TE Lvwg Erkenntnis 2014/12/11 LVwG-16/15/5-2014

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Veröffentlicht am 11.12.2014
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Entscheidungsdatum

11.12.2014

Index

70/05 Schulpflicht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

SchPflG 1985 §24 Abs4;
SchPflG 1985 §24a,
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerde von Frau Bianca C., D., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 8.10.2014, Zahl: xxxxx,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs 1 Z 1 zweiter Fall VStG eingestellt.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 8.10.2014 wurde die Beschuldigte wegen einer Übertretung des § 24 Abs 1 Schulpflichtgesetz bestraft, weil sie den Unterricht in der Zeit vom 25.10.2013 bis 1.4.2014 nicht regelmäßig besucht habe, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen sei. Als nähere Angaben dazu wurde angeführt, sie habe am 25.10.2013 eine Unterrichtseinheit, am 21.2.2014 ebenfalls eine Unterrichtseinheit und am 1.4.2014 zwei Unterrichtseinheiten unentschuldigt gefehlt. Wegen dieser Übertretung wurde gemäß § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz eine Verwaltungsstrafe in Höhe von € 200 (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

Dagegen brachte die Beschuldigte innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte als Begründung aus, es habe sich um insgesamt vier Fehlstunden an verschiedenen Tagen in Abständen von einmal vier Monaten und einmal zwei Monaten gehandelt, an denen sie zu spät in die Schule gekommen sei. Einmal habe sie verschlafen und sei dadurch zwei Stunden später in den Unterricht gekommen, an den restlichen beiden Tagen sei es aufgrund von Verspätungen der Verkehrsmittel dazu gekommen, dass sie zu spät in die Berufsschule gekommen sei. Es handle sich um ganz normale Bedingungen, die passieren könnten, sie sehe die Strafe von 220 Euro keinesfalls als angemessen für das geringe Ausmaß an Fehlstunden. Sie besuche regelmäßig und pflichtbewusst die Berufsschule, erscheine immer zeitgerecht an ihrem Arbeitsplatz und sei verlässlich und bemüht, die Lehre positiv abzuschließen.

Nach Vorlage der Beschwerde durch die belangte Behörde mit Schreiben vom 6.11.2014 (ON 1) ersuchte das Landesverwaltungsgericht Salzburg die Landesberufsschule X, welche die Mitteilung wegen der gegenständlichen Übertretung nach dem Schulpflichtgesetz erstattet hatte, um Bekanntgabe der konkreten Unterrichtseinheiten und um Mitteilung, ob die Maßnahmen zur Erfüllung der Schulpflicht (Fünf-Stufen-Plan) gemäß § 24a Schulpflichtgesetz 1985 durchgeführt worden und gegebenenfalls wann diese Maßnahmen erfolgt sind (ON 2). Mit Schreiben vom 9.12.2014 übermittelte die Landesberufsschule X einen Abwesenheitsauszug aus dem elektronischen Klassenbuch sowie den Schriftverkehr mit dem Lehrberichtigten und dem Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg und teilte mit, Frau C. habe am 25.10.2013 unentschuldigt von 7.55 Uhr bis 8.25 Uhr (eine Unterrichtseinheit) gefehlt, woraufhin eine "mündliche Ermahnung (nach der ersten obligatorischen Grundsatz-Ermahnung für alle SchülerInnen am ersten Schultag)" erfolgt sei; am 21.2.2014 habe die Schülerin von 7.55 Uhr bis 8.20 Uhr (eine Unterrichtseinheit) unentschuldigt gefehlt und sei eine schriftliche Ermahnung erfolgt; am 1.4.2014 habe sie von 7.55 Uhr bis 9.23 Uhr (zwei Unterrichtseinheiten) unentschuldigt gefehlt und sei eine Anzeige erfolgt (ON3). Auf telefonische Anfrage des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 10.12.2014 erklärte der Direktor der Landesberufsschule X, dass über die im Schreiben vom 9.12.2014 mitgeteilten Maßnahmen keine weiteren Maßnahmen gesetzt worden seien.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter zu treffenden Entscheidung Folgendes festgestellt und erwogen:

Die Beschuldigte ist Berufsschulpflichtige und versäumte unentschuldigt am 25.10.2013 eine Unterrichtseinheit (von 7.55 Uhr bis 8.25 Uhr), am 21.2.2014 eine Unterrichtseinheit (von 7.55 Uhr bis 8.20 Uhr) und am 1.4.2014 zwei Unterrichtseinheiten (von 7.55 Uhr bis 9.23 Uhr). Dieser Sachverhalt war aufgrund der in Akt der belangten Behörde befindlichen und insoferne unbedenklichen Unterlage sowie der konkretisierenden Mitteilung der Landesberufsschule X als erwiesen anzusehen. Das unentschuldigte Fehlen an den drei im bekämpften Straferkenntnis angeführten Tagen im Ausmaß von einer Unterrichtseinheit bzw am 1.4.2014 von zwei Unterrichtseinheiten wurde von der Beschuldigten nicht bestritten. Sie rechtfertigte sich in der eingebrachten Beschwerde damit, sie habe einmal verschlafen und seien die beiden anderen Fehlstunden durch Verspätungen der öffentlichen Verkehrsmittel entstanden.

Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß § 24 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 77/2013, sind die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen. Minderjährige Schulpflichtige treten, sofern sie das 14. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich dieser Pflichten neben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten.

Nach Abs 4 der zitierten Bestimmung stellt die Nichterfüllung der in den Absätzen 1 bis 3 angeführten Pflichten, hinsichtlich der Pflicht zum regelmäßigen Schulbesuch jedoch erst nach erfolgloser Durchführung der Maßnahmen gemäß § 24a Absätze 2 bis 6, eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu € 440, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Die für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes maßgebliche Bestimmung des § 24a Schulpflichtgesetz 1985, BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 77/2013, lautet wie folgt:

Maßnahmen zur Erfüllung der Schulpflicht (Fünf-Stufen-Plan)

(1) Die nachstehenden Abs 2 bis 6 regeln Maßnahmen für den Fall des nicht regelmäßigen Schulbesuches gemäß § 24 Abs 4 in Verbindung mit § 9 Abs 1 bis 5. Die Maßnahmen sind dann erfolglos im Sinne des § 24 Abs 4, wenn die Überprüfung gemäß Abs 7 ergeben hat, dass die Maßnahmen gemäß Abs 2 bis 6 keine oder eine zu geringe Wirkung zeigen. In begründeten Fällen kann der Schuleiter von Abs 4 bis 7 abweichende Fristen festsetzen.

(2) Zu Beginn jedes Schuljahres ist zwischen Schülern jeder Klasse und dem Klassenlehrer oder dem Klassenvorstand eine Vereinbarung über Kommunikation und Verhaltensweisen zu erarbeiten. Darin sind grundlegende Regeln des Miteinanders im Sinne der Vereinbarungskultur an Schulen zu definieren.

(3) Wenn ein Schüler fünf Tage oder 30 Unterrichtsstunden im Semester oder drei aufeinander folgende Tage unentschuldigt dem Unterricht fern bleibt, sind in einem unverzüglich und verpflichtend durchzuführenden Gespräch zwischen den Erziehungsberechtigten, dem Schüler und dem Klassenlehrer oder Klassenvorstand die Gründe für das Fernbleiben zu erörtern (Stufe I). Es sind weitere Schritte zur Vermeidung von Schulpflichtverletzungen schriftlich zu vereinbaren und die Erziehungsberechtigten sowie der Schüler über ihre Verantwortung zur Erfüllung der Schulpflicht aufzuklären.

(4) Innerhalb von vier Wochen nach dem Gespräch gemäß Abs. 3 ist ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten anzuberaumen, in dem die Zielerreichung gemäß der getroffenen Vereinbarung zu erörtern ist. Wird festgestellt, dass die gesetzten Maßnahmen keine oder eine nur schwache Wirkung zeigen, so hat der Schulleiter Schülerberater und den schulpsychologischen Dienst einzubinden und – wo es möglich ist – Beratungslehrer, Psychagogen, Schulsozialarbeit und Jugendcoaching ergänzend beizuziehen (Stufe II). Es sind Maßnahmen der Konfliktlösung und der Vermittlung zwischen den Beteiligten zu setzen, die zu einer gemeinsamen Identifizierung der Ursachen der Schulpflichtverletzung führen sollen. Auf der Basis der Problemanalyse sind Lösungsansätze zu erarbeiten und ist die gemäß Abs. 3 getroffene schriftliche Vereinbarung unter Berücksichtigung der erarbeiteten Lösungsvorschläge einvernehmlich zu adaptieren.

(5) Innerhalb von vier Wochen nach der neuerlichen Vereinbarung gemäß Abs 4 ist ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten anzuberaumen, in dem die Zielerreichung gemäß der getroffenen Vereinbarung zu erörtern ist. Wird festgestellt, dass die gesetzten Maßnahmen keine oder eine nur schwache Wirkung zeigen, so hat der Schulleiter die Erziehungsberechtigten und den Schüler über die Rechtsfolgen im Falle einer weiteren Schulpflichtverletzung eingehend zu informieren und den zuständigen Beamten des Qualitätsmanagements gemäß § 18 Abs 2 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes zu befassen (Stufe III). Dieser hat in einem weiteren Gespräch mit den Erziehungsberechtigten, dem Schüler und dem Klassenlehrer oder Klassenvorstand die Einhaltung der Vereinbarungen gemäß Abs 3 und 4 zu überprüfen und die weitere Vorgehensweise unter Nutzung der schulischen Beratungssysteme (Abs 4) zur Beseitigung der Ursachen für die Schulpflichtverletzung festzulegen.

(6) Innerhalb von zwei Wochen nach den gemäß Abs 5 gesetzten Maßnahmen hat der zuständige Beamte des Qualitätsmanagements ein weiteres Gespräch zwischen den Beteiligten anzuberaumen, in dem die Zielerreichung gemäß der gesetzten Maßnahmen zu erörtern ist (Stufe IV). Ergibt sich im Rahmen der gesetzten Maßnahmen gemäß Abs 2 bis 5 der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 37 des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989, BGBl Nr 161, ist dem Jugendwohlfahrtsträger unverzüglich Meldung zu erstatten.

(7) Innerhalb von vier Wochen nach dem Gespräch gemäß Abs 6 hat der Schulleiter allenfalls nach Befassung der Jugendwohlfahrt die Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen zu überprüfen. Wird festgestellt, dass die in Abs 2 bis Abs 6 gesetzten Maßnahmen keine oder eine zu geringe Wirkung zeigen, so hat der Schulleiter bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde Strafanzeige gemäß § 24 Abs 4 zu erstatten (Stufe V).

In der Fassung vor der Novellierung des Schulpflichtgesetzes durch BGBl I Nr 77/2013, welche mit 1.9.2013 in Kraft trat, hatte die Bestimmung des § 24 Abs 4 leg cit (BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 75/2001) folgenden Wortlaut:

"Die Nichterfüllung der in den Abs 1 bis 3 angeführten Pflichten stellt eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen."

In den Erläuterungen zur Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985 (Nr 2198 der Beilagen XXIV.GP – Regierungsvorlage) wurde im allgemeinen Teil zu den Hauptgesichtspunkten des Entwurfes ausgeführt, ein fünfstufiges Verfahren solle zur Vermeidung von Schulpflichtverletzungen beitragen; gelinge dies nicht, so liege eine Verwaltungsübertretung vor, die mit bis zu € 440 Geldstrafe zu ahnden sei. Im besonderen Teil der Erläuterungen wurde zur Bestimmung des § 24 Abs 4 Folgendes ausgeführt:

"Nach erfolglosem Durchlaufen des den Hauptinhalt des vorliegenden Entwurfes bildenden fünfstufigen Verfahrens liegt eine Verwaltungsübertretung vor, die gemäß dieser Bestimmung zu ahnden ist. Der Strafrahmen soll von derzeit 220 Euro auf 440 Euro angepasst werden."

Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden die der Beschuldigten vorgeworfenen unentschuldigten Fehlstunden nicht in Abrede gestellt. Es ist jedoch ohne Zweifel davon auszugehen, dass die in § 24a Schulpflichtgesetz 1985 in der zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt geltenden Fassung vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung der Schulpflicht (Fünf-Stufen-Plan) nicht durchgeführt worden sind. Dies ist insoferne auch nicht verwunderlich, zumal davon auszugehen ist, dass die im ersten Satz des § 24a Abs 3 leg cit formulierten Voraussetzungen für die Durchführung dieser Maßnahmen – nämlich ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht für fünf Tage oder 30 Unterrichtsstunden im Semester oder drei aufeinander folgende Tage – im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen ist. Da nach der am 1.9.2013 in Kraft getretenen Fassung des § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 77/2013) die Nichterfüllung der Pflicht zum regelmäßigen Schulbesuch erst nach erfolgloser Durchführung der Maßnahmen gemäß § 24a Abs 2 bis 6 eine Verwaltungsübertretung darstellt, handelt es sich bei den der Beschuldigten zur Last gelegten unentschuldigten Fehlstunden im Ausmaß von zweimal einer Unterrichtseinheit und einmal zwei Unterrichtseinheiten um keine Verwaltungsübertretung. Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 zweiter Fall VStG einzustellen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfallen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal der Wortlaut der Bestimmung des § 24 Abs 4 Schulpflichtgesetz 1985 in der Fassung BGBl I Nr 77/2013 eindeutig ist. Darüber hinaus steht die gegenständliche Entscheidung nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Schulpflichtverletzung, unentschuldigte Fehlstunden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2014:LVwG.16.15.5.2014

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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