TE Vwgh Beschluss 2019/11/29 Ra 2019/14/0449

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.2019
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
MRK Art3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y in Z, vertreten durch Dr. Bernhard Zettl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Auerspergstraße 42, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Juli 2019, W204 2151289-2/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 20. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 21. Februar 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte jedoch dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21. Februar 2018.

2 Am 23. Jänner 2018 brachte der Revisionswerber einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung ein. 3 Mit Bescheid vom 24. Mai 2018 erkannte das BFA dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 (AsylG 2005) ab, entzog ihm die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 1.10.2019, Ra 2019/20/0441, mwN).

9 In der Revision wird als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage geltend gemacht, ob einem (bei Zuerkennung minderjährigen) Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten bei im Wesentlichen unveränderter Sicherheitslage nur aufgrund der inzwischen eingetretenen Volljährigkeit aberkannt werden könne, wenn dieser Status allein aufgrund der prekären Sicherheitslage in seiner Heimat, nicht jedoch aufgrund seiner Minderjährigkeit zuerkannt worden sei. 10 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 27.5.2019, Ra 2018/14/0292, mwN).

11 Im vorliegenden Fall begründete das Bundesverwaltungsgericht in seinen rechtlichen Erwägungen die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zusammengefasst damit, dass sich die individuelle Situation des Revisionswerbers geändert habe. Die Gewährung des subsidiären Schutzes sei aufgrund der Sicherheitslage in Verbindung mit der damals vorliegenden Minderjährigkeit des Revisionswerbers erfolgt. Der - nunmehr volljährige - Revisionswerber sei ein arbeitsfähiger, gesunder, junger Mann, der über eine in Afghanistan erworbene Schulbildung und in Österreich gesammelte Berufserfahrung verfüge. Vor diesem Hintergrund sei dem Revisionswerber eine Rückkehr nach Afghanistan möglich und zumutbar.

12 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betrifft die Auslegung eines konkreten Bescheides grundsätzlich nur den Einzelfall. Diese stellt nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0313, mwN). 13 Die Revision zeigt nicht auf, dass das vom Bundesverwaltungsgericht erzielte Ergebnis, wonach für die Entscheidung, dem Revisionswerber subsidiären Schutz zuzuerkennen, maßgeblich gewesen sei, dass er im Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung noch minderjährig und somit als besonders schutzbedürftig anzusehen gewesen sei, in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre. Aus dem Gesamtzusammenhang der Begründung des Gewährungsbescheides, der umfangreichen Ausführungen zum Geburtsdatum des Revisionswerbers nach Einholung von Gutachten zur Altersfeststellung und unter Berücksichtigung, dass die Begründung im Hinblick auf die erfolgte Bewilligung kurz gehalten war, ergibt sich bei verständiger Betrachtung, dass die Gewährung des subsidiären Schutzes vor dem Hintergrund der damals von der Behörde festgestellten Minderjährigkeit erfolgte.

14 Auf die zur Begründung der Zulässigkeit aufgeworfene Frage kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.

15 Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 27. Mai 2019, Ra 2019/14/0153, bereits - hier zusammengefasst - ausgeführt, dass in Bezug auf die Frage, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, sodass Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht, es regelmäßig nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses ankommt. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann sich durchaus auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation, darstellen. In diesem Sinn kann bei einem Fremden, dem als Minderjähriger subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, das Erreichen der Volljährigkeit eine Rolle spielen, etwa dadurch, dass - so wie auch im hier vorliegenden Fall - im Lauf des fortschreitenden Lebensalters in maßgeblicher Weise Erfahrungen in diversen Lebensbereichen hinzugewonnen werden.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. November 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140449.L00

Im RIS seit

30.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten