TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/7 98/10/0162

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Veröffentlicht am 07.09.1998
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §16 Abs2 litc;
ForstG 1975 §16 Abs3;
ForstG 1975 §37 Abs1;
ForstG 1975 §37 Abs3;
ForstG 1975 §37 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des F P in A, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 23. März 1998, Zl. 8-31 Pe 25/6-1997, betreffend forstpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirksforstinspektion (BFI) S. teilte der politischen Expositur G. der Bezirkshauptmannschaft L. mit Schreiben vom 21. Juni 1996 mit, im Zuge der Forstaufsicht hätten im Herbst 1995 waldverwüstende Verbißschäden durch Schafe im Bereich des A.-Berges in der Agrargemeinschaft Waldgenossenschaft A. (Agrargemeinschaft) festgestellt werden können. Davon betroffen seien Kultur- und Jungwuchsflächen in den Abteilungen 6 und 7 laut Waldwirtschaftsplan (der Agrargemeinschaft) im Gesamtausmaß von ca. 8,5 ha. Diese im Zuge von Nutzungen seit 1974 entstandenen Flächen seien noch immer nicht gesichert. In der Abteilung 7 seien auch seichtgründige, zum Teil südexponierte Schutzwaldstandorte betroffen. Eine rasche und ungestörte Wiederbewaldung sei auf diesen Standorten besonders wichtig (Vergrasung, Bodenverhagerung). Insbesondere in der Abteilung 6 B, wo durch Windwürfe und Käferholz seit 1974 eine ca. 3,5 ha große Kahlfläche entstanden sei, verursache der starke Verbiß einen totalen Ausfall der Mischbaumarten. Aber auch die Fichte habe kaum Entwicklungschancen. Die Kultur (bis zu 20 Jahre alt) sei noch nicht gesichert und bei gleichbleibendem Verbiß sei die Wiederbewaldung dieser ca. 3,5 ha. großen Kahlfläche unmöglich. Der Verbißdruck durch die Schafweide habe erst seit 1995 waldverwüstende Ausmaße angenommen. Verantwortlich für den langen Kultursicherungszeitraum sei sicherlich auch der jahrelange starke Verbißdruck durch Rot-, Reh- und Gamswild. In der Waldordnung für die Agrargemeinschaft seien Bestimmungen über die Weidenutzung enthalten. Unter anderem habe die Vollversammlung gemäß § 41 der Waldordnung die Höchstzahl des aufzutreibenden Weideviehs zu bestimmen. Von den Berechtigten sei das aufzutreibende Vieh alljährlich beim Holzverlaß anzumelden. Bei der am 30. März 1996 abgehaltenen Vollversammlung sei die Höchstzahl des aufzutreibenden Weideviehs (Schafe) mit 120 Stück bei einer Gegenstimme festgelegt worden. Weideort sei der Bereich St., wo entsprechende Weideflächen für 120 Schafe vorhanden seien. Von der Beweidung ausdrücklich ausgenommen worden sei der Bereich A.-Berg. Im Jahre 1995 habe der Beschwerdeführer, der Mitglied der Agrargemeinschaft sei, ca. 100 Schafe in den Bereich A.-Berg eingetrieben und diese aufgrund mangelnder Weideflächen durch Zufütterung an die Schlagflächen gebunden. Das Ergebnis seien die bereits beschriebenen waldverwüstenden Verbißschäden an den Kulturen. Nach § 39 der Waldordnung seien Schonungsflächen grundsätzlich einzuzäunen oder das Weidevieh durch sonstige Maßnahmen (Hirten) davon fernzuhalten. Beim diesjährigen Holzverlaß seien von den Mitgliedern (der Agrargemeinschaft) 95 Schafe angemeldet worden. Der Beschwerdeführer habe wiederum Anspruch auf den Auftrieb von 100-140 Stück Schafen erhoben. Im Zuge einer örtlichen Erhebung am 28. Mai 1996 - gemeinsam mit dem zuständigen Forstaufsichtsorgan und einem Vertreter der ABB S. - hätten ca. 120 Stück Schafe, die sich vorwiegend in den Abteilungen 6 und 7 aufgehalten hätten, gezählt werden können. Die Schafe hätten sich großteils auf den Kultur- und Schlagflächen aufgehalten und die frisch versetzten und verpflockten Laubhölzer stark verbissen. Ein Hochbringen der Kultur, insbesondere der für diese seichtgründigen und trockenen Standorte notwendigen Laubbäume (Buche, Bergahorn) sei unter diesen Voraussetzungen unmöglich. Bei längerem Verweilen der Schafe auf den Kultur- und Jungwuchsflächen sei durch Totalverbiß des Laubholzes Gefahr in Verzug gegeben. Der Beschwerdeführer habe sich trotz mehrmaliger Aufforderung nicht an die Beschlüsse der Vollversammlung (der Agrargemeinschaft) gehalten und durch den Auftrieb von ca. 120 gezählten Schafen waldverwüstende Verbißschäden verursacht. Es werde daher beantragt, wirkungsvolle Maßnahmen vorzuschreiben, die die Schafe von den Kultur- und Jungwuchsflächen (Schonungsflächen) fern hielten.

Der mit dieser Anzeige der BFI konfrontierte Beschwerdeführer gab an, es sei richtig, daß es sich bei den betroffenen Flächen um Kultur- und Jungwuchsflächen handle. Diese Flächen seien mit Schafen beweidet, wobei es sich um Schafe von Mitgliedern der Agrargemeinschaft handle. Er selbst sei ebenfalls Mitglied der Agrargemeinschaft und es stünde ihm ein Schafauftriebsrecht zu. Die Schafe befänden sich im Sommer nicht nur auf den betroffenen Flächen, sondern auch auf anderen Weideflächen. Was die Verbißschäden betreffe, so befänden sich Schafe sämtlicher Mitglieder der Agrargemeinschaft während der Vegetationszeit im fraglichen Bereich und fänden in dieser Zeit genügend und ausreichend Nahrung. Die angeführten Verbißschäden stammten nicht von den Schafen, sondern von überhöhtem Wildbestand.

In einer Stellungnahme zu diesen Ausführungen des Beschwerdeführers erklärte die BFI, entsprechende Weideflächen für die Weideberechtigten der Agrargemeinschaft seien im Bereich St. vorhanden, wo sich auch die Schafe der übrigen Weideberechtigten aufhielten. Am A.-Berg, wo sich die Schafe des Beschwerdeführers den Großteil des Sommers über befänden, seien keine geeigneten Weideflächen vorhanden, sodaß die Schafe zwangsläufig in den Kultur- und Jungwuchsflächen stünden. Daß die alten Verbißschäden auf den überhöhten Wildbestand zurückzuführen seien, stehe außer Zweifel. Das Problem des übermäßigen Schafverbisses stelle sich erst seit zwei Jahren. Wie Fotos und Beobachtungen durch die BFI zeigten, hätten die Schafe eindeutig als Verursacher festgestellt werden können, zumal allgemein bekannt sei, daß sich das Rotwild dort, wo Schafe in größeren Zahlen auftreten, kaum mehr aufhalte. Es gehe vor allem um den Verbiß des in den letzten Jahren vermehrt eingebrachten und für den Standort wichtigen Laubholzes. Mehrere Studienreisen in die Türkei und nach China belegten, daß der Schafverbiß eines der größten Hindernisse für das Aufkommen des Jungwaldes sei. Ein weiteres nachweisbares Beispiel (Eigenbeobachtung der Bauern) für den Verbiß von Schafen an Jungkulturen sei im Bereich der WG S. festgestellt worden. Trotz Einzäunung (E-Zaun) seien frisch versetzte Laubbäume totverbissen und zum Teil sogar mit den Hufen ausgeschlagen worden. Weitere Beispiele könnten angeführt werden. Tatsache sei, daß als Hauptverursacher des starken Verbisses an den frisch versetzten Laubhölzern die große Zahl an Schafen anzusehen sei (beigelegte Bilder, eigene Beobachtung).

Unter dem Datum des 11. März 1997 erließ die Forstbehörde erster Instanz einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 16 Abs. 3 i.V. mit § 16 Abs. 1 und 2 lit. a und lit. c sowie § 37 Abs. 1 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idgF, werden Herrn (Beschwerdeführer) im Bereich des sogenannten 'A.-Berges', KG A., und zwar in den Abteilungen 6 und 7 laut Waldwirtschaftsplan der Agrargemeinschaft Waldgenossenschaft A. unter Zugrundelegung des von der Bezirksforstinspektion S. vorgelegten Lageplanes M 1:5000 nachstehende Vorkehrungen durch Abstellung der Waldverwüstung und zur Beseitigung der Folgen derselben aufgetragen:

In den Abteilungen 6 und 7 der Waldflächen der Agrargemeinschaft Waldgenossenschaft A. im Bereich des sogenannten 'A.-Berges', KG A., sind Schafe durch Auszäunung, Aushirtung oder durch Unterlassung des Auftriebes fernzuhalten."

Der Beschwerdeführer berief. Er brachte im wesentlichen vor, er sei grundbücherlich Servitutsberechtigter in den im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Waldungen für alle Tierarten ohne Obergrenze. Schafe verursachten keine Waldverwüstungen; diese würden vielmehr durch Wild hervorgerufen.

Die belangte Behörde führte am 24. April 1997 eine mündliche Verhandlung durch. Bei dieser wiederholte der Beschwerdeführer seine schon in der Berufung aufgestellte Behauptung, er sei am A.-Berg servitutsberechtigt und habe unter anderem Bodennutzungsrechte, die Weiderechte beinhalteten. Dem hielt der Verhandlungsleiter einen Grundbuchsauszug vom 7. April 1997 entgegen, in welchem zugunsten der Liegenschaft des Beschwerdeführers keine Weiderechte eingetragen sind. Der Vertreter der Agrarbezirksbehörde (ABB) St. erklärte, im Regulierungsvergleich Nr. 239/1869 seien an Servitutsrechten lediglich Lärchholzbezugsrechte und Durchtriebsrechte, jedoch keine Weiderechte enthalten. Der Beschwerdeführer verwies weiters auf einen Bescheid der ABB vom 5. Oktober 1983. Dem wurde vom Verhandlungsleiter entgegengehalten, dieser Bescheid beziehe sich nicht auf den A.-Berg, sondern auf den L.-Wald. Der Vertreter der ABB verwies noch auf den Regulierungsvergleich Nr. 312/1870, wonach die Bodenbenützungsrechte keine Weiderechte enthielten. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, seine Weiderechte bis zu einer geplanten weiteren Verhandlung durch entsprechende Urkunden nachzuweisen.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Forsttechnik, welcher gleichzeitig auch Sachverständiger für das Jagdwesen ist, ein. Dieser führte in seinem Gutachten aus, im gegenständlichen Verfahren seien ca. 8,5 ha. Kulturflächen der Abteilungen 6 und 7 des Waldwirtschaftsplanes (der Agrargemeinschaft) betroffen. Bis zu 20 Jahre alte Kulturflächen, die mit Fichte aufgeforstet worden seien, seien noch immer nicht gesichert. Buche, Bergahorn, Vogelbeere seien in großer Zahl in Größen bis 20 cm vorhanden, würden jedoch ständig zurückgebissen; sogar Esche, Weide und Tanne hätten keimen, jedoch nicht weiterwachsen können. Die im Frühjahr 1996 versetzten Ahornheister seien zur Gänze stark verbissen bzw. teilweise vernichtet. Die Flächen wiesen teilweise Schutzwaldcharakter auf. Am 24. April 1997 sei eine Verhandlung mit Ortsaugenschein durchgeführt worden. Dabei habe sich herausgestellt, daß die Kultur- und Jungwuchsflächen in den Abteilungen 6 und 7 starke Verbißschäden aus dem Winter 1996/97 aufwiesen. Diese Verbißschäden stammten ohne Zweifel von Wild, da in dieser Zeit keine Waldweide durch Schafe stattfinde. Eine Besichtigung von Kulturflächen zwischen der Rotwildwinterfütterungsanlage beim Jagdhaus G. und dem F.-Bach, in einem Gebiet, wo keine Schafweide ausgeübt werde, hätte ebenfalls einen starken Verbiß aus dem Winter 1996/97 gezeigt. Da nun sowohl ein Verbiß aus dem Sommer 1996 als auch aus dem Winter 1996/97 vorhanden gewesen sei, sei zur Feststellung des Ausmaßes des Verbisses und zur Abgrenzung, ob Wild- oder Schafverbiß vorliege, ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt worden. An drei gemeinsam mit dem Beschwerdeführer ausgewählten Kreisflächen von je 100 m2 sei viermal (12. Mai 1997, 26. Juni 1997, 14. August 1997 und 20. Oktober 1997) der Verbiß nach den Kriterien der in der Steiermark angewandten Verjüngungszustandserhebung festgestellt worden. Da nach Auskunft des zuständigen Jagdorganes dieses Gebiet im Sommer nicht von Rotwild besiedelt sei, da es andere Lebensräume bevorzuge und außerdem bekannt sei, daß Rotwild und Schafe im Normalfall nicht zur gleichen Zeit die gleichen Flächen nutzten, sei die erste und die letzte Aufnahme knapp vor Auf- bzw. Abtrieb der Schafe durchgeführt worden. Dadurch könne angenommen werden, daß der Verbiß vor dem 12. Mai 1997 dem Wild und danach hauptsächlich den Schafen zuzuordnen sei.

Der Standort sei aufgrund seiner Seichtgründigkeit, Trockenheit und Exposition stark erosionsgefährdet. Schutz biete ein standortgemäßer Mischwald mit einem mindestens 30 %igen Anteil an Buche und Bergahorn. Wie die Bodenvegetation zeige, seien die natürlichen Voraussetzungen hierfür gegeben. Durch einen hohen Winterstand an Rotwild, durch Gams- und Rehwild sowie durch Waldweide würden die Pflanzen so intensiv verbissen, daß kein Mischwald aufkomme und der Kultursicherungszeitraum wesentlich überschritten werde. Daher seien sowohl von Jagdseite als auch von Seite der Weideausübenden Maßnahmen zu setzen. Infolge einer Meldung über eine flächenhafte Gefährdung des forstlichen Bewuchses durch jagdbare Tiere und den Bau eines Wintergatters sei eine Verringerung des Verbisses durch Wild zu erwarten. Dies allein sei nicht ausreichend. Auch der Verbiß im Sommer und der selektive Verbiß, der zur Entmischung der Wälder führe, müsse in Grenzen bleiben. Es sei allgemein bekannt und auch in der Fachliteratur erwähnt, daß Schafe Laubhölzer und Nadelhölzer verbissen und intensive Schafhaltung zur Beseitigung des forstlichen Bewuchses führen könne. Eine Anfrage an den Schafzuchtverband habe ergeben, daß nur Shrop-shire-Schafe, eine spezielle Zucht aus Dänemark mit extrem empfindlichen Lippen, keine Nadelgehölze verbeißen würden. Alle anderen Rassen müßten durch Hirten beaufsichtigt werden, wenn kein Schaden entstehen solle oder es müßten andere Maßnahmen wie z.B. Einzäunungen gesetzt werden. Im Herbst 1995 habe der Forstaufsichtsdienst waldverwüstende Verbißschäden in den Abteilungen 6 und 7 festgestellt. Diese Schäden seien im Sommer 1995 entstanden. Im Frühjahr 1996 (Anfang Mai) sei auf den Kultur- und Schlagflächen der Abteilung 7 von den Mitgliedern der Agrargemeinschaft Bergahorn versetzt und verpflockt worden, um eine Baumartenmischung zu erreichen. Am 28. Mai 1996 sei bei einer Erhebung des Forstaufsichtsdienstes ein starker Verbiß dieser Pflanzen festgestellt sowie 120 Schafe auf den Kultur- und Schlagflächen gezählt worden. Am 24. April 1997 sei beim Ortsaugenschein bei der Verhandlung ein sehr starker Winterverbiß 1996/97 an Nadel- und Laubgehölzen festgestellt worden, der, da noch keine Schafe aufgetrieben worden seien, vom Wild stammen müsse. Das Beweissicherungsverfahren, das der Zuordnung der Schäden - ob Wild- oder Schafverbiß vorliege - diene und von der Überlegung ausgehe, daß die Schafe keinen Winterverbiß verursachten und der Sommerverbiß hauptsächlich den Schafen zuzuordnen sei, habe folgendes Ergebnis erbracht:

Am 12. Mai 1997 seien noch keine Schafe aufgetrieben, jedoch 60 % aller aufgenommenen Pflanzen bereits verbissen gewesen. Dies bedeute, daß dieser Schaden ausschließlich durch Wild verursacht worden sei. Am 26. Juni 1997 seien 68 % aller aufgenommenen Pflanzen verbissen gewesen. Am 14. August 1997 seien 61 % und am 20. Oktober 1997 seien 51 % aller Pflanzen verbissen gewesen. Der Schadenszuwachs zwischen 12. Mai 1997 und 26. Juni 1997 könnte noch vom Wild oder schon von Schafen stammen. Ab 26. Juni 1997 sei weniger Verbißschaden registriert worden, sodaß insgesamt festzustellen sei, daß im Sommer 1997 kein übermäßiger Verbißschaden und daher in dieser Zeit keine Waldverwüstung durch Schafe verursacht worden sei. Die Abnahme des Verbißschadens ab dem 26. Juni 1997 lasse sich dadurch erklären, daß nur Pflanzen aufgenommen worden seien, die höher als 30 cm seien und daß während der Vegetationszeit gesunde Pflanzen in diese Stufe hineingewachsen seien. Bei den Aufnahmen für das Beweissicherungsverfahren seien nur einmal, am 26. Juni 1997, 3 Schafe gesichtet worden. Auch der Beschwerdeführer und der Obmann der Agrargemeinschaft hätten bestätigt, das im Sommer 1997 der A.-Berg fast frei von Schafen gewesen sei und diese sich anderswo, meist in höheren Lagen, aufgehalten hätten. Bei einer Anfrage an die Forstverwaltung M. der ÖBF sei bekanntgegeben worden, daß bis zum Jahr 1995 vereinzelt Schafe sich auf ÖBF-Gebiet beim S.-Zinken aufgehalten hätten. Im August und September 1996 seien fast täglich ca. 60-70 Schafe beobachtet worden. Im Juli, August und September 1997 seien oftmals vom zuständigen Förster ca. 200 Schafe angetroffen und aufgrund der Rassenmerkmale als Eigentum des Beschwerdeführers vermutet worden.

Am 24. April 1997 sei ein sehr starker Winterverbiß durch Wild registriert und daraufhin eine Beweissicherung durchgeführt worden. Am 12. Mai 1997 sei noch ein sehr starker Verbiß festgestellt und im Sommer 1997 bis zum 20. Oktober 1997 kein übermäßiger neuer Verbißschaden verursacht worden, wobei zu beachten sei, daß sich in dieser Zeit nur vereinzelt Schafe am A.-Berg aufgehalten hätten. Wenn nun beim Wild keine Verhaltensänderungen im Jahresablauf gegenüber den Vorjahren zu bemerken sei, der größte Teil der Schafe sich im Sommer 1997 nicht am A.-Berg aufgehalten habe, und auch kein gravierender Verbißschaden aufgetreten sei, müsse der Schluß gezogen werden, daß die Verbißschäden im Sommer von Schafen verursacht würden und daher auch die Verbißschäden im Sommer 1995 und 1996 den Schafen zuzuordnen seien. Um Aushagerung und Erosionsschäden, die auf den seichtgründigen, südexponierten Lagen schwerwiegende Folgen haben könnten, zu verhindern, sei ein rasches Aufkommen eines Mischwaldes unbedingt notwendig. Dazu müßten sowohl Verbißschäden durch Wild als auch durch Schafe wesentlich gemindert werden. Die von der Forstbehörde erster Instanz angeordnete Maßnahmen seien ein geeignetes Mittel hiezu.

Dieses Gutachten wurde bei einer von der belangten Behörde am 18. März 1998 durchgeführten mündlichen Verhandlung erörtert. Der Beschwerdeführer erklärte hiezu, er habe am 15. Mai 1997 ca. 200 Schafe aufgetrieben; hievon seien ca. 50-60 am A.-Berg verblieben, die übrigen seien Anfang Juli zum S.-Zinken gezogen.

Der Obmann der Agrargemeinschaft und ein Förster erklärten übereinstimmend, sie hätten im Sommer 1997 nicht viele Schafe gesehen. Weiters erklärten die Genannten, im Jahr 1996 hätten praktisch nur Schafe des Beschwerdeführers am A.-Berg geweidet.

Der Beschwerdeführer berief sich neuerlich auf das Vorhandensein alter Weiderechte auf dem A.-Berg.

Hiezu erklärte der Vertreter der ABB, die im Regulierungsvergleich Nr. 239/1869 angeführten Grundeigentümer der Ortschaften A. sowie S. und W. hätten im A.-Berg und im P.-Wald Servitutsrechte gehabt. Diese Servitutsrechte seien mit dem angeführten Vergleich in Grund und Boden abgelöst worden. Weiters sei mit diesem Regulierungsvergleich den Älplern des A.-Kars sowie den Älplern der G.-Alpe ein Durchtriebsrecht zugestanden worden. Laut Regulierungsvergleich Nr. 312/1870 seien im sogenannten M.- oder L.-Schachen Bodenbenützungsrechte für 76 Besitzer in A., S. und W. zureguliert worden. Im wesentlichen handle es sich hierbei um den Betrieb und die Zufahrt zu den Mühlen und um Durchtriebsrechte. Das Gebiet der Agrargemeinschaft sei durch die ABB einem Regulierungsverfahren unterzogen worden. Den Abschluß bilde der Regulierungsplan vom 22. Juli 1996. Aus dem Regulierungsverfahren ergebe sich, daß dem an der Gemeinschaft berechtigten Beschwerdeführer keine Weiderechte zustünden. Die in der EZ 140 erwähnte Dienstbarkeit des Viehtreibens beinhalte kein Weiderecht.

Mit dem nun mehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. März 1998 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge. In der Begründung berief sie sich im wesentlichen auf das eingeholte Sachverständigengutachten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, festzustellen, daß die beobachteten Verbißschäden eine Waldverwüstung darstellten. Sie habe auch nicht festzustellen vermocht, ob die Verbißschäden an den Jungkulturen durch Wild oder durch Schafe, insbesondere durch Schafe des Beschwerdeführers, verursacht worden seien. Das von der Behörde durchgeführte Beweissicherungsverfahren, insbesondere die Kulturwuchsflächenkontrolle vom 12. Mai 1997, habe eindeutig ergeben, daß die Verbißschäden vom Wild verursacht worden seien. Dies habe auch der Zeuge R. D. bestätigt, dessen Aussage im angefochtenen Bescheid zu Unrecht außer Acht gelassen werde. Die Kontrollergebnisse vom 26. Juni 1997, 14. August 1997 und 20. Oktober 1997 seien zur Abgrenzung zwischen Wild- und Schafverbiß gänzlich ungeeignet. Diese Erhebungen seien durch einen Jäger vorgenommen worden, der interessenbedingt voreingenommen gewesen sei. Auch die auf die Aussage dieses Jägers gestützte Unterstellung, daß im Sommer im fraglichen Gebiet kein Rotwild vorhanden sei, sei unrichtig. Die belangte Behörde habe auch unterlassen, festzustellen, daß auch andere Mitglieder der Agrargemeinschaft ihre Schafe im Bereich des A.-Berges hätten weiden lassen, ohne daß sie von der Behörde zur Verantwortung gezogen worden seien. Die Annahme der belangten Behörde, die Verbißschäden im Sommer seien den Schafen anzulasten, stelle eine bloße Vermutung dar. Der Beschwerdeführer habe mehrmals fernmündlich beantragt, den Jungkulturbestand zum Zeitpunkt der Schneeschmelze (Ende März/Anfang April) zu besichtigen, um das Wildverbißausmaß genau feststellen zu können. Diesem Antrag sei die belangte Behörde nicht gefolgt. Das Gutachten, auf das sich die Behörde stütze, sei gänzlich unschlüssig. Es lasse nicht einmal erkennen, auf welches Gebiet sich seine Feststellungen bezögen, da lediglich von einem nicht näher definierten Standort die Rede sei. Die im angefochtenen Bescheid zitierte Auskunft der Forstverwaltung der ÖBF, daß im Juli, August und September 1997 oftmals vom zuständigen Förster ca. 200 Schafe angetroffen und aufgrund der Rassenmerkmale als Eigentum des Beschwerdeführers vermutet worden seien, entbehre jeder Grundlage. Die belangte Behörde habe auch zu Unrecht die Auffassung vertreten, dem Beschwerdeführer stünden im fraglichen Gebiet keine Weiderechte zu. Sie seien nicht befugt, in einem Forstrechtsverfahren über den Bestand von Dienstbarkeiten abzusprechen. Die belangte Behörde berufe sich auch auf § 37 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975, erkläre aber nicht, inwiefern die festgestellten Verbißschäden eine Gefährdung der Haltung des Waldes darstellten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440, (ForstG) ist jede Waldverwüstung verboten. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann.

Nach § 16 Abs. 2 leg.cit. liegt eine Waldverwüstung vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen

a) die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt oder gänzlich vernichtet,

b) der Waldboden einer offenbaren Rutsch- oder Abtragungsgefahr ausgesetzt,

c)

die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich gemacht oder

d)

der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.

Wurde eine Waldverwüstung festgestellt, so hat nach § 16 Abs. 3 ForstG die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung und zur Beseitigung der Folgen derselben vorzukehren. Insbesondere kann sie hiebei in den Fällen des Abs. 2 eine bestimmte Nutzungsart vorschreiben, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist jede Fällung an eine behördliche Bewilligung binden oder anordnen, daß der Verursacher die Gefährdung und deren Folgewirkungen in der Natur abzustellen oder zu beseitigen hat.

Nach den aufgrund des Gutachtens eines Amtssachverständigen getroffenen Feststellungen der belangten Behörde sind ca. 8,5 ha Waldfläche der Abteilungen 6 und 7 des Waldwirtschaftsplanes der Agrargemeinschaft von Verbißschäden, die teilweise von Schafen des Beschwerdeführers herrühren, betroffen und führen diese Verbißschäden dazu, daß die aufgeforsteten Flächen noch immer nicht gesichert sind. Durch die Verbißschäden wird demnach die rechtzeitige Wiederbewaldung (vgl. § 13 Abs. 2 , 7 und 8 ForstG) unmöglich gemacht, was den Tatbestand der Waldverwüstung nach § 16 Abs. 2 lit. c ForstG erfüllt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe keine Feststellungen über das Vorliegen einer Waldverwüstung getroffen, erweist sich daher als unzutreffend.

Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten hatte ergeben, daß die Verbißschäden zum Teil - nämlich in den Sommermonaten - von den Schafen verursacht werden. Daß auch das Wild Verbißschäden verursacht, hat auch der Amtssachverständige bestätigt. Hingegen hat das Verwaltungsverfahren nicht ergeben, daß die Verbißschäden ausschließlich vom Wild herrührten. Eine Aussage eines Zeugen D., auf die sich der Beschwerdeführer beruft, findet sich im Akt nicht. Offenbar bezieht sich der Beschwerdeführer auf Angaben, die R. D. - den Behauptungen des Beschwerdeführers zufolge - im Zuge der Erhebungen des Amtssachverständigen gemacht haben soll. Es wäre nun Sache des Beschwerdeführers gewesen, bei der Erörterung des Gutachtens zu bemängeln, daß diese angeblichen Aussagen nicht berücksichtigt worden seien, wobei auch darzutun gewesen wäre, daß und warum diese Aussagen das Gutachten widerlegten. Die bloße in der Beschwerde referierte angebliche Aussage des R. D., die Verbißschäden seien ausschließlich vom Wild verursacht worden, wäre nicht geeignet, das Gutachten zu widerlegen. Der Beschwerdeführer hat aber im Zuge des Verwaltungsverfahrens eine solche angebliche Aussage des R. D. nicht einmal erwähnt.

Das Gutachten des Amtssachverständigen wurde mit dem Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am 18. März 1998 erörtert. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, diesem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Eine Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit dieses Gutachtens, wie sie der Beschwerdeführer behauptet, ist nicht zu erkennen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, die dem Gutachten zugrundeliegenden Erhebungen der Verbißschäden seien durch einen interessensbedingt voreingenommenen Jäger durchgeführt worden, ist - abgesehen davon, daß sie erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgestellt wird und daher eine unzulässige Neuerung darstellt - unrichtig. Von einem Jagdorgan wurde lediglich eine Auskunft über das Standortverhalten des Wildes im fraglichen Gebiet eingeholt. Diese ist im Gutachten enthalten, wurde mit diesem dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und blieb von diesem unbeeinsprucht. Erstmals in der Beschwerde werden Umstände vorgebracht, die nach Meinung des Beschwerdeführers die Unrichtigkeit der Auskunft des Jagdorgans belegen. Diese Ausführungen stellen sich aber als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar.

Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat der Amtssachverständige auch begründet, warum die im Sommer entstehenden Verbißschäden den Schafen und nicht dem Wild zugeordnet wird, nämlich deswegen, weil das Rotwild im Sommer andere Lebensräume bevorzugt und außerdem das Rotwild Standorte meidet, in denen sich Schafe aufhalten. Die vom Gutachter durchgeführten Erhebungen bestätigen dies, haben sie doch ergeben, daß im Kontrollzeitraum (Sommer 1997), in welchem kaum Schafe am A.-Berg angetroffen wurden, kein nennenswerter Zuwachs von Verbißschäden zu verzeichnen war. Wäre der Verbiß auch im Sommer auf das Wild zurückzuführen, dann hätte sich auch im Sommer 1997 ein Zuwachs an Verbißschäden ergeben müssen.

Der Beschwerdeführer hat selbst nicht bestritten, daß er Schafe in die in Rede stehenden Flächen aufgetrieben hat und auch in Hinkunft aufzutreiben gedenkt. Daß allenfalls auch andere Schafhalter ihre Tiere im fraglichen Gebiet weiden lassen, führt nicht zur Unzulässigkeit eines forstpolizeilichen Auftrages an den Beschwerdeführer, da seine Schafe den die Waldverwüstung hervorrufenden Verbiß nach dem festgestellen Sachverhalt jedenfalls mitverursachen.

Was die vom Beschwerdeführer seinen Behauptungen zufolge gestellten fernmündlichen Anträge betrifft, zur Zeit der Schneeschmelze eine Kontrolle der Verbißschäden durchzuführen, um deren genaues Ausmaß festzustellen, so ist nicht ersichtlich, warum ein Lokalaugenschein gerade zu dieser Zeit unabdingbar gewesen sein sollte.

Unzutreffend ist auch der Einwand des Beschwerdeführers, das Gutachten lasse nicht erkennen, auf welches Gebiet es sich beziehe. Daß mit dem im Gutachten angesprochenen "Standort" die Abteilungen 6 und 7 der Waldflächen der Agrargemeinschaft gemeint ist, ist eindeutig.

Nach § 37 Abs. 1 ForstG darf durch die Waldweide die Erhaltung des Waldes und seine Wirkungen (§ 6 Abs. 2) nicht gefährdet werden.

Nach § 37 Abs. 3 leg.cit. darf in zur Verjüngung bestimmten Waldteilen, in denen das Weidevieh die bereits bestehende oder erst heranzuziehende Verjüngung schädigen könnte (Schonungsflächen), die Waldweide nicht ausgeübt werden. Die Weidetiere sind von den Schonungsflächen fernzuhalten.

Nach § 37 Abs. 4 ForstG werden die für Weiderechte in Einforstungswäldern geltenden Bestimmungen der Regulierungsurkunden durch die Regelungen der Abs. 1 und 3 nicht berührt.

Nur Einforstungsrechte, welche in Regulierungsurkunden verbrieft sind, gehen den Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und 3 ForstG vor. Der Beschwerdeführer konnte im Verwaltungsverfahren nicht nachweisen, daß ihm aufgrund einer Regulierungsurkunde Weiderechte im fraglichen Gebiet zukämen, die als Einforstungsrechte anzusehen wären und die es ihm ermöglichten, entgegen den Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und 3 ForstG 1975 die Waldweide auszuüben. Die mit der Beschwerde vorgelegten Grundbuchsauszüge weisen - in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Vertreters der ABB im Verwaltungsverfahren - lediglich ein Recht des Viehtriebes, aber nicht ein Weiderecht aus.

Ob sonstige - nicht unter § 37 Abs. 4 ForstG fallende - Weiderechte bestehen, brauchte nicht geprüft zu werden, da solchen Weiderechten die Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und 3 ForstG vorgehen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.

Wien, am 7. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100162.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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