TE Vwgh Beschluss 2020/2/3 Ra 2019/02/0201

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §1 Abs2
VwGVG 2014 §38
VwRallg
WettenG Wr 2016 §19 Abs2
WettenG Wr 2016 §19 Abs2 idF 2018/040

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/02/0202

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision 1. des Ing. B in S und 2. der C GmbH in G, beide vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. März 2019, Zlen. 1. VGW- 002/082/15304/2018-6 und 2. VGW-002/V/082/15305/2018, betreffend Übertretung des Wiener Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 8. Oktober 2018 wurde der Erstrevisionswerber u.a. folgender Übertretung schuldig erkannt:

"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter der (zweitrevisionswerbenden Partei) gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991, zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in (...), in der diese Gesellschaft die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin, durch Wettterminals im Sinne des § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz ausübt, am 19.05.2017 um ca. 10:00 Uhr insofern die Verpflichtung des § 19 Abs. 2

1. Satz Wiener Wettengesetz, wonach die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer einer Betriebsstätte mit Wettterminals jedenfalls in geeigneter Weise dafür sorgen muss, dass der Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal und die Teilnahme an einer Wette nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind, nicht eingehalten hat, als sie keine geeigneten Maßnahmen getroffen hat, um den Zutritt zum Gastraum des Gastgewerbebetriebes in dem Wettterminals aufgestellt waren, nur volljährigen Personen zu ermöglichen, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 leg. cit. nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind, da keine bauliche Abtrennung zu dem übrigen Gastgewerbebetrieb gegeben war."

2 Der Erstrevisionswerber habe dadurch § 19 Abs. 2 erster Satz Wiener Wettengesetz, LGBl. für Wien Nr. 26/2016, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 48/2016, verletzt, weshalb über ihn gemäß § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz, LGBl. Nr. 26/2016, in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016, iVm § 9 Abs. 2 VStG eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage und 20 Stunden) verhängt wurde. Die zweitrevisionswerbende Partei hafte für die Geldstrafe und die Verfahrenskosten von EUR 200,-- gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.

3 Die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und bestätigte das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass "die verwiesenen Bestimmungen des § 19 Abs. 2 sowie § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz in der im Tatzeitpunkt geltenden Stammfassung (somit in der Fassung vor der Novelle durch das LGBl. für Wien Nr. 40/2018) zu zitieren sind." Weiters verpflichtete es den Erstrevisionswerber zum Kostenersatz sowie die zweitrevisionswerbende Partei zur Haftung und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht unter anderem fest, der Zutritt ins Innere des aus mehreren Räumen bestehenden und über zwei Eingänge verfügenden Lokals, einer behördlich angezeigten Betriebsstätte der zweitrevisionswerbenden P artei sei ohne Kontrolle der eintretenden Person möglich gewesen. In jedem Raum habe sich zumindest ein Gerät befunden, mit dem eine Sportwette am Bildschirm ausgewählt sowie nach Bezahlen des Wetteinsatzes direkt platziert und auch wirksam habe abgeschlossen werden können.

5 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht vornehmlich auf die Angaben eines näher genannten Zeugen und setzte sich auch mit Aussagedetails eines anderen Zeugen auseinander.

6 In rechtlicher Hinsicht vertrat das Verwaltungsgericht die Ansicht, dass der Sachverhalt den Tatbestand des § 19 Abs. 2 erster Satz Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016 (Tatzeitpunkt) erfülle, weil zumindest zu einem Raum mit einem betriebsbereiten Wettterminal keine Zutrittskontrolle stattgefunden habe. Dem in § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz normierten Teilnahmeverbot an Wetten für Kinder und Jugendliche vorgelagert sei die Pflicht von Wettunternehmern, für die Einhaltung des Zutrittverbots der genannten Personen nach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz zu sorgen. Der von den revisionswerbenden Parteien ins Spiel gebrachte Günstigkeitsvergleich, wonach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 40/2018, anwendbar sei, ändere am Ergebnis nichts. Einerseits sei die Strafdrohung gleich geblieben und das strafrechtliche Unwerturteil nicht geändert worden. Andererseits läge auch eine Übertretung der zuletzt genannten Bestimmung vor, weil in der Betriebsstätte mangels Kontrollsystem keine ständige Aufsicht und auch keine Zutrittskontrolle stattgefunden hätten. 7 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1611/2019-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung abtrat. 8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 12 Als zulässig erachten die revisionswerbenden Parteien die Revision, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage fehle, welche Personen als Wettunternehmer einer Betriebsstätte mit Wettterminals im Sinne des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl 2016/26 anzusehen seien.

13 Da es sich beim angelasteten Tatort um ein Lokal handelte, das nach den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen eine behördlich angezeigte Betriebsstätte der zweitrevisionswerbenden Partei ist, besteht kein Zweifel, dass sie - mit Blick auf die von ihr nicht bestrittene Tätigkeit als Buchmacherin - nach dem klaren Wortlaut der genannten Bestimmung die davon erfasste Wettunternehmerin ist.

14 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit aktenwidrige Feststellungen behauptet, weil es dafür keinen Anhaltspunkt im Akt gebe und ein namentlich bezeichneter Zeuge das Gegenteil angegeben habe, zeigen die revisionswerbenden Parteien keine zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führende Rechtswidrigkeit auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit nur dann vor, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. VwGH 24.10.2016, Ra 2016/02/0189 bis 0191, mwN). Einen solchen qualifizierten Widerspruch zwischen der Darstellung des Akteninhaltes einerseits und dem tatsächlichen Akteninhalt andererseits legt die Revision schon deshalb nicht dar, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung ausgehend von der Zeugenaussage des Kontrollorgans die Feststellung über die bauliche Anordnung sowie das ungehinderte Betreten des Lokals ohne Kontrollen traf. Hinsichtlich der gerügten Feststellungen zur Abwesenheit verantwortlicher Personen räumen die revisionswerbenden Parteien selbst ein, dass dieser Frage nur im Fall der Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 40/2018 Bedeutung zukäme, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen zum Günstigkeitsvergleich (Rn. 16) verwiesen werden kann. 15 Die nächste formulierte grundsätzliche Rechtsfrage, ob es für eine Zutrittskontrolle ausreicht, wenn jede das Wettlokal betretende Person durch einen Mitarbeiter unmittelbar nach Betreten des Lokals noch im Eingangsbereich einer Alters- und Sperrkontrolle zugeführt wurde, geht ohne weitere Begründung nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodass die Revision nicht von ihr abhängt.

16 Der zur Zulässigkeit der Revision angesprochene Günstigkeitsvergleich gemäß § 1 Abs. 2 VStG betreffend § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 und in der Fassung LGBl. Nr. 40/2018 wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits dahingehend entschieden, dass das Tatzeitrecht anzuwenden ist (VwGH 22.7.2019, Ra 2019/02/0107 bis 0108). Die von den revisionswerbenden Parteien dagegen vorgetragenen Bedenken sind nicht geeignet, eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. 17 Die im soeben zitierten hg. Erkenntnis im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs geprüften Bestimmungen wurden auch im hier angefochtenen Erkenntnis untersucht, sodass sich das Verwaltungsgericht an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hielt.

18 Da § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Stammfassung LGBl. Nr. 26/2016 anzuwenden war, hängt die Revision von den weiteren, zur Auslegung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz

in der Fassung LGBl. Nr. 40/2018 formulierten Rechtsfragen nicht ab.

19 Schließlich vermissen die revisionswerbenden Parteien Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob die Pflicht nach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, auch Wettunternehmer treffe, die aufgrund einer Bewilligung nach dem Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G) iVm der Bestimmung des § 27 Wiener Wettengesetz zur Ausübung einer Wettunternehmertätigkeit befugt seien, zumal die in § 27 Abs. 4 Wiener Wettengesetz normierte Übergangsfrist nur für Identifikations- und Registrierungsverpflichtungen, nicht aber für die Pflicht den Zutritt zu verweigern, ein späteres Wirksamwerden vorsehe. Auch diese Frage ist für die Revision nicht relevant, weil selbst bei Zutreffen der in der Revision vorgenommenen Interpretation des § 27 Abs. 4 Wiener Wettengesetz die zweitrevisionswerbende Partei die Pflicht nach § 19 Abs. 2 leg. cit. bereits nach § 30 Abs. 1 Wiener Wettengesetz getroffen hätte.

20 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Februar 2020

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019020201.L00

Im RIS seit

10.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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