TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/10 LVwG-2019/41/2109-5

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Index

L65007 Jagd Wild Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

JagdG Tir 2004 §39 Abs1
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.09.2019, Zl *****, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.09.2019, Zahl *****, wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben am 06.05.2019 im Genossenschaftsjagdgebiet X einen Hegeabschuss getätigt und haben Sie anher den kümmernden bzw kranken Hirsch nicht dem zuständigen Hegemeister vorgelegt obwohl jeder Hegeabschuss dem Hegemeister umgehend vorzulegen ist und haben Sie damit gegen das Tiroler Jagdgesetz verstoßen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 39 Abs 1 iVm § 70 Abs 1 Z 15 Tiroler Jagdgesetz 2004, LGBl 41/2004, zuletzt geändert mit LGBl 75/2019“

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über AA gemäß § 70 Abs 1 Z 15 TJG 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 120,00, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, verhängt. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde mit Euro 12,00 bemessen.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde von AA fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, weil der ihm vorgeworfene Tatbestand nicht richtig sei. Er sei am 06.05.2019 um 06.30 Uhr von einer Spaziergängerin telefonisch verständigt worden, dass im Revier ein Hirsch ohne Fluchtreflex neben dem Weg im Kreis gehe. Um 07.00 Uhr habe er sodann den Basthirsch ca 4. Kopf als verhaltensabnorm angesprochen, ein Video gemacht sowie die Kreatur erlöst und mit tierärztlicher Expertise aufgebrochen. Der Hirsch sei gut genährt, die Organe seien unauffällig gewesen und sei das Wildbret als vorläufig beanstandet in die Kühlzelle gegeben worden. Am selben Tag gegen 08.00 Uhr habe er den Hegemeister BB telefonisch vom Hegeabschuss und dass das Wildbret und die Organe unverändert gewesen seien, informiert. Dieser habe ihn aufgefordert, das Haupt und die Organe an die AGES zur Untersuchung zu überbringen. Der Hegemeister habe die Möglichkeit gehabt, am 06.05.2019 bis ca 10.30 Uhr Haupt und Organe (dann Transport an die AGES), bis Einbruch der Nacht den Pansen und das Gescheide (im Revier, wo aufgebrochen wurde) und bis 10.05.2019 das Wildbret (in der Kühlzelle Gut X) zu begutachten. Er habe am 06.05.2019 ca gegen 11.00 Uhr Haupt und die Organe (Herz, Lunge, Milz) des erlegten Hirschen an die AGES überbracht, er habe um 12.15 Uhr den Jagdleiter DD informiert und habe um 15.30 Uhr telefonisch von Herrn EE, AGES, erfahren, dass bei der Sektion des Hirsches ein seltener Tumor im Gehirn diagnostiziert worden sei, dass aber der schriftliche Befund wegen der Histologie noch dauern werde. Somit sei die Ursache für die abnorme Verhaltensweise für den Beschwerdeführer geklärt gewesen und habe das Wildbret unbedenklich in den Verkauf gelangen können. Gegen 16.00 Uhr habe er die Information der AGES an den Jagdleiter und an den Hegemeister weitergegeben und habe er den Hegemeister am 13.05.2019 erneut informiert, dass der schriftliche Befund noch dauere. Am 27.05.2019 habe der Beschwerdeführer den Befund von der AGES erhalten und an den Jagdleiter DD sowie an den Hegemeister BB weitergeleitet. Er habe somit die Bestimmung des § 39 TJG erfüllt und sei für ihn als einziger Tatbestand zu erkennen, dass der Hegemeister den Hegeabschuss in der Jagd –und Fischereianwendung Tirol (JAFAT) nicht bestätigt habe.

Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zahl ***** und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 04.12.2019, im Rahmen welcher der Beschwerdeführer und der Hegemeister BB als Zeuge in Anwesenheit des Vertreters der belangten Behörde einvernommen wurden.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Am 06.05.2019 gegen 06.30 Uhr wurde der Beschwerdeführer von einer Spaziergängerin telefonisch verständigt, dass sich im Revier der Genossenschaftsjagd neben einem Weg ein Hirsch ohne Fluchtreflex im Kreis bewegt. Gegen 07.00 Uhr wurde der Basthirsch ca 4. Kopf vom Beschwerdeführer als verhaltensabnorm angesprochen, vorher vom Verhalten des Hirsches ein Video gemacht und anschließend die Kreatur von seinem Leiden erlöst. Vom erlegten Wildstück wurden Fotos angefertigt und der Hirsch der Klasse III mit tierärztlicher Expertise aufgebrochen. Der Hirsch war gut genährt, die Organe waren unauffällig und das Wildbret wurde als vorläufig beanstandet in die Kühlzelle im Schlachthaus der Gemeinde X gegeben. Gegen 08.00 Uhr wurde der Hegemeister BB vom Beschwerdeführer telefonisch vom Hegeabschuss unter den oben näher beschriebenen Umständen in Kenntnis gesetzt, insbesondere, dass sich der Hirsch vor dem Hegeabschuss auffällig verhalten hätte und äußere Verletzungen beim Hirschen nicht sichtbar gewesen wären. Auf Nachfrage des Hegemeisters wurde diesem vom Beschwerdeführer auch mitgeteilt, dass der Hirsch gut genährt war und dass die vom Beschwerdeführer als Tierarzt vorgenommene Organbeschau in Ordnung gewesen wäre. Aufgrund dieser Schilderungen verzichtete der Hegemeister darauf, dass das erlegte Wildstück bei ihm nach Hause zur Vorlage gebracht wird und äußerte er auch keine Notwendigkeit, den erlegten Hirsch im Kühlhaus der Gemeinde X näher zu besichtigen. Der Beschwerdeführer wurde vom Hegemeister aufgefordert, Haupt und Organe des erlegten Wildstückes an die AGES in Y zu schicken, diesem Auftrag ist der Beschwerdeführer noch am Vormittag desselben Tages nachgekommen. Der Hegeabschuss wurde vom Jagdleiter der Genossenschaftsjagd X, DD, am 06.05.2019 um 14.22 Uhr in die JAFAT eingetragen und dabei auf die Vorlage des Hegeabschusses an die AGES verwiesen. Der Hegeabschuss wurde vom Hegemeister in der JAFAT deswegen noch nicht bestätigt, weil ihm noch kein Befund der Untersuchung seitens der AGES vorlag. Der von der Untersuchungsanstalt AGES (EE) dem Beschwerdeführer am 06.05.2019 um 16.00 Uhr mitgeteilte vorläufige Befund – Tumor im Gehirn des erlegten Junghirschen - fand im schriftlichen Prüfbericht des Institutes für veterinärmedizinische Untersuchung in Y (AGES) vom 27.05.2019 ihre Bestätigung. Der histologische Befund dieses Untersuchungsberichtes beschrieb beim erlegten 4-jährigen Hirschen eine im Großhirn liegende, relativ gut abgegrenzte, jedoch nicht abgekapselte zellreiche Zubildung aus zwei Zelltypen mit einerseits kleinem chromatindichtem, andererseits einem etwas größeren, weniger dichtem Kern; gute Gefäßversorgung des Tumors, zahlreiche häufig längliche Nekrosen, welche von pallisadenartig angeordneten Zellen begrenzt werden, in mittlerer Menge Mitosestadien nachweisbar; fokal deutliche Gefäßproliferation. Dieser Prüfbericht der AGES wurde dem Hegemeister BB vom Beschwerdeführer am 27.05.2019 per E-Mail übermittelt.

Dass der Beschwerdeführer den Hegemeister unverzüglich vom Hegeabschuss informiert und dieser nach Schilderung der näheren Umstände, die zum Hegeabschuss geführt haben, auf die Vorlage des erlegten Wildstückes bei sich zuhause und weiters auch auf die Besichtigung des aufgebrochenen Wildes im Schlachthaus der Gemeinde X unter der Bedingung verzichtet hat, dass eben der Beschwerdeführer zur Absicherung des Vorliegens eines Hegeabschusses den erlegten Junghirsch der AGES in Y zur Begutachtung vorlegen soll, erhellt aus der glaubwürdigen zeugenschaftlichen Aussage des Hegemeisters BB, der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 04.12.2019 die Argumentation des Beschwerdeführers bestätigt hat. Die vom Beschwerdeführer dem Hegeabschuss zugrunde gelegte Verhaltensauffälligkeit, dass sich der Hirsch ohne Fluchtreflex neben einem Weg in der GJ X im Kreis bewegt hat, findet Bestätigung im eingeholten Untersuchungsbericht der AGES (Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen in Y) vom 27.05.2019, wonach im Großhirn des erlegten Hirschen ein Tumor festgestellt wurde. Nachdem der Beschwerdeführer der Aufforderung des Hegemeisters, das Untersuchungsergebnis der AGES dem Jagdreferenten der Bezirkshauptmannschaft Y zu übermitteln, nachgekommen ist, war für den Hegemeister die Angelegenheit erledigt und wurde von diesem konzidiert, dass sich der Beschwerdeführer im konkreten Fall richtig verhalten hat. Vom Zeugen wurde glaubwürdig begründet, dass er, wenn er den Hirschen im geschildeten verhaltensauffälligen Zustand selber beobachtet hatte, ebenfalls von einem Hegeabschuss ausgegangen wäre.

III.     Erwägungen:

Nach § 39 Abs 1 TJG 2004 darf kümmerndes und krankes Wild sowohl in der Schonzeit als auch über den genehmigten bzw festgesetzten Abschussplan hinaus erlegt werden. Der Abschuss ist unverzüglich der Bezirksverwaltungsbehörde unter Angabe von Grund, Tag und Ort des Abschusses sowie Alter und Geschlecht des erlegten Wildes zu melden und in die Abschussliste einzutragen. Das Wildstück ist dem Hegemeister vorzulegen.

Der Beschwerdeführer hat den Hegeabschuss und dessen nähere Umstände dem für den Hegebezirk X zuständigen Hegemeister BB unverzüglich gemeldet und hat dieser nach Schilderung über die vom Beschwerdeführer vor dem Hegeabschuss gezeigte Verhaltensauffälligkeit, das Nichtvorhandenseins äußerer Verletzungen, des gut ernährten Zustandes und der durchgeführten Organbeschau durch ihn als Tierarzt, auf die Vorlage des Wildstückes bei sich zuhause ausdrücklich verzichtet und auch von einer Beschau des Hirschen im Kühlhaus der Gemeinde X unter der Bedingung Abstand genommen, dass der Beschwerdeführer Haupt und Organe des erlegten Hirschen an die AGES in Y zur Untersuchung übermittelt und anschließend das Ergebnis bekannt gibt. Diesen Vorgaben des Hegemeisters hat der Beschwerdeführer entsprochen und hat die Untersuchung der AGES beim erlegten Hirschen einen Tumor im Großhirn zu Tage gebracht, der einen Hegeabschuss jedenfalls gerechtfertigt hat. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes wurde vom Hegemeister erklärt, dass dem Beschwerdeführer im konkreten Fall kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist.

§ 45 Abs 1 Z 2 VStG 1991 besagt, dass die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

Hegeabschuss;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.41.2109.5

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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