegenden Fall kein "freiwilliges Führen von Büchern" im Sinne des § 4 Abs. 3 erster Satz EStG 1988 gegeben. Die gesamten Einkünfte des Revisionswerbers aus selbständiger Arbeit seien daher nur durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 zu ermitteln. Da somit die Voraussetzung der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nicht erfüllt sei, scheide die Anwendung des § 11a EStG 1988 aus, eine begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne stehe daher nicht zu. Eine Abänderung zu Gunsten des Revisionswerbers ergebe sich aber durch Berücksichtigung des von ihm geltend gemachten Betriebsausgaben-Pauschales (6%) sowie von Sozialversicherungs-Beiträgen als Betriebsausgaben des Revisionswerbers. 13 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 14 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 17 Zur Zulässigkeit wird in der Revision zunächst geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe auch die auf Grund von Rahmenverträgen erbrachten, nach § 23 EStG 1988 bilanzierten Einkünfte als solche gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 behandelt. Diese Rahmenverträge seien Werkverträge, welche kein Dienstverhältnis begründeten. Diese Einkünfte seien von jenen aufgrund des Bevollmächtigungsvertrages betreffend die Geschäftsführertätigkeit klar abgegrenzt. Auch werde im Vertrag zwischen S und dem Revisionswerber ausdrücklich festgehalten, dass die dort genannten Programmiertools ausschließlich von diesen beiden verwendet und keinesfalls an Dritte weitergegeben werden dürften. Die Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes weiche in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 1.6.2016, 2013/13/0061) ab. Auch habe das Bundesfinanzgericht den Sachverhalt entgegen dem Inhalt der vorgelegten Verträge - in Verletzung von Verfahrensvorschriften - unrichtig angenommen.

18 Hiezu ist zunächst zu bemerken, dass nicht erkennbar ist, in welcher Weise das Bundesfinanzgericht, das den Inhalt der Vereinbarungen weitgehend wörtlich wiedergegeben hat, in seiner Entscheidung einen unrichtigen Sachverhalt angenommen habe. 19 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern, dass der Umstand, dass sie nicht nur Aufgaben der Geschäftsführung, sondern auch Tätigkeiten im operativen Bereich der GmbH ausüben, nicht hindert, ihre Bezüge insgesamt der Spezialbestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu subsumieren (vgl. - hier ebenfalls zu EDV-Dienstleistungen - VwGH 15.9.2011, 2011/15/0083, mwN). Entscheidend ist, dass der Gesellschafter selbst bei der Ausführung der von der Gesellschaft lukrierten Aufträge tätig wird. Würden hingegen Leistungen von der Belegschaft des (vom Gesellschafter-Geschäftsführer überdies geführten) Einzelunternehmens erbracht, käme eine Erfassung der vom Gesellschafter (als Inhaber des Einzelunternehmens gegenüber der Gesellschaft) in Rechnung gestellten Leistungen als Einkünfte gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht in Betracht (vgl. VwGH 1.6.2016, 2013/13/0061, mwN). Ein Fall wie der zuletzt genannte liegt allerdings nicht vor; betroffen sind hier ausschließlich Leistungen, die der Revisionswerber selbst erbracht hat. Diese Leistungen - sowohl die administrativen als auch die operativen - sind nach § 22 Z 2 EStG 1988 zu erfassen. 20 Dass die Tätigkeiten des Revisionswerbers auch mit Programmiertools erbracht wurden, deren Verwendung durch eine Vereinbarung mit S eingeschränkt war, ändert nichts an der Eingliederung des Revisionswerbers in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft, der für die Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 23.9.2010, 2010/15/0121).

21 Weiters macht der Revisionswerber geltend, das Bundesfinanzgericht habe ihm das Recht auf die bisher erfolgte Bilanzierung aufgrund freiwilliger Buchführung der bisher erklärten Einkünfte gemäß § 23 EStG 1988 mit der Begründung aberkannt, dass die vorgelegten Bilanzen - aufgrund der Subsumierung auch dieser Einkünfte unter § 22 Z 2 EStG 1988 - nunmehr eine nicht vorhandene Einkunftsquelle aus Gewerbebetrieb zum Gegenstand hätten und damit kein "freiwilliges Führen von Büchern" im Sinne des § 4 Abs. 3 erster Satz EStG 1988 gegeben sei. Dies sei rechtswidrig, weil § 4 Abs. 3 erster Satz EStG 1988 die Zulässigkeit der freiwilligen Buchführung lediglich allgemein an die Gewinnermittlung von Gewinneinkünften nach § 2 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 knüpfe. Dieser Fehler sei für den Revisionswerber auch von erheblicher finanzieller Relevanz (Nichtgewährung der Begünstigung nach § 11a EStG 1988).

22 Zunächst ist dazu anzumerken, dass diese finanzielle Relevanz im vorliegenden Fall allenfalls nur für die Jahre 2008 und 2009 gegeben wäre; für die übrigen Streitjahre setzte die Begünstigung des § 11a EStG 1988 das Vorliegen von Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb voraus (§ 11a EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 3/2007); Gewinne aus Gewerbebetrieb wurden aber - wie oben ausgeführt - vom Bundesfinanzgericht (ohne die Zulässigkeit der Revision begründenden Mangel) nicht angenommen. Es wird aber - auch für die Jahre 2008 und 2009 - nicht dargetan, dass sich bei Aufnahme auch der Einkünfte aus der Geschäftsführungstätigkeit in die freiwillige Buchführung eines einheitlichen Betriebes ein Anstieg des Eigenkapitals iSd § 11a Abs. 1 EStG 1988 ergeben würde, wird doch die Höhe der Entnahmen (allenfalls auch Einlagen) im Hinblick auf die bisher nur im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfassten Einkünfte aus der Geschäftsführungstätigkeit nicht dargelegt. Damit ist aber nicht erkennbar, dass die Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge.

23 Schließlich macht die Revision im Zulässigkeitsvorbringen geltend, das Bundesfinanzgericht habe auch die bisher ohne Umsatzsteuer erklärten Einnahmen der Jahre 2005, 2008 und 2009 aus der Tätigkeit als Geschäftsführer in die Umsatzsteuerbemessungsgrun dlage einbezogen. Das Sachverhaltsmerkmal der Eingliederung des Gesellschafters in den Organismus des Betriebes begründe aber auch umsatzsteuerlich ein Rechtsverhältnis der Unterordnung des Revisionswerbers gegenüber der die Leistung empfangenden GmbH, sodass keine selbständige Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit vorliegen könne.

24 Für die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als Unternehmer iSd § 2 UStG 1994 zu beurteilen ist, ist entscheidend, ob zwischen der GmbH und dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Rechtsverhältnis besteht, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft (vgl. VwGH 26.1.2017, Ro 2016/15/0003, mwN; EuGH 13.6.2019, IO, C-420/18, Rn. 32 ff).

25 Das Bundesfinanzgericht ging - in Auseinandersetzung mit dem zwischen dem Revisionswerber und der GmbH geschlossenen Bevollmächtigungsvertrag - davon aus, dass kein Unterordnungsverhältnis vorliege und der Revisionswerber seine Tätigkeiten in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausführe. Diesen Erwägungen tritt die Revision nur mit dem Argument entgegen, dass eine Eingliederung in den Organismus des Betriebes auch umsatzsteuerlich eine Unterordnung begründe. Die Eingliederung bewirkt aber keine Unterordnung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. Der Revisionswerber unterlag unbestritten - insbesondere betreffend die Modalitäten der Ausübung seiner Tätigkeit - keinen Weisungen (vgl. hiezu neuerlich EuGH 13.6.2019, IO, C-420/18, Rn. 35 f).

26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019130115.L00

Im RIS seit

16.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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