TE Vwgh Beschluss 2019/12/19 Ra 2019/21/0290

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2
FrPolG 2005 §52 Abs9
MRK Art8
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des I A A in K, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das am 26. Juni 2019 mündlich verkündete und mit 30. Juli 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, I409 2152422-1/5E, betreffend (insbesondere) Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asyl 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 24. Juli 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 1. August 2013 wies das Bundesasylamt diesen Antrag vollinhaltlich, verbunden mit einer Ausweisung nach Nigeria, ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 3. Juli 2015, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.

2 Mit Bescheid vom 15. März 2017 sprach das BFA sodann aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, die das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abwies. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Im Zuge der der Rückkehrentscheidung zugrunde liegenden (für das vorliegende Revisionsverfahren wesentlichen) Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG führte das BVwG (zusammengefasst) aus, dass sich der Revisionswerber zwar bereits seit 24. Juli 2013 in Österreich aufhalte; dieser Aufenthalt sei jedoch dadurch relativiert, dass er sich nach erstinstanzlicher Abweisung seines Asylantrages (mit Bescheid vom 1. August 2013) seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste. Ihm sei zu keinem Zeitpunkt der Eindruck vermittelt worden, längerfristig in Österreich verbleiben zu können.

Im Bundesgebiet verfüge er über keine maßgeblichen privaten oder familiären Beziehungen iSd Art. 8 EMRK. Auch seien keine Umstände zu Tage getreten, die eine nennenswerte Aufenthaltsverfestigung indizieren würden. Der Revisionswerber habe selbst eingeräumt, "fast nur zu anderen Afrikanern Kontakt zu haben". Er sei ledig, kinderlos, gesund und erwerbsfähig. Als Zeitungskolporteur verdiene er rund EUR 200,-- pro Monat, sei also - abgesehen von Unterstützungen durch Freunde - nicht selbsterhaltungsfähig. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 16. Dezember 2013 sei er wegen eines Suchtgiftdelikts zu einer bedingt nachgesehenen siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er habe keine Ausbildung genossen und weise Deutschkenntnisse (bloß) auf dem Niveau A2 auf.

Die Interessenabwägung falle somit vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen - auch nach dem persönlich in der mündlichen Verhandlung vom Revisionswerber gewonnenen Eindruck - zu dessen Ungunsten aus, zumal mit der Möglichkeit seiner Reintegration im Herkunftsstaat, wo er keiner existenziellen Bedrohung ausgesetzt sei, zu rechnen sei.

5 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber der Sache nach geltend, das BVwG sei bei der der Rückkehrentscheidung zugrunde liegenden Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG in unvertretbarer Weise von den im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen abgewichen und habe die Ergebnisse der durchgeführten Beschwerdeverhandlung nicht berücksichtigt.

8 Dazu ist einzuräumen, dass die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung sowie die sonstige Begründung des angefochtenen Erkenntnisses sorgfältiger hätten ausfallen können. Das ändert aber nichts daran, dass das vom BVwG nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und Gewinnung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber erzielte Ergebnis vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls vertretbar ist, was der Zulässigkeit einer Revision entgegensteht (vgl. etwa VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0015, Rn. 11).

Was die geltend gemachten Begründungsmängel anlangt, wird im Übrigen keine Relevanz für den Ausgang des Verfahrens dargestellt.

9 Die Feststellung des BVwG, der Revisionswerber führe in Österreich kein Familienleben, wird weder durch die in der Revision geltend gemachte "Beziehung zu einer Nigerianerin in Slowenien" noch durch eine früher in Österreich bestehende (auch nach dem Revisionsvorbringen - und somit unbestritten - beendete) Freundschaft in Frage gestellt. Ebenso durfte die strafgerichtliche Verurteilung sowie die (von der in der Revision geltend gemachte, jedoch rechtlich nicht geschuldete "Unterstützung seiner jeweiligen Freundin" abgesehen) fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit zu Lasten des Revisionswerbers in Anschlag gebracht werden. Die Länge der Dauer des vorliegenden Verfahrens kann an diesem Ergebnis ebenso wenig etwas ändern wie das - in der Revision erwähnte - Fehlen aktueller familiärer Bindungen des jungen, gesunden und erwerbsfähigen Revisionswerbers im Herkunftsstaat.

10 Auch wenn das BVwG von einer nicht nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung des Revisionswerbers ausging und darauf hinwies, dass er sich bisher nur auf Basis seines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz in Österreich aufgehalten habe, weiters dass er sich bereits ab erstinstanzlicher Abweisung dieses Antrags mit Bescheid vom 1. August 2013 seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, was die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich relativiere, so kann ihm nicht in einer die Zulässigkeit der Revision begründenden Weise entgegengetreten werden (vgl. dazu neuerlich etwa VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0015, Rn. 11, mwN).

11 Die Revision vermag somit insgesamt keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Wien, am 19. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210290.L00

Im RIS seit

11.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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