Entscheidungsdatum
13.12.2019Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W273 2226328-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Einzelrichterin über den Antrag der XXXX , vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH, vom 09.12.2019 betreffend das Verfahren "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Wachau: Erd- und Brückenausschreibung - Los 1 Erdbau" der via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH, 1120 Wien, Donau-City-Straße 1, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien
A)
Dem Antrag auf "Erlassung einer einstweiligen Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, mit der dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung untersagt wird", wird stattgegeben.
Der via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH wird für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens über die Zuschlagsentscheidung vom 29.11.2019 untersagt, im Vergabeverfahren "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Wachau: Erd- und Brückenausschreibung - Los 1 Erdbau", den Zuschlag zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien
1. Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 stellte die XXXX (im Folgenden "die Antragstellerin") einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 29.11.2019 im Vergabeverfahren "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Wachau: Erd- und Brückenausschreibung" hinsichtlich Los 1 (im Folgenden auch "das Vergabeverfahren") der via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH, 1120 Wien, Donau-City-Straße 1 (im Folgenden auch "die Auftraggeberin"). Die Antragstellerin beantragte, ihr Akteneinsicht zu gewähren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Auftraggeberin den Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren aufzutragen.
1.2. Die Antragstellerin brachte vor, der Gesamtpreis der präsumptiven Zuschlagsempfängerin, der XXXX (im Folgenden auch "die präsumptive Zuschlagsempfängerin") liege um mehr als 50% unter den Gesamtpreisen aller anderen Bieter. Damit sei die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung jedenfalls geboten gewesen. Die Zuschlagsentscheidung sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Auftraggeberin eine vertiefte Angebotsprüfung gar nicht oder nicht hinreichend nach den Kriterien des § 137 Abs 3 BVergG durchgeführt habe.
1.3. Selbst wenn eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen worden sei, wäre die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig, weil der Gesamtpreis der präsumptiven Zuschlagsempfängerin nicht plausibel zusammengesetzt bzw. spekulativ sei. Das Angebot der präsumptiven Zuschlagsempfängerin sei aus diesem Grund auszuscheiden gewesen. Die Antragstellerin gehe auch ohne Kenntnis des Angebotes der Antragstellerin davon aus, dass die Antragstellerin insbesondere bei den Positionen "Bodenabtrag und Schüttungen, Vermessungsarbeiten, Baustraßen, Rodungsarbeiten, Steinwurf und Positionen nach VE" des Leistungsverzeichnisses Preise angeboten habe, die nicht alle direkt zuordenbaren Personal-, Material- und Gerätekosten decken würden und erstattete dazu Vorbringen im Detail zu den Kostenpositionen. Die Antragstellerin beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet Bauwesen/Kalkulation.
2. Die Antragstellerin verband ihre Anträge mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens wie im Spruch ersichtlich. Die Antragstellerin erhob ihr Vorbringen betreffend den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zum Inhalt ihres Vorbringens zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Auftraggeberin könne mit der Erteilung des Zuschlags unumkehrbare Tatsachen schaffen könnte, die von der Antragstellerin mit den Mitteln des BVergG nicht mehr beseitigt werden könnten. Der Antragstellerin drohe der Entgang eines Auftrags. Dies gehe mit einem Gewinnentgang sowie der Frustration der Kosten für die Verfahrensbeteiligung einher. Es drohe der Verlust eines Referenzprojektes. Es seien keine besonderen Interessen der Auftraggeberin ersichtlich, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen würden. Verzögerungen, die durch die Rechtsschutzmöglichkeiten entstehen können, wären für die Auftraggeberin jedenfalls vorhersehbar gewesen.
3. Am 09.12.2019 verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Auftraggeberin und die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin,
XXXX (im Folgenden auch "die präsumptive Zuschlagsempfängerin") von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens.
3. Mit Schriftsatz vom 12.12.2019 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und übermittelten die Unterlagen des Vergabeverfahrens. Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Mit Bekanntmachung vom 17.06.2019 schrieb die via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH als Auftraggeberin den Auftrag "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Erd- und Brückenbauausschreibung", Referenznummer 134 30 010 (ANKÖ Dokument ID: 67545-00) aus. Ausgeschrieben wurde Los 1 - Erdbauarbeiten - Wiederherstellung des Nebenarms Schopperstatt. Es handelt sich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich. Das Vergabeverfahren wurde als offenes Verfahren geführt. Es wurden fünf Angebote abgegeben, unter anderem von der Antragstellerin (Allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin= OZ 7).
2. Am 18.07.2019 fand die öffentliche Angebotsöffnung statt. Es wurden fünf Angebote abgegeben (OZ 7).
3. Am 29.11.2019 wurde über die Plattform XXXX die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der XXXX an alle Bieter bekannt gegeben (Zuschlagsentscheidung, Beilage ./1 zum Antrag auf Nichtigerklärung). Die Auftraggeberin begründete die Zuschlagsentscheidung gegenüber der Antragstellerin auszugsweise wie folgt (Beilage ./1 zu OZ 1):
"...Nach erfolgter inhaltlicher Prüfung der Angebote dürfen wir Ihnen in Entsprechung des § 143 BVergG bekannt geben, dass das erfolgreiche Angebot einen Gesamtpreis (netto, inkl. allfälliger Optionen und Einbezug allfälliger Nachlässe) von EUR XXXX aufweist. Dies ergibt eine gewichtete Punktevergabe für den Preis von XXXX Punkten. Im Bereich der geforderten Referenzprojekte für das Schlüsselpersonal (gegliedert nach Art, Längserstreckung und Eigenauftragssumme) erreicht der Bestbieter (gewichtet) XXXX Punkte.
Dies ergibt eine Gesamtpunkteanzahl von 100 Punkten, womit dieses Angebot an erster Stelle gereiht ist.
..."
4. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in Höhe von EUR
XXXX (Vergabeakt).
5. Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren nicht widerrufen und den Zuschlag noch nicht erteilt (OZ 7).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich jeweils aus den in Klammer genannten Beweismitteln. Diese wurden von den Verfahrensparteien vorgelegt und von der jeweils anderen Seite weder bestritten noch angezweifelt. Sie sind daher als echt und richtig anzusehen. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zur Zulässigkeit des Antrages
3.1.1. Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 328 Abs 1 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.1.2. Auftraggeberinnen im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH. Sie ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 7 BVergG 2018 um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Da das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Die Zuschlagsentscheidung ist im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers gemäß § 2 Z 15 lit a sublit aa BVergG 2018. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Abschluss des Vertrages mit der Auftraggeberin durch Abgabe eines bindenden Angebots nachgewiesen. Die Antragstellerin brachte Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren vor, die im Fall des rechtswidrigen Ausscheidens ihres Angebotes frustriert wären. Die Antragstellerin brachte vor, dass ihr durch eine rechtswidrige Zuschlagsentscheidung Schaden aus entgangenem Gewinn, Frustration der Kosten für die Verfahrensbeteiligung sowie Verlust eines Referenzprojektes drohe.
Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1, 3, 4 und 5 BVergG iVm §§ 1 und 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018).
3.2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
3.1. Die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ergeben sich aus § 351 BVergG 2018, der lautet:
"Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar."
3.2. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlags beabsichtigt ist.
Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin vorgebrachten Rechtswidrigkeiten in Bezug auf die die Zuschlagsentscheidung (keine vertiefte Angebotsprüfung, unplausible bzw. spekulative Zusammensetzung des Gesamtpreises der präsumptiven Zuschlagsempfängerin) zutreffen und sie daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Hinzu kommt, dass in diesem Fall die von der Antragstellerin für die Teilnahme am Vergabeverfahren bislang aufgewendeten Kosten frustriert wären.
Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 - Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und eine Zuschlagserteilung ermöglichen. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).
Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens der frustrierten Aufwendungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren und im Erhalt des Auftrags.
Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus.
Bei der Interessenabwägung ist auch auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208- 1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich, dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).
3.3. Stellt man im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass vom Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen.
Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 4. 11. 2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG entscheidet; die Richtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 29). Sie sind nach dem zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen. Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand liegt gegenständlich nicht vor.
Die von der Antragstellerin vorgebrachten Rechtsverletzungen sind jedenfalls inhaltlich zu prüfen, weil die Rechtmäßigkeit der Zuschlagsentscheidung den Hauptgegenstand des Nachprüfungsverfahrens darstellt. Diese Fragen können angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließen geklärt werden (zB BVA 14. 11. 2012, N/0103- BVA/10/2012-EV12; 18. 3. 2013, N/0020-BVA-07/2013-EV8).
Die Interessenabwägung führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass die Interessen der Antragstellerin an der Beseitigung der geltend gemachten Rechtswidrigkeiten, der Abwendung des drohenden Schadens und der Beteiligung an einem rechtskonform geführten Vergabeverfahren gegenüber den Interessen der Auftraggeberin an der raschen Erteilung des Zuschlags überwiegen. Öffentliche Interessen, die eine sofortige Zuschlagserteilung erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.
3.4. Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.
Bei der bevorstehenden Zuschlagserteilung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 329 Abs 3 BVergG die vorläufige Untersagung derselben (zB BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E; 17. 11. 2017, W187 2175977-1/3E; 10. 4. 2018, W187 2190113-1/3E).
Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).
3.5. Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.
§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit und legt im Gegensatz zu den Vorgängerbestimmungen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).
Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.
3.2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der unter Punkt. 3 zu Spruchpunk A) zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bauauftrag, Bewertung, Dauer der Maßnahme, einstweilige Verfügung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W273.2226328.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.02.2020