TE Vwgh Erkenntnis 1986/2/26 84/03/0317

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Veröffentlicht am 26.02.1986
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Index

JagdR - Tirol

Norm

JagdG Tir 1969 §66
JagdGDV Tir 1969 §7 idF 1976/016
JagdGDV Tir 1969 §9 idF 1976/016
JagdRallg
VStG §5 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):84/03/031884/03/0319

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerden des BP, des FP und des OP, alle in I und alle vertreten durch Dr. Eberhard Molling, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maximilienstraße 9, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung je vom 9. Juli 1984, Zl. IIIa 2-2088/6-84, betreffend Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes 1969, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Landeck erkannte die Beschwerdeführer in drei gesondert ergangenen Straferkenntnissen je vom 13. Oktober 1983 schuldig, es als Mitpächter der Eigenjagd R verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten zu haben, daß der Abschußplan für das Jagdjahr 1982/83 nicht erfüllt worden sei, "indem von 155 Stück vorgeschriebenen Rotwildabschusses 40 Stück nicht erlegt worden sind" - wie es im Spruch des Straferkenntnisses wörtlich heißt -, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 3 der Verordnung LGBl. Nr. 20/1969 begangen zu haben. Gemäß § 66 Tiroler Jagdgesetz 1969 in Verbindung mit § 9 der Verordnung LGBl. Nr. 20/1969 wurden über die Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von je S 2.500,-- (Ersatzarreststrafe je 3 Tage) verhängt. In der Begründung der Straferkenntnisse wurde zur Rechtfertigung der Beschwerdeführer, es wäre ihnen trotz intensiven Bemühens nicht möglich gewesen, den Abschußplan zu erfüllen und mehr Wild zu erlegen, gleichlautend ausgeführt, daß es sich bei der angelasteten Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handle, weshalb die Beschwerdeführer zu beweisen gehabt hätten, daß ihnen die Einhaltung der betreffenden Vorschrift ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen sei. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, den Nachweis dafür zu erbringen, daß die Erfüllung des Abschußplanes doch möglich gewesen wäre. Den Beschwerdeführern sei im Verwaltungsstrafverfahren der Nachweis der Schuldlosigkeit nicht gelungen. Darüberhinaus seien von der Behörde Umstände festgestellt worden, die die Rechtfertigung der Beschwerdeführer in Zweifel stellen. So sei der Rotwildabschuß in den Monaten Mai, Juli und Oktober 1982 trotz drei angestellter Berufsjäger nur sehr schleppend vonstatten gegangen. Im Jänner 1983 sei trotz bescheidmäßiger Vorschreibung nach § 48 des Tiroler Jagdgesetzes 1969 nur ein einziges krankes Stück erlegt worden. Belastend für die Beschwerdeführer seien auch verbreitete Verbißschäden mit Schädigungsgrad schwach bis mittel in den Wäldern des Reviers sowie die durch das Wild verursachten Weideschäden.

Gegen diese Straferkenntnisse erhoben die Beschwerdeführer jeweils rechtzeitig Berufung, in der sie neuerlich vorbrachten, daß sie an der Nichterfüllung des Abschußplanes kein Verschulden treffe, weil das zum Abschuß freigegebene Wild seinen Einstand nicht im Revier habe. Der Wildstand sei derart gering, daß es den drei angestellten Berufsjägern trotz wiederholten Auftrages, den Abschußplan einzuhalten, nicht möglich gewesen sei, den bewilligten Abschuß zu erfüllen. Dazu komme, daß einer der Berufsjäger in der fraglichen Zeit den Wehrdienst habe ableisten müssen. Durch die Reduktion des Wildstandes sei das Wild derart scheu, daß am Tage nur kurze Zeit unmittelbar vor Sonnenauf- und nach Sonnenuntergang zur Bejagung des Rotwildes zur Verfügung stünde. Es sei den Beschwerdeführern als Mitpächter der Eigenjagd nicht möglich, mehr zu tun, als die Berufsjäger auf Erfüllung des Abschußplanes zu drängen. Die Behörde hätte daher zur Klärung der Ursachen der Nichterfüllung des Abschußplanes einen Sachverständigen beiziehen müssen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde das Ermittlungsverfahren ergänzt und unter anderem der Hegemeister der Jagdreviere im Raume P und N vernommen. Dieser gab an, daß der Rotwildwinterstand im Eigenjagdgebiet R im Jahre 1982 182 Stück betragen habe, wobei ein Überhang an Hirschen festgestellt worden sei. Der ermittelte Winterstand habe 91 Hirsche, 64 Tiere und 27 Kälber betragen. Unter Berücksichtigung einer Zuwanderung von 8 Hirschen und 11 Tieren habe das Revier zur Setzzeit im Abschußplan 1982/83 einen Rotwildstand von 191 Stück aufgewiesen. Der Zuwachs sei mit 59 Stück Kälber (80 % der setzfähigen Tiere) errechnet worden. Die Beschwerdeführer als Jagdpächter hätten im Zuge einer Abschußplanbesprechung in P, an der die im Raume P und N wohnhaften Jagdpächter teilgenommen haben, für 1982/83 einen Rotwildabschuß von 90 Stück als erfüllbar vorgeschlagen. Entgegen diesem Vorschlag der Beschwerdeführer sei vom Verpächter (den Österreichischen Bundesforsten) ein Abschuß von 150 Stück beantragt und schließlich der Abschuß von der Bezirkshauptmannschaft für 1982/83 mit 155 Stück festgesetzt worden. (Daß der Abschußplanantrag von den Österreichischen Bundesforsten - der Verpächterin - und nicht von den Pächtern - den Beschwerdeführern - gestellt wurde, ist darauf zurückzuführen, daß sich die Beschwerdeführer beim Abschluß des vom 1. April 1977 bis 31. März 1986 währenden Jagdpachtvertrages - "Pkt. 6 Vollmachtserteilung" - verpflichten mußten, der Generaldirektion der Österreichischen Bundesforste und dem jeweiligen Wirtschaftsführer der Forstverwaltung Ried/Tirol, und zwar jedem für sich, die unwiderrufliche Vollmacht zu erteilen, sie u.a. in "Angelegenheiten der Einreichung der Abschußpläne" auf ihre Kosten und Gefahren zu vertreten.) Als zuständiger Hegemeister müsse er feststellen, daß der damals festgesetzte Abschuß zu hoch und nicht erfüllbar gewesen sei. Die Beschwerdeführer und ihre Berufsjäger hätten sich alle Mühe gegeben, den bewilligten (richtig: vorgeschriebenen) Abschuß zu erfüllen. Für den zur Zeit des Rotwildabschusses im Herbst 1982 zum Bundesheer einberufenen Berufsjäger sei von den Beschwerdeführern aushilfsweise ein anderer Jäger angestellt worden, um dadurch der Abschußplanerfüllung besser gerecht zu werden. Die Nichterfüllung des Abschußplanes beim Rotwild habe seinen Grund darin, daß das Rotwild nicht mehr vorhanden gewesen sei. Dies habe die Rotwildwinterzählung 1982/83 bestätigt. Im Zuge der Wildzählung im Winter 1982/83 sei ein Bestand von 128 Stück festgestellt worden. Dazu müsse gesagt werden, daß die Anzahl der Hirsche mehr als doppelt so hoch gewesen sei, wie die Anzahl der Tiere. Abschließend verwies der Hegemeister darauf, daß im Jagdrevier R keine nennenswerten Wildschäden zu verzeichnen seien.

Mit den Bescheiden je vom 9. Juli 1984 wies die Tiroler Landesregierung die Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 51 VStG 1950 als unbegründet ab. In allen drei Berufungsbescheiden wurde gleichlautend ausgeführt, da außer Streit stehe, daß der Abschußplan für das Jagdjahr 1982/83 nicht erfüllt worden sei, bleibe lediglich zu prüfen, ob den Beschwerdeführern dafür ein Verschulden angelastet werden könne. Da die Nichterfüllung des Abschußplanes ein Ungehorsamsdelikt darstelle, müsse der Beschuldigte, wenn er sich der Bestrafung entziehen wolle, nachweisen, daß die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Nach Ansicht der Beschwerdeführer wäre die Abschußvorschreibung zu hoch und damit nicht erfüllbar gewesen. Diesfalls wäre es aber Pflicht der Beschwerdeführer und diesen auch zumutbar gewesen, gegen den Abschußplan rechtzeitig zu berufen. Die Intensität der Bejagung der Eigenjagd R sei im Jagdjahr 1982/83 nicht so groß gewesen, daß ein Verschulden der Beschwerdeführer an der Nichterfüllung des Abschußplanes jedenfalls ausgeschlossen werden könne. So habe nach den vorgelegten Abschußmeldungen während der Schußzeit insgesamt 107mal eine erfolgreiche Bejagung stattgefunden. Die Jagd sei dabei von drei Pächtern, drei Berufsjägern und Jagdgästen ausgeübt worden. Der zum Bundesheer am 1. September 1982 einberufene Berufsjäger habe nur einen Abschuß am 30. August 1982, ein weiterer Berufsjäger bis Ende Juni keinen Abschuß getätigt. Demgegenüber habe ein Jagdgast an drei aufeinanderfolgenden Tagen 4 Stück Rotwild erlegt. Aus all dem könne ein Mangel an entsprechender und zumutbarer Sorgfalt in dem Bemühen um Erfüllung des Abschußplanes abgeleitet werden. Wenn der Hegemeister darauf hinweise, daß das Rotwild laut Winterzählung 1982/83 nicht mehr vorhanden gewesen sei, wobei von 128 Stück die Anzahl der Hirsche mehr als doppelt so hoch gewesen sei, so werde bemerkt, daß auch von den vorgeschriebenen 45 Stück Hirschen nur 34 Stück erlegt worden seien. Auf Grund dieser Überlegungen gelange die Berufungsbehörde zur Auffassung, daß den Beschwerdeführern jedenfalls ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit an der Nichterfüllung des Abschußplanes anzulasten sei, weswegen die Bestrafung dem Grund nach zu Recht erfolgt sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, inhaltlich gleichlautenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in den von ihr erstatteten Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die drei Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

Zunächst wenden die Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 26 AVG 1950 eine gesetzwidrige Zustellung ein, weil die angefochtenen Bescheide an sie persönlich und nicht dem bevollmächtigten Vertreter zugestellt worden seien.

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Gemäß § 7 des - am 1. März 1983 - in Kraft getretenen Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, gilt die Zustellung, wenn bei der Zustellung Mängel unterlaufen, als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), zugekommen ist. Die angefochtenen Bescheide wurden zwar in Mißachtung der Zustellverfügung nicht dem in den Verwaltungsstrafverfahren ausgewiesenen und auch zur Entgegenahme von Schriftstücken ermächtigten Vertreter der Beschwerdeführer, sondern an die Beschwerdeführer persönlich zugestellt, was einen Mangel darstellt. Dieser Zustellmangel ist aber gemäß § 7 Zustellgesetz geheilt, weil die laut Zustellverfügung für den bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführer als Empfänger bestimmten Bescheidausfertigungen von den Beschwerdeführern dem bevollmächtigten Vertreter zugesandt und diesem nach seinen eigenen Angaben am 30. Juli 1984 zugekommen sind, mit welchem Tage somit die Zustellung als vollzogen gilt.

Die Beschwerdeführer bemängeln, daß die belangte Behörde nicht das von ihnen beantragte Sachverständigengutachten über die Ursache der Nichterfüllung des Abschußplanes eingeholt habe. Die Nichterfüllung des Abschußplanes stelle ein Verwaltungsdelikt nur dann dar, wenn der Jagdausübungsberechtigte nicht nachweise, daß ihm die Erfüllung des Abschußplanes ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Dies heiße aber nicht, daß die Erbringung eines solchen Entlastungsbeweises notwendig sei, wenn die Behörde schon bei der Ermittlung des äußeren Tatbestandes Umstände habe feststellen müssen, die ein Verschulden ausschlössen. Solche Umstände seien aber bereits bei objektiver Prüfung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz festzustellen, vielmehr aber noch auf Grund der Ergebnisse des von der Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Die Beschwerdeführer verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Angaben des zuständigen Hegemeisters.

Dieser Einwand ist berechtigt.

Gemäß § 7 Abs. 3 der Verordnung LGBl. Nr. 20/1969 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 16/1976 ist der nach dem Abschußplan bewilligte sowie der von der Bezirksverwaltungsbehörde nach Abs. 2 festgesetzte Abschuß nach Maßgabe der Abs. 4, 6 und 7 zu erfüllen, wobei der Jagdausübungsberechtigte (sein Beauftragter) alles erlegte Wild und Fallwild unverzüglich in die Abschußliste (Anlage 5) einzutragen hat, die nach der auf dem Vorblatt angegebenen Anleitung zu führen ist. Gemäß § 9 leg. cit. sind Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung nach § 66 des Tiroler Jagdgesetzes 1969 zu ahnden. Diese Bestimmungen waren von der belangten Behörde ungeachtet der inzwischen eingetretenen Änderung der Rechtslage (Wiederverlautbarung des Tiroler Jagdgesetzes 1969 als Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60, und Aufhebung der §§ 7 und 9 der Verordnung LGBl. Nr. 20 idgF durch die Verordnung LGBl. Nr. 62/1983) entsprechend der Anordnung des § 1 Abs. 2 VStG 1950 auf das Verhalten der Beschwerdeführer anzuwenden.

Zutreffend ging die belangte Behörde davon aus, daß die Nichterfüllung des Abschußplanes ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 darstellt und in einem solchen Falle die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens gemäß dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle den Beschuldigten trifft. Diese Umkehr der Beweislast bedeutet aber nicht, daß die Behörde - wie die Beschwerdeführer zu Recht einwenden - die Beschwerdeführer entlastende Umstände, die sie schon bei der Ermittlung des äußeren Tatbestandes festgestellt hat, außer Betracht lassen dürfte. (Vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 1956, Slg. Nr. 4046/A, und vom 12. September 1963, Zl. 1600/62; hinsichtlich der zitierten, nichtveröffentlichten hg. Entscheidungen wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.) Es kann allerdings in den vorliegenden Beschwerdefällen dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde - wie die Beschwerdeführer meinen - bereits bei der Ermittlung des äußeren Tatbestandes derartige, das Verschulden ausschließende Umstände feststellen hätte müssen, sodaß es eines Entlastungsbeweises hinsichtlich des Verschuldens durch die Beschwerdeführer nicht bedurft hätte, weil die Beschwerdeführer ohnedies einen entsprechenden Entlastungsbeweis für ihr mangelndes Verschulden anboten. Die Beschwerdeführer bestritten nicht, den Abschußplan nicht erfüllt zu haben, behaupteten aber, daß die Erfüllung des Abschußplanes wegen des zu geringen Wildstandes unmöglich gewesen sei und beantragten die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Ursachen der Nichterfüllung des Abschußplanes. Damit stellten die Beschwerdeführer einen Beweisantrag unter Anführung des Beweisthemas und des Beweismittels, auf den die belangte Behörde im Hinblick auf ihre Pflicht zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes einzugehen gehabt hätte. Ein Verschulden der Beschwerdeführer an der Nichterfüllung des vorgeschriebenen Abschusses ist nämlich jedenfalls dann nicht gegeben, wenn seine Erfüllung objektiv unmöglich war. Die in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, es habe "die Beurteilung der subjektiven Tatseite hingegen nur nach rechtlichen Kriterien zu erfolgen, sodaß diesbezügliche Aussagen eines Sachverständigengutachtens unbeachtlich zu bleiben hätten. Zum Sachverhalt konnte daher ein Sachverständigengutachten nichts für die Entscheidungsfindung Wesentliches beitragen" ist unrichtig. Auch die Beurteilung der subjektiven Tatseite, ob also den Beschuldigten ein Verschulden trifft, setzt voraus, daß der Sachverhalt in bezug auf das bestrittene Schuldelement hinreichend geklärt ist.

Die Beantwortung der Frage, ob der nach dem Abschußplan bewilligte oder von der Behörde festgesetzte Abschuß auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten im Revier für die Beschwerdeführer erfüllbar war oder nicht, erfordert - hierin ist den Beschwerdeführern beizupflichten - jagdfachliche Kenntnisse, weshalb sich die belangte Behörde nicht über den Beweisantrag der Beschwerdeführer auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hinwegsetzen hätte dürfen. Insbesondere im Hinblick auf die Äußerung des zuständigen Hegemeisters war es der belangten Behörde verwehrt, ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens auf dem Gebiete des Jagdwesens, ein Verschulden der Beschwerdeführer an der Nichterfüllung des Abschußplanes als gegeben anzunehmen. Wenn die belangte Behörde meint, die Beschwerdeführer hätten, wenn ihrer Ansicht nach die Behörde den Abschußplan nicht unter Beachtung der dafür geltenden gesetzlichen Kriterien erstellt hat, gegen die damalige Entscheidung der Behörde Berufung erheben müssen, so ist ihr zu entgegnen, daß es für die Frage des Verschuldens der Beschwerdeführer an der Nichterfüllung des Abschußplanes ohne Bedeutung ist, daß sie gegen den Abschußplan nicht berufen haben.

Es zeigt sich sohin, daß der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu anderen Bescheiden hätte kommen können. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat nicht erforderliche Stempelgebühren zum Gegenstand, weil an Stempelgebühren nur je S 240,-- für die je in zweifacher Ausfertigung einzubringenden Beschwerden, je S 60,-- für die zwei Bogen umfassenden angefochtenen Bescheide und je S 120,-- für die Vollmacht zu entrichten waren.

Wien, am 26. Februar 1986

Schlagworte

Übertretungen und Strafen Verfahrensrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1984030317.X00

Im RIS seit

30.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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