TE Vwgh Beschluss 2019/10/22 Ra 2019/10/0154

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Veröffentlicht am 22.10.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §69 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des F F in S, vertreten durch Gloß Pucher Leitner Gloß Enzenhofer Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 5. August 2019, Zl. LVwG-AV-525/001-2019, betreffend Wiederaufnahme eines forstbehördlichen Verfahrens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 5. August 2019 wurde - im Beschwerdeverfahren - der Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 2. Mai 2016 abgeschlossenen forstbehördlichen Verfahrens abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision geltend, das Verwaltungsgericht sei von jener Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 19.4.2007, 2004/09/0159), die es im angefochtenen Erkenntnis selbst zitiert habe, abgewichen. Nach dieser Judikatur kämen nachträgliche Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten als Wiederaufnahmegrund in Betracht, wenn sie sich auf "alte", das heißt nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene Tatsachen bezögen. Durch eine Zeugenaussage des Amtssachverständigen P in einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. November 2017 habe sich dessen seinerzeitiges Gutachten als unrichtig erwiesen. Es liege daher "eine neue Tatsache, ein neuer Sachverhalt vor", sodass "die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens gegeben" seien.

6 Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von deren Lösung das Schicksal der Revision abhängt, aufgezeigt, weil das Verwaltungsgericht die genannte hg. Rechtsprechung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und ausdrücklich davon

ausgegangen ist, dass die "nachträglichen Zeugenaussagen ... als

Wiederaufnahmegrund in Betracht" kämen, weil sie sich auf "alte", nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene Tatsachen bezögen. Das vom Revisionswerber behauptete Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt daher nicht vor. Die Versagung der Wiederaufnahme wurde vom Verwaltungsgericht vielmehr damit begründet, dass die weitere Voraussetzung für eine Wiederaufnahme, wonach das Beweismittel ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht habe werden können, nicht vorliege. Es sei dem Revisionswerber die Namhaftmachung der Zeugen bzw. ein diesbezüglicher Beweisantrag bereits in jenem Verfahren, dessen Wiederaufnahme beantragt worden sei, möglich und zumutbar gewesen. Es liege daher ein dem Revisionswerber zurechenbares Verschulden vor, welches die Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließe. Zu diesen Ausführungen wird vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aber nicht behauptet.

7 Der Vollständigkeit halber ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass nach den vom Verwaltungsgericht vorgelegten Akten der gegenständliche (mit 3. Jänner 2018 datierte) Wiederaufnahmeantrag am 10. Jänner 2018 zur Post gegeben wurde, die Zeugenaussage des Amtssachverständigen P, die in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision allein ins Treffen geführt wird, aber in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. November 2017 - nach Ausweis der vom Revisionswerber mit dem Wiederaufnahmeantrag vorgelegten Verhandlungsschrift: in Anwesenheit des Revisionswerbers und seines Rechtsvertreters - zu Protokoll gegeben wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beginnt die in § 69 Abs. 2 AVG vorgesehene subjektive Frist (von zwei Wochen) aber bereits mit der Kenntnis des Antragstellers von dem Sachverhalt, der den Wiederaufnahmegrund bilden soll; entscheidend ist die Kenntnis von einem Sachverhalt, nicht aber die rechtliche Wertung dieses Sachverhalts. Für den Fristenlauf ist daher nicht maßgebend, ob dem Antragsteller die mögliche Qualifizierung eines Sachverhalts als Wiederaufnahmegrund bewusst ist (vgl. VwGH 1.7.2019, Ra 2019/14/0261; 26.4.2013, 2011/11/0051; 13.1.1993, 92/12/0046).

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2019

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019100154.L00

Im RIS seit

30.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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