TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/14 LVwG-AV-1403/001-2019

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

VwGVG 2014 §28 Abs3
WRG 1959 §138 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, ***, ***, gegen den gewässerpolizeilichen Entfernungsauftrag der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 20.11.2019, ***, folgenden

BESCHLUSS:

1.  Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 20.11.2019 wird gemäß § 28 Absatz 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zurückverwiesen.

2.  Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen diesen Beschluss nicht zulässig.

Begründung:

Am 16.10.2019 führte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten als Wasserrechtsbehörde eine mündliche Verhandlung in der Gemeinde *** mit Abhaltung eines Lokalaugenscheines auf einigen Grundstücken in der Katastralgemeinde dieser Gemeinde durch. Dabei stellte die Behörde fest, dass einige nicht entsprechend dimensionierte Rohrdurchlässe vorhanden wären, wodurch es auf näher genannten Grundstücken in dieser Katastralgemeinde in Folge von Starkregenereignissen zu Überflutungen gekommen wäre. Ursache wären Verklausungen bei den Verrohrungen gewesen. Diese Verrohrungen bestünden am ***. Der wasserbautechnische Amtssachverständige erstattete anschließend ein Gutachten zu Verrohrungen in diesem Graben und anderen im Grabenbereich durchgeführten Maßnahmen. Insgesamt führte der Amtssachverständige in sechs Punkten zu den genannten Verrohrungen und Maßnahmen wie folgt aus:

„1. Verrohrung Beton DN 2000 unterhalb der *** mit einer Länge von ca. 20 m

2. Verrohrung DN 800 beginnend auf Grundstück ***, vermutlich auch Grundstück ***, welches in weiterer Folge auf Grundstück *** endet. Die Länge wird mit 12 m abgeschätzt.

3. Sicherung der beiden Ufer des *** auf einer Länge von ca. 35 m auf Grundstück ***, KG ***.

4. Errichtung eines Holzsteges an der Böschungsoberkante des Grabenverbaus auf Grundstück ***, KG ***.

5. Errichtung einer Stahlbetoneinfriedungsmauer, die mit einem Brunnenring DN 1100 im Sohlbereich unterbrochen ist

6. Errichtung einer Überfahrt für einen Forstweg auf dem Grundstück ***, KG ***, in Form eines Wellstahlrohres DN 1000 mit einer Länge von ca. 7 m mit entsprechender Überschüttung. Nach dem oben erwähnten Hochwasserereignis wurde von der B AG eine Überlaufmulde auf den Forstweg hergestellt.

Hinsichtlich der Beurteilung der gesetzten Maßnahmen im Hochwasserabflussbereich des *** ist Folgendes festzustellen:

zu 1. Laut Auskunft der Beteiligten ist die Verrohrung ca. 1978 errichtet worden. Die hydraulische Kapazität der Verrohrung wird unter Annahme eines mittleren Gefälles von 5 %o mit ca. 11 m³/s abgeschätzt. Der Hochwasserabfluss wird durch diese Maßnahme nicht beeinträchtigt.

zu 2. Die Verrohrung DN 800 vermag ca.900 l/s abzuführen. Dies liegt weit unter einer Abflusskapazität für ein 30-jährliches Ereignis. Die Verrohrung ist als Abflusshindernis einzustufen. Die Verrohrung DN 800 mit einer Länge von ca. 12 m ist zu entfernen und der Bachlauf entsprechend des angrenzenden Bachabschnittes auszubilden. Aufgrund der erforderlichen umfangreichen Bauarbeiten und Einholung von Zustimmungen wird die Frist bis 30.06.2020 vorgeschlagen.

zu 3. Der Grabenverbau weist einen ausreichenden Durchflussquerschnitt für die maßgebenden Hochwasserereignisse auf.

zu 4. Der Holzsteg weist einen ausreichenden Durchflussquerschnitt für die maßgebenden Hochwasserereignisse auf.

zu 5. Die Einfriedungsmauer im Bachbett an der Südgrenze des Grundstückes *** vermag ca. 2 m³/s durch das Rohr abzuführen und ist als Abflusshindernis einzustufen. Die Einfriedungsmauer ist vollständig aus dem Abflussprofil des *** zu entfernen. Die Entfernung ist bis 30.06.2020 vorzunehmen.

zu 6. Die Überfahrt des Forstweges über den *** vermag ca. 1,7 m³/s abzuführen und ist als Abflusshindernis einzustufen. Die Verrohrung DN 1000 mit einer Länge von ca. 7 m ist zu entfernen. Aufgrund der vorgefundenen Verhältnisse besteht auch die Möglichkeit, um wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen und entsprechende Vorkehrungen für den schadlosen Abfluss eines 100-jährigen Ereignisses zu treffen (zB Überlaufmulde, Verklausungsschutz, etc.).“

Dann verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20.11.2019, ***, bis spätestens 30.06.2020 die Einfriedungsmauer im Bachbett an der Südgrenze des Grundstückes Nr. ***, KG ***, beim Anwesen *** im Hochwasserabflussbereich vollständig aus dem Abflussprofil dieses Grabens zu entfernen. Als Rechtsgrundlage führte die Bezirkshauptmannschaft § 138 Abs. 1 WRG 1959 an. Sie begründete den Bescheid damit, dass die Einfriedungsmauer im Bachbett an der Südgrenze des Grundstückes ***, KG ***, ca. 2 m³/s durch ein Rohr abzuführen vermöge und diese als Abflusshindernis einzustufen und daher vollständig aus dem Abflussprofil des *** zu entfernen wäre.

Weiters führte die Behörde aus, dass die beschriebene Maßnahme wasserrechtlich bewilligungspflichtig wäre und eine Bewilligung dafür nicht vorliege. Die Beseitigung wäre aufzutragen gewesen, da eine Bewilligung aus öffentlichen Interessen und zum Schutz fremder Rechte nicht erteilt werden könne.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass bei der vorgeschriebenen Entfernung der Mauer das erhöhte Sicherheitsrisiko wegen eines Eindringens (Anmerkung von Wasser) von außen unberücksichtigt geblieben wäre, der Rohrdurchmesser wäre ausreichend bei einer Vergrößerung des Rohres unter dem Forstweg durch die Bundesforste und würde der eigentliche Rückstau erst durch das zu gering dimensionierte Rohr unter der nördlich gelegenen Landesstraße gebildet werden.

Für gegenständliche Beschwerdesache sind folgende Bestimmungen des WRG 1959 (auszugsweise angeführt) maßgeblich:

§ 38.

(1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(2) Bei den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benutzten Gewässerstrecken bedürfen einer Bewilligung nach Abs. 1 nicht:

a)

Drahtüberspannungen in mehr als 3 m lichter Höhe über dem höchsten Hochwasserspiegel, wenn die Stützen den Hochwasserablauf nicht fühlbar beeinflussen;

b)

kleine Wirtschaftsbrücken und -stege; erweist sich jedoch eine solche Überbrückung als schädlich oder gefährlich, so hat die Wasserrechtsbehörde über die zur Beseitigung der Übelstände notwendigen Maßnahmen zu erkennen.

(3) Als Hochwasserabflußgebiet (Abs. 1) gilt das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflußgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.

§ 41.

(1) Zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl. Nr. 117, muß, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.

(2) Bei Privatgewässern ist die Bewilligung zu derartigen Bauten, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, dann erforderlich, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann.

(3) …

(4) Schutz- und Regulierungswasserbauten einschließlich größerer Räumungsarbeiten sind so auszuführen, daß öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 finden sinngemäß Anwendung.

(5) ...

§ 105.

(1) Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn:

a)

eine Beeinträchtigung der Landesverteidigung oder eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder gesundheitsschädliche Folgen zu befürchten wären;

b)

eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu besorgen ist;

c)

das beabsichtigte Unternehmen mit bestehenden oder in Aussicht genommenen Regulierungen von Gewässern nicht im Einklang steht;

d)

ein schädlicher Einfluß auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer der natürlichen Gewässer herbeigeführt würde;

e)

die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde;

f)

eine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauches, eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur oder eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmales von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes entstehen kann;

g)

die beabsichtigte Wasseranlage, falls sie für ein industrielles Unternehmen bestimmt ist, einer landwirtschaftlichen Benutzung des Gewässers unüberwindliche Hindernisse bereiten würde und dieser Widerstreit der Interessen sich ohne Nachteil für das industrielle Unternehmen durch Bestimmung eines anderen Standortes an dem betreffenden Gewässer beheben ließe;

h)

durch die Art der beabsichtigten Anlage eine Verschwendung des Wassers eintreten würde;

i)

sich ergibt, daß ein Unternehmen zur Ausnutzung der motorischen Kraft eines öffentlichen Gewässers einer möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft nicht entspricht;

k)

zum Nachteile des Inlandes Wasser ins Ausland abgeleitet werden soll;

l)

das Vorhaben den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung widerspricht.

m)

eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes der Gewässer zu besorgen ist;

n)

sich eine wesentliche Beeinträchtigung der sich aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen ergibt.

(2) ...

§ 138.

(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)

eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b)

Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,

c)

die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,

d)

für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

(2) ...

...“

Die relevante Bestimmung der WRG-Novelle 1997, BGBl. 74/1997, in gegenständlicher Sache lautet auszugsweise:

„Artikel II:

(3) Das Land übernimmt alle übrigen Aufwendungen, insbesondere für die Instandhaltung und den Betrieb der gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 3 Abs. 2 und 3 und § 3a) sowie für die Verbreitung hydrographischer Nachrichten (§ 7 Abs. 1).“

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 3 2. und 3. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Der angefochtene Bescheid vom 20.11.2019 ist auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützt. Es wird die Entfernung einer Mauer im Bachbett aufgetragen. Die belangte Behörde geht vom Vorliegen eines dem WRG 1959 widersprechenden Zustandes und damit von einer eigenmächtigen Neuerung aus.

Die angefochtene Entscheidung zielt konkret auf eine Anwendung des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ab, wonach eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung unter anderem zum Schutze öffentlicher Interessen zu beseitigen ist.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird weiters davon ausgegangen, dass für die gegenständliche Mauer keine wasserrechtliche Bewilligung vorliegt.

Eine eigenmächtige Neuerung iSd § 138 WRG 1959 ist eine Herstellung dann, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist, diese aber nicht erwirkt wurde (vgl. VwGH vom 31.01.1995, 94/07/0078 und vom 25.05.2000, 97/07/0054).

Es fehlt im angefochtenen Bescheid aber eine Bezugnahme auf einen konkreten wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Tatbestand, der durch die Herstellung der gegenständlichen Mauer im Bachbett verwirklicht wurde.

In Betracht kommt entweder § 38 WRG 1959 oder § 41 WRG 1959.

Der Sachverhalt ist in diesem Punkt jedenfalls ergänzungsbedürftig.

Dass die Behörde vom Vorliegen eines Gewässers (***) ausgeht, scheint sich aus dem am 16.10.2019 im Zuge einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Lokalaugenschein zu ergeben. Es werden in der Verhandlung vom Vertreter der Wildbach und Lawinenverbauung Abflusskennwerte für diesen Graben bekanntgegeben und fordert der wasserbautechnische Amtssachverständige im Gutachten in dieser Verhandlung, den Bachlauf entsprechend dem angrenzenden Bachabschnitt wiederauszubilden.

Ob aber tatsächlich ein Gewässer im Sinne des WRG 1959 vorliegt, ist nicht näher erhoben worden.

Ob § 38 oder § 41 WRG 1959 zur Anwendung gelangt, ist allein nach dem Zweck der Einfriedungsmauer zu beurteilen (vgl. unter anderem VwGH vom 16.11.1961, 1891/60, VwSlg 5663 A/1961 und vom 11.06.1991, 90/07/0107).

Der vorliegenden Aktenlage kann auch nicht entnommen werden, wo sich die gegenständliche Mauer nun befindet. Im in der mündlichen Verhandlung abgegebenen wasserbautechnischen Gutachten wird ausgeführt, dass diese Mauer im Bachbett an der Südgrenze des Grundstückes *** liegt. Daraus lässt sich jedoch nicht eindeutig entnehmen, ob sich die Mauer auch tatsächlich auf dem Grundstück ***, KG ***, befindet, oder außerhalb dieses Grundstückes. Es ist weiters unklar, ob der Bach auf diesem Grundstück liegt. Auch in diesen Punkten bedarf der Sachverhalt daher einer Klärung.

Eine nähere Begründung, warum der Beschwerdeführer als Adressat des gegenständlichen gewässerpolizeilichen Auftrages herangezogen wird, findet sich im Bescheid vom 20.11.2019 nicht.

Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist nicht der Grundstückseigentümer bzw. der Eigentümer einer Baulichkeit oder Anlage, sondern derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, also derjenige, der eigenmächtig eine Neuerung vorgenommen hat (vgl. VwGH vom 30.03.2017, Ra 2015/07/0009 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Es kommt also darauf an, wer „Täter“ ist, und nicht darauf, ob man Eigentümer eines bestimmten Grundstückes ist, da § 138 Abs. 1 WRG 1959 für eine Anwendung darauf abstellt, wer Bestimmungen des WRG übertreten hat.

Es kann nun der Fall eintreten, dass der Verursacher der eigenmächtigen Neuerung („Täter“) nicht Eigentümer des Grundstückes ist, auf dem sich die eigenmächtige Neuerung befindet. Ob die Mauer auch tatsächlich auf dem Grundstück *** liegt, ist – wie oben bereits ausgeführt – nicht klar.

Als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages kommt aber auch derjenige in Betracht, der den von einem Dritten konsenslos geschaffenen Zustand aufrechterhält und nutzt (vgl. VwGH vom 25.05.2000, 99/07/0213).

Auch könnte eine subsidiäre Heranziehung des Beschwerdeführers als Grundeigentümer, sofern sich die Mauer auf seinem Grundstück befindet, in Betracht kommen, nämlich dann, wenn ein Verursacher beispielsweise nicht mehr ausgeforscht werden könnte (zur subsidiären Grundeigentümerhaftung vergleiche VwGH vom 23.01.2002, 2000/07/0023).

Aus den in der Verhandlung am 16.10.2019 durchgeführten Erhebungen könnte auch ein Bestand der gegenständlichen Mauer vor 1985 abgeleitet werden. In der dazu verfassten Verhandlungsschrift wird unter Verweis auf die Auskunft der Beteiligten auf das Bestehen der Verrohrung unterhalb der *** im Jahr 1978 hingewiesen. Diese Verrohrung und fünf weitere bauliche Herstellungen im Zuge des *** wurden als Hochwasserabflusshindernisse thematisiert und ist durchaus denkbar, dass die anderen baulichen Anlagen wie unter anderem ein Holzsteg, eine Überfahrt für einen Forstweg und die gegenständliche Einfriedungsmauer schon aus dieser Zeit stammen oder zu einem früheren Zeitpunkt errichtet worden waren.

Sollte die gegenständliche Mauer vor dem Jahr 1985 bereits errichtet worden sein, wäre eine Anwendung des Art. II Abs. 3 der WRG-Novelle 1997, BGBl. 74/1997, zu prüfen. Im Falle einer Bejahung dessen Anwendung wäre die Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages betreffend die Einfriedungsmauer nicht zulässig, da diese Bestimmung eine Bewilligungsfiktion regelt.

Hinsichtlich der Verrohrung DN2000 unterhalb der Landesstraße *** ist nach der Verhandlungsschrift vom 16.10.2019 jedenfalls die Rechtsfrage zu klären, ob diese Verrohrung als nach Art. II Abs. 3 der WRG-Novelle 1997 bewilligt anzusehen ist. Bejahendenfalls wäre dann zu prüfen, ob nicht eine Anpassung an den Stand der Technik iSd § 21a WRG 1959 vorzunehmen wäre, da sich die örtlichen Gegebenheiten beispielsweise durch eine Zunahme der Niederschlagsereignisse zu Lasten des öffentlichen Interesses an einem ungehinderten Abfluss von Hochwässern geändert haben. In diesem Fall wäre dann in Frage zu stellen, ob durch die gegenständliche Mauer überhaupt eine eigenmächtige Neuerung verwirklicht wird.

Auch bleibt unklar, ob nicht, wie in der Beschwerde vom 06.12.2019 angeführt, durch das geringer dimensionierte Wellstahlrohr der österreichischen Bundesforste mit DN1000, welches offenbar grabenabwärts der gegenständlichen Mauer mit dem Durchflussrohr DN1100 liegt, der Rückstau entsteht und daher die gegenständliche Mauer kein Abflusshindernis darstellen würde.

Es fehlen im hier vorliegenden Fall entscheidende Punkte für die Klärung des rechtlich relevanten Sachverhaltes. Es liegen bloß ansatzweise Ermittlungen der belangten Behörde hinsichtlich des für die Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages maßgeblichen Sachverhaltes vor. Es wird insbesondere zu prüfen sein, welcher Tatbestand für die Heranziehung eines gewässerpolizeilichen Auftrages in Frage kommt (§ 38 oder § 41), wo sich die gegenständliche Mauer tatsächlich befindet und ob der Beschwerdeführer überhaupt Verursacher ist, gegebenenfalls in welcher Rolle (etwa als primärer Verursacher oder durch Aufrechterhaltung und Nutzung der Mauer). Offen ist weiters, ob Art. II Abs. 3 der WRG-Novelle 1997 für gegenständliche Mauer oder etwa den Rohrdurchlass unter der *** in Betracht kommt, sowie ob die Ursachen für die in der Verhandlung am 16.10.2019 dargestellten Überschwemmungen und Verklausungen nicht woanders gelegen sind.

Es ist – auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtes auf den gesetzlichen Richter – nicht Aufgabe des Landesverwaltungsgerichtes, erstmals umfangreiche Sachverhaltserhebungen durchzuführen, um darauf aufbauend eine Entscheidung nach einer Verwaltungsmaterie zu treffen. Bei gravierenden Ermittlungslücken, wie dies bei bloß ansatzweise durchgeführten Erhebungen des Sachverhaltes der Fall ist, ist nach der Judikatur des VwGH (vgl. vom 29.01.2015, Ra 2015/07/0001) eine Behebung und Zurückverweisung zulässig.

Die Frage der Kostentragung kann im gegenständlichen Beschwerdefall nicht losgelöst vom erteilten Auftrag geklärt werden. Ein Abspruch über Verfahrenskosten für die durchgeführte mündliche Verhandlung am 16.10.2019 kann einerseits erst dann erfolgen, wenn auch feststeht, dass der Beschwerdeführer eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung zu verantworten hat, und andererseits, insbesondere wenn im Hinblick auf die weiteren im *** getätigten baulichen Maßnahmen noch zusätzliche in Frage kommende Verursacher vorhanden sind, in welchem Ausmaß ihm eine Kostentragung aufzuerlegen ist.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass bei Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages jedenfalls der konkrete Tatbestand unter Zitierung der entsprechenden Gesetzesstelle anzuführen ist, dessen Verwirklichung eine Übertretung des WRG 1959 herbeigeführt hat.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da aufgrund der Aktenlage der angefochtene Bescheid aufzuheben war. Die Durchführung einer Verhandlung wurde auch nicht beantragt.

Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; gewässerpolizeilicher Auftrag; Adressat; eigenmächtige Neuerung; Verfahrensrecht; Ermittlungspflicht;

Anmerkung

Berichtigungsbeschluss des LVwG NÖ vom 11.02.2020 zu GZ LVwG-AV-1403/003-2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1403.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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