TE Vfgh Erkenntnis 1996/9/30 B3067/95

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Veröffentlicht am 30.09.1996
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
BundesvergabeG
Richtlinie des Rates vom 18.06.92. 92/50/EWG, über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentl Dienstleistungsaufträge
Richtlinie des Rates vom 21.12.89. 89/665/EWG, zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentl Liefer- u Bauaufträge
EG-Vertrag Art177

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Unterlassung der Vorlage einer vorlagepflichtigen Frage der Interpretation des Gemeinschaftsrechts an den EuGH durch das Bundesvergabeamt; Annahme der Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes auch zur Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen aufgrund unmittelbarer Anwendbarkeit von EU-Richtlinien trotz anderslautender Bestimmungen des BundesvergabeG nicht ohne Entscheidung des EuGH im Wege eines Vorlageverfahrens zulässig

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der beschwerdeführende Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger schloß am 19. November 1993 mit dem Christophorus Flugrettungsverein einen Vertrag ab, mit dem dieser mit der Durchführung von Rettungs- und Ambulanzflügen betraut wurde. Gegen diese Vergabe eines Dienstleistungsauftrages ohne vorheriges Vergabeverfahren wandte sich ein anderer Interessent an diesem Auftrag. Nachdem sein Antrag auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens durch die Bundes-Vergabekontrollkommission (künftig: VKK) von dieser mangels Zuständigkeit zurückgewiesen wurde, beantragte er die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens durch das Bundesvergabeamt (künftig: BVA). Dieses führte das Verfahren durch und gab mit Bescheid vom 23. August 1995 dem "Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der vom Auftraggeber mit Schreiben Zl.34-87.3/95 vom 7. Juli 1995 der Antragstellerin mitgeteilten Entscheidung betreffend dem beabsichtigten Abschluß eines Vertrages über die Voraussetzungen und das Entgelt für die Erbringung von Lufttransportleistungen für Versicherte ohne vorangegangenes Vergabeverfahren" statt.

Das BVA stützte seine Entscheidung hinsichtlich seiner Zuständigkeit auf die Richtlinie des Rates (der Europäischen Gemeinschaften) vom 21. Dezember 1989, 89/665/EWG (zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge), iVm Art41 der Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1992, 92/50/EWG (über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge). Zwar unterwerfe das Bundesvergabegesetz - BVergG, BGBl. 462/1993, nach dessen §6 Abs1 Z4 auch der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger als öffentlicher Auftraggeber an die Vorschriften dieses Gesetzes gebunden ist, Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungsaufträgen nicht dem Verfahrens- und Rechtsschutzsystem des BVergG, doch sei das BVA "verpflichtet, unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht anzuwenden, um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten und dem einzelnen verliehene Rechte zu schützen". Da die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht sei, könne die Zuständigkeit nicht nach dem BVergG beurteilt werden.

In der Sache gründete das BVA seine Entscheidung sowohl auf primärrechtliche Vorschriften des EGV als auch auf die zitierte Richtlinie betreffend das Vergabeverfahren für öffentliche Dienstleistungsaufträge.

2. a) Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie des Gleichheitsgrundsatzes wegen qualifizierten Verkennens innerstaatlicher und gemeinschaftsrechtlicher Rechtsvorschriften behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. In ihr wird die Auffassung vertreten, das belangte BVA sei für die getroffene Entscheidung nicht zuständig gewesen; überdies stütze sich diese Entscheidung in qualifiziert fehlerhafter Weise auf Vorschriften des BVergG, des EGV und der herangezogenen Bestimmungen der Richtlinien über die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen und der Richtlinie über den Rechtsschutz in diesem Bereich.

b) Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Äußerung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides verteidigt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. VfGH 11.12.1995, B2300/95) - Beschwerde erwogen:

1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird unter anderem dann verletzt, wenn eine als Gericht im Sinne des Art177 EGV zu qualifizierende unabhängige Verwaltungsbehörde im Sinne des Art20 Abs2 B-VG entgegen der Anordnung des Art177 Abs3 EGV eine vorlagepflichtige Frage der Interpretation des Gemeinschaftsrechts dem Europäischen Gerichtshof nicht zur Vorabentscheidung vorgelegt hat (vgl. mit näherer Begründung VfGH 11.12.1995, B2300/95). Ein solcher Fehler ist dem belangten BVA im vorliegenden Fall vorzuwerfen.

2. Das BVergG regelt - sieht man von den hier keinesfalls in Betracht kommenden Vorschriften betreffend die Vergabe von Bauaufträgen für Bauten für bestimmte öffentliche Zwecke (§1 Abs3 BVergG iVm Anhang II) und die Vergabe im Bereich der sogenannten geschützten Sektoren (§1 Abs5 bis 7 und §7 Abs2 BVergG) ab - das Vergabeverfahren für entgeltliche Lieferaufträge und entgeltliche Bauaufträge, soweit die Auftragssummen bestimmte Schwellenwerte überschreiten (§§4 bis 7 BVergG) oder der Geltungsbereich gemäß §8 BVergG auch auf Vergaben unter diesen Schwellenwerten erstreckt wurde und die Vergabe durch bestimmte öffentliche Auftraggeber (§6 BVergG) erfolgt. Die Einhaltung der Regeln über die Vergabe derartiger Aufträge haben nach dem 4. Teil des BVergG die VKK und das BVA zu überwachen. Keine Anwendung findet das Gesetz hingegen auf andere öffentliche Aufträge, insbesondere auch nicht auf sogenannte Dienstleistungsaufträge, zu denen auch Aufträge zur Durchführung von Rettungs- und Ambulanzflügen zählen.

Für öffentliche Dienstleistungsaufträge bestehen aber gemeinschaftsrechtliche Richtlinien, und zwar hinsichtlich des bei der Vergabe derartiger Aufträge einzuhaltenden Vergabeverfahrens die Richtlinie 92/50/EWG und für die Überwachung der Einhaltung dieser Regelungen die Richtlinie 89/665/EWG idF des Art41 der erstgenannten Richtlinie. Diese Vorschriften des Gemeinschaftsrechts sind für Österreich seit BGBl. 566/1994 (Genehmigung des Beschlusses Nr. 7/94 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses durch den Nationalrat) verbindlich und wären dementsprechend vom jeweils zuständigen Gesetzgeber in österreichisches Recht umzusetzen gewesen. Dessen ungeachtet wurden sie bis heute für den Bundesbereich nicht umgesetzt.

3. Das BVA gründet seine Zuständigkeit zur Überwachung der Vergabeentscheidung des beschwerdeführenden Selbstverwaltungskörpers auf folgende Überlegungen:

"Das Bundesvergabeamt ist unstreitigermaßen als Gericht im Sinne des Art177 EGV zu qualifizieren (zum Gerichtsbegriff vgl Grabitz/Hilf, aaO, Art177 EGV; Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art177 EG-Vertrag, 2. Auflage, 1995, 84 ff). Nach ständiger Rechtssprechung des EuGH müssen die nationalen Gerichte, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden haben, die volle Wirkung dieser Bestimmungen gewährleisten und die Rechte schützen, die das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen verleiht (vgl Rs C-6 und 9/90, Francovich, Slg 1991, I-5357 Rz 32 mwN und Rs 222/84, Johnston, Slg 1986, 1651). Der Begriff 'im Rahmen ihrer Zuständigkeit' ist nicht so zu verstehen, daß diese Zuständigkeit durch das nationale Recht exakt festgelegt sein muß. Wäre dies nämlich der Fall, so wäre die Bestimmung des Gemeinschaftsrechtes bereits richtig umgesetzt. In diesem Fall wäre auch die Judikatur des EuGH zur Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit nicht erforderlich. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß der Begriff 'im Rahmen ihrer Zuständigkeit' die Zuständigkeit jener Gerichte meint, deren national bereits festgelegte Zuständigkeit der gefragten 'am nächsten kommt' (sowohl in sachlicher wie auch in örtlicher Hinsicht). Durch das Gemeinschaftsrecht werden diese Gerichte nunmehr verpflichtet, weitere, im nationalen Recht nicht festgelegte Zuständigkeiten wahrzunehmen (d.h. das Gemeinschaftsrecht begründet insofern innerstaatliche Gerichtszuständigkeiten).

Das Bundesvergabeamt wurde als unabhängige Nachprüfungsinstanz im Sinne der Richtlinie 89/665/EWG zur Überprüfung von Entscheidungen in Vergabeverfahren eingerichtet (siehe die Erläuterungen zum 4. Teil des BVergG, 972 BlgNR XVIII. GP; weiters Thienel, Das Nachprüfungsverfahren nach dem Bundesvergabegesetz, WBl 1993, 373 f.). Art41 der Richtlinie 92/50/EWG erweitert den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/665/EWG auch auf Dienstleistungsaufträge. Somit hat das Bundesvergabeamt, das zur Entscheidung in Angelegenheiten der öffentlichen Auftragsvergabe für die in §6 BVergG, BGBl. Nr. 462/1993, genannten öffentlichen Auftraggeber - also auch für Auftragsvergaben durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, vgl §6 Abs1 Z4 leg.cit - berufen ist und dessen örtliche Zuständigkeit sich auf das gesamte Gebiet der Republik Österreich erstreckt, auch seine Zuständigkeit im Bereich der Auftragsvergabe von Dienstleistungen wahrzunehmen. Das Bundesvergabeamt ist daher verpflichtet, unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht anzuwenden, um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten und dem einzelnen verliehene Rechte zu schützen. Da es sich um unmittelbar anwendbares Recht der EG handelt, kann die Beurteilung der Zuständigkeitsfrage nicht nach dem BVergG erfolgen."

4. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 1995, B2300/95, dem Europäischen Gerichtshof folgend zur Frage der Vorlagepflicht ausgeführt:

"Nach der Rechtsprechung des EuGH (6.10.1982, CILFIT, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 ff.) hat ein vorlagepflichtiges Gericht im Sinne des Art177 Abs3 EGV im Falle einer klärungsbedürftigen Auslegungsfrage seiner Vorlagepflicht nachzukommen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechtes stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, 'daß die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, daß die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder daß die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt'."

Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzuweichen. Angesichts der Formulierung der in Rede stehenden Überwachungsrichtlinie, die den Mitgliedstaaten verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung einräumt, erachtet es der Verfassungsgerichtshof die Annahme ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit aber keinesfalls als im Sinne der "acte claire"- Doktrin unzweifelhaft. Dafür wäre nämlich u.a. Voraussetzung, daß ihre Bestimmungen unbedingt und inhaltlich hinreichend genau formuliert sind (vgl. etwa EuGH 5.4.1979, Rs 148/78, Ratti, Slg. 1979, 1629; 19.1.1982, Rs 8/81, Bäcker, Slg. 1982, 53; 19.11.1991, Rs C-6 u. 9/90, Francovich, Slg. 1991, I-5357):

So heißt es in der Richtlinie 89/665/EWG in ArtI Abs1 idF der Richtlinie 92/50/EWG etwa:

"Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß hinsichtlich der in den Anwendungsbereichen der Richtlinien 71/305/EWG, 77/62/EWG und 92/50/EWG fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel, insbesondere von Art2 Abs7, auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können."

In Art2 der genannten Richtlinie wird unter anderem bestimmt:

"(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,

a) damit so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; ...

b) damit die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlaßt werden kann;

c) damit denjenigen, die durch den Rechtsverstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.

(2) Die in Absatz 1 genannten Befugnisse können getrennt mehreren Instanzen übertragen werden, die für das Nachprüfungsverfahren unter verschiedenen Gesichtspunkten zuständig sind.

...

(5) Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, daß bei Schadenersatzansprüchen, die auf die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung gestützt werden, diese zunächst von einer mit den dafür erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Instanz aufgehoben worden sein muß.

(6) Die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 genannten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung des Auftrags geschlossenen Vertrag richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadenersatz aufgehoben werden muß, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, daß nach dem Vertragsschluß im Anschluß an die Zuschlagserteilung die Befugnisse der Nachprüfungsinstanz darauf beschränkt werden, einer durch einen Rechtsverstoß geschädigten Person Schadenersatz zuzuerkennen.

(7) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß die Entscheidungen der für Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen wirksam durchgesetzt werden können. ..."

Obwohl durch diese Regelung den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume bei der Einrichtung eines entsprechenden Rechtsschutzsystems eingeräumt sind, was prima vista gegen ihre unmittelbare Anwendbarkeit zu sprechen scheint, hat das belangte BVA aber ohne weiteres die unmittelbare Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Nachprüfungsverfahren angenommen; es hat dabei die These vertreten, daß angesichts der Bestimmungen der Richtlinie die durch das BVergG angeordnete Beschränkung der Überwachungskompetenz des BVA auf die Überprüfung von Vergabeentscheidungen bei Bau- und Liefervergaben von ihm nicht anzuwenden ist. Es hat damit der Sache nach eine an sich dem Gesetzgeber vorbehaltene Entscheidung vorweggenommen, das Nachprüfungsverfahren im Bereich der Kontrolle von Dienstleistungsaufträgen in gleicher Weise auszugestalten wie im Bereich der Kontrolle von Bau- und Lieferaufträgen oder den Rechtsschutz in diesem Bereich im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben anders zu gestalten. Die vom BVA präferierte Interpretation scheint dem Verfassungsgerichtshof zwar möglich, aber keinesfalls zwingend zu sein. Sie vorzunehmen oder zu verwerfen ist im Rahmen des dualen Rechtsschutzsystems des Gemeinschaftsrechts Sache des Europäischen Gerichtshofes (vgl. auch hiezu VfGH 11.12.1995, B2300/95).

Da somit das BVA entgegen der Anordnung in Art177 Abs3 EGV eine vorlagepflichtige Frage der Interpretation des Gemeinschaftsrechts dem Europäischen Gerichtshof nicht zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, hat es die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

5. Der Bescheid war daher aufzuheben, was gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen S 3.000,-- auf die Umsatzsteuer.

Schlagworte

Vergabewesen, EU-Recht Richtlinie, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B3067.1995

Dokumentnummer

JFT_10039070_95B03067_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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