TE Vwgh Erkenntnis 1998/8/27 93/13/0261

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Veröffentlicht am 27.08.1998
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §10 Abs2 Z17;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/13/0262

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der D Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland

1.) Berufungssenat III vom 16. Dezember 1992, Zl. 6/2-2204/1/90-02, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1988 und 2.) vom 16. Dezember 1992, Zl. 6/2-2204/2/90-02, betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen 1-3/1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH, die sich mit Datenverarbeitungsservice (insbesondere Erstellung von Datenträgern für die Verarbeitung in elektronischen Datenverarbeitungsanlagen) befaßt.

Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob das für den Verkauf von Software im Streitzeitraum umsatzsteuerlich zu erfassende Entgelt dem begünstigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 unterlag (Auffassung der Beschwerdeführerin) oder ob der Normalsteuersatz zum Tragen zu kommen hatte (Auffassung der belangten Behörde).

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren einen "Rahmenvertrag" mit Zusatzvereinbarung - diese dient der Spezifizierung des Auftrages - sowie eine "Rahmenvereinbarung" vorgelegt. Aus diesen Vereinbarungen geht hervor, daß die Beschwerdeführerin von diversen Unternehmen beauftragt wurde, bestimmte spezifizierte, auf den Bedarf des jeweiligen Unternehmens abgestellte Software zu produzieren und dem jeweiligen Auftraggeber in der Weise zu überlassen, daß diesem die "inhaltlich, zeitlich und räumlich unbeschränkte Werknutzungsbewilligung" an den geschaffenen Produkten eingeräumt wurde.

Die Beschwerdeführerin erblickt in diesen Vereinbarungen eine "umfassende Werknutzungsbewilligung", die sowohl das Recht der beliebigen Vervielfältigung als auch jenes der Weitergabe an Dritte beinhalte.

Die belangte Behörde hat es in den angefochtenen Bescheiden offengelassen, ob die Leistungen der Beschwerdeführerin inhaltlich als Einräumung von Werknutzungsbewilligungen anzusehen gewesen sei; sie hat nämlich die Anwendbarkeit des begünstigten Steuersatzes deswegen für unzulässig erachtet, weil nach der hg. Rechtsprechung von Entgelten aus der Einräumung bzw. Übertragung oder Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben, nur dann gesprochen werden kann, wenn dem Urheber von einem Dritten, der die Urheberrechte verwertet oder wahrnimmt, Entgelte zufließen. Da die Beschwerdeführerin als juristische Person keine das Urheberrecht begründende geistige Tätigkeit entfalten könne, stehe ihr der begünstigte Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 schon aus diesem Grund nicht zu.

Da die beiden angefochtenen Bescheide (Umsatzsteuer für das Jahr 1988 bzw. Umsatzsteuervorauszahlungen für Jänner bis März 1989) dieselbe Beschwerdeführerin und dieselbe Rechtsfrage betreffen, hat der Gerichtshof beide Beschwerden nach ihrer Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof zur gemeinsamen Beratung verbunden und hierüber erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 ermäßigt sich die Steuer auf 10 v.H. für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben.

Wie der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, 93/15/0121, ausgesprochen hat, liegt in der bloßen Benützung von Software-Programmen zum eigenen Gebrauch, wenn sie nicht zu dem Zweck vorgenommen wird, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, keine derartige Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten. Dies ist auch in Fällen zu beachten, in denen dem Erwerber des Software-Programmes zwar auch ein Verbreitungsrecht eingeräumt wird, der Schwerpunkt der Leistungserbringung aber zweifelsfrei der Eigennutzung für innerbetriebliche Zwecke dient und für das zusätzlich eingeräumte Verbreitungsrecht an der Software kein gesondertes Entgelt bedungen wird. Gerade bei "maßgeschneiderten" Programmen, bei denen das Software-Paket genau auf spezifische Bedürfnisse des Auftraggebers abgestellt wird - um derartige Produkte handelt es sich im Beschwerdefall (vgl. insbesondere Punkt 1 der Rahmenvereinbarung) - tritt ein allenfalls zusätzlich eingeräumtes Verbreitungsrecht gegenüber der Nutzung für eigene innerbetriebliche Zwecke wirtschaftlich derart in den Hintergrund, daß es die rechtliche Qualifikation des einheitlich vereinbarten Entgeltes für eine untrennbare Leistung nicht zu bestimmen vermag.

Deutlich wird dies auch bei anderen eigentümlichen geistigen Schöpfungen, die ihrem Inhalt bzw. ihrer Werkhöhe nach durchaus geeignet sein können, einen urheberrechtlichen Schutz zu gewähren, die aber ebenfalls in erster Linie nicht dazu bestimmt sind, durch einen Verbreitungstatbestand im Sinne des Urheberrechts der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden, wie dies z.B. bei einem Sachverständigengutachten regelmäßig der Fall ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1993, 90/13/0160). Auch eine rechts- oder unternehmensberatende Tätigkeit kann in einer schriftlichen Expertise ihren Niederschlag finden, ohne daß es möglich wäre, durch Einräumung eines wirtschaftlich oft gar nicht angestrebten Vervielfältigungsrechtes den rechtlichen Charakter des Leistungsaustausches zu verändern.

Schließlich sei auch noch der Vergleich mit einem Fachbuch gezogen. Das in einem solchen Buch vermittelte Fachwissen kann durchaus in ähnlicher Weise für die innerbetriebliche Organisation und diverse Arbeitsabläufe Verwendung finden wie ein Computerprogramm. Obwohl das Fachbuch zweifellos ein urheberrechtlich geschützes Werk darstellen kann und das Entgelt für den Erwerb der Verbreitungsrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes durch den Verleger grundsätzlich (sieht man von der im Streitzeitraum noch geltenden unechten Steuerbefreiung für Umsätze aus der Tätigkeit des Schriftstellers gemäß § 6 Z. 14 UStG 1972 ab) unter § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 fällt, ist sein Erwerb durch den Endbenutzer nicht unter diese Bestimmung subsumierbar und zwar auch dann nicht, wenn der Erwerber die durch das Buch vermittelten Kenntnisse zwecks innerbetrieblicher Verwertung an seine Mitarbeiter weiterzugeben berechtigt ist.

Allen diesen Beispielen ist gemeinsam, daß Gegenstand des Leistungsaustausches geistige Produkte sind, die zwar ihrer Art nach durchaus urheberrechtlichen Schutz genießen können, die aber zumindest vorrangig nach dem Auftragsverhältnis nicht dazu geschaffen werden, um sie durch einen Verbreitungsakt im Sinne des Urheberrechtsgesetzes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gerade dieses Tatbestandsmerkmal ist es aber, das mit der in § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 enthaltenen Umschreibung "Einräumung ... von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben" angesprochen wird.

Es erübrigt sich daher, auf die Rechtsansicht der belangten Behörde einzugehen, der Beschwerdeführerin als juristischer Person könne kein Urheberrecht zugerechnet werden. Ebenso entbehrlich ist eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, das von der Einräumung von Werknutzungsrechten als Inhalt der streitgegenständlichen Leistungen ausgeht, und in dem der Rechtsansicht der belangten Behörde entgegengetreten wird.

Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1993130261.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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