RS Vfgh 2019/9/24 E2576/2019

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 24.09.2019
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
EMRK Art2, Art3
AVG §68
AsylG 2005 §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55 Abs1a
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Zurückweisung wegen entschiedener Sache hinsichtlich des Antrags auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten für einen afghanischen Staatsangehörigen; keine Auseinandersetzung mit den aktuellen UNHCR-Richtlinien zu Kabul

Rechtssatz

Vor dem Hintergrund der notwendigen Aktualität von Länderberichten zu Staaten mit sich rasch ändernder Sicherheitslage enthält das angefochtene Erkenntnis keine hinreichend aktuellen Länderberichte. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) kommt zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nach Kabul - wo er über 20 Jahre gelebt habe - zurückkehren könne. Das BVwG begründete seine Entscheidung damit, dass Gefährdungsquellen wie insbesondere Terroranschläge in Kabul "in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen [seien], weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten" sei. Weitere Feststellungen - insbesondere hinsichtlich in Kabul wohnhafter Familienmitglieder des Beschwerdeführers - trifft das BVwG nicht. Das BVwG hat sich auch nicht mit der sicheren Erreichbarkeit der Stadt Kabul auseinandergesetzt, sondern lediglich angeführt, dass "[d]ie afghanische Regierung [...] nach den vorliegenden Länderberichten die Kontrolle über diverse Städte, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren [behält]".

Dabei lässt das BVwG die aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 sowie jüngere Berichte gänzlich außer Acht; die UNHCR-Richtlinien führen jedoch nun wörtlich aus, dass "Zivilisten, die in Kabul tagtäglich ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivitäten nachgehen, Gefahr laufen, Opfer der allgegenwärtigen in der Stadt bestehenden Gefahr zu werden. Zu solchen Aktivitäten zählen etwa der Weg zur Arbeit und zurück, die Fahrt in Krankenhäuser und Kliniken, der Weg zur Schule; den Lebensunterhalt betreffende Aktivitäten, die auf den Straßen der Stadt stattfinden, wie Straßenverkäufe; sowie der Weg zum Markt, in die Moschee oder an andere Orte, an denen viele Menschen zusammentreffen".

Das BVwG hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass nach den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 "angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist".

Im Übrigen: Ablehnung der Behandlung der Beschwerde soweit die Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache ausgesprochen wird.

Entscheidungstexte

  • E2576/2019
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 24.09.2019 E2576/2019

Schlagworte

Asylrecht, res iudicata, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E2576.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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