TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/5 W134 2224559-3

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Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §341
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W134 2224559-2/27E

W134 2224559-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Vorsitzender sowie Mag. Roland Lang als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Christoph Wiesinger als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite betreffend das Vergabeverfahren "Personen- und Betriebsberatung fit2work" der Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, alle vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages des XXXX vertreten durch RA Mag. Peter G. Wahl, Rooseveltplatz 4-5/6, 1090 Wien, vom 18.10.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge im oben bezeichneten Vergabeverfahren die Entscheidung des Antragsgegners vom 8.10.2019, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, für nichtig erklären", wird gemäß § 334 BVergG 2018 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2)

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber betreffend das Vergabeverfahren "Personen- und Betriebsberatung fit2work" der Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, alle vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages des XXXX vertreten durch RA Mag. Peter G. Wahl, Rooseveltplatz 4-5/6, 1090 Wien, vom 18.10.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2019 folgenden Beschluss:

A)

Der Antrag gerichtet auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin wird gemäß § 341 BVergG 2018 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 18.10.2019, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte der Antragsteller die Nichtigerklärung der am 08.10.2019 von der Auftraggeberin bekannt gegebenen Entscheidung, mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde vom Antragsteller unter Bezugnahme auf die angefochtenen 3 Lose Folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberin habe ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zum Abschluss der Rahmenvereinbarung "Personen- und Betriebsberatung fit2work", ausgeschrieben. Die zu vergebenden Gesamtleistungen seien auf drei Lose aufgeteilt. Angefochten sei in allen drei Losen die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung gab der Antragsteller zusammengefasst Folgendes an:

1. Die Preisgestaltung in den Losen 1 bis 3 des Angebotes des Bestbieters sei nicht nachvollziehbar. Die Auftraggeberin hätte eine vertiefte Angebotsprüfung durchführen müssen. Es liege eine spekulative Preisgestaltung vor. Das Angebot der Bestbieterin hätte daher ausgeschieden werden müssen.

2. Der Antragsteller und die Bestbieterin seien von unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen ausgegangen, dies führe zu einer Unvergleichbarkeit der Angebote.

3. Die Bewertung der Haupt- und Subkriterien (Allgemeine Ausschreibungsbedingungen Punkt 7.6.1) sei nicht durch eine fachkundige Kommission und willkürlich erfolgt.

Der Antragsteller habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihm ein Schaden und seine Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 23.10.2019 gab diese bekannt, dass Auftraggeberin die Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, sei. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren zur Vergabe von Rahmenvereinbarungen handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich der in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden solle. Die Vergabe erfolge in 3 Losen. Die Bekanntmachung in der EU sei am 05.02.2019 und in Österreich am 04.02.2019 erfolgt. Am 08.10.2019 sei die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung in den jeweiligen Losen abgeschlossen werden soll, elektronisch via Lieferanzeiger den Bietern bereit gestellt worden.

Mit Beschluss des BVwG vom 24.10.2019, W134 2224559-1/2E, wurde der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, im gegenständlichen Vergabeverfahren die Rahmenvereinbarung abzuschließen.

Mit Schreiben der it XXXX vom 31.10.2019 und 19.11.2019 erhob diese begründete Einwendungen gegen die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 04.11.2019 brachte diese zusammengefasst vor, dass sie die Kalkulation der erstgereihten Bieterin vertieft auf Positionsebene geprüft habe. Sie habe sämtliche Einheitspreise genauer untersucht, sämtliche Stundensätze herausgerechnet und mit dem von der Bestbieterin zur Entlohnung ihrer Mitarbeiter herangezogenen Kollektivertrag verglichen. Die angebotenen Preise der Bestbieterin seien plausibel. Auffälligkeiten hierbei seien nicht hervorgekommen das Angebot der Bestbieterin, speziell deren Kalkulation, sei nicht zu beanstanden. Die Vergleichbarkeit der Angebote insbesondere bezüglich der Wiedereingliederungsberatung ("Wietz-Beratung") sei gegeben. Die Behauptung der Antragstellerin, dass die verbale Beurteilung der einzelnen Kommissionsmitglieder nicht mit deren Punktebewertung in Einklang zu bringen wäre, entbehre jedweder Grundlage.

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 13.11.2019 und vom 19.11.2019 ergänzende Stellungnahmen abgegeben.

Am 22.11.2019 fand dazu eine mündliche Verhandlung im BVwG statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberin hat in drei Losen den Dienstleistungsauftrag "Personen- und Betriebsberatung fit2work" im Wege eines Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Es ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung beabsichtigt. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 04.02.2019 und in der EU am 05.02.2019 erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 23.10.2019).

Es handelt sich um einen Dienstleistungauftrag des Gesundheits- und Sozialwesens mit dem CPV-Code 85000000, welcher in Anhang XVI des BVergG 2018 genannt ist, somit um einen besonderen Dienstleistungsauftrag. (Vorbringen der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung)

Die "Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen" (kurz "AAB" genannt) lauten auszugsweise:

"7.6.3 Qualität

216 Im Zuschlagskriterium Qualität werden die Punkte wie folgt vergeben:

217 Die Angebote der Bieter (das angebotene Konzept) werden inhaltlich von einer Kommission bewertet. Die Kommission besteht aus mind. drei fachkundigen Personen.

218 Jedes Kommissionsmitglied gibt eine getrennte Punktebewertung und verbale Beurteilung ab. Gewertet wird der Durchschnitt aller Kommissionsmitglieder.

219 Für jedes Subkriterium können jeweils zwischen 0 und 100 Punkte nach folgendem Schema vergeben werden. Bewertet wird jeweils der Mehrwert des Angebotes gegenüber den Mindestanforderungen der Ausschreibungsunterlagen:

0 Punkte: kein Mehrwert erkennbar, erfüllt lediglich die Mindestanforderungen

20 Punkte: geringer Mehrwert gegenüber Mindestforderungen

40 Punkte: durchschnittlicher Mehrwert

60 Punkte: gut erfüllt

80 Punkte: sehr gut erfüllt

100 Punkte: bestmöglich erfüllt" (Vergabeakt)

Die Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, nämlich mit der it XXXX wurde am 08.10.2019 bereit gestellt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 23.10.2019).

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3. a) Allgemeines:

Die Ausschreibungsunterlagen, welche mangels rechtzeitiger Anfechtung bestandsfest wurden und an welche daher alle am Vergabeverfahren Beteiligten gebunden sind, sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen (VwGH 17. 6. 2014, 2013/04/0029; VwGH 14. 4. 2011, 2008/04/0065; VwGH 15. 3. 2017, Ra 2014/04/0052).

3. b) Zu Spruchpunkt 1.) A) - Nachprüfungsantrag:

Die Antragstellerin brachte zusammengefasst vor, dass die Preisgestaltung des Angebotes der Bestbieterin in den Losen 1 bis 3 nicht nachvollziehbar sei. Die Auftraggeberin hätte eine vertiefte Angebotsprüfung durchführen müssen. Es liege eine spekulative Preisgestaltung vor. Das Angebot der Bestbieterin hätte daher ausgeschieden werden müssen.

Wie die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung zu Recht vorbrachte, handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Leistung um einen Dienstleistungauftrag des Gesundheits- und Sozialwesens mit dem CPV-Code 85000000. Da diese Dienstleistung in Anhang XVI des BVergG 2018 genannt ist, handelt es sich um einen besonderen Dienstleistungsauftrag nach § 151 BVergG 2018. Gemäß § 151 BVergG 2018 gilt § 137 BVergG 2018 für die Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen nicht. Die Auftraggeberin war daher nicht verpflichtet, eine vertiefte Angebotsprüfung gemäß § 137 BVergG 2018 durchzuführen. Die Auftraggeberin hat eine Angebotsprüfung jedoch trotzdem durchgeführt.

Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren ist zu berücksichtigen, dass es sich um die Erbringung von geistigen Dienstleistungen handelt. Geistige Dienstleistungen sind gem. § 2 Z 17 BVergG 2018 Dienstleistungen, die nicht zwingend zum gleichen Ergebnis führen, weil ihr wesentlicher Inhalt in der Lösung einer Aufgabenstellung durch Erbringung geistiger Arbeit besteht, weshalb größere Unterschiede bei den Angebotspreisen als etwa bei Liefer- oder Bauaufträgen tolerierbar sind. Die Auftraggeberin hat bei ihrer Angebotsprüfung zu Recht die Abweichungen der Angebotspreise des Erstgereihten einerseits zum geschätzten Auftragswert und andererseits zum Mittelwert des zweit- und drittgereihten Angebotes geprüft (vgl. Beilage ./B zur Verhandlungsschrift). Dabei zeigte sich, dass bei allen drei Losen, entweder bei der einen oder der anderen Vergleichsprüfung, tolerierbare Abweichungen von 17,2% bis 17,7% vorlagen. Trotzdem soll in der Folge die Angebotspreisprüfung der Auftraggeberin nachvollzogen werden.

Es wird gemäß § 20 Abs. 1 BVergG 2018 geprüft, ob die Vergabe zu angemessenen Preisen erfolgt. Da es sich sich bei einer vertieften Angebotsprüfung gem. § 137 BVergG 2018 um eine Plausibilitätsprüfung handelt, bei der nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen werden muss, sondern nur - grob - geprüft wird, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (VwGH 22.11.2011, Zl. 2007/04/0201), ist an eine Angebotspreisprüfung gemäß § 20 Abs. 1 BVergG 2018 jedenfalls keine höhere Anforderung zu stellen. Vom Senat wurde diese Angebotspreisprüfung der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung nachvollzogen. Die Auftraggeberin hat im Zuge der Angebotspreisprüfung sämtliche Einheitspreise betrachtet und insbesondere die Preise unterschiedlicher Bieter für die gleiche Leistungsposition, als auch die Preise der Bestbieterin für die gleiche Leistungsposition in unterschiedlichen Losen in Relation gesetzt. Dabei ergaben sich keine auffälligen Unterschiede bei den Preisen in unterschiedlichen Losen. Der Preisunterschied ergibt sich in erster Linie aus dem Unterschied in der Grundpauschale, was darin begründet ist, dass gerade in dieser Position diverse Grundleistungen zu berücksichtigen sind, die sich von Region zu Region unterscheiden können. Die Auftraggeberin hat weiters sämtliche Einheitspreise genauer untersucht, sämtliche Stundensätze herausgerechnet und mit dem von der Bestbieterin zur Entlohnung ihrer Mitarbeiter herangezogenen Kollektivertrag verglichen. Die Stundensätze wurden von der Auftraggeberin als plausibel und marktüblich beurteilt. Die umfangreiche und detaillierte Prüfung und Beurteilung durch die Auftraggeberin (siehe die vertraulichen Beilagen ./C, ./D, ./E zum Verhandlungsprotokoll, sowie der vertrauliche Aktenvermerk "marktüblicher Preis - itworks" der ebenfalls dem Verhandlungsprotokoll beiliegt) ist, wie die Prüfung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, plausibel und nachvollziehbar. Die Vergabe erfolgt somit zu angemessenen Preisen.

Die Antragstellerin hat weiters zusammengefasst die gehörige Qualifikation der Mitglieder der Bewertungskommissionen angezweifelt. Aufgrund der verbalen Beurteilungen und der vergebenen Punkte für das Angebot der Antragstellerin bestünden Zweifel an der Objektivität und Fachkunde der Kommissionsmitglieder.

Die Antragstellerin wurde in der mündlichen Verhandlung aufgefordert, sämtliche Kommissionsbewertungspunkte, die ihre Rechte verletzen könnten, zu nennen. Sie hat dabei zwei Punkte benannt, nämlich betreffend Los 2 das Kriterium D2 und A4 (siehe dazu im Detail die Verhandlungsschrift Seite 7f). Die weiteren Kommissionsbewertungspunkte gehen entsprechend dem Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung in dieselbe Richtung und wurden nicht als besprechungsrelevant vorgebracht.

Die Antragstellerin brachte vor, das oben genannten Kriterium D2 sei vom Kommissionsmitglied 2 mit "sehr gut erfüllt" bewertet worden, wobei dafür 60 Punkte vergeben worden seien. Die vergebenen 60 Punkte würden jedoch nur für "gut erfüllt" stehen. Somit seien dafür zu wenige Punkte vergeben worden.

Die Auftraggeberin hat dazu in der mündlichen Verhandlung Folgendes vorgebracht: "Hinsichtlich der kommissionellen Bewertung verkennt die Antragstellerin das Bewertungssystem, wie es in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt ist. In den AAB Punkt 7.6.3, ist ausdrücklich festgelegt, dass nur der über die Mindestanforderungen hinausgehende Mehrwert zu bewerten ist. Wenn sich dabei in den verbalen Bewertungen positive Bewertungen finden, dann heißt das nicht, dass der Antragsteller bzw. dem Bieter volle Punkteanzahl zu geben wäre, sondern dass eine diesbezüglich über die Mindestanforderungen hinausgehende Übererfüllung stattgefunden hat. Wenn also eine verbale Bewertung mit "sehr gut erfüllt" abgegeben wird, bedeutet das für die Punkte in diesem Fall, dass die Übererfüllung gut ist." Diesem Vorbringen der Auftraggeberin ist vollinhaltlich zuzustimmen. Die Punktevergabe entspricht der Ausschreibungsunterlage und ist somit nicht zu beanstanden. Auch haben sich keine Anhaltspunkte für eine etwaige Befangenheit oder mangelnde Fachkunde von Kommissionmitgliedern (siehe Beilage ./1 des Schreibens der Aufrtaggeberin vom 04.11.2019), welche die Antragstellerin ohne Angabe von näheren Gründen vermutete, ergeben.

Die Antragstellerin brachte weiters vor, bei dem oben genannten Kriterium A4 seien vom Kommissionsmitglied 2 0 Punkte, vom Kommissionsmitglied 3 100 Punkte und von den restlichen Kommissionsmitgliedern jeweils 80 Punkte vergeben worden. Daraus sei zu schließen, dass die Objektivität des Kommissionsmitglieds 2 in diesem Punkt nicht gewährleistet sei.

Aus den Ausschreibungsunterlagen, insbesondere Punkt 7.6.3 der AAB, ergibt sich nicht, dass die einzelnen Kommissionsmitglieder bei der Beurteilung der einzelnen Kriterien immer jeweils die gleiche Punkteanzahl zu vergeben haben. Aus der Randziffer 218 der AAB ergibt sich vielmehr, dass "der Durchschnitt aller Kommissionsmitglieder" gewertet wird, was darauf hindeutet, dass mit unterschiedlichen Bewertungen durch die Kommissionsmitglieder gerechnet wird, was auch der Lebenserfahrung entspricht. Eine unterschiedliche Punktevergabe durch verschiedene Kommissionsmitglieder widerspricht somit nicht den Ausschreibungsunterlagen und ist somit nicht zu beanstanden.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen dass es dem BVwG verwehrt ist, anstelle der Kommission die Angebote zu bewerten. Nur dann, wenn die Bewertung durch die Kommission den von der Ausschreibung eingeräumten Ermessensspielraum überschreiten sollte, ist das BVwG zuständig, diese Bewertung aufzuheben (BVwG 16.11.2017, W134 2168104-2/33E). Im gegenständlichen Fall wurde der von der Ausschreibung eingeräumte Ermessensspielraum nicht überschritten.

Die Antragstellerin stellt weiters die Vergleichbarkeit der Angebote infrage und gibt an, dass sie sich die eklatanten Preisunterschiede nur dadurch erklären könne, dass die Bieter von unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen, beispielsweise betreffend die Kalkulation von sogenannten "Wietz-Beratungen" ausgegangen seien. Die Antragstellerin mutmaßt, dass die anderen Bieter einen Wissensvorsprung gehabt haben könnten. Sie kritisiert, dass sie von der Auftraggeberin nicht darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass es notwendig sei, den Preis zu optimieren. Die Antragstellerin sei vom der Auftraggeberin nicht auf Einsparungspotenziale aufmerksam gemacht worden.

Was die "Wietz-Beratungen" betrifft, so ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung, Punkt 8 (siehe insbesondere die Grafik in Rz 372), die Notwendigkeit der Einberechnung der "Wietz-Beratungen" in die Erstberatung. Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach aus der Leistungsbeschreibung nicht ausdrücklich hervorgehe, dass die "Wietz-Beratungen" in die Erstberatung einzurechnen sei, kann daher nicht nachvollzogen werden. Im Vergabeakt, insbesondere in den Verhandlungsprotokollen, finden sich auch keine Hinweise dafür, dass den anderen Bietern von der Auftraggeberin ein Wissensvorsprung verschafft wurde oder auf eine sonstige Ungleichbehandlung der Bieter. Im Übrigen wäre , da die Antragstellerin, wie sie selbst angibt, teilweise seit sieben Jahren die ausgeschriebene Leistung im gesamten Bundesgebiet, ausgenommen Niederösterreich, erbringt, ein Wissensvorsprung auch eher bei der Antragstellerin selbst als bei anderen Bietern, die nicht über diese lange Erfahrung verfügen, zu vermuten.

Wenn die Antragstellerin vorbringt, dass sie von der Auftraggeberin nicht darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass es notwendig sei, den Preis zu optimieren und Einsparungspotenziale zu nützen, so ist ihr entgegenzuhalten, dass sich weder aus den Ausschreibungsunterlagen noch aus den gesetzlichen Grundlagen (§ 20 Abs 1 BVergG 2018; § 114 BVergG 2018 gilt hier gem. § 151 BVergG 2018 nicht) eine solche Hinweispflicht der Auftraggeberin ergibt.

Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass die Entscheidung der Auftraggeberin vom 08.10.2019, die Rahmenvereinbarung in den Losen 1 bis 3 mit der it XXXX abschließen zu wollen, nicht in den geltend gemachten Beschwerdepunkten rechtswidrig ist.

3. c) Zu Spruchpunkt 2.) A) - Gebührenersatz:

Da die Antragstellerin nicht obsiegt hat, hat sie gemäß § 341 BVergG 2018 keinen Anspruch auf Gebührenersatz durch die Auftraggeberin.

4) Zu den Spruchpunkten 1.) B) und 2.) B) - Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die im Erkenntnis zitierten Erkenntnisse des VwGH) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, Pauschalgebührenersatz,
Vergabeverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W134.2224559.3.00

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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