TE Vfgh Erkenntnis 2019/11/27 E5018/2018

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Veröffentlicht am 27.11.2019
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art7 Abs1
EStG 1988 §15 Abs3, §27 Abs1, §32
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch einen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer nach Widerruf einer Privatstiftung mangels Berücksichtigung des um den Wert des Fruchtgenussrechts verminderten Verkehrswerts der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.       Mit Stiftungsurkunde vom 5. Dezember 2000 wurde die beschwerdeführende Partei – eine Privatstiftung – auf unbestimmte Zeit errichtet. Die Stifterin brachte anlässlich der Errichtung ein Barvermögen iHv ATS 1.000.000,– (€ 72.672,83) in die Privatstiftung ein und behielt sich das Recht vor, weitere Vermögenswidmungen (Nachstiftungen) vorzunehmen. Mit Widmung vom 18. Dezember 2000 brachte die Stifterin in ihrem Eigentum stehende Liegenschaftsanteile (sieben Zinshäuser und zwei Eigentumswohnungen) in die beschwerdeführende Partei als Nachstiftung ein und behielt sich das Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie (für die Zinshäuser) das Fruchtgenussrecht vor.

Mit Notariatsakt vom 2. August 2005 erklärte die Stifterin den – in der Stiftungserklärung gemäß §34 Privatstiftungsgesetz vorbehaltenen – Widerruf der Privatstiftung. Mit Vorstandsbeschluss vom 31. August 2005 wurde die beschwerdeführende Partei aufgelöst.

2.       Im Rahmen der Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Oktober 2007 teilte die beschwerdeführende Partei dem zuständigen Finanzamt mit, dass das verbliebene Vermögen auf die Stifterin als Letztbegünstigte übertragen worden sei und sich die Bewertung der rückübertragenen Wirtschaftsgüter nach §15 Abs3 Z2 litb Einkommensteuergesetz 1988 (in Folge: EStG 1988) richte.

3.       Das zuständige Finanzamt erließ am 28. Oktober 2008 einen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für Oktober 2007, mit dem die beschwerdeführende Partei gemäß §95 EStG 1988 zur Haftung für die Kapitalertragsteuer iHv € 507.214,70 herangezogen wurde.

4.       Auf Grund der vom zuständigen Finanzamt dagegen erhobenen Amtsbeschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Juni 2014, 2010/13/0105, den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

5.       Mit im fortgesetzten Verfahren ergangenem Erkenntnis vom 14. September 2015 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab, änderte den angefochtenen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2007 und setzte die Kapitalertragsteuer mit € 632.758,44 fest.

6.       Mit Erkenntnis vom 23. Februar 2017, E2212/2015, hob der Verfassungsgerichtshof das im fortgesetzten Verfahren ergangene Erkenntnis wegen Verletzung der beschwerdeführenden Partei in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz auf.

7.       Mit im fortgesetzten Verfahren ergangenem Erkenntnis vom 25. Oktober 2018 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab, änderte den angefochtenen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum Oktober 2007 und setzte die Kapitalertragsteuer mit € 516.101,06 fest.

7.1.    Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus: Die Einkünfte seien auf Antrag der Stifterin um die im Zeitpunkt der seinerzeitigen Zuwendung an die Privatstiftung maßgebenden Werte (Stiftungseingangswerte) zu kürzen (§32 Z4 litb EStG 1988). Damit solle verhindert werden, dass ein Stifter die Rückerstattung des von ihm zugewendeten Vermögens in voller Höhe zu versteuern hätte, weil grundsätzlich sämtliche Zuwendungen einer Privatstiftung den Einkünften aus Kapitalvermögen unterlägen (sog "Mausefalle"). Die Kürzung erfolge dabei um die im Zeitpunkt seiner seinerzeitigen Zuwendung an die Privatstiftung "steuerlich maßgebenden Werte". Aus der Bestimmung des §15 Abs3 Z1 EStG 1988 ergebe sich, dass die "steuerlich maßgebenden Werte" aus der Perspektive der Stifterin und nicht aus jener der Stiftung zu ermitteln seien.

7.2.    Die Stifterin habe betreffend die von ihr zugewendeten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Für die Ermittlung dieser Einkünfte seien die tatsächlichen Anschaffungs- bzw Herstellungskosten maßgeblich. Zweifellos führe dies dazu, dass dadurch nicht nur die realisierten, steuerpflichtigen Wertsteigerungen in der Privatstiftung mit Kapitalertragsteuer erfasst werden würden, sondern auch jene stillen Reserven, die in der Sphäre der Stifterin vor Zuwendung an die Stiftung entstanden seien. Die gesetzliche Zielsetzung, die Gesamtbelastung der Stiftung und des Stifters mit Ertragsteuern auf jenem Niveau zu halten, das im Falle des Fortbestehens des zugewendeten Vermögens beim Stifter gegeben wäre, werde dadurch nicht erreicht. Jedoch seien Abweichungen davon aus Vereinfachungsgründen in Kauf zu nehmen, zumal es eben dieser Vereinfachung geschuldet sei, dass auf eine gesonderte Prüfung verzichtet werde, wieweit Wertsteigerungen und Wertverluste in der Zeit der Stiftung beim Stifter hätten neutralisiert werden müssen oder nicht (vgl ErlRV 1132 BlgNR 18. GP, 39).

7.3.    Das Bundesfinanzgericht tritt der Beurteilung der belangten Behörde bei, wonach betreffend die von der Stifterin zugewendeten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile die ursprünglichen Anschaffungs- bzw Herstellungskosten abzüglich der bisherigen Absetzung für Abnutzung ermittelt wurden und davon das jeweilige Fruchtgenussrecht abgezogen wurde. Die "positiven" Werte habe die Abgabenbehörde als Stiftungseingangswert abgezogen, die "negativen" Werte (Fruchtgenussrecht höher als Anschaffungs- bzw Herstellungskosten abzüglich der bisherigen Absetzung für Abnutzung) seien nicht berücksichtigt worden.

8.       Gegen diese Entscheidung richtet sich vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger gesetzlicher Bestimmungen (§32 Z4 litb EStG 1988 idF BGBl I 2/2001 und §15 Abs3 Z1 lita und b EStG 1988 idF BGBl I 180/2004) behauptet wird und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die überschießende Besteuerung des Letztbegünstigten bei Privatstiftungen sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Setze man die fortgeschriebenen Anschaffungskosten bei der Privatstiftung an und ziehe man daher auch beim Widerruf nur diese Werte von den beim Widerruf anzusetzenden fiktiven Anschaffungskosten ab, so komme es bei Liegenschaften, die nicht mehr spekulationshängig waren, zu einer erheblichen (Substanz-)Steuerbelastung.

Das Bundesfinanzgericht habe dem – nicht eindeutig definierten – Begriff der "steuerlich maßgebenden Werte" in §32 Z4 litb EStG 1988 einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen: Vielmehr wären in verfassungskonformer Auslegung als Stiftungseingangswerte die fiktiven Anschaffungskosten der Stifterin unter Berücksichtigung der Belastung mit dem Fruchtgenuss maßgebend. Bezüglich des anrechenbaren Stiftungseingangswertes sei ebenfalls der Vorbehalt des Fruchtgenusses zu berücksichtigen, weil nach §15 Abs3 Z1 lita EStG 1988 jener Betrag anzusetzen sei, der für die Ermittlung von Einkünften bei der Stifterin im Zeitpunkt der Zuwendung maßgeblich war oder maßgeblich gewesen wäre.

Sollte eine verfassungskonforme Auslegung nicht möglich sein, beruhe das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes auf verfassungswidrigen Gesetzen und seien §32 Z4 litb EStG 1988 idF BGBl I 2/2001 und §15 Abs3 Z1 lita und b EStG 1988 idF BGBl I 180/2004 (Abgabenänderungsgesetz 2004) als verfassungswidrig aufzuheben.

9.       Das Bundesfinanzgericht hat die Akten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

10.      Die Abgabenbehörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift sowie eine Ergänzung zur Gegenschrift erstattet, in der dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Interpretation des Begriffes der steuerlich maßgebenden Werte beigetreten wird. Im Rahmen des Widerrufs sei für den steuerlich maßgebenden Wert nicht der für die laufende Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung maßgebende Wert, sondern der Verkehrswert im Zeitpunkt der Nachstiftung heranzuziehen.

II.      Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.       §27 EStG 1988 idF BGBl I 100/2006 lautet auszugsweise:

"Kapitalvermögen (§2 Abs3 Z5)

§27. (1) Folgende Einkünfte sind, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des §2 Abs3 Z1 bis 4 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen:

[…]

7. Zuwendungen jeder Art einer nicht unter §5 Z6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftung sowie Zuwendungen einer Privatstiftung im Sinne des §4 Abs11 Z1 litc bis zu einem Betrag von 1 460 Euro jährlich. Als Zuwendungen gelten auch Einnahmen einschließlich sonstiger Vorteile, die anläßlich der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes an die Privatstiftung vom Empfänger der Zuwendung erzielt werden. Dies gilt nicht hinsichtlich der bei der Zuwendung von Grundstücken mitübertragenen Belastungen des Grundstückes, soweit sie mit dem Grundstück in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

[…]"

2.       §15 EStG 1988 idF BGBl I 180/2004 lautet auszugsweise:

"4. ABSCHNITT

Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten

Einnahmen

§15. […]

(3) Für Zuwendungen an und von Privatstiftungen sind die Z1 und 2 zu beachten.

1. Für Zuwendungen an die Privatstiftung gilt folgendes:

a) Die zugewendeten Wirtschaftsgüter sind mit dem Betrag anzusetzen, der für die Ermittlung von Einkünften beim Stifter im Zeitpunkt der Zuwendung maßgeblich war oder maßgeblich gewesen wäre.

b) Bei Ermittlung der Einkünfte des Stifters und der Privatstiftung sind Beträge gemäß §28 Abs2 letzter Satz, §28 Abs3 letzter Satz, §28 Abs5 sowie §28 Abs7 in der Weise weiter bei der Privatstiftung zu berücksichtigen, als wäre es zu keiner Übertragung von Wirtschaftsgütern gekommen.

2. Für Zuwendungen der Privatstiftung gilt folgendes:

a) Die zugewendeten Wirtschaftsgüter und zugewendetes sonstiges Vermögen gelten bei Ermittlung der Einkünfte als angeschafft; zugewendete sonstige geldwerte Vorteile gelten als zugeflossen.

b) Die Zuwendungen sind mit dem Betrag anzusetzen, der für das einzelne Wirtschaftsgut, für sonstiges Vermögen oder sonstige geldwerte Vorteile im Zeitpunkt der Zuwendung hätte aufgewendet werden müssen (insbesondere fiktive Anschaffungskosten). Die fiktiven Anschaffungskosten sind um negative Anschaffungskosten des zugewendeten Wirtschaftsgutes bzw negative Buchwerte des zugewendeten sonstigen Vermögens zu vermindern. Die sich ergebenden Anschaffungskosten sind evident zu halten.

c) Sind besondere Einkünfte im Sinne des §28 Abs7 zu ermitteln, ist so vorzugehen, als ob ein Erwerb von Todes wegen vorläge.

[…]"

3.       Der im vorliegenden Fall maßgebliche §32 EStG 1988 idF BGBl I 2/2001, aufgehoben durch BGBl I 85/2008, lautet auszugsweise:

"Gemeinsame Vorschriften

§32. Zu den Einkünften im Sinne des §2 Abs3 gehören auch:

[…]

4. Für Zuwendungen von Privatstiftungen gilt folgendes:

a) Die Steuer von Zuwendungen an Begünstigte und Letztbegünstigte wird auf Antrag insoweit ermäßigt oder erlassen, als für Zuwendungen Erbschafts- und Schenkungssteuer gemäß §8 Abs3 litb des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes nacherhoben wurde.

b) ist der (jeweilige) Stifter im Falle des Widerrufs einer nicht unter §4 Abs11 Z1 fallenden Privatstiftung gemäß §34 des Privatstiftungsgesetzes Letztbegünstigter, sind die Einkünfte auf seinen Antrag um die im Zeitpunkt seiner seinerzeitigen Zuwendungen an die Privatstiftung steuerlich maßgebenden Werte zu kürzen. Dies gilt nur dann, wenn der Stifter diese Werte nachweist."

III.    Erwägungen

1.       Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2.       Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann dem Verwaltungsgericht unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn es den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

2.1.    Ein solcher Fehler ist dem Bundesfinanzgericht unterlaufen:

2.2.    Ist der Stifter im Fall des Widerrufes einer nicht unter §4 Abs11 Z1 EStG 1988 fallenden Privatstiftung Letztbegünstigter, sind die Einkünfte auf seinen Antrag um die im Zeitpunkt seiner seinerzeitigen Zuwendungen an die Privatstiftung steuerlich maßgebenden Werte zu kürzen (§32 Z4 litb EStG 1988). §15 Abs3 Z1 lita EStG 1988 bestimmt in diesem Zusammenhang weiter, dass für Zuwendungen an die Privatstiftung die zugewendeten Wirtschaftsgüter mit dem Betrag anzusetzen sind, der für die Ermittlung von Einkünften beim Stifter im Zeitpunkt der Zuwendung maßgeblich war oder maßgeblich gewesen wäre.

2.3.    Auch wenn dem Bundesfinanzgericht insoweit zuzustimmen ist, dass sich aus der Bestimmung des §15 Abs3 Z1 EStG 1988 ergibt, dass die steuerlich maßgebenden Werte aus der Perspektive der Stifterin und nicht der Privatstiftung zu ermitteln sind, verkennt es die Rechtslage grob, wenn es aus dem Umstand, dass die Stifterin aus den von ihr zugewendeten Liegenschaften vor Zuwendung an die Privatstiftung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte, folgert, dass gemäß §16 Abs1 Z8 lita EStG 1988 für die unter Zurückbehaltung eines Fruchtgenussrechtes zugewendeten Liegenschaften die tatsächlichen Anschaffungs- bzw Herstellungskosten maßgebend wären.

2.4.    Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem vorangegangenen Erkenntnis vom 23. Februar 2017, E2212/2015, ausgesprochen hat, wurde der Privatstiftung an einzelnen Liegenschaften auf Grund der Zurückbehaltung des Fruchtgenussrechtes nur der um das Nutzungsrecht verminderte Vermögenswert zugewendet, sodass das zugewendete Wirtschaftsgut der Privatstiftung nicht der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen kann.

2.5.    Steuerlich maßgebend iSd §15 Abs3 Z1 lita iVm §32 Z4 litb EStG 1988 sind in diesen Fällen daher jene Werte, die im Fall einer mit einem Fruchtgenussrecht belasteten Liegenschaft aus Sicht der Stifterin anzusetzen sind. Wie die beschwerdeführende Partei und auch das Finanzamt in seiner Ergänzung zur Gegenschrift zutreffend ausführen, ist es denkunmöglich, diesen Wert im Fall einer Liegenschaft, für die die Spekulationsfrist gemäß §30 EStG idF vor BGBl I 22/2012 im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung bereits abgelaufen war, mit den tatsächlichen (historischen) Anschaffungs- bzw Herstellungskosten anzusetzen, sind diese doch in Folge Ablaufs der Spekulationsfrist im Anwendungsbereich des §30 EStG idF vor BGBl I 22/2012 steuerlich nicht maßgebend.

2.6.    Vielmehr ist in solchen Fällen der – um den Wert des Fruchtgenussrechtes verminderte – Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung maßgebend, womit auch der Zielsetzung der Regelung, die Gesamtbelastung von Stifter und Stiftung mit Ertragsteuern an jenem Niveau auszurichten, das im Fall des Fortbestehens des zugewendeten Vermögens beim Stifter gegeben wäre, Rechnung getragen wird (ErlRV 1132 BlgNR 18. GP, 39).

3.       Indem das Bundesfinanzgericht in diesen Fällen als steuerlich maßgebenden Wert iSd §32 Z4 litb EStG 1988 die tatsächlichen Anschaffungs- bzw Herstellungskosten ansetzt, hat es die Rechtslage grob verkannt und mit der angefochtenen Entscheidung Willkür iSd ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes geübt.

IV.      Ergebnis

1.       Die beschwerdeführende Partei ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.       Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Stiftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E5018.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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