TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/8 LVwG-2019/43/1918-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.01.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §54b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Schmalzl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.09.2019, Zl *****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Verwaltungsstrafgesetz (Teilzahlungsbescheid),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Der Antrag auf Aufwandsentschädigung wird als unzulässig zurückgewiesen.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 23.10.2018, Zl *****, bestätigt mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 06.06.2019, Zl *****, wurde über den Beschwerdeführer eine Ordnungsstrafe in der Höhe von € 200,00 verhängt. Am 27.08.2019 reichte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen „Folgeantrag auf Mindestsicherung fortsetzend mit 01. April 2020“ ein. In diesem führte er unter anderem aus:

„Zugleich wird die Bezirksverwaltungsbehörde aufgefordert, jegliche Zahlungen die nun mit Datum 28.08.2019 auf das Konto ***** unter dem Vermerk: ***** eingehen gem. § 1426 ABGB jeweils stets schriftlich zu bestätigen. Die Zahlungen erfolgen in Höhe von 2,86 insgesamt 70x. Sollte keine Bestätigung jeglichen eingangs erfolgen wird Strafanzeige wegen des Verdachts der Veruntreuung eingebracht sowie diese Quittung anwaltlich eingefordert.“

Im Online-Formular, mit welchem dieser „Folgeantrag auf Mindestsicherung fortsetzend mit 01. April 2020“ eingebracht wurde, vermerkte der Beschwerdeführer:

„Zur unverzüglichen Bearbeitung und gesetzeskonformen Bestätigung in diesem Antragsformular angefordert wird. Für jeden Zahlungseingang ergeht eine Frist von 5 Werktagen. Diese ist angemessen. Bei Nichtbeachtung erfolgt für jede einzelne Zahlungsbestätigung die nicht an mich ergeht eine anwaltliche Mandatierung an Herrn Mag. BB, RA, Adresse 2, **** Y. Ich begründe den Rechtsanspruch einer solchen Quittung durch § 1426 ABGB gegeben. Angesichts angedrohter „Ersatzfreiheitsstrafen“ sind diese als gerechtfertigt und zum Beleg der Zahlung im Verhältnis betrachtet sehr wohl als angemessen zu betrachten.“

Daraufhin erging der angefochtene Bescheid vom 10.09.2019, Zl *****, im dem dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Zahlung von € 200,00 (gemäß Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 05.06.2019, Zl LVwG-2018/20/2344-2) die Teilzahlung von 69 Teilbeträgen von jeweils € 2,86, zahlbar ab August 2019 und in den darauf folgenden Monaten, sowie eines Teilbetrages von € 2,66, zahlbar als letzter Teilbetrag, bewilligt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Behördenakt.

III.     Rechtslage:

Die hier relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:

„Vollstreckung von Geldstrafen

§ 54b

(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“

IV.      Erwägungen:

Der Beschwerdeführer begründete seine Beschwerde im Wesentlichen damit, dass er keinen Antrag auf Teilzahlung eingebracht habe; auch die Forderung einer Quittung gemäß § 1426 ABGB stelle keinen Antrag dar. Es sei auch der angeblich nach wie vor noch offene Gesamtbetrag mit € 188,56 nicht richtig beziffert. Aus diesen Gründen sei der bekämpfte Bescheid für nichtig zu erklären. Überdies sei im bekämpften Bescheid entgegen der geforderten Zahlungsbestätigung (Quittung nach § 1426 ABGB) nicht „ausformuliert“, in welchen Abständen die Zahlungen zu erfolgen hätten, weshalb sich auch kein Verzug ableiten lassen werde. Der Beschwerdeführer führte weiter aus, er erneuere seine Forderung nach dem Erhalt einer jeweiligen Quittung. Abschließend forderte der Beschwerdeführer für die Einbringung der vorliegenden Beschwerde eine Aufwandsentschädigung „unter anderem für Zeit, Erhebung, Ausarbeitung und Schriftsatzverfassung“ in der Höhe von € 200,00.

1st  Zu Spruchpunkt 1.

in Bezug auf die Anwendung des gegenständlich maßgeblichen § 54b VStG ist zunächst festzuhalten, dass die Erlassung eines Teilzahlungsbescheids nach dieser Vorschrift jedenfalls einen entsprechenden Antrag des Betroffenen voraussetzt (vgl Lewisch/Fister/Weilguni, VSTG § 54b RZ 14).

Der Verwaltungsgerichtshof führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen sind. Es kommt daher darauf an, „wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss.“ (zB Ra 2018/15/0036 vom 28.05.2019). „Bei der Auslegung von Parteianbringen kommt es auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Dem Geist des AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen im Sinne des § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist (Hinweis E vom 9. September 2015, 2013/03/0120, mwN). Wenn sich der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens als unklar erweist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 in Verbindung mit § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern“ (Ra 2018/02/0082 vom 18.02.2019).

In Anbetracht der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist in Bezug auf das eingangs zitierte Anbringen des Beschwerdeführers festzuhalten, dass diesem nicht ohne weiters entnommen werden kann, er wolle aus wirtschaftlichen Gründen den Betrag in Teilbeträgen und somit – wie es der Ratenzahlung nach § 54b Abs 3 VStG immanent ist – entsprechend zeitlich verzögert abzahlen. Die belangte Behörde hätte daher vor Erlassung des angefochtenen Bescheids den Beschwerdeführer zu einer Präzisierung auffordern müssen. Da sie dies unterließ, war sie zur Erlassung des angefochtenen Bescheids unzuständig und war dieser spruchgemäß zu beheben.

2nd  Zu Spruchpunkt 2.

Für die Erstattung des vom Beschwerdeführer geforderten Kosten- bzw Aufwandersatzes für die vorliegende Beschwerde fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Der diesbezügliche Antrag war daher zurückzuweisen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Weiters besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Schmalzl

(Richterin)

Schlagworte

Teilzahlungsbescheid; Aufwandersatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.43.1918.2

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten