Gbk 2019/9/24 B-GBK I/234/19

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Norm

§4 Z5 B-GlBG
§13 (1) Z5 B-GlBG

Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg

Text

Die Gleichbehandlungskommission des Bundes

Senat I

 

hat in der Sitzung am … über den Antrag von A (=Antragsteller), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBl. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass er durch die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um die Funktion Hauptsachbearbeiter/Hauptsachbearbeiterin im Kriminalreferat des Stadtpolizeikommandos (SPK) X (in der Landespolizeidirektion (LPD) X) auf Grund des Geschlechtes und des Alters gemäß §§ 4 Z 5 und 13 (1) Z 5 B-GlBG beim beruflichen Aufstieg diskriminiert worden sei, folgendes

Gutachten

beschlossen:

Die Besetzung der Funktion Hauptsachbearbeiter/in im Kriminalreferat des SPK X mit B stellt keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes von A gemäß § 4 Z 5 B-GlBG oder auf Grund des Alters nach § 13 Abs. 1 Z 5 B-GlBG dar.

Begründung

Der Antrag von A (eingebracht von Rechtsanwalt …) langte … bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein. Folgendes wurde ausgeführt:

A sei im … bei der LPD X in den Exekutivdienst eingetreten. Er habe die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2c im … abgeschlossen und sei ab … bis … der Pl … dienstzugeteilt gewesen. Danach habe er bis … Dienst beim „Bundeskriminalamt/… - Außenstelle … (…)“ versehen. Im Jahr … habe er den Grundausbildungslehrgang E2a absolviert. Von … bis … habe der Antragsteller Dienst im Kriminalreferat des SPK X versehen, er sei Stellvertreter im Ermittlungsbereich gewesen. Derzeit sei er 2. stellvertretender lnspektionskommandant der Polizeiinspektion (PI) … in ….

Im … sei die Planstelle Hauptsachbearbeiter/in im Kriminalreferat des SPK X (Bewertung E2a/5) ausgeschrieben worden und Al habe sich beworben. Noch vor Ende der Bewerbungsfrist habe er den SP-Kommandanten … über seine Bewerbungsabsicht in Kenntnis gesetzt, dieser habe keine Einwände geäußert.

Anfang … habe der SP-Kommandant X A bei einem zufälligen Zusammentreffen mitgeteilt, dass er nicht sehr erfreut über dessen Bewerbung sei, und er habe zum ersten Mal die Dienstplanung von A angesprochen.

Um die ausgeschriebene Planstelle haben sich auch B, Bedienstete im Landeskriminalamt (LKA) X, Außenstelle …, und eine weitere Kollegin, Bedienstete des SPK X, beworben. Mit den Bewerberinnen habe der SP-Kommandant X zwischen … und … persönliche Gespräche geführt. Mit dem Antragsteller sei lediglich ein 30-minütiges Telefongespräch während eines Nachtdienstes geführt worden, dabei sei abermals die Dienstplanung thematisiert worden. Mit mündlicher Zustimmung des Leiters des Kriminalreferates … und jener des SP-Kommandanten habe A bei seiner Dienstplanung zwei Tage unter der Woche dienstfrei geplant. Die …. des Antragstellers sei … und übe diesen Beruf in Teilzeit aus. Zur besseren Betreuung der … sei eine derartige Freiplanung notwendig gewesen. Nun habe der SP-Kommandant X A diese einvernehmliche Vorgehensweise vorgehalten, obwohl diese Diensteinteilung bis dato kein Problem (auch nicht für Kollegen) dargestellt habe. Der Grund der Freiplanung (…) sei den Vorgesetzten bekannt gewesen.

Dem Dienststellenausschuss (DA) des SPK X habe der SP-Kommandant X mitgeteilt, dass er B vorschlagen werde. Der DA habe diesem Vorschlag nicht zugestimmt, sondern die Bestellung von A vorgeschlagen. Begründet habe der DA seinen Vorschlag damit, dass A seit zehn Jahren Ermittlungsbereich-Stellvertreter und demnach der am besten geeignete Kandidat sei. Der SP-Kommandant X habe gegenüber der Personalabteilung B als die am besten geeignete Kandidatin für die Besetzung der Funktion vorgeschlagen.
Der SP-Kommandant X habe vermutlich neben anderen Parametern für die Entscheidungsfindung auch das Lebensalter der Bewerber/innen herangezogen, denn im erwähnten Telefonat habe er gegenüber A geäußert, dass dieser um etliche Jahre jünger sei als seine Mitbewerberinnen. Des Weiteren habe der SP-Kommandant X gesagt, die Dienstplanung des Antragstellers lasse jegliche Empathie gegenüber seinem direkten Vorgesetzen … vermissen, da dieser sich an diesen zwei Tagen „nicht frei planen“ könne. Diese fehlende Empathie sehe der SP-Kommandant X als Führungsschwäche an. Weiters habe der SP-Kommandant X geäußert, dass der Antragsteller Defizite in der Führungs- bzw. Kommandofunktion aufweise, begründet habe er dies jedoch nicht. Es ist demnach nicht nachvollziehbar, worin diese Defizite liegen sollen.
A habe in besagtem Telefongespräch dem SP-Kommandanten vorgeschlagen, seine Dienstzeit herabsetzen zu lassen oder von zwei freien Tagen unter der Woche auf einen freien Tag unter der Woche zu reduzieren. Auf diesen Vorschlag sei der SP-Kommandant X aber nicht eingegangen.

Ebenfalls nicht eingegangen sei der SP-Kommandant X auf die bisherige Tätigkeit des Antragstellers (zehn Jahre Ermittlungsbereich-Stellvertreter im Kriminalreferat des SPK X), auf positive Eigenschaften, die beruflichen Qualifikationen und die Verdienste des Antragstellers.

Im weiteren Verlauf des Bewerbungsprozesses habe die Mitbewerberin aus dem SPK X ihre Bewerbung zurückgezogen.

Nach Übermittlung des Besetzungsvorschlages seien die Verantwortlichen des SPK X von der Personalabteilung aufgefordert worden, den Vorschlag zu ergänzen bzw. zu überarbeiten. Mit Email vom … sei A durch die Personalabteilung in Kenntnis gesetzt worden, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werde.

Zusammengefasst werde festgehalten, dass der Antragsteller zehn Jahre Ermittlungsbereich-Stellvertreter im Kriminalreferat des SPK X und zum Zeitpunkt der Bewerbung zwei Mal für den „… “ nominiert gewesen sei. Seine Qualifikationen seien im Bewerbungsverlauf offensichtlich zu gering bzw. gar nicht bewertet worden.
Das Lebensalter und die Berücksichtigung der … bei der Diensteinteilung, welche in den letzten zehn Jahren nie ein Problem gewesen sei, als Beurteilungskriterium heranzuziehen sei unzulässig. Dass ein objektiver und nachvollziehbarer Qualifikationsvergleich zwischen dem Antragsteller und den Mitbewerberinnen erstellt worden wäre, habe jedenfalls bis dato nicht festgestellt werden können.

A beantrage daher festzustellen, dass er auf Grund des Geschlechts und des Alters bei der Beförderung und der Zuweisung einer höher entlohnten Verwendung/Funktion diskriminiert worden sei und dass auch das Frauenförderungsgebot rechtswidrig angewandt worden sei.

Dem Antrag war As Bewerbung inkl. Laufbahndatenblatt angeschlossen.

In seiner Bewerbung führte A aus, dass er als Stellvertreter des Ermittlungsbereichsleiters im Kriminalreferat des SPK X primär für die Wahrnehmung und Koordination aller kriminalpolizeilichen Aufgaben zuständig sei, wobei anzumerken sei, dass er aufgrund zahlreicher kriminalpolizeilicher Erfolge 2 Mal für den „… “ nominiert worden sei. Alle Aufgaben habe er zur allgemeinen Zufriedenheit erfüllt. Im Rahmen seiner bisherigen Tätigkeiten habe er sich nicht nur fachliche Qualifikationen angeeignet, sondern auch seine Sozial - u. Führungskompetenzen erweitert. Durch seine Ausbildungen und seine Diensterfahrung sei er in der Lage, die Dienst- und Fachaufsicht im Bereich der Kriminalpolizei wahrzunehmen.

Im Laufbahndatenblatt wurden die diversen berufsbegleitenden Ausbildungen/Seminare angeführt, darunter zu den Themen Internetkriminalität (mehrwöchig); Suchtmittel; Fremden- und Asylrecht; Kfz- Diebstahl und Verschiebung. Im Jahr … war A auch als Vortragender tätig (Handlungssicherheit bei fremdenpolizeilichen Amtshandlungen). Unter „Mitwirkung an Projekten bzw. Großeinsätzen“ waren angeführt: Die …; „mehrere operative Großeinsätze während BK-Zeit“ sowie im Jahr … Stabsarbeit im Zuge des Flüchtlingsstromes (Koordination mit anderen Blaulichtorganisationen und …).

Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte die LPD X mit … den Besetzungsvorschlag des SP-Kommandanten, die über Auftrag der Personalabteilung der LPD X ergangene ergänzende Stellungnahme des SP-Kommandanten, die InteressentInnensuche sowie die Bewerbung von B inkl. Laubahndatenblatt.

Laut der InteressentInnensuche sind auf dem Arbeitsplatz im Wesentlichen kriminalpolizeiliche Tätigkeiten auszuüben, es sind Analysen zu erstellen und Koordinations- und Informationsaufgaben wahrzunehmen.

Die Anforderungen sind: Volle Exekutivdienstfähigkeit; eingehende Kenntnisse über den Exekutivdienst des lnnenressorts und der anzuwendenden Rechtsvorschriften; sehr gute Kenntnisse auf den Gebieten Management und Menschenführung.

Es wurde darauf hingewiesen, dass Bewerbungen von Frauen um die Funktion besonders erwünscht seien und besonders berücksichtigt würden.

Bs Bewerbung, inkl. Laufbahndatenblatt, ist zu entnehmen, dass sie im … bei der … in den Exekutivdienst eintrat und von … bis … bei der Sicherheitswache-Abteilung … Dienst versah. Im … schloss sie den einjährigen …. Zentralen Grundausbildungslehrgang für Kriminalbeamte ab wurde der Kriminalbeamtenabteilung … zugeteilt, wo sie fast .. Jahre auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung und Bearbeitung von Strafrechtsakten tätig war. Ab … habe sie zahlreiche Akte zu Gewalt- und Eigentumsdelikten bearbeitet, die (derzeit) zum Zuständigkeitsbereich der Ermittlungsbereiche X und Y gehören. Sie habe auch auf dem Gebiet des Fremdenrechts, Waffenrechts und Suchtmittelrechts gearbeitet.

Ihr Erfolg sei durch zahlreiche Belobigungen bestätigt worden. Von … bis … sei sie von der Leitung der Außenstelle … offiziell mit der interimistischen Führung der „…gruppe …“ im Ermittlungsbereich Y betraut worden. In dieser Zeit habe sie ihre Kenntnisse auf dem Gebiet des Managements und der Menschenführung einsetzen und ausbauen können. In Abwesenheit der Gruppenführung sei ihr auch die Leitung der Gruppe übertragen worden. Sie habe bereits mehrere größere Amtshandlungen erfolgreich geführt (…: Vortäuschung von Raubüberfällen und gewerbsmäßiger Versicherungsbetrug; … und … schwere Geschäftsraubüberfälle und eine Geschäftsraubserie; … Aufklärung von Raubdelikten durch eine Jugendbande; … schwere Raubüberfälle auf eine Tankstelle).

Dem Laufbahndatenblatt sind Ausbildungen/Seminare zu folgenden Themen zu entnehmen: Menschenrechte; Gewalt in der Familie; Sicherheitspolizeigesetz; Datenschutz; Rechtsextremismus; Waffengebrauchsrecht; Suchtmittel; Dokumentenfälschung; „Jugend/Sitte“; Persönlichkeits- und Teamentwicklung; Vernehmungstechnik und Verhalten vor Gericht; „Diversity Workshop“; Opferrechte; Fahrtechniktraining; „KDFR-Raub-Schulung“; Korruptionsprävention und -bekämpfung; Observation; Spezialschulung für Opfervernehmungen nach Sexualdelikten.

Der SP-Kommandant X führte in seinem Besetzungsvorschlag aus, dass er mit den „Bewerbern“ persönliche Gespräche geführt habe. Die Parameter für die Entscheidungsfindung seien gewesen:

?    Neben dem „Lebensalter der dienstliche Werdegang lt. Laufbahnbeschreibungen (mit speziellem Augenmerk auf die zeitliche Länge einzelner Verwendungen und Dienstzeiten)

?    Die bisherige Wahrnehmung von Führungs- und Kommandofunktionen

?    Die bisherige Anwendung der maßgeblichen Vorschriften

?    Eingehende Kenntnisse in Bezug auf den Exekutivdienst

Nicht einer dieser Parameter für sich allein sei ausschlaggebend (etwa Alter oder Zeitpunkt der Absolvierung des GAL), sondern die bestmögliche Erfüllung der Anforderungen. „Im Lichte dieser Ausführungen“ werde B, geboren …, Angehörige des LKA, Außenstelle …, für die Besetzung der Funktion vorgeschlagen.

Die Begründung für den Vorschlag lautete, dass grundsätzlich „jeder der drei Bewerber“ die Eignung für die Planstelle aufweise, A habe aber gegenüber den „beiden Mitbewerbern“ (Anmerkung: zwei Frauen) ein deutlich jüngeres Lebensalter (8 bzw. 6 Jahre) und eine deutlich kürzere Exekutivdienstzeit (9 bzw. 10 Jahre); ferner weise er bei der bisherigen Wahrnehmung von Führungs- und Kommandofunktionen geringe Defizite auf; gegenüber B habe er deutlich weniger Chargenjahre (8 Jahre).

Per Mail vom … wurde der SP- Kommandant Y von der Personalabteilung der LPD X ersucht zu begründen, weshalb A trotz mehrjähriger Erfahrung im Kriminalreferat nicht betraut werden soll bzw. worin der entscheidende Vorteil von B aufgrund der bisherigen Verwendung bzw. ihres „´umfassenden, internen Fachwissens` wurzelt“.

Der SP- Kommandant Y führte in seinem „Nachtrag“ zum Besetzungsvorschlag aus, dass die fachliche Kompetenz bei A und bei B in gleichem Maß vorhanden sei. Für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen seien die für eine Führungskraft erforderlichen persönlichen, sozialen und methodischen Kompetenzen, konkret: die Mitarbeiter als individuelle Menschen zu führen, soziale Intelligenz zeigen; die eigene Tätigkeit als Beitrag zum Ganzen (Gesamtablauf) zu sehen; arbeitseffizient zu agieren (Ebene PI-, SPK-, LKA-); Konfliktlösung, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit. Für die Leitung des Ermittlungsbereiches sowie für die Vertretung des Fachbereichsleiters-Kriminalreferat seien die genannten Kompetenzen von besonderer Relevanz. Im Bereich des LKA Außenstelle-… sei festgestellt worden, dass diese Kompetenzen bei B vorliegen. Es werde auch positiv bewertet, dass eine langjährige „EB“ (Ermittlungsbeamtin?) aus dem Bereich LKA ihre beruflichen Kenntnisse (auch interimistisch mit Führungsaufgaben betraut) und ihre vielschichtigen Zugänge einbringen könne. Sie erkenne Zusammenhänge und könne dementsprechend strukturiert und qualitätsorientiert gemäß den Vorgaben agieren. Zu erwähnen sei, dass A die dienstlichen Interessen hinter seine privaten Interessen stelle, so wolle er etwa im Rahmen der tagdienstorientierten Dienstplanung im Kriminalreferat zwei dienstfreie Tage unter der Woche.

An der Sitzung des Senates I der B-GBK (im Folgenden kurz Senat) am nahmen der Antragsteller mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter … und als Dienstgebervertreter X und Y teil. … war als Gleichbehandlungsbeauftragter (GBB) anwesend.

Auf Ersuchen der Vorsitzenden, kurz darzulegen, weshalb er meine, bei der gegenständlichen Arbeitsplatzbesetzung aufgrund des Geschlechtes und des Alters diskriminiert worden zu sein, wiederholte A im Wesentlichen die Ausführungen seines Antrages, nämlich dass er im Zusammenhang mit seiner Bewerbung mit dem Dienstgebervertreter Y ein Telefongespräch geführt habe und dieser gesagt habe, dass er von allen drei Bewerbern der Jüngste sei und dass seine Dienstplanung ein Problem sei. Seine Dienstplanung hänge mit seiner Familiensituation zusammen. …. Das sei genehmigt worden und jetzt, im Zusammenhang mit der Bewerbung, werde ihm das als Führungsschwäche und als Charakterschwäche ausgelegt. Es handle sich zwar beim gegenständlichen Arbeitsplatz um einen höherwertigen Arbeitsplatz, aber er habe die Aufgaben schon stellvertretend wahrgenommen. Anscheinend seien jetzt sein Familienstand und sein Lebensalter ein Problem für die Dienstbehörde, es werde ihm vorgehalten, dass er seine privaten Interessen vor die dienstlichen stelle, er benötige aber die freien Tage nicht zum …, sondern für die Betreuung seiner Kinder.

Der Dienstgebervertreter X führte aus, dass im Auswahlverfahren ein Vergleich der Bewerber und Bewerberinnen anhand der Laufbahndaten erstellt werde, nämlich nach Eintritt in den Exekutivdienst, Zeitpunkt der Erlangung der Qualifikationen, Dauer der Innehabung der jeweiligen Funktionen. Der Vergleich werde dem gemeinsamen, übergeordneten Vorgesetzten der BewerberInnen übermittelt, dieser erstelle einen Besetzungsvorschlag. Die Behörde entscheide anhand des Vorschlags und der Laufbahndaten. Wenn vom Lebensalter die Rede gewesen sei, sei das eine unglückliche Formulierung gewesen, es gehe um die Lebens- bzw. Berufserfahrung, das Lebensalter sei für die Personalabteilung, die ja letztendlich die Entscheidung treffe, überhaupt kein Kriterium. B habe zehn Jahre mehr an Berufserfahrung in der Exekutive vorzuweisen, als dienstführende Beamtin sei sie um achteinhalb Jahre voraus. Sie habe zig Fortbildungen unternommen, und letztlich sei auch der Umstand, dass sie eine Frau sei, ins Kalkül gezogen worden. Der Dienstgebervertreter Y habe die Bewerbungsgespräche geführt und den Besetzungsvorschlag abgegeben, deshalb sei er heute als Behördenvertreter hier.

Da sich in den Unterlagen keine Stellungnahme des unmittelbaren Vorgesetzten von B fand und es für den Senat ungewöhnlich ist, dass jemand (im gegenständlichen Fall der Dienstgebervertreter Y) eine Bewerberin/einen Bewerber beurteilt, ohne mit dieser/diesem zusammengearbeitet zu haben, wurde dieser Punkt hinterfragt, und der Dienstgebervertreter Y führte zum besseren Verständnis Folgendes aus: Ein SPK sei in Einheiten untergliedert, nämlich Verkehrsreferat, Einsatzreferat, Führungsunterstützung, Sicherheitskoordinator, Kriminalreferat. Letzteres werde von „einem Referenten in einer 7er-Position“ (Arbeitsplatz mit der Bewertung E2a/7) geleitet, der wiederum zwei Stellvertreter habe, deren Arbeitsplätze mit E2a/5 bewertet seien. Um eine dieser „5er-Positionen“ sei es im gegenständlichen Verfahren gegangen. Die anderen Referenten hätten keine Stellvertreter, sie müssten sich gegenseitig vertreten. Es handle sich dabei um Bereiche der uniformierten Polizei, er kenne sich darin sehr gut aus, für den Kriminaldienst habe er keine Ausbildung. Das Kriminalreferat habe insofern eine besondere Stellung als der Kriminalreferent von Montag bis Freitag anwesend sein müsse und zwei Stellvertreter habe. Er sei nämlich nicht nur sein Ansprechpartner, sondern auch Ansprechpartner für die Polizeiinspektionen (PI) im Bezirk, und unter Umständen auch für Bedienstete außerhalb des Bezirkes. Man könne sagen, dass der Kriminalreferent in einem SPK der wichtigste Referent sei. A habe auf einer E2a/2-Planstelle Dienst versehen, sein unmittelbarer Vorgesetzter sei der Kriminalreferent gewesen. Mit diesem habe es wegen der zwei freien Tage pro Woche mehrfach Streitigkeiten gegeben, die Differenzen seien bis zu ihm gelangt. Er habe entschieden, dass A mehr Wochenenddienste machen könne, solange man mit seiner Arbeit zufrieden sei. Er sei ein guter Referent. Den gewünschten dritten Nachtdienst habe er ihm allerdings nicht gewährt. Als sich A um die Stellvertretung des Kriminalreferenten beworben habe, habe er ihm klar gesagt, dass das nicht gehe, wenn er weiterhin zwei freie Tage unter der Woche haben wolle. A habe dann zwar vorgeschlagen, nur einen freien Tag unter der Woche zu haben, aber es sei die Anwesenheit eines Kriminalreferenten im Tagdienst erforderlich, und wenn der Kriminalreferent auf Urlaub oder krank sei, müsse sein Vertreter im Tagdienst sein. A nehme in seiner Dienstplanung auf die dienstlichen Belange zu wenig Bedacht, und das sei schon eine Führungsschwäche. Grundsätzlich müsse jeder dienstführende Beamte vier Nachtdienste pro Monat machen, damit die Aufsicht über die jungen Kollegen (die nicht dienstführenden Beamten und Beamtinnen) gewährleistet sei. A habe sich - ganz aktuell - für den … zwei Nachtdienste pro Woche eingeteilt, und das noch dazu für Dienste, in denen ohnehin ein E2a-Bediensteter anwesend sei. Daran sehe man, dass er hauptsächlich nach seinen privaten Interessen plane.

Auf die Frage, wie gut er die Bewerberin B gekannt habe, antwortete der Dienstgebervertreter Y, zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung habe er sie noch nicht gekannt, er kenne allerdings ihren Vorgesetzten, und das seit .. Jahren. Bei diesem habe er sich erkundigt, und außerdem habe der Kriminalreferent sie aus seiner früheren Tätigkeit gekannt. Weiters habe er mit B ein sehr ausführliches Gespräch geführt. Das Gespräch mit A sei natürlich nicht so ausführlich gewesen, weil er diesen ja schon … Jahre gekannt habe.

Auf die Frage, weshalb nicht - wie bei den LPD üblich - vom direkten Vorgesetzten von B eine schriftliche Stellungnahme eingeholt worden sei, antwortete der Dienstgebervertreter X, bei der LPD X sei es üblich, die Stellungnahme von jenem Vorgesetzten einzuholen, der „über der ausgeschriebenen Planstelle steht“.

Auf die Frage an den Dienstgebervertreter Y, ob das Gespräch mit Bs Vorgesetztem auf seine Initiative erfolgt sei, antwortete der Dienstgebervertreter Y, er rufe immer bei den Vorgesetzten an, aber wenn er diese nicht so gut kenne, könne er sich natürlich auf deren Urteil nicht so sehr verlassen wie im gegenständlichen Fall.

Der Dienstgebervertreter X ergänzte, dass die Form der Informationsbeschaffung über Bewerber/innen jenem Vorgesetzten überlassen sei, „der dann über der Planstelle steht.“

Der Dienstgebervertreter Y setzte fort, ganz wichtig sei, dass der Zwischenvorgesetzte, im gegenständlichen Fall der Kriminalreferent, eingebunden sei, denn dieser müsse ja laufend mit dem Stellvertreter oder der Stellvertreterin arbeiten. Er müsse eingestehen, dass der Kriminalreferent sein Verhältnis zum Kollegen A „belastet“ genannt habe. Es habe Auseinandersetzungen gegeben wegen Adjustierung, wegen der Dienstplanung usw., die Arbeit an sich - das müsse man sagen - habe A sehr gut gemacht. Er sei der Spezialist in puncto Internetkriminalität, das könne sonst niemand in X. Er habe ihn als fachlich gleich geeignet beschrieben wie die Bewerberin, was schon deshalb erstaunlich sei, weil A keinen Kriminalbeamtenkurs besucht habe. Er arbeite aber seit zehn Jahren im Kriminalreferat und habe diverse Kurse besucht. Für die Bewerberin B hätten ihre längere Exekutivdiensterfahrung und ihre Führungserfahrung gesprochen. Das verstehe Kollege A nicht, er wolle nicht akzeptieren, dass jemand, der lange im Referat gearbeitet habe, nicht automatisch nachrücke. Im gegenständlichen Fall habe er (der Dienstgebervertreter Y) auf jeden Fall auf die Führungsverantwortung Bedacht nehmen müssen, denn der Kriminalreferent sei der einzige, der sich in diesem Bereich sehr gut auskenne. Wenn er nicht an der Dienststelle sei, müsse sein Vertreter die Aufgaben übernehmen und dafür müsse schon Vertrauen vorhanden sein. Es sei einfach so, dass mit einer höherwertigen Planstelle mehr Verantwortung verbunden sei, persönliche Belange seien dann mitunter hintan zu stellen. Nachdem A dann letztlich vorgeschlagen habe, nur einen freien Tag unter der Woche in Anspruch zu nehmen, sei ihm klargeworden, dass das eigentlich schon in den letzten Jahren möglich gewesen wäre und er sei dann schon ein bisschen enttäuscht gewesen.

Der GBB führte aus, dass er B zumindest für gleich geeignet halte wie A, und das auch, wenn man die jetzt geäußerten Kritikpunkte betreffend die Dienstplanung nicht ins Kalkül ziehe. Die vorgenommene Planstellenbesetzung sei daher aus seiner Sicht in Ordnung. Allerdings könne man damit eine Diskriminierung im Auswahlverfahren noch nicht ausschließen, der Dienstgebervertreter Y habe in seiner Beurteilung mehrfach auf das Lebensalter und auf die familiäre Situation Bezug genommen.

Der Dienstgebervertreter X wies darauf hin, dass sich der DA für A ausgesprochen habe. Weiters meine er, der Dienstgebervertreter Y habe vorhin zum Ausdruck gebracht, A werde aufgrund des Umstandes, dass er Kinder zu betreuen habe, im SPK X keine Führungsposition bekleiden. Wenn Kinderbetreuungspflichten - das … Kind sei „unterwegs“ - immer wieder angeführt würden, gehe es gar nicht mehr darum, ob B besser oder gleich geeignet sei. Es sei nicht zulässig, Kinderbetreuung als Führungsschwäche anzusehen.

Der Dienstgebervertreter X replizierte, es sei zu berücksichtigen, dass der konkrete Arbeitsplatz „tagdienstorientiert“ sei. Es sei einfach nicht möglich, dass man sich in dieser Position zwei freie Tage unter der Woche einteile. Zur Beurteilung durch den DA sei zu sagen, dass, nachdem mit dem DA nicht das Einvernehmen hergestellt werden habe können, die Sache zum Zentralausschuss gegangen sei und dieser habe der Einteilung von Kollegin B zugestimmt.

Der Dienstgebervertreter Y ergänzte, dass die Mitglieder des DA nur den Bewerber A gekannt hätten und es „unnatürlich“ wäre, für einen Bewerber oder eine Bewerberin von außen zu stimmen.

Die B-GBK hat erwogen:

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Z 5 B-GlBG liegt vor, wenn jemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis auf Grund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen) unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.

Gemäß § 5 Z 4 B-GlBG darf bei der Auswahlentscheidung zwischen Bewerberinnen und Bewerbern (u. a.) die zeitliche Belastung durch die Betreuung von Kindern nicht diskriminierend herangezogen werden.

Gemäß § 25 Abs. 2 B-GlBG hat die Vertreterin oder der Vertreter des Dienstgebers darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes von ihr oder ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Von der B-GBK war also die Begründung der LPD X für die gegenständliche Personalentscheidung im Hinblick auf die Sachlichkeit zu prüfen.

Gemäß § 11c B-GlBG („Vorrang beim beruflichen Aufstieg“) sind Bewerberinnen, die für die angestrebte hervorgehobene Verwendung (Funktion) gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, entsprechend den Vorgaben des Frauenförderungsplanes solange vorrangig zu bestellen, bis der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten in der betreffenden Funktionsgruppe … im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde 50 Prozent beträgt. Diese Bestimmung beinhaltet die Verpflichtung des Dienstgebers, die fachliche und persönliche Eignung jeder Bewerberin und jedes Bewerbers nach einheitlichen Kriterien zu prüfen und nach Vornahme eines Wertungsvergleiches zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern das Maß der Eignung festzustellen.

Die Dienstbehörde argumentierte die Entscheidung zu Gunsten von B mit deren um neun Jahre längeren Exekutivdienstzeit, ihrer um rund acht Jahre längeren Dienstzeit als dienstführende Beamtin, mit dem Umstand, dass sie bereits eine Leitungsfunktion ausgeübt hatte, mit ihren zahlreichen Fortbildungen und schließlich mit As Prioritätensetzung bei der Dienstplanung.
Vergleicht man die Laufbahnen der Bewerberin und des Bewerbers, ergibt sich tatsächlich nicht bloß ein Plus an Berufsjahren und Jahren in höherwertiger Verwendung von B (die ja um mehr als sechs Jahre älter ist als A), sondern - auf Grund ihrer Tätigkeit im LKA - auch ein breiteres Aufgabenspektrum sowie eine thematisch und von der Anzahl her umfassendere Fort- bzw. Ausbildung (vgl. Seite 4 und 5). Während A seit … Dienst als - unbestritten sehr guter - Sachbearbeiter im Kriminalreferat im Bezirk versah, war B schon jahrelang qualifizierte Sachbearbeiterin im LKA mit Erfahrungen vorwiegend, aber nicht nur, in den Deliktsbereichen … und …, wobei sie für die Aufklärung von - teilweise schweren - Straftaten auch belobigt worden war. An der fachlich und auch persönlich ausgezeichneten Eignung der Bewerberin gab es offenbar nicht den geringsten Zweifel.

Für den Dienstgebervertreter Y war der wesentlichste Punkt, der gegen A sprach, dessen Dienstplanung, nämlich zwei tagdienstfreie Tage unter der Woche. Die Erklärung des Dienstgebervertreters Y, nämlich es sei die Anwesenheit eines Kriminalreferenten im Tagdienst erforderlich und somit müsse, für den Vertretungsfall, auch der stellvertretende Kriminalreferent Tagdienst versehen, ist für den Senat insofern nachvollziehbar, als der SP-Kommandant und letztlich auch die LPD diesem Argument nicht widersprachen.

Dass das Geschlecht bzw. die Kinderbetreuungspflichten und/oder das Alter des Bewerbers bzw. der Bewerberin ein Rolle für den Besetzungsvorschlag des Dienstgebervertreters Y und in der Folge für die Personalentscheidung gespielt hätten, kann der Senat aus folgenden Gründen nicht erkennen: der Dienstgebervertreter Y billigte A jahrelang zwei freie Tage unter der Woche zu, deren Notwendigkeit A mit Kinderbetreuung erklärte, und dies obwohl es (auch) deshalb Differenzen mit dem Leiter des Kriminalreferates gab (A widersprach dem diesbezüglichen Vorbringen … nicht). Der Senat kann nicht erkennen, inwiefern sich der Dienstgebervertreter Y plötzlich, bei der Besetzung einer Stellvertretungsfunktion, an der Kinderbetreuung stoßen sollte, noch dazu nachdem A seine Bereitschaft bekundet hatte, bloß einen freien Tag unter der Woche zu nehmen.
In Bezug auf das Kriterium Alter gilt sinngemäß das Gleiche. Bei einem Altersunterschied von 6½ Jahren zwischen Bediensteten in mittlerem Alter ist nicht nachvollziehbar, worin der Dienstgebervertreter Y und/oder die Dienstbehörde einen Vorteil der Bewerberin auf Grund ihres höheren oder einen Nachteil des Bewerbers auf Grund seines geringeren Lebensalters sehen könnte(n). Selbst wenn der Dienstgebervertreter Y ein Verfechter des Senioritätsprinzips sein sollte, er traf die Personalentscheidung nicht. Sein Vorschlag wurde von der Dienstbehörde hinterfragt, und der SP-Kommandant bezog sich in seiner Stellungnahme ausschließlich auf die fachlichen und die sozialen Kompetenzen des Bewerbers und der Bewerberin. Überdies führte der Dienstgebervertreter X, der als Bediensteter der Personalabteilung der LPD X wohl mit zahlreichen Besetzungsvorschlägen zu tun hat, glaubwürdig aus, dass bei einem Hinweis auf das höhere Lebensalter einer/eines Bediensteten die mit dem höheren Lebensalter einhergehende größere Lebens- bzw. Berufserfahrung gemeint sei. Nachdem auch kein Motiv für eine lebensaltersbezogene Präferenz des Dienstgebervertreters Y zu erkennen war, war für den Senat diese Interpretation seiner Formulierung durch den Dienstgebervertreter x als „unglücklich“ glaubhaft.

Nachdem für den Senat kein Motiv für das Heranziehen der Merkmale Geschlecht und Alter bei der Personalentscheidung zu erkennen war und in Anbetracht der jedenfalls mindestens gleichen Eignung der Bewerberin und der gebotenen Anwendung des Frauenförderungsgebotes (die gesetzlich vorgesehene Frauenquote in E2a-wertiger Verwendung im Wirkungsbereich der der Behörde(n) ist bei weitem nicht erreicht) kam der Senat zu dem Ergebnis, dass eine Diskriminierung von A im Sinne der §§ 4, 5 und 13 B-GlBG durch die Ernennung von B zur Hauptsachbearbeiterin im Kriminalreferat des SPK X (und 1. Stellvertreterin des Kriminalreferenten) nicht vorliegt.

Wien, September 2019

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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