TE OGH 2019/12/17 3Ob228/19d

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Veröffentlicht am 17.12.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr.

 Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.-Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei K***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG., *****, vertreten durch Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Erwirkung einer Unterlassung (§ 355 EO), über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Juli 2018, GZ 47 R 138/18v-7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 9. März 2018, GZ 23 E 5314/17s-4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der betreibenden Partei auf Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Verpflichtete ist Medieninhaberin eines periodischen Druckwerks. Sie hat es aufgrund einer vollstreckbaren einstweiligen Verfügung vom 6. Juli 2017 im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, eine „Exklusivität“ ihrer redaktionellen Berichterstattung zu behaupten, wenn diese nicht den Tatsachen entspricht, insbesondere wenn sie fälschlicherweise eine „exklusive“ Berichterstattung über ein „Rolling Stones“-Konzert am 16. September 2017 in Spielberg behauptet.

Die Betreibende beantragte aufgrund dieses Titels die Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO und die Verhängung einer Geldstrafe über die Verpflichtete, weil diese in ihrem periodischen Druckwerk vom 2. September 2017 einen Artikel veröffentlicht habe, in dem sie unter unrichtiger und irreführender Berufung auf eine ihr „exklusiv“ vorliegende Analyse eines Wirtschaftsinformationsdienstes über einen in Österreich künftig drohenden Ärztemangel berichtet habe. Zur Höhe der zu verhängenden Strafe führte die Betreibende aus, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Verpflichteten sei außerordentlich hoch, weshalb nur eine Geldstrafe im oberen Bereich des gesetzlichen Rahmens geeignet sei, eine adäquate Sinnesänderung der Verpflichteten herbeizuführen.

Das Erstgericht stellte diesen Exekutionsantrag der Verpflichteten zur allfälligen Äußerung zu den Strafzumessungsgründen binnen 14 Tagen zu und teilte mit, dass es beabsichtige, eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 EUR zu verhängen. Für den Fall der Nichtäußerung werde Zustimmung angenommen.

Die Verpflichtete gab keine Äußerung ab.

Das Erstgericht bewilligte daraufhin die beantragte Exekution und verhängte über die Verpflichtete eine Geldstrafe von (nur) 3.000 EUR.

Das Rekursgericht erhöhte infolge Rekurses der Betreibenden die verhängte Geldstrafe auf 15.000 EUR. Die Verpflichtete sei in erster Instanz weder der Behauptung der Betreibenden zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entgegengetreten noch habe sie sich zu der vom Erstgericht angekündigten Strafhöhe geäußert. Es sei amtsbekannt, dass die Verpflichtete Medieninhaberin einer der auflagenstärksten Tageszeitungen Österreichs sei, sodass ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem erzielbaren Nutzen aufgrund des werbewirksamen Verstoßes gegen den Titel bei der Bemessung der Geldstrafe besondere Bedeutung zukomme. Grundsätzlich treffe den betreibenden Gläubiger die Behauptungs- und Bescheinigungslast für die für die Strafhöhe bedeutsamen Umstände. Allerdings seien mehrfache Verstöße der Verpflichteten gegen Unterlassungsverflichtungen gegenüber der Betreibenden gerichtsnotorisch. Unter Berücksichtigung der nun zum wiederholten Mal durch die Betreibende als titelwidrig beanstandeten Spitzenstellungswerbung der Verpflichteten sei eine spürbare Erhöhung der Eingangsstrafe geboten, obwohl hier bisher nur ein einziger Titelverstoß inkriminiert worden sei.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Problematik fehle, ob vorangegangene gleichartige oder ähnliche Verstöße einer Verpflichteten gegen einen anderen Titel als jenen, aufgrund dessen nun Exekution geführt werde, bereits bei der Bemessung der Eingangsstrafe zu berücksichtigen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

1. Wie das Rekursgericht grundsätzlich richtig erkannt hat, wirft die Bemessung von Geldstrafen im Rahmen der Unterlassungsexekution schon wegen der in § 355 Abs 1 EO angeordneten Bedachtnahme auf Art und Schwere des jeweiligen Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und das Ausmaß von dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung, also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RS0012388 [T1]).

2. Die vom Rekursgericht – der Argumentation der Revisionsrekurswerberin folgend – formulierte Rechtsfrage, ob bei der Bemessung der Eingangsstrafe auch in der Vergangenheit erfolgte, in einem anderen Exekutionsverfahren inkriminierte Verstöße der Verpflichteten gegen einen anderen (inhaltlich ähnlichen) Unterlassungstitel bei der Bemessung der Eingangsstrafe berücksichtigt werden dürfen, stellt sich hier gar nicht, weil in der Höhe der vom Rekursgericht verhängten Geldstrafe schon allein aufgrund der gerichtsbekannt hohen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Verpflichteten keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken ist.

3. Aus demselben Grund ist auch der im Revisionsrekurs weiters gerügte Umstand ohne Relevanz, dass das Rekursgericht im Rahmen der Strafzumessung den wirtschaftlichen Nutzen der Verpflichteten – gesondert und nicht nur im Rahmen ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl dazu 3 Ob 191/04s) – ins Treffen führte.

4. Die

von der Betreibenden erstattete

Revisionsrekursbeantwortung ist zwar nach ständiger Rechtsprechung des Senats trotz grundsätzlicher Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens – der von der Betreibenden behauptete Fall des § 65 Abs 3 Z 1 EO liegt hier schon im Hinblick auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO iVm § 78 EO nicht vor – nicht als unzulässig zurückzuweisen; sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher nicht zu honorieren (RS0118686 [T11, T12]).

Textnummer

E127256

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00228.19D.1217.000

Im RIS seit

06.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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