TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/3 LVwG-2019/24/0574-8

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Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht

Norm

LSD-BG 2016 §22
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Drin. Voppichler-Thöni über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, Tschechische Republik, vertreten durch Rechtsanwälte BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 10.01.2019, *****, betreffend Übertretungen nach dem LSD-BG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die zu den Punkten 1. und 2. angeführten Delikte des angefochtenen Straferkenntnisses zu einer einzigen Übertretung zusammengefasst werden und in Abänderung des Strafausspruches eine Gesamtstrafe von Euro 1.000,00 (EFS 20 Stunden) verhängt wird.

2.       Weiters wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend präzisiert, als der Beschwerdeführer die Übertretungen als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC zu verantworten hat.

3.       Die Kosten des Behördenverfahrens werden mit Euro 100,00 neu bestimmt.

4.       Der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte 3. bis 5. wird Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der genannten Spruchpunkte gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

5.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschwerdeführer spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Sie, Herr AA, geb XX.XX.XXXX haben als Verantwortlicher der Firma CC mit Sitz in Adresse 1, Z, Tschechische Republik, diese ist Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zu verantworten, dass unten angeführten Lohnunterlagen entgegen § 22 Abs 2 dem Beschäftiger, Herrn DD, Betreiber der „EE“ mit Sitz in Adresse 3, W, im Inland während der Dauer der Beschäftigung nicht nachweislich bereitgestellt wurden, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer als Überlasser im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 22 Abs 2 die Lohnunterlagen dem Beschäftiger nicht nachweislich bereitstellt. Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen nach Abs 1 den inländischen Beschäftiger. Der Überlasser hat dem Beschäftiger die Lohnunterlagen nach Abs 1 nachweislich bereitzustellen.

Folgende Unterlagen wurden nicht am oben angeführten Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten oder zugänglich gemacht: Es fehlten sämtliche Lohnunterlagen der unten angeführten fünf Dienstnehmer:

1.) FF, geb. XX.XX.XXXX;

Staatsangehörigkeit: Slowakische Republik

Arbeitsantritt: 05.12.2017 (lt. Arbeitnehmerentsendungsvertrag)

Tätigkeit: Koch

Arbeits(Einsatz)ort: „EE“, Adresse 4, W

2.) GG, geb. XX.XX.XXXX

Staatsangehörigkeit: Slowakische Republik

Arbeitsantritt: 05.12.2017 (lt. Arbeitnehmerentsendungsvertrag)

Tätigkeit: Kellnerin/Speisenträgerin

Arbeits(Einsatz)ort: „EE“, Adresse 4, W

3.) JJ

Arbeitsantritt: 05.12.2017 (lt. Arbeitnehmerentsendungsvertrag)

Tätigkeit: Küchenhelfer/Abwäscher/Speisenträger

Arbeitseinsätzen: „EE“, Adresse 4, W

4.) KK

Arbeitsantritt: 05.12.2017 (lt. Arbeitnehmerentsendungsvertrag)

Tätigkeit: Kellnerin/Speisenträgerin

Arbeits(Einsatz)ort: „EE“, Adresse 4, W

5.) LL

Arbeitsantritt: 01.01.2018 (lt. Arbeitnehmerentsendungsvertrag)

Tätigkeit: Koch

Arbeits(Einsatz)ort: „EE“, Adresse 4, W“

Der Beschwerdeführer habe dadurch zu den Spruchpunkten 1. bis 5. jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Ziff 2 iVm § 22 Abs LSD-BG begangen und wurde über ihn gemäß § 28 Ziff 2 LSD-BG zu den Spruchpunkten 1. bis 5. jeweils eine Geldstrafe in Höhe von Euro 1.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 33 Stunden) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass JJ, KK und LL nicht auf der EE gearbeitet hätten. Für FF und GG seien sämtliche Unterlagen vorgelegen. Zu den Einkommensverhältnissen gab er an, Euro 185,00 Rente aus Deutschland zu beziehen und in der Tschechei Euro 1,000.000,00 Schulden zu haben.

Es wurde beantragt, das Verfahren einzustellen.

Der Beschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Am 26.11.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht in Tirol statt, anlässlich welcher der Beschwerdeführer sowie der Zeuge MM einvernommen wurden. Weiters wurde Einsicht genommen in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu GZ 2019/29/0568.

II.      Sachverhalt:

Am 23.02.2018 fand um 10.40 Uhr im Lokal „EE“, Adresse 4, W, eine Kontrolle des Finanzamts X und der Finanzpolizei statt, anlässlich welcher in der Küche des Lokals fünf Arbeitnehmer angetroffen wurden, welche nicht auf der Dienstnehmerliste des Sozialversicherungs-Hauptverbandes (betreffend den Lokalbetreiber DD) aufschienen.

Bei zwei dieser Arbeitnehmer handelte es sich um FF, geb XX.XX.XXXX, und GG, geb. XX.XX.XXXX, welche bei der CC mit Sitz in Adresse 1, Z, Tschechische Republik, angestellt waren und seit 05.12.2017 an den Betreiber des Lokals "EE", DD, als Koch bzw Kellnerin überlassen waren. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC war der Beschwerdeführer.

Nicht festgestellt werden kann, dass es sich bei den weiteren in der Küche angetroffenen Arbeitnehmern um JJ, KK und LL gehandelt hat sowie dass diese ebenfalls von der CC an DD überlassen waren.

Für FF und GG wurden keine Lohnunterlagen bereitgestellt oder elektronisch zugänglich gemacht.

III.     Beweiswürdigung:

Dass am 23.02.2018 eine Kontrolle durch die Finanzpolizei im Lokal "EE" stattfand, ergibt sich aus der Anzeige der Finanzpolizei Team ** für das Finanzamt X-V vom 21. März 2018, *****, und wurde dies vom Zeugen MM bestätigt und vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Dass die beiden bei der CC angestellten Arbeitnehmer FF und GG seit 05.12.2017 und auch noch zum Kontrollzeitpunkt an DD überlassen waren, wurde vom Beschwerdeführer bestätigt. Auch der vor der belangten Behörde im Verfahren LVwG-2019/29/0568 einvernommene Zeuge DD gab an, dass die beiden Arbeitnehmer von der CC überlassen wurden und im Lokal gearbeitet haben.

Dass es sich bei den weiters in der Küche angetroffenen drei Arbeitnehmern, welche offensichtlich nicht bei DD gemeldet waren, um die weiteren drei im Spruch genannten Arbeitnehmer handelte, kann jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden. Anlässlich der Kontrolle durch die Finanzpolizei wurden die in der Küche des Lokals angetroffenen Personen zwar kontrolliert und auch deren Ausweise kopiert, aus technischen Gründen waren diese jedoch nicht mehr lesbar, wie der Zeuge MM anlässlich der mündlichen Verhandlung nochmals mitteilte. Aufgrund der massiven Gegenwehr des Lokalbetreibers und dessen Lebensgefährtin anlässlich der Kontrolle habe man auch keine Personalblätter mit den Arbeitnehmern aufgenommen oder die Namen der Arbeitnehmer notiert.

Zwar hat DD anlässlich der Kontrolle "Entsendungsverträge" für die weiteren drei im Spruch genannten Arbeitnehmer vorgelegt, sowohl der Beschwerdeführer als auch DD (anlässlich seiner Einvernahme vor der Behörde am 06.09.2018 im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol zu GZ LVwG-2019/29/0568) gaben jedoch übereinstimmend an, dass diese drei Personen nicht im Lokal gearbeitet haben bzw nicht nach Österreich überlassen wurden. Der Beschwerdeführer konnte im genannten Parallelverfahren anlässlich seiner Einvernahme glaubhaft darlegen, dass zwar beabsichtigt war, dass auch diese Arbeitnehmer in der EE arbeiten hätten sollen, weshalb auch die Verträge an DD übermittelt wurden, die Arbeitnehmer aber aus verschiedenen Gründen dann kurzfristig doch nicht die Arbeit aufgenommen hätten. Dort konnte sohin nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass die drei zu den Spruchpunkten 3. bis 5. genannten Arbeitnehmer ebenfalls von der CC seit 05.12.2017 an DD überlassen wurden.

Dass für die beiden Arbeitnehmer FF und GG keine Lohnunterlagen (automationsunterstützt) bereitgestellt wurden, ergibt sich aus den Angaben in der Anzeige der Finanzpolizei Team ** vom 21.03.2018, *****, und des Zeugen MM anlässlich seiner Einvernahme vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 26.11.2019.

III.    In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes, BGBl I Nr 44/2016 idF BGBl I Nr 64/2017, lauten wie folgt:

Bereithaltung von Lohnunterlagen

§ 22.

(1) Arbeitgeber im Sinne der §§ 3 Abs 2, 8 Abs 1 oder 19 Abs 1 haben während der Dauer der Beschäftigung (im Inland) oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 19 Abs 3 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache, ausgenommen den Arbeitsvertrag, am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder diese den Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich zu machen, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat. Der Arbeitsvertrag ist entweder in deutscher oder in englischer Sprache bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Verpflichtung nach dieser Bestimmung als Arbeitgeber. § 21 Abs 2 findet sinngemäß Anwendung.

Nichtbereithalten der Lohnunterlagen

§ 28.

Wer als

1.       Arbeitgeber entgegen § 22 Abs 1 oder Abs 1a die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2.       Überlasser im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 22 Abs 2 die Lohnunterlagen dem Beschäftiger nicht nachweislich bereitstellt, oder

3.       Beschäftiger im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 22 Abs 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

Dem Verwaltungsstrafgesetz ist zu entnehmen:

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9.

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass die von der CC mit Sitz in der Tschechischen Republik beschäftigten Arbeitnehmer FF und GG an DD ab 05.12.2017 überlassen wurden. Bei der am 23.2.2018 durch die Finanzpolizei für das Finanzamt X durchgeführten Kontrolle wurden die Lohnunterlagen betreffend den beiden angeführten Arbeitnehmerinnen nicht bereitgehalten oder in elektronischer Form zugänglich gemacht.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass die Lohnunterlagen für die beiden Arbeitnehmerinnen vorgelegen hätten, ist festzuhalten, dass die anlässlich der Kontrolle – wie es sich aus der Anzeige und den Angaben des Kontrollorgans MM ergibt – nicht bereitgehalten wurden.

Hingegen konnte nicht nachgewiesen werden, dass auch die zu Spruchpunkt 3. bis 5. angeführten Arbeitnehmer tatsächlich überlassen wurden, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu den Spruchpunkten 3. bis 5. zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang einzustellen war.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Personalleasingfirma, welche laufend Überlassungen (offensichtlich auch nach Österreich) durchführt, hätte sich der Beschwerdeführer entsprechend über die gesetzlichen Bestimmungen informieren müssen und musste die entsprechenden Lohnunterlagen bereitzuhalten gehabt.

Der Beschwerdeführer hat sohin die ihm zu den Spruchpunkten 1. und 2. vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, beim Verschulden war von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit, als erschwerend kein Umstand zu werten.

Der Schutzzweck der gegenständlichen Norm liegt darin, es zu verhindern, dass im Zusammenhang mit der Ausübung der Dienstleistungsfreiheit österreichische Arbeitsbedingungen unterlaufen werden, sohin sicherzustellen, dass sämtliche in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer entsprechend dem gesetzlichen Mindestlöhnen beschäftigt werden und entsprechend zugeordnet und kontrolliert werden können. Diesem Schutzzweck ist in nicht unerheblichem Maße zuwidergehandelt worden.

Im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 12.09.2019, RsC-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, waren die gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zu einer einzigen Verwaltungsübertretung zusammenzufassen und war die (Gesamt)Strafe angemessen herabzusetzen und keine Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts zu bestimmen.

Der Beschwerdeführer hat keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögenverhältnissen gemacht, obwohl derartiges im Verfahren möglich gewesen wäre, sodass von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen war. Die nunmehr verhängte Geldstrafe kann nicht als überhöht angesehen werden. Eine Bestrafung in der gegenständlichen Höhe war jedenfalls geboten, um den Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung Rechnung zu tragen und den Beschwerdeführer künftig hin zu einer sorgfältigen Beachtung der Bestimmungen des LSD-BG zu veranlassen. Auch aus generalpräventiven Gründen war eine Bestrafung in der gegenständlichen Höhe jedenfalls geboten.

Die Voraussetzung für die Anwendung des § 20 VStG lagen nicht vor, da nicht von einem erheblichen Überwiegen der Milderungs- gegenüber der Erschwerungsgründe auszugehen war.

Auch eine Einstellung nach § 45 Abs 1 VStG allenfalls unter Ausspruch einer Ermahnung war nicht geboten, zumal bereits nicht von lediglich geringfügigem Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen war und dem Schutzzweck der Norm in nicht unerheblichem Maße zuwidergehandelt wurde.

Die Spruchberichtigung erfolgte iSd § 44a VStG.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Gemäß § 35 Abs 2 LSD-BG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung der/des Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die vom Kompetenzzentrum LSDB geführte Evidenz verbunden ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Drin. Voppichler-Thöni

(Richterin)

Schlagworte

Lohnunterlagen
Gesamtstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.24.0574.8

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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