TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/12 W255 2224848-1

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Veröffentlicht am 12.11.2019
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Entscheidungsdatum

12.11.2019

Norm

AlVG §49
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §15

Spruch

W255 2224848-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 20.08.2019, GZ: 2019-0566-9-001034, betreffend Zurückweisung des Vorlageantrages vom 07.06.2019 als verspätet, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: AMS) vom 07.03.2019, VN: XXXX , wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum 15.02.2019 bis 21.02.2019 kein Arbeitslosengeld erhalte. Sie habe den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 15.02.2019 ohne triftigen Grund nicht eingehalten und sich erst wieder am 22.02.2019 beim AMS gemeldet.

1.2. Gegen den unter Punkt 1.1. genannten Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde.

1.3. Mit Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des AMS vom 17.05.2019, GZ: 2019-0566-9-001034, wurde die Beschwerde der BF abgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2019 wurde der BF, nach vorhergehendem erfolglosem Zustellversuch am 21.05.2019, durch Hinterlegung am 21.05.2019 zugestellt.

1.4. Mit Email vom 07.06.2019 beantragte die BF die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.

1.5. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 20.08.2019, GZ: 2019-0566-9-001034, hat das AMS den Vorlageantrag vom 07.06.2019 gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

1.6. Gegen den unter Punkt 1.5. genannten Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass sie sich von 20.05.2019 bis 07.06.2019 nicht an ihrer Adresse aufgehalten habe. Nach ihrer Rückkehr am 07.06.2019 habe sie keine Verständigung über die Hinterlegung in ihrem Briefkasten vorgefunden. Die offensichtlich am 21.05.2019 hinterlegte Verständigung sei vom Briefträger anscheinend in einem Briefkasten eines Nachbars der BF hinterlegt worden und sei von dem Nachbarn in weiterer Folge oben auf den Briefkästen abgelegt worden. Es sei schon öfter vorgekommen, dass die neuen Briefträger ihrer Tätigkeit nicht richtig nachgehen.

1.7. Am 29.10.2019 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Feststellungen

Mit Bescheid vom 07.03.2019, VN: XXXX , wurde seitens des AMS der Verlust des Arbeitslosengeldes der BF gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum vom 15.02.2019 bis 21.02.2019 ausgesprochen.

Gegen den Bescheid vom 07.03.2019 hat die BF fristgerecht Beschwerde erhoben, welche mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 17.05.2019, GZ: 2019-0566-9-001034, abgewiesen wurde.

Laut Rückscheinbrief wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2019, welche eine richtige Rechtsmittelbelehrung beinhaltet, wonach die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags zwei Wochen ab Zustellung beträgt, nach einem erfolglosen Zustellversuch am 21.05.2019 hinterlegt. Beginn der Abholfrist war der 21.05.2019; die zweiwöchige Frist zwecks Erhebung eines Rechtsmittels endete sohin am 04.06.2019.

Die BF hat am 07.06.2019 - sohin verspätet - den Vorlageantrag per Email beim AMS eingebracht.

Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 20.08.2019, GZ: 2019-0566-9-001034, hat das AMS den Vorlageantrag vom 07.06.2019 gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Die BF hat sich von 20.05.2019 bis 05.06.2019 im Krankenstand befunden.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Zeitraum von 20.05.2019 bis 07.06.2019 von ihrer Abgabestelle ortsabwesend war.

2.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt des AMS und jenem des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Umstand, dass am 21.05.2019 ein Zustellversuch unternommen wurde und die Sendung ab 21.05.2019 beim Postamt hinterlegt war, geht aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis unzweifelhaft hervor.

Die Feststellung zum Krankenstand der BF ergibt sich aus der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsmeldung.

In Bezug auf die von der BF in der Beschwerde vom 02.09.2019 vorgebrachte vorübergehende Abwesenheit von ihrer Abgabestelle von 20.05.2019 bis 07.06.2019 ist auszuführen, dass die BF keinerlei diesbezüglichen Nachweis erbracht hat. Abgesehen davon ist festzuhalten, dass die von der BF vorgebrachte Ortabwesenheit von 20.05.2019 bis 07.06.2019 einen Widerspruch zu ihrem Krankenstand von 20.05.2019 bis 05.06.2019, welcher durch eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung belegt ist, darstellt. Dass sich die BF im Krankenhaus aufgehalten hätte, wurde von ihr nicht vorgebracht. Daher ist gerade auch im Falle des Krankenstandes davon auszugehen, dass sich die BF an ihrer gewöhnlichen Abgabestelle aufgehalten hat.

2.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A)

2.3.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG) lauten:

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

2.3.2. Abweisung der Beschwerde

Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 17.05.2019 nach erfolglosem Zustellversuch am 21.05.2019 hinterlegt. Beginn der Abholfrist war somit der 21.05.2019. In Anwendung von § 17 Abs. 3 ZustG, wonach hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gelten, wurde der BF die Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2019 sohin am 21.05.2019 zugestellt.

Die gesetzliche Vermutung der rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung im Sinne des § 17 Abs. 3 ZustG greift im Falle der Ortsabwesenheit des Empfängers nicht ein. Die BF hat im vorliegenden Fall Ortsabwesenheit behauptet. In diesem Fall ist zu prüfen, ob sie vom Zustellvorgang rechtzeitig Kenntnis erlangt hat (oder hätte erlangen können), was jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen ist.

Denjenigen, der einen Zustellmangel infolge von Ortsabwesenheit geltend macht, trifft eine besondere Mitwirkungspflicht insofern, als dass er konkrete Angaben über seinen Aufenthalt macht und dafür Beweismittel oder Belege vorlegt. Wie beweiswürdigend ausgeführt, wurde mit dem Vorbringen der BF dieser Verpflichtung jedenfalls nicht nachgekommen. Mit der bloßen Behauptung, nicht anwesend gewesen zu sein und ohne Anbot entsprechender Beweismittel kann das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden, entzieht sich ein derartig/es Vorbringen mangels Substrats doch jeder Nachprüfbarkeit (vgl. VwGH 11.05.1990, Zl. 89/18/0165; 05.11.1991, Zl. 91/04/0134; 09.07.1998, Zl. 95/03/0092).

Es ist zudem noch darauf zu verweisen, dass die BF Kenntnis vom laufenden Verfahren hatte und daher aufgrund der Erhebung ihrer Beschwerde gegen den ursprünglichen Bescheid mit der Zustellung eines behördlichen Schriftstückes rechnen musste. Es obliegt ihrer Verantwortung, sich beim zuständigen Postamt für die Zeit einer Abwesenheit als ortsabwesend zu melden oder für die Behebung der an sie gerichteten behördlichen Schriftstücke anderweitig vorzusorgen.

Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 47 AVG in Verbindung mit § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Die bloße Behauptung der BF, die Verständigung von der Hinterlegung sei vom Briefträger irrtümlich in einen anderen Briefkasten gelegt worden, ist nicht geeignet diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen, und für die Wirksamkeit der Zustellung ist es auch ohne Belang, ob ihr die Verständigung von der Hinterlegung in der Folge tatsächlich zugekommen ist oder nicht (vgl. VwGH vom 23.11.2016, Zl. 2013/05/0175). Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die BF in ihrer Beschwerde lediglich vorbrachte, dass die Verständigung von der Hinterlegung in den Briefkasten eines Nachbarn gelegt worden sei; sie gab jedoch nicht an, in den Briefkasten konkret welcher Person.

Die Zustellung durch Hinterlegung am 21.05.2019 ist daher als rechtswirksam anzusehen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages beträgt - wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides des AMS vom 17.05.2019 richtig ausgeführt - zwei Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags daher am 21.05.2019 zu laufen und endete in Anwendung von § 32 Abs. 2 AVG am 04.06.2019. Die BF hat am 07.06.2019 den Vorlageantrag per Email beim AMS eingebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass sich der am 07.06.2019 beim AMS eingelangte Vorlageantrag sohin als verspätet eingebracht erweist. Das AMS hat daher mit Bescheid vom 20.08.2019 den Vorlageantrag zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Vollständigkeitshalber wird festgehalten, dass der verfahrensgegenständlich angefochtene Bescheid vom 20.08.2019, GZ: 2019-0566-9-001034, mit dem das AMS den Vorlageantrag vom 07.06.2019 gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen hat, eine falsche Rechtsmittelbelehrung enthält. In diesem Bescheid wird ausgeführt: "Sie können binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der oben angeführten Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird." Richtigerweise wäre in der Rechtsmittelbelehrung eine Frist von vier Wochen anzuführen gewesen. Dieser Umstand hat gegenständlich keine Auswirkungen, da die BF ohnehin schon am 02.09.2019 Beschwerde erhoben hat und diese Beschwerde seitens des AMS zu Recht als fristgerecht eingebracht gewertet wurde.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Vorlageantrag, Zurückweisung,
Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W255.2224848.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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