TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/21 G310 2225437-1

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Veröffentlicht am 21.11.2019
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Entscheidungsdatum

21.11.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs4

Spruch

G310 2225437-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Serbien, vertreten durch Dr. Reinhard SCHWARZKOGLER, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids

wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) kam in Österreich zur Welt und hält sich seit seiner Geburt hier auf. Sein Herkunftsland kennt er nur von Besuchen. Er lebte bislang überwiegend in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter, der die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde und die in Österreich erwerbstätig ist. Weiters leben sein Vater, seine Großeltern, seine Schwester sowie seine Freundin in Österreich. Er hat hier die Schule besucht und kann Beschäftigungszeiten vorweisen, die aber großteils von Bezugsleistungen des AMS unterbrochen sind. Zuletzt war er von XXXX.08.2018 bis XXXX.04.2019, somit bis zu seiner Festnahme, als Arbeiter beschäftigt. Er verfügt über einen Aufenthaltstitel "Familieneigenschaft-ausg. unselbstsändiger Erwerb".Er besitzt einen am XXXX.12.2015 ausgestellten und bis XXXX.12.2025 gültigen serbischen Reisepass. Zu seinen Angehörigen in Serbien besteht kein Kontakt.

Der BF wurde sechs Mal strafgerichtlich verurteilt. Mit der vorletzten Verurteilung vom XXXX.05.2018, XXXX, wurde der BF durch das Landesgericht XXXX, wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28 Abs. 1. 5. und 6. Fall SMG, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG, des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs. 1 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt.

Am XXXX.03.2019 erfolgte die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe und wurde der BF am XXXX.04.2019 festgenommen.

Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.08.2019, XXXX, wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und der Vergehen der falschen Beweisaussaga als Bestimmungstäter nach §§ 12 2. Fall, 288 Abs. 1 und 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt II.), ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit einem Verweis auf die zum Einreiseverbot erfolgten Ausführungen begründet. Seine sofortige Ausreise sei erforderlich, weil sein Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle.

In der Beschwerde, die sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, beantragte die BF die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Hierzu wurde zusammengefasst ausgeführt, dass vom BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe. Die Suchtgiftdelinquenz sei seit 2017 nicht mehr gegeben. Der BF sei von August 2018 bis zu seiner Festnahme im April 2019 einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen, womit der Nachweis erbracht sei, dass er sich vom Suchtgift abgewendet habe.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo diese am 18.11.2019 einlangten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten sei.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Hier ist zwar aufgrund der wiederholten Straffälligkeit des BF, der sich von gegen ihn geführten Strafverfahren und strafgerichtlichen Sanktionen bislang völlig unbeeindruckt zeigte auszugehen, dass sein Aufenthalt in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Er wurde insgesamt sechs Mal verurteilt und auch eine gegen ihn erlassene Freiheitsstrafe von 14 Monaten konnte ihn nicht davon abhalten, kurz nach seiner bedingten Entlassung erneut straffällig zu werden, obwohl er erst kurz zuvor vom BFA zu einer beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes zu einer Stellungnahme aufgefordert worden war.

Im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung ergibt sich aber, dass mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung die Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, zumal der BF sein ganzes Leben im Inland verbracht hat und eine Trennung von seiner Familie während des Beschwerdeverfahrens nicht verhältnismäßig ist.

Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher wegen der nach dem derzeitigen Verfahrensstand anzunehmenden realen Gefahr einer mit der Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat verbundenen Verletzung von Art 8 EMRK ersatzlos aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2225437.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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