TE Vwgh Beschluss 2019/12/4 Ro 2018/16/0004

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken

Norm

GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs3
MRG §30 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der A GmbH in W, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 116, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 27. September 2017, Zl. RV/7105121/2016, betreffend Rechtsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen die vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel für einen Mietvertrag gemäß § 33 TP 5 GebG in näher genannter Höhe vorgeschriebene Rechtsgeschäftsgebühr als unbegründet ab, weil es trotz stipulierten Kündigungsrechts der Vermieterin nach Abwägung von Gewicht und Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der vereinbarten Kündigungsgründe zum Ergebnis gelangte, dass die Parteien des Bestandvertrages an die vereinbarte Mietdauer gebunden sein wollten.

2 Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Bestandvertrag über Geschäftsräume dann nicht auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sei, wenn zwar die Geltung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG für die Vermieterin vereinbart werde, aber nur einzelne davon anwendbar seien und keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass sie von so umfassender Natur seien, dass die Wahrscheinlichkeit der vorzeitigen Auflösung des Bestandvertrages gegeben sei. Allerdings werde das in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vordringlich an anderen Gründen festgemacht. Insofern fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es für die Annahme eines auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Bestandvertrages ausreichend sei, wenn die Gründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart würden, ohne dass bei diesen vereinbarten Kündigungsgründen auf deren Gewicht und die Wahrscheinlichkeit von deren Realisierung abzustellen sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der die Zulässigkeitsbegründung des Bundesfinanzgerichtes wiederholt wird. Das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

8 Die Revision erweist sich aus folgenden Gründen als nicht zulässig:

9 Das Bundesfinanzgericht prüfte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung des von der revisionswerbenden Partei abgeschlossenen Mietvertrages das Gewicht und die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe und lehnte den in der Beschwerde erhobenen Einwand, im Falle der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG habe eine Einzelfallprüfung zu unterbleiben, ausdrücklich ab.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die für die Bemessung der Rechtsgeschäftsgebühr für Bestandverträge nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG entscheidende Vertragsdauer davon ab, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig auflösen zu können, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden behandelt werden muss (vgl. etwa VwGH 16.10.1989, 88/15/0040). Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. VwGH 19.9.2017, Ra 2017/16/0111 bis 0112, und VwGH 26.04.2018, Ra 2018/16/0040). 11 Indem das Bundesfinanzgericht nicht allein die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG heranzog, sondern sein Erkenntnis tragend auf eine Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der vereinbarten Kündigungsgründe stützte, wich es nicht von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. 12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

13 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018160004.J00

Im RIS seit

07.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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