TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/14 G302 2207025-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2019
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Entscheidungsdatum

14.11.2019

Norm

AlVG §10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G302 2207025-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Jutta BRANDHUBER als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Mag. Christian FITZEK als Beisitzer über den Vorlageantrag des XXXX, SVNR: XXXX, gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom 11.09.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom 26.07.2018 wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX, SVNR: XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF) den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in geltender Fassung, für den Zeitraum von 25.06.2018 bis 05.08.2018 verloren habe, da er nicht bereit gewesen sei, die zugewiesene Beschäftigung beim Dienstgeber XXXX (im Folgenden: Firma I) anzunehmen. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte dazu aus, dass es sich gegenständlich um keine zugewiesene Stelle gehandelt habe, sondern um eine Information zu einer Stellenausschreibung. Er habe die Arbeit nicht verweigert, sondern habe lediglich versucht, genauere Informationen bei der belangten Behörde über diese Stelle einzuholen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11.09.2018, Zl. RGS603/SfA/0566/2018-Fa/S, wurde die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG in Verbindung mit § 56 AlVG abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF keinen Berufsschutz mehr genieße und aus den Unterlagen hervorgehe, dass er sich auf eine Facharbeiterstelle nicht bewerben habe wollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der fristgerecht eingelangte Vorlageantrag.

Der gegenständliche Vorlageantrag samt Beschwerde und maßgeblichen Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde am 04.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und am selbigen Tag der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF verfügt über einen HTL-Abschluss und stand seit 06.02.2017 in Bezug von Arbeitslosengeld.

In der Betreuungsvereinbarung vom 07.05.2018 wurde festgehalten, dass die belangte Behörde den BF bei der Suche nach einer Stelle als Vertriebstechniker (Ing.) bzw. Maschinenbautechniker (Ing.) unterstütze.

Am 19.06.2018 wurde dem BF von der belangten Behörde ein Stellenangebot als Anlagenbetreuer bei der Firma I übermittelt und wurde der BF aufgefordert, sich umgehend für diese Stelle zu bewerben. Das Inserat umfasste unter anderem folgende Informationen:

"Ihre Aufgaben: -Mechanische und elektronische Wartung der Anlagen und Maschinen; -Durchführung von Maschinenfähigkeitsuntersuchungen; -Mitarbeit bei der Planung und Erstellung von Anlagen.

Ihre Qualifikationen: - Abgeschlossene Ausbildung der Metall-/Elektrobranche oder entsprechende schulische Ausbildung

(HTL) ...".

Das ausgeschriebene Jahresbruttogehalt betrug EUR 30.800,-. Die Vorauswahl wurde durch die belangte Behörde selbst getroffen.

Am 22.06.2018 nahm der BF telefonischen Kontakt mit der belangten Behörde auf und fragte, ob es sich bei der übermittelten Stelle um eine Stelle als Facharbeiter oder Techniker handle. Da die Mitarbeiterin der belangten Behörde die Frage nicht beantworten konnte und auf das Stelleninserat verwies, entschied sich der BF sich nicht für diese Stelle zu bewerben.

In einer schriftlichen Nachricht über sein eAMS-Konto teilte der BF der belangten Behörde mit, dass er vorerst keine Bewerbung übermittle, da die Firma I laut Ausschreibung nur einen Facharbeiter suche.

Der BF hat am 01.03.2019 eine vollversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchteil A):

3.2.1. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat gemäß § 7 Abs. 1 AlVG wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3). Der Arbeitsvermittlung steht nach § 7 Abs. 2 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist. Eine Beschäftigung ist gemäß Abs. 2 zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar. In den ersten 100 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld auf Grund einer neu erworbenen Anwartschaft ist nach Abs. 3 eine Vermittlung in eine nicht dem bisherigen Tätigkeitsbereich entsprechende Tätigkeit nicht zumutbar, wenn dadurch eine künftige Beschäftigung im bisherigen Beruf wesentlich erschwert wird. In den ersten 120 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld auf Grund einer neu erworbenen Anwartschaft ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens 80 vH des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts beträgt. In der restlichen Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens 75 vH des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts beträgt. Entfällt im maßgeblichen Bemessungszeitraum mindestens die Hälfte der Beschäftigungszeiten auf Teilzeitbeschäftigungen mit weniger als 75 vH der Normalarbeitszeit, so ist während des Bezuges von Arbeitslosengeld eine Beschäftigung in einem anderen Beruf oder eine Teilzeitbeschäftigung nur zumutbar, wenn das sozialversicherungspflichtige Entgelt mindestens die Höhe des der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld entsprechenden Entgelts erreicht. Der besondere Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen gilt jedoch nur, wenn die arbeitslose Person dem Arbeitsmarktservice Umfang und Ausmaß der Teilzeitbeschäftigungen durch Vorlage von Bestätigungen ehemaliger Arbeitgeber nachgewiesen hat. Ist die Erbringung eines solchen Nachweises mit zumutbaren Bemühungen nicht möglich, so genügt die Glaubhaftmachung.

Wenn die arbeitslose Person sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt (Z1), oder sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt (Z 2), oder ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt (Z 3), oder auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen (Z 4), so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. Gemäß § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 leg. cit in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Gemäß §§ 38 und 58 sind die genannten Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

3.2.2. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (VwGH vom 16.03.2016, Zl. Ra 2015/08/0100).

Unter "Vereitelung" im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG ist ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das (bei Zumutbarkeit der Beschäftigung) das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre; vielmehr ist Kausalität bereits dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (VwGH vom 18.06.2014, Zl. 2012/08/0187). Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes hingegen nicht hin (VwGH vom 19.10.2011, Zl. 2008/08/0251).

Bedingter Vorsatz (dolus eventualis) ist dann gegeben, wenn der Betroffene den tatbestandsmäßigen Erfolg zwar nicht bezweckt, den Eintritt auch nicht als gewiss voraussieht, den Erfolg aber für möglich hält und sich mit ihm abfindet (VwGH vom 25.03.2010, Zl. 2007/09/0268). Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist (VwGH vom 27.05.2014, Zl. 2011/11/0025).

Das Gesetz verpflichtet eine arbeitslose Person zwar nicht dazu, eine unzumutbare Beschäftigung im Sinne der näheren Bestimmungen des § 9 AlVG anzunehmen; das Gesetz verlangt aber nicht, dass alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, für die arbeitslose Person schon in einer frühesten Stufe der Bewerbung erkennbar sein müssen. Eine arbeitslose Person ist nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet (und das AMS zum Verlangen nach solchen Schritten nicht berechtigt), in dem solche Umstände einer Beschäftigung zutage treten, welche diese als für eine arbeitslose Person unzumutbar erscheinen lassen. Bei dieser Sachlage ist der Arbeitslose daher dazu verpflichtet, den ersten Schritt zu einer Bewerbung zu setzen und das gewünschte Bewerbungsschreiben für Zwecke einer Vorauswahl abzugeben; mit einem solchen Schritt ist nämlich für die arbeitslose Person keine weitere besondere Verpflichtung verbunden, insbesondere nicht jene, in weiterer Folge auch eine Beschäftigung anzunehmen, die sich als für sie unzumutbar herausstellt. Der Arbeitslose ist aber auch verpflichtet, diese Bewerbung so zu fassen, dass sie keine die potentielle Anstellung vereitelnde Form oder einen solchen Inhalt aufweist (VwGH vom 11.09.2008, Zl. 2007/08/0187).

Der BF kam der Aufforderung durch die belangte Behörde, sich aufgrund des übermittelten Stelleninserates bei der Firma I zu bewerben nicht nach und hat somit ein Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der oben zitierten Judikatur herbeiführt. Dass eine unterlassene Bewerbung dazu führt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommt, ist notorisch; es liegt sohin der für den Ausspruch des Verlustes auf Notstandshilfe erforderliche Vorsatz vor (vgl. VwGH vom 21.12.2011, Zl. 2009/08/0264). Der Einwand des BF, dass es sich um keine zugewiesene Beschäftigung, sondern um eine Stellenausschreibung gehandelt habe, geht somit ins Leere.

Zum Einwand des BF, dass es sich lediglich um eine Facharbeiterstelle gehandelt habe, ist zunächst auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, wonach die "Überqualifikation" für sich allein genommen kein Zuweisungshindernis ist, solange nicht gesetzliche Einschränkungen dem entgegenstehen (VwGH vom 16.02.1999, Zl. 97/08/0572). Auch kommt dem BF, wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, ein Berufsschutz im Sinne des § 9 Abs. 3 AlVG nicht mehr zu.

Selbst wenn man sich auf die Betreuungsvereinbarung berufen möchte, welche dem BF die Unterstützung bei der Suche nach einer Technikerstelle zusagt, ist auszuführen, dass aus dem vorliegenden Stellenprofil entgegen der Ansicht des BF nicht hervorgeht, ob es sich um eine Facharbeiter- oder Technikerstelle handelt. In diesem Fall wäre der BF im Sinne der oben zitierten Judikatur jedenfalls dazu verpflichtet gewesen, ohne alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, zu kennen, entsprechende Bewerbungsschritte in Form eines Bewerbungsschreibens zu setzen.

Das von der belangten Behörde vorgeschlagene Stellenprofil weist auch sonst keine Anhaltspunkte der Unzumutbarkeit für den BF auf. Die angebotene Beschäftigung war für den BF sowohl in gesundheitlicher, sittlicher, beruflicher, familiärer und entgeltmäßiger Hinsicht tauglich. Ebenso war dem BF die Wegzeit zumutbar. Es liegen keine Hinweise vor, dass der Dienstgeber für die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses vom BF die Annahme vertraglicher Bedingungen verlangen würde, die in wesentlichen Punkten zwingenden Rechtsnormen widersprechen würden. Der erkennende Senat geht davon aus, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen jenen entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden (Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil; vgl. VwGH vom 17.10.2007, Zl. 2006/08/0016).

Da der BF keinen Versuch unternommen hat, die verfahrensgegenständliche Beschäftigung als Anlagenbetreuer zu erhalten, hat er die Folge der Nichteinstellung zumindest billigend in Kauf genommen (VwGH vom 20.02.2002, Zl. 99/08/0104).

Im gegenständlichen Fall kommt der erkennende Senat zum Schluss, dass der BF ein auf das Nichtzustandekommen der Beschäftigung ursächliches und auf den Eintritt dieser Wirkung gerichtetes (oder sie zumindest in Kauf nehmendes) Verhalten gesetzt hat. Der BF hat sich geweigert, sich auf das ihm übermittelte Stellenprofil zu bewerben.

3.2.3. Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruchs in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen. Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (VwGH vom 15.05.2013, Zl. 2010/08/0257).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 24.02.2016, Ra 2016/08/0001) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann.

Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen iSd § 10 Abs. 3 AlVG gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (VwGH vom 19.07.2013, Zl. 2012/08/0176).

Die Erteilung der Nachsicht kann auch durch das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Sachentscheidung über die Beschwerde erfolgen. Dabei hat es - wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG vorliegen und die Angelegenheit daher nicht gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG zurückverwiesen wird - auch das bei der Festlegung des Umfangs der Nachsicht offen stehende Ermessen zu üben. Die Erteilung der Nachsicht durch das Verwaltungsgericht setzt aber nicht die Anhörung des Regionalbeirates iSd § 10 Abs. 3 AlVG voraus (VwGH vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; vom 27.01.2016, Ro 2015/08/0027).

Umstände, die als Nachsichtsgründe in Betracht kämen, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Die Aufnahme eines Dienstverhältnisses am 01.03.2019 begründet - angesichts der Vereitelung der Beschäftigung am 25.06.2018 und der Beendigung der Arbeitslosigkeit - aus folgenden Erwägungen keinen Nachsichtsgrund:

Dass eine Beschäftigung, um einen berücksichtigungswürdigen Grund im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG darstellen zu können, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgenommen worden sein muss, lässt sich dem Gesetz zwar nicht entnehmen. Grundsätzlich kann daher jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung angetreten worden ist und aufgrund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während aber im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist (VwGH vom 01.06.2001, Zl. 2000/19/0136), werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann (VwGH vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; vom 27.01.2016, Ro 2015/08/0027).

Im vorliegenden Fall lag ein Grund für eine - sei es auch nur teilweise - Nachsicht nicht vor. Bei einer Beschäftigungsaufnahme, die mehr als acht Monate nach dem vorgeworfenen Verhalten erfolgt, kann keine Rede davon sein, dass dadurch ein Ausgleich der durch die Vereitelung (bzw. Weigerung) entstandenen negativen Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft bewirkt wird. Sonstige berücksichtigungswürdige Gründe wurden vom Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt (VwGH vom 24.02.2016, Ra 2016/08/0001).

Bei dieser Sachlage konnte die belangte Behörde zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejahen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG konnten nicht festgestellt werden.

Darüber hinaus gehende Beschwerdegründe wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen als unbegründet und war daher abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Arbeitslosengeld, Vereitelung, zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G302.2207025.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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