TE Vwgh Beschluss 2019/11/25 Fr 2018/11/0009

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Veröffentlicht am 25.11.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGG §38 Abs1
VwGVG 2014 §18
VwGVG 2014 §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über den Fristsetzungsantrag des DI M K in S, vertreten durch Dr. Alexander Rehrl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 54, gegen das Landesverwaltungsgericht Salzburg wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit der Wohnbeihilfe nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz 2015, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 25. April 2019 stellte der Antragsteller einen Fristsetzungsantrag in einer Angelegenheit der Wohnbeihilfe nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz 2015. Er habe am 30. November 2017 in dieser Angelegenheit beim Bundesverwaltungsgericht eine Säumnisbeschwerde eingebracht, die an das Landesverwaltungsgericht Salzburg weitergeleitet worden sei, wo sie am 23. Jänner 2018 eingelangt sei. Eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Salzburg in dieser Angelegenheit sei noch nicht ergangen.

2 Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 38 Abs. 4 VwGG teilte das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit Schreiben vom 19. Juni 2019 mit, es habe mit Schreiben vom 6. März 2018 die Säumnisbeschwerde des Antragstellers gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm §§ 12 und 16 VwGVG an das Amt der Salzburger Landesregierung weitergeleitet. Seither sei die Säumnisbeschwerde dem Verwaltungsgericht jedoch weder von der belangten Behörde noch vom Antragsteller vorgelegt worden. Da die sechsmonatige Entscheidungsfrist des § 34 Abs. 1 VwGVG erst mit der Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu laufen beginne, liege eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vor.

3 Der Antragsteller hat von der Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, nicht Gebrauch gemacht.

4 Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag erst gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nicht binnen sechs Monaten entschieden hat. Damit korrespondiert der die Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normierende § 34 VwGVG. Nach dessen ersten Satz ist das Verwaltungsgericht nämlich verpflichtet, (u.a.) über Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Nach dem zweiten Satz des § 34 Abs. 1 VwGVG beginnt die Entscheidungsfrist im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - diese Bestimmung erfasst in der Z 3 auch die hier gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht - mit der Vorlage der Beschwerde. Die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes wird in diesem Fall daher (erst) mit dem Einlangen der Beschwerde ausgelöst. Die Frist für die Entscheidung beginnt somit in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Beschwerde beim Verwaltungsgericht einlangt. Erst das tatsächliche Einlangen beim Verwaltungsgericht ist maßgeblich (vgl. VwGH 4.10.2016, Fr 2016/11/0014, mwN).

5 Der Wortlaut des § 34 Abs. 1 VwGVG steht aber einer Sichtweise dergestalt nicht entgegen, dass - in verfassungskonformer Interpretation zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke - ausnahmsweise auch die Vorlage der Beschwerde durch jemand anderen als die Verwaltungsbehörde die Entscheidungsfrist des Verwaltungsgerichts auslösen kann. Liegt die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde bereits beim Verwaltungsgericht und wird die Beschwerde dennoch von der (belangten) Behörde (die in Bezug auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 18 VwGVG Partei dieses Verfahrens ist) trotz der sie treffenden Pflicht, die Beschwerde dem Verwaltungsgericht übermitteln zu müssen, nicht - mit Blick darauf, dass die Vorlage erst mit dem Einlangen beim Verwaltungsgericht bewirkt ist, in einer in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles angemessenen Zeit, die die Übermittlung faktisch in Anspruch nimmt - vorgelegt, ist davon auszugehen, dass sowohl dem Beschwerdeführer als auch anderen Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht die Möglichkeit zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht mit der Rechtsfolge, dass die Entscheidungsfrist zu laufen beginnt, nicht versagt bleiben kann (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421).

6 Der vorliegende Fristsetzungsantrag ist zu einem Zeitpunkt gestellt worden, zu dem weder die belangte Behörde noch der Antragsteller die Säumnisbeschwerde dem Landesverwaltungsgericht Salzburg vorgelegt hatten.

7 Da somit die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts noch nicht ausgelöst worden ist, erweist sich der Fristsetzungsantrag schon aus diesem Grund als unzulässig, sodass auf die Frage, ob über das dem Fristsetzungsantrag zu Grunde liegende Ansuchen des Antragstellers auf Gewährung von Wohnbeihilfe nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz 2015 überhaupt durch Bescheid zu entscheiden gewesen wäre, nicht eingegangen werden musste.

8 Der Fristsetzungsantrag war daher gemäß § 38 Abs. 4 iVm.

§ 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. November 2019

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:FR2018110009.F00

Im RIS seit

06.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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