TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/6 W227 2221233-2

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Veröffentlicht am 06.08.2019
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Entscheidungsdatum

06.08.2019

Norm

BRPG §10
B-VG Art. 133 Abs4
SchUG §70
SchUG §71 Abs3
SchUG §74
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W227 2221233-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Tirol vom 12. Juli 2019, Zl. 76.109/0009-allg/2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: "Der Widerspruch von Herrn XXXX vom 17. Mai 2019 wird als verspätet zurückgewiesen".

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Am 18. Jänner 2018 beantragte der eigenberechtigte Beschwerdeführer bei der Berufsreifeprüfungskommission an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe (HLW) XXXX die Zulassung zur Berufsreifeprüfung und wurde in Folge zugelassen.

2. Am 3. Mai 2018 trat der Beschwerdeführer zur schriftlichen Klausur der Teilprüfung Deutsch an, die mit "Nicht genügend" beurteilt wurde. Am 9. Mai 2018 trat er zur schriftlichen Klausur der Teilprüfung Mathematik an, die mit "Nicht genügend" beurteilt wurde. Am 6. Juni 2018 trat er zur mündlichen Kompensationsprüfung der Teilprüfung Mathematik an, die ebenfalls mit "Nicht genügend" beurteilt wurde. Am 26. Juni 2018 trat er zur mündlichen Prüfung der Teilprüfung Deutsch an, die auch mit "Nicht genügend" beurteilt wurde.

3. Gegen die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission vom 6. Juni 2018, wonach die Teilprüfung aus Mathematik nach Ablegung einer Kompensationsprüfung nicht bestanden wurde, sowie die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission vom 26. Juni 2018, wonach die Teilprüfung aus Deutsch nicht bestanden wurde, brachte der Beschwerdeführer am 16. Mai 2019 einen (falsch als "Beschwerde" titulierten) Widerspruch beim Bundesverwaltungsgericht ein; das Bundesverwaltungsgericht leitete den Widerspruch am 17. Mai 2019 an die HLW XXXX weiter.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Bildungsdirektion für Tirol Folgendes aus:

"1. Der Widerspruch von Herrn XXXX vom 16. Mai 2019 wird als verspätet zurückgewiesen.

2. Herr XXXX hat die Teilprüfung Mathematik (schriftlich und mündliche Kompensationsprüfung) und die Teilprüfung Deutsch (schriftlich und mündlich) der Berufsreifeprüfung an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe XXXX jeweils mit der Note ‚Nicht genügend' nicht bestanden."

Begründend führte die Bildungsdirektion für Tirol im Wesentlichen aus, dass die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission vom 22. Mai 2018 über das Nichtbestehen der Teilprüfung Mathematik dem Beschwerdeführer am 23. Mai 2018 samt Rechtsmittelbelehrung postalisch übermittelt worden sei. Das Ergebnis der mündlichen Kompensationsprüfung in Mathematik vom 6. Juni 2018 samt Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission über das Nichtbestehen der Teilprüfung Mathematik sei dem Beschwerdeführer unmittelbar im Anschluss an die Kompensationsprüfung, sohin am 6. Juni 2018, durch den Prüfer XXXX und den Vorsitzenden der Prüfungskommission XXXX mündlich samt Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt worden. Die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission vom 26. Juni 2018 über das Nichtbestehen der Teilprüfung Deutsch sei dem Beschwerdeführer direkt im Anschluss an die mündliche Prüfung am 26. Juni 2018 durch den Prüfer XXXX und den Vorsitzenden der Prüfungskommission XXXX samt Rechtsmittelbelehrung mündlich mitgeteilt und im Anschluss zusätzlich postalisch übermittelt worden.

Der am 16. Mai 2019, sohin beinahe ein ganzes Jahr nach Übermittlung bzw. mündlicher Mitteilung der Entscheidungen beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachte und von diesem an die Berufsreifprüfungskommission an der HLW XXXX weitergeleitete Widerspruch erweise sich unter Berücksichtigung der zweiwöchigen Widerspruchsfrist gemäß § 10 Berufsreifeprüfungsgesetz (BRPG) und der Berechnungsbestimmungen des § 74 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) jedenfalls als verspätet und sei daher zurückzuweisen.

5. Dagegen richtet sich die vorliegende (falsch als "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" titulierte) Beschwerde. In dieser wird (hier relevant) Folgendes vorgebracht: "Es unterlassen wurde an meine Person schriftliche Zustellungen über die Erkenntnisse der BRP-Prüfungen in schriftlich Deutsch und mündlich Mathematik zuzusenden, somit besteht auch die Beschwerde und Feststellung gegen die mit den Entscheidungen in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung in der Zulässigkeit des Widerspruchs durch unterlassene Verfahrenshandlungen, mangelhafte Sachverhaltsfeststellungen und Mangelhafte Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, Mangelhafte Beweiswürdigungen in den Erkenntnissen, damit liegen hier allgemein Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nach Art. 132 Abs. 1 B-VG und nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG den §§ 7ff VwGVG vor, weshalb die Beschwer zulässig ist."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Am 18. Jänner 2018 beantragte der eigenberechtigte Beschwerdeführer bei der Berufsreifeprüfungskommission an der HLW XXXX die Zulassung zur Berufsreifeprüfung und wurde in Folge zugelassen.

Am 3. Mai 2018 trat der Beschwerdeführer zur schriftlichen Klausur der Teilprüfung Deutsch an, die mit "Nicht genügend" beurteilt wurde.

Am 9. Mai 2018 trat er zur schriftlichen Klausur der Teilprüfung Mathematik an, die mit "Nicht genügend" beurteilt wurde.

Am 6. Juni 2018 trat der Beschwerdeführer zur mündlichen Kompensationsprüfung der Teilprüfung Mathematik an, die ebenfalls mit "Nicht genügend" beurteilt wurde. Unmittelbar im Anschluss an die Kompensationsprüfung teilten der Prüfer und der Vorsitzende der Prüfungskommission dem Beschwerdeführer die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission über das Nichtbestehen der Teilprüfung Mathematik samt Rechtsmittelbelehrung mündlich mit.

Am 26. Juni 2018 trat der Beschwerdeführer zur mündlichen Prüfung der Teilprüfung Deutsch an, die auch mit "Nicht genügend" beurteilt wurde. Unmittelbar im Anschluss an die Kompensationsprüfung teilten der Prüfer und der Vorsitzende der Prüfungskommission dem Beschwerdeführer die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission über das Nichtbestehen der Teilprüfung Deutsch samt Rechtsmittelbelehrung mündlich mit.

Gegen die Entscheidungen der Berufsreifeprüfungskommission vom 6. Juni 2018 und 26. Juni 2018 brachte der Beschwerdeführer am 16. Mai 2019 Widerspruch beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Das Bundesverwaltungsgericht leitete den Widerspruch am 17. Mai 2019 an die HLW XXXX weiter, wo er am selben Tag einlangte.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen basieren auf dem Akteninhalt und wurden vom Beschwerdeführer nicht entkräftet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 10 BRPG sind auf das Verfahren betreffend die Zulassung zur Berufsreifeprüfung, die Anerkennung von Prüfungen und den Widerspruch gegen eine nicht bestandene Teilprüfung der Berufsreifeprüfung die §§ 70 und 71 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Widerspruch innerhalb von zwei Wochen mit einem begründeten Widerspruchsantrag beim Vorsitzenden der Prüfungskommission einzubringen ist.

Nach § 70 Abs. 3 SchUG können Entscheidungen sowohl mündlich als auch schriftlich erlassen werden. Sofern einem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, kann innerhalb einer Woche eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung verlangt werden.

Nach § 71 Abs. 2 lit. f SchUG ist gegen die Entscheidung, dass eine Reifeprüfung, eine Reife- und Diplomprüfung, eine Diplomprüfung, eine Abschlussprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 38, 41, 42), ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.

Gemäß § 71 Abs. 3 lit. f SchUG beginnt die Frist für die Einbringung des Widerspruchs im Falle der mündlichen Verkündung der Entscheidung mit dieser, im Falle der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung jedoch mit der Zustellung.

Hinsichtlich der Fristenberechnung normiert § 74 SchUG, dass bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet wird, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach dem sich der Anfang der Frist richten soll. Nach Wochen oder Monaten bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Der Beginn und Lauf einer Frist wird durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, so ist der nächste Werktag als letzter Tag der Frist anzusehen. Die Tage des Postlaufs werden in die Frist nicht eingerechnet.

3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Bildungsdirektion für Tirol zwar vor Erlassung des angefochtenen Bescheides einen Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer unterließ, weshalb ihr ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen ist (siehe dazu etwa VwGH 13.10.2015, Ra 2015/03/0057 m.w.N.), jedoch wurden im angefochtenen Bescheid die Versäumung der Widerspruchsfrist festgestellt und die Ergebnisse des entsprechenden Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergegeben. Damit wurde die erfolgte Verletzung des Parteiengehörs saniert (vgl. wieder VwGH 13.10.2015, Ra 2015/03/0057, sowie VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0104 m. w.H.).

Weiters ist festzuhalten, dass die Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission über das Nichtbestehen einer Teilprüfung - wie sich aus § 71 Abs. 3 SchUG ergibt und was der Beschwerdeführer verkennt - sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden kann (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation VwGH 26.06.1989, 88/10/0208).

Im Fall des Beschwerdeführers entschied die Berufsreifeprüfungskommission jeweils mündlich unmittelbar im Anschluss an die Kompensationsprüfung.

Folglich begann die zweiwöchige Widerspruchsfrist nach § 10 BRPG hinsichtlich der Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission über das Nichtbestehen der Teilprüfung Mathematik am 6. Juni 2018 zu laufen und endete am 20. Juni 2018.

Hinsichtlich der Entscheidung der Berufsreifeprüfungskommission über das Nichtbestehen der Teilprüfung Deutsch begann die Widerspruchsfrist am 26. Juni 2018 zu laufen und endete gemäß § 10 BRPG am 10. Juli 2018.

Zusätzlich brachte der Beschwerdeführer den Widerspruch falsch beim Bundesverwaltungsgericht am 16. Mai 2019 ein - erst nach Weiterleitung (vgl. dazu etwa VwGH 01.08.2017, Ra 2017/06/0132 m. w.N.) langte der Widerspruch am 17. Mai 2019 bei der zuständigen Berufsreifeprüfungskommission ein (vgl. dazu § 71 Abs. 2 SchUG, wonach der Widerspruch bei der Prüfungskommission einzubringen ist).

Damit erweist sich der Widerspruch des Beschwerdeführers vom 17. Mai 2019 (jedenfalls) als verspätet, weshalb er zurückzuweisen ist. Der

1. Spruchteil des angefochtenen Bescheides ist abzuändern, weil dort das Datum des Widerspruchs mit 16. Mai 2019 und nicht mit 17. Mai 2019 angeführt ist.

Da bereits die formellen Voraussetzungen im Widerspruchsverfahren nicht erfüllt sind, erübrigt sich ein materieller Abspruch, weshalb der 2. Spruchteil des angefochtenen Bescheides zu entfallen hat.

3.1.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018], § 24 VwGVG, Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier der Widerspruch als verspätet zurückzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Berufsreifeprüfung, Bescheiderlassung, Einbringungsstelle,
Kompensationsprüfung, mündlicher Bescheid, negative Beurteilung,
Parteiengehör, Rechtsmittelfrist, Spruchpunkt - Abänderung,
Teilprüfung, verspäteter Widerspruch, Widerspruchsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W227.2221233.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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