Entscheidungsdatum
06.12.2019Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W139 2225961-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX , vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG, Universitätsring 12, 1010 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Erneuerung der Datenerfassung des Luftgütemessnetzes, der Kalibrierstelle und der Eignungsprüfungsstelle der Umweltbundesamt GmbH" der Auftraggeberin Umweltbundesamt GmbH, Spittelauer Lände 65/9, 1080 Wien, vertreten durch Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien:
A)
Dem Antrag, "möge eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen", wird stattgegeben. Der Auftraggeberin wird für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, im Vergabeverfahren "Erneuerung der Datenerfassung des Luftgütemessnetzes, der Kalibrierstelle und der Eignungsprüfungsstelle der Umweltbundesamt GmbH" den Zuschlag zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
1. Am 29.11.2019 stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, verbunden mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 19.11.2019, einem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht bzw auf Ausnahme von der Akteneinsicht sowie einem Antrag auf Gebührenersatz.
Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Auftraggeberin unter der Bezeichnung "Erneuerung der Datenerfassung des Luftgütemessnetzes, der Kalibrierstelle und der Eignungsprüfungsstelle der Umweltbundesamt GmbH" ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip gemäß den Bestimmungen des BVergG 2018 durch. Die Antragstellerin habe binnen offener Angebotsfrist ein Angebot gelegt.
Als Zuschlagskriterien seien gemäß Punkt 3.3 der Ausschreibungsunterlage einerseits der Preis und andererseits die Qualität des Angebots festgelegt worden, wobei der Preis mit 40 % und die Qualität mit 60 % gewichtet gewesen seien. Die Bewertung des Zuschlagskriteriums Qualität sei anhand der vier Subkriterien "Referenzen", "Technische Spezifikationen", "Qualifikationen der Schlüsselkräfte" und "Weitere Zuschlagskriterien" erfolgt. Im Subkriterium "Referenzen" hätten maximal 20 Punkte, im Subkriterium "Technische Spezifikationen" maximal 25 Punkte, im Subkriterium "Qualifikationen der Schlüsselkräfte" maximal 8 Punkte und im Subkriterium "Weitere Zuschlagskriterien" maximal 7 Punkte erreicht werden können.
Mit Schreiben vom 19.11.2019, der Antragstellerin zugestellt am 21.11.2019, habe die Auftraggeberin der Antragstellerin mitgeteilt, dem Angebot der XXXX nach Ablauf der Stillhaltefrist den Zuschlag erteilen zu wollen ("Zuschlagentscheidung"). In dieser Zuschlagsentscheidung werde mitgeteilt, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit insgesamt 85,90 Punkten bewertet worden sei, das Angebot der Antragstellerin hingegen mit 82,93 Punkten. Im Zuschlagskriterium "Preis" sei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 25,90 Punkten und das Angebot der Antragstellerin mit 36,93 Punkten bewertet worden, im Zuschlagskriterium "Qualität" sei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit insgesamt 60 Punkten und das Angebot der Antragstellerin mit insgesamt 46 Punkten bewertet worden. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin habe somit im Zuschlagskriterium Qualität die volle Punktezahl erhalten, während das Angebot der Antragstellerin im Subkriterium "Referenzen" mit 14 von 20 möglichen Punkten sowie im Zuschlagskriterium "Technische Spezifikationen" mit 17 von 25 möglichen Punkten bewertet worden sei; in den beiden Subkriterien "Schlüsselkräfte" und "Weitere Zuschlagskriterien" habe das Angebot der Antragstellerin die volle Punktezahl bekommen. Diese von der Auftraggeberin vorgenommene Bewertung des Angebots der Antragstellerin in den beiden Subkriterien "Referenzen" und "Technische Spezifikationen" des Zuschlagskriteriums "Qualität" sei unrichtig, die Antragstellerin hätte in diesen beiden Subkriterien bei richtiger Bewertung deutlich mehr Punkte erhalten müssen, sodass die Antragstellerin als tatsächliche Bestbieterin zu ermitteln gewesen wäre.
Gemäß Punkt 3.3.1 der Ausschreibungsunterlage werde jede geeignete Referenz, mit der dargelegt werde, dass der Bieter die Implementierung eines Messnetzes (inklusive Hard- und Software) mit bestimmten Komponenten und einem Mindestauftragswert von EUR 50.000,00 vorgenommen habe und dass die Betreuung dieser Anlage durch einen aufrechten Wartungsvertrag (im Umfang von zumindest EUR 20.000,00 pro Jahr) seit zumindest vier Jahren durch den Bieter erfolge, mit "bis zu 4 Punkten" bewertet. An die Referenzprojekte seien somit insgesamt vier Anforderungen gestellt worden, nämlich (i) die Implementierung eines Messnetzes (inklusive Hard- und Software) mit bestimmten Komponenten, (ii) ein Mindestauftragswert von EUR 50.000,00, (iii) die Betreuung der Anlage durch einen Wartungsvertrag im Umfang von zumindest EUR 20.000,00 pro Jahr und (iv) eine mindestens vierjährige Dauer dieses Wartungsvertrages. Dementsprechend wären im Rahmen der Bestbieterermittlung beim Subkriterium "Referenzen" "bis zu 4 Punkte" zu erreichen. Nach der von der Auftraggeberin selbst gewählte Formulierung in Punkt 3.3.1 der Ausschreibungsunterlage habe die Bewertung der Referenzen somit nach einem gestaffelten Bewertungssystem zu erfolgen, in dem die vorgelegten Referenzen entweder mit 0, 1, 2, 3 oder 4 Punkten nach der Anzahl der Erfüllung der vier aufgezeigten Anforderungen zu bewerten seien. Die Auftraggeberin habe die Referenzprojekte Nr. 3 und Nr. 4 entgegen diesen Vorgaben zu Unrecht mit 0 bzw 2 Punkten bewertet. Tatsächlich hätten diese beiden Referenzprojekte nach dem in Punkt 3.3.1 der Ausschreibungsunterlage vorgesehenen gestaffelten Bewertungssystem mit jeweils 3 Punkten bewertet werden müssen, weil jeweils drei von vier Anforderungen erfüllt gewesen seien. Sohin hätte die Antragstellerin im Subkriterium "Referenzen" 18 Punkte erhalten müssen, wodurch sie als tatsächliche Bestbieterin zu ermitteln gewesen wäre.
Weiters ei die Antragstellerin bei der technischen Spezifikation "Drucküberwachung der Kalibriergasflaschen" zu Unrecht mit 0 Punkten bewertet worden. Entgegen der Annahme der Auftraggeberin habe die Antragstellerin diese Spezifikation sehr wohl angeboten und diesbezüglich ausdrücklich einen Subunternehmer benannt. Zur Spezifikation "Prüfmittelverwaltung" sei auszuführen, dass auch diese Spezifikation von der Antragstellerin angeboten worden sei. Die Antragstellerin habe zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass die geforderte Spezifikation "Prüfmittelverwaltung" zum Zeitpunkt der Lieferung der Software an die Auftraggeberin erfüllt sein werde. Bei einer solchen Ausschreibung über die Lieferung von an die Bedürfnisse des Auftraggebers angepasster Software kann von einem Bieter selbstverständlich nicht verlangt werden, diese Software bereits zum Zeitpunkt der Angebotslegung "in der Schublade" zu haben. Richtigerweise wäre das Angebot der Antragstellerin somit auch hinsichtlich dieser technischen Spezifikation mit der vollen Punktezahl von 3 Punkten zu bewerten gewesen. Auch hinsichtlich der Spezifikation "Export der Momentan- und Minutenmittelwerte" wäre das Angebot der Antragstellerin mit der vollen Punktezahl von 2 Punkten zu bewerten gewesen. Die von der Antragstellerin angebotenen Messgeräte würden - entgegen der unrichtigen Ansicht der Auftraggeberin - sehr wohl auch Minutenmittelwerte exportieren können. Entgegen der Ansicht der Auftraggeberin wurde weiters die Spezifikation "Darstellung der Momentanwerte der Messgeräte als Datei und Graphik in einem frei wählbaren Zeitraum" im Angebot der Antragstellerin sehr wohl in vollem Umfang umgesetzt worden sei. Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergebe sich eindeutig, dass sämtliche Zeitreihen und somit selbstverständlich auch Momentanwerte sowohl als Datei als auch als Graphik dargestellt werden könnten. Das Angebot der Antragstellerin wäre sohin mit der vollen Punktezahl von 3 Punkten zu bewerten gewesen. Während das Angebot der Antragstellerin von der Auftraggeberin in diesen vier technischen Spezifikationen mit insgesamt lediglich 2 Punkten bewertet worden sei, hätte das Angebot der Antragstellerin in diesen vier technischen Spezifikationen richtigerweise 9 Punkte erhalten müssen. Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin laut Zuschlagsentscheidung insgesamt lediglich um 2,97 Punkte mehr erhalten habe als die Antragstellerin, wäre die Antragstellerin folglich bereits bei richtiger Bewertung auch nur einzelner dieser technischen Spezifikationen durch die Auftraggeberin als tatsächliche Bestbieterin zu ermitteln gewesen.
Im Übrigen bezweifle die Antragstellerin insbesondere, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin tatsächlich über fünf Referenzen verfüge, die sämtliche der in Punkt 3.3.1 der Ausschreibungsunterlage genannten vier Anforderungen erfüllen würden. Nach Ansicht der Antragstellerin hätte das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin daher im Subkriterium "Referenzen" jedenfalls mit weniger als der vollen Punktezahl von 20 Punkten bewertet werden müssen.
Weiters sei vor dem Hintergrund, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin laut Homepage offenbar nur über drei Mitarbeiter verfüge, nicht nachvollziehbar, wie die präsumtive Zuschlagsempfängerin im Subkriterium "Schlüsselkräfte" mit der vollen Punktezahl von 8 Punkten bewertet werden konnte. Gemäß Punkt
3.3.3 der Ausschreibungsunterlage sei in diesem Subkriterium für eine Bewertung mit 8 Punkten nämlich der Nachweis von insgesamt vier Schlüsselkräften erforderlich. das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hätte daher auch im Subkriterium "Schlüsselkräfte" jedenfalls mit weniger als der vollen Punktezahl von 8 Punkten bewertet werden müssen.
Bei der angefochtenen Zuschlagsentscheidung vom 29.11.2019 handle es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit aa BVergG 2006. Die Antragstellerin habe durch Abgabe ihres Angebotes und Einbringung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages ihr Interesse am Vertragsabschluss kundgetan. Bei der Antragstellerin handle es sich um ein renommiertes österreichisches Unternehmen mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Erbringung von Leistungen für Luftgütemessnetze öffentlicher Auftraggeber. Durch die rechtswidrige Vorgangsweise der Auftraggeberin drohe ein Schaden, der im frustrierten Aufwand für die Angebotslegung, in Kosten der anwaltlichen Vertretung, dem Aufwand für entrichteten Pauschalgebühren sowie im Verlust eines maßgeblichen Referenzprojektes bestehe. Die erforderlichen Pauschalgebühren für den Nachprüfungs- und den Provisorialantrag wurden in entsprechender Höhe entrichtet.
Die Antragstellerin erklärte das Vorbringen zu ihrem Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen im Provisorialverfahren. Um den aufgezeigten Schaden abzuwenden, sei es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ins Leere laufen lasse und der die Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und damit die Möglichkeit der Auftragserteilung im Rahmen eines rechtskonformen Vergabeverfahrens an die Antragstellerin wahre. Andernfalls könne die Auftraggeberin durch die Fortsetzung des Vergabeverfahrens und insbesondere die Zuschlagserteilung unumkehrbare Tatsachen schaffen, die von der Antragstellerin mit den Mitteln des BVergG 2018 nicht mehr beseitigt werden könnten. Einer Untersagung der Zuschlagserteilung würden keine vergleichbaren Interessen der Auftraggeberin und der sonstigen Mitbieter entgegenstehen. Weiters seien keine besonderen öffentlichen Interessen ersichtlich, die einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen würden. Eine Gefährdung von Leib und Leben sei durch einen für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens verzögerten Abschluss des gegenständlichen Auftrages nicht gegeben.
2. Am 04.12.2019 erteilte die Auftraggeberin, vertreten durch Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien, allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde mitgeteilt, dass sich die Auftraggeberin im Vertrauen auf eine möglichst rasche Entscheidung in der Sache selbst nicht gegen die begehrte Untersagung der Zuschlagserteilung aussprechen würde.
3. Am 05.12.2019 sprach sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin, die XXXX , vertreten durch KNIRSCH GSCHAIDER & CERHA Rechtsanwälte OG, Wipplingerstraße 5, 1010 Wien, gegen den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus. Die Auftraggeberin hätte die gegenständliche Ausschreibung nicht vorgenommen, wenn nicht ein Bedarf an den in der Ausschreibung genannten Waren und Dienstleistungen gegeben wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen und Unterlagen des Vergabeverfahrens wird vorerst im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Auftraggeberin ist die Umweltbundesamt GmbH. Im Oktober 2019 schrieb sie die verfahrensgegenständliche Leistung in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip aus. Gegenstand der Ausschreibung ist die Erneuerung der Datenerfassung für das Luftgütemessnetz, die Kalibrierstelle und die Eignungsprüfungsstelle der Umweltbundesamt GmbH. Das Gesamtsystem der Ausschreibung umfasst die Lieferung und Inbetriebnahme von 12 Stationsrechnern, 1 Messzentrale, die dazugehörige Bedienungssoftware und Software für Metadatenverwaltung und Datenkontrolle, Schulungen der Mitarbeiter und einen Wartungs- und Softwarepflegevertrag für die Dauer von 4 Jahren.
Die Ausschreibung blieb unangefochten. Sowohl die Antragstellerin als auch die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin beteiligten sich durch die Abgabe von Angeboten am Vergabeverfahren.
Mit Schreiben vom 19.11.2019 wurde der Antragstellerin bekannt gegeben, den Zuschlag der XXXX erteilen zu wollen.
Mit Schriftsatz vom 29.11.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am selben Tag, brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung ein und beantragte die Untersagung der Zuschlagserteilung hinsichtlich des gegenständlichen Vergabeverfahrens. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühr in entsprechender Höhe.
Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über die oben wiedergegebenen Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG ist die Umweltbundesamt GmbH. Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG. Der geschätzte Auftragswert liegt unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 BVergG, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
Von einem in § 350 Abs 1 BVergG genannten offensichtlichen Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 leg.cit. ist vorerst nicht auszugehen.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe bezahlt (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung. Dabei handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit aa BVergG.
2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
Gemäß § 350 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Gemäß § 351 Abs 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
Die Antragstellerin behauptet die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Auftraggeberin, der XXXX den Zuschlag erteilen zu wollen. Diese Behauptung erscheint im Hinblick auf das oben wiedergegebene Vorbringen zumindest nicht denkunmöglich. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten zumindest teilweise zutreffen. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat zu beurteilen sein.
Da der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens die Vereitelung einer Zuschlagschance mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ins Leere laufen lässt und der die grundsätzliche Möglichkeit der Auftragserteilung an die Antragstellerin im Rahmen eines vergaberechtskonformen Verfahrens wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 203).
Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ua auf finanzielle Einbußen, nämlich ua Umsatzentgang und den frustrierten Aufwand der Angebotslegung, sowie auf den Verlust eines wertvollen Referenzprojektes verweist. Am Vorliegen dieses drohenden Schadens besteht dem Grunde nach kein Zweifel. Die entsprechende Behauptung ist plausibel. Ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten (siehe VwGH 22.06.2011, 2009/04/0128; VwGH 24.02.2006, 2004/04/0127). Beim Verlust eines Referenzprojektes handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden (Vermögens)Nachteil (VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVA 21.02.2007, N/0012-BVA/07/2007-13; BVA 09.06.2010, N/0008-BVA/02/2010-7 uva).
Im Rahmen der Interessenabwägung ist auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98, Alcatel Austria AG ua; 18.06.2002, Rs C-92/00, Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs Bedacht zu nehmen, wonach in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb. bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm).
Die Auftraggeberin hat sich nicht gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung ausgesprochen. Sie hat keine gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen benannt und keine besondere Dringlichkeit der Vergabe ins Treffen geführt. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine möglicherweise geschädigten Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bzw sonstiger Bieter sowie sonstige besondere öffentliche Interessen, die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechen würden, bekannt und wurden solche auch nicht von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bezeichnet.
Abgesehen davon hat ein gewissenhafter Auftraggeber nach ständiger Rechtsprechung die durch die Einleitung von Vergabekontrollverfahren allenfalls eintretenden zeitlichen Verzögerungen schon bei seiner Ablaufplanung einzukalkulieren und zu berücksichtigen (ua BVwG 16.11.2018, W139 2209121-1/9E; BVwG 30.05.2014, W139 2008219-1/10E; bereits BVA 09.01.2004, 10N-3/04-4; BVA 14.06.2010, N/0047-BVA/09/2010-14 uva).
Unter Zugrundelegung obiger Überlegungen ist ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 nicht anzunehmen, sondern vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin als überwiegend anzusehen, weswegen die im Spruch ersichtliche Sicherungsmaßnahme als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 351 Abs 3 BVergG 2018 auszusprechen war, als damit die Schaffung von unumkehrbaren Tatsachen zum Nachteil der Wettbewerbsposition der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren vermieden wird.
Zur Dauer der Provisorialmaßnahme ist auszuführen, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung eine einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 als hinreichend befristet zu bewerten ist (ua BVwG 10. 01. 2014, W187 2000170-1/11; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVwG 23.10.2014, W114 2013254-1/6E; BVA 10.02.2011, N/0011-BVA/10/2011-9, BVA 10.05.2011, N/0035-BVA/08/2011-12 mwN; siehe auch VwGH 10.12.2007, AW 2007/04/0054). Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2).
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138;
30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 24.02.2006, 2004/04/0127; 01.03.2007, 2005/04/0239;
27.06.2007, 2005/04/0254; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 22.06.2011, 2009/04/0128;
29.09.2011, 2011/04/0153; 10.12.2007, AW 2007/04/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bewertung, Dauer der Maßnahme, einstweilige Verfügung, Frist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W139.2225961.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.02.2020