TE Vwgh Beschluss 2019/12/13 Ra 2019/11/0204

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Veröffentlicht am 13.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
FSG 1997 §7 Abs3
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Melk gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Oktober 2019, Zl. LVwG-AV-1021/001-2019, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und begleitende Maßnahmen (mitbeteiligte Partei: F K in A), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juli 2019, bestätigt mit Vorstellungsbescheid vom 27. August 2019, wurde die Lenkberechtigung des Mitbeteiligten unter Anordnung begleitender Maßnahmen für sechs Monate entzogen. Begründend wurde ausgeführt, der Mitbeteiligte habe anlässlich einer am 28. Juni 2019 durchgeführten Atemalkoholuntersuchung, bei der das notwendige Blasvolumen nicht erreicht worden sei, nicht auf die Unmöglichkeit der Ablegung des Alkomattests aus medizinischen Gründen hingewiesen, obwohl ihm diese bekannt gewesen sei. Es sei daher von einer Verweigerung des Alkomattests auszugehen. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten statt und hob den angefochtenen Bescheid auf. Gleichzeitig erklärte es eine ordentliche Revision gemäß § 25a VwGG für nicht zulässig.

Begründend ging das Verwaltungsgericht davon aus, der (unstrittige) Umstand, dass das Blasvolumen des Mitbeteiligten aus medizinischen Gründen zu gering für eine erfolgreiche Atemalkoholuntersuchung war, sei weder dem Mitbeteiligten noch den einschreitenden Polizisten im Tatzeitpunkt bekannt gewesen, zumal er den "Alkovortest" positiv absolviert und bei diesem auch noch nie Probleme gehabt habe. Es liege daher keine Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung gemäß den §§ 99 Abs. 1 lit. b iVm. 5 Abs. 2 StVO 1960 und somit auch keine eine Entziehung der Lenkberechtigung rechtfertigende bestimmte Tatsache iSd. § 7 Abs. 3 FSG vor.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der belangten Behörde. Zur Revisionszulässigkeit wird vorgebracht, der Mitbeteiligte habe im Vorstellungsverfahren den Befund eines Lungenfacharztes vom 29. Oktober 2018 vorgelegt, aus dem hervorgehe, "dass es der mitbeteiligten Partei aufgrund einer Gesichtslähmung (Fazialisparese) nicht möglich war einen Lungenfunktionstest (Spirometrie) zu absolvieren". Er habe von seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung somit gewusst. Das angefochtene Erkenntnis weiche von näher zitierter hg. Rechtsprechung ab, der Fälle zugrunde lägen, "in denen den betreffenden Personen ihre gesundheitliche Beeinträchtigung zum Zeitpunkt der Atemluftuntersuchung bekannt war". Es komme "der Rechtsfrage, ob der Lenker eines Kraftfahrzeuges, welcher im Zeitpunkt der Ablegung einer Atemalkoholkontrolle mittels Alkomat von seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung wusste, sich in späterer Folge darauf berufen kann, dass er von der Unmöglichkeit der Ablegung der Atemluftuntersuchung aus medizinischen Gründen nichts wusste, grundsätzliche Bedeutung zu".

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN). 5 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung nicht die Feststellung zugrunde gelegt, der Mitbeteiligte habe aufgrund eines von ihm vorgelegten Befundes eines Lungenfacharztes vom 29. Oktober 2018 von seiner medizinisch bedingten Unfähigkeit, eine Atemalkoholkontrolle mittels Alkomat zu absolvieren, gewusst. Vielmehr ging es aus obgenanntem Grund sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Mitbeteiligte "von seiner Unfähigkeit eine Atemalkoholuntersuchung durchführen zu können im Tatzeitpunkt nicht Kenntnis hatte". Die Revision macht daher zu ihrer Zulässigkeit nicht das Fehlen von Sachverhaltsfeststellungen sondern eine - unzutreffende - Feststellung hinsichtlich der Kenntnis des Mitbeteiligten betreffend seinen Gesundheitszustand - und damit eine unzutreffende Beweiswürdigung - geltend. Fragen der Beweiswürdigung stellen jedoch im Regelfall keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa VwGH 18.8.2017, Ra 2017/11/0218; 11.6.2018, Ra 2018/11/0103; jeweils mwN). 6 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019110204.L00

Im RIS seit

06.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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