TE Vwgh Erkenntnis 1998/8/25 98/11/0069

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Veröffentlicht am 25.08.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
MRK Art4 Abs3 litb;
MRK Art9;
StGG Art14;
WehrG 1990 §35 Abs2;
WehrG 1990 §35;
WehrG 1990 §36a;
ZDG 1986 §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des V R in W, vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien XIII, Fasangartengasse 35, gegen den Bescheid des Militärkommandos Oberösterreich vom 26. November 1996, Zl. O/69/02/01/55-2505, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst, zu Recht erkannt.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid (Einberufungsbefehl) wurde der im Jahre 1969 geborene Beschwerdeführer zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes in der Dauer von 7 Monaten und 23 Tagen vom 8. Februar 1997 an einberufen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 27. November 1997, B 4835/96, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und diese mit Beschluß vom 10. März 1998 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der "Zeugen Jehovas" und könne als solcher weder Militärdienst noch Zivildienst leisten. Er habe bereits einmal einen Einberufungsbefehl erhalten, diesen nicht befolgt und - nachdem er von einer Militärstreife in die Kaserne gebracht worden sei - die Befolgung aller militärischen Befehle verweigert. Er sei daraufhin aus dem Präsenzdienst vorzeitig entlassen und in der Folge vom Gericht nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Militärstrafgesetzes (Nichtbefolgung des Einberufungsbefehles sowie Ungehorsam) rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Obwohl der belangten Behörde seine religiöse Überzeugung und damit seine Einstellung zum Wehrdienst bekannt sei, habe er einen neuerlichen Einberufungsbefehl erhalten. Der Militärbehörde habe bewußt sein müssen, daß die einzige Konsequenz dieser Vorgangsweise seine neuerliche Bestrafung sein müsse. Ein Einberufungsbefehl, der nur dazu dient, ihm ein persönliches Übel zuzufügen, entspreche nicht dem Wehrgesetz, welches im § 35 Abs. 1 erster Satz die Erlassung eines Einberufungsbefehles an die jeweiligen militärischen Erfordernisse binde. Ein militärisches Erfordernis bestehe hinsichtlich seiner Person nicht.

Der Beschwerdeführer vertritt damit den Standpunkt, daß er aus den in seiner Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft liegenden Gründen nicht zur Ableistung des Präsenzdienstes einberufen werden dürfte. Dazu bietet die Rechtsordnung aber keinen Anhaltspunkt. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem (im Ablehnungsbeschluß vom 27. November 1997 zitierten), ebenfalls Angehörige der in Rede stehenden Glaubensgemeinschaft betreffenden Erkenntnis vom 10. Oktober 1997, B 1021/96 u.a., ausführlich auf die vielfältigen Regelungen hingewiesen, in denen aus in der Person des Wehrpflichtigen gelegenen Gründen Ausnahmen und Modifikationen der verfassungsrechtlich für alle Staatsbürger männlichen Geschlechts verankerten Wehrpflicht in Form der Möglichkeit der Leistung des Zivildienstes anstelle des Wehrdienstes, in Form des Ausschlusses einer Einberufung und der Befreiung von der Präsenzdienstpflicht vorgesehen sind. Er kam zu dem Ergebnis, daß die Nichtberücksichtigung einer Haltung wie der des Beschwerdeführers nicht den Gleichheitsgrundsatz berühre und auch andere verfassungsgesetzlich geschützte Positionen nicht verletze.

Der Beschwerdeführer verkennt auch, daß eine in der Rechtsordnung verankerte Pflicht nicht dadurch erlischt, daß bereits einmal wegen Nichterfüllung dieser Pflicht gegen den Betreffenden eine Sanktion verhängt worden ist.

Die Einberufung des Beschwerdeführers war notwendig, um ihn zur Erfüllung seiner aufrechten Verpflichtung gegenüber dem Staat, gegenüber der Allgemeinheit und damit gegenüber seinen Mitmenschen zu verhalten. Die Einberufung von tauglichen Wehrpflichtigen liegt jedenfalls im militärischen Interesse (vgl. die Rechtsprechung zur Begründungspflicht in Ansehung von Einberufungsbefehlen, z.B. Erkenntnis vom 19. Februar 1988, Slg. Nr. 12646/A); einer Prüfung der subjektiven Einstellung des Betreffenden zum Bundesheer bedarf es nicht.

Die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst steht auf Grund des Ergebnisses seiner Stellung fest. Eine Berufung auf die angeblich fehlende Eignung geht daher von vornherein fehl, abgesehen davon, daß die vom Beschwerdeführer angesprochene Bestimmung des § 35 Abs. 2 des Wehrgesetzes nicht (mehr) die Verpflichtung zur Leistung eines Wehrdienstes schlechthin, sondern nur die Zuteilung der Wehrpflichtigen zu bestimmten Verwendungen im Bundesheer zum Gegenstand hat.

Nach dem Gesagten besteht auch keine Veranlassung zur Annahme, es hätte - entgegen der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Parteiengehör gewährt und der angefochtene Bescheid mit einer Begründung versehen werden müssen.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.

Wien, am 25. August 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998110069.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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