TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/8 LVwG-AV-1044/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.10.2019

Norm

AuskunftsG NÖ 1988 §6
B-VG Art20 Abs3
DSG 2000 §1
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art4 Z1
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art4 Z2
32016R0679 Datenschutz-GrundV Art6 Abs1 litf

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag.Dr. Wessely, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch B, Rechtsanwaltspartnerschaft in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 23. Juli 2019, Zl. ***, betreffend NÖ Auskunftsgesetz, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG keine Folge gegeben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Schriftsatz vom 26. April 2019 ersuchte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde um Auskunft darüber, ob in dem (aufgrund seiner Anzeigen eingeleiteten, bei der belangten Behörde anhängigen Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn C jenes Gutachten, auf das in einem Artikel der *** aus dem Dezember 2018 hingewiesen würde, zwischenzeitig vorliege. Treffe dies zu, würde um „elektronische Übermittlung eines anonymisierten Exemplars“ ersucht. Nach Mitteilung der belangten Behörde vom 21. Mai 2019, ***, wonach die begehrte Auskunft unter anderem aus Datenschutzgründen nicht erteilt werden könne, beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 6 NÖ Auskunftsgesetz eine bescheidmäßige Erledigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Auskunftserteilung ab, wobei sie begründend erneut auf die einer Auskunftserteilung entgegenstehenden Interessen bzw. Pflichten, die sich zum einen aus dem Gebot der Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG, zum anderen aus § 1 DSG 2000 ergäben, verwies. Näherhin handle es sich beim Leumund einer Person um personenbezogene Daten und könne vom Beschwerdeführer ein das Geheimhaltungsinteresse des Beschuldigten überwiegendes Interesse nicht dargelegt werden.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, jenen Sachverhalt, der zur Einleitung des Strafverfahrens geführt habe, der Behörde angezeigt zu haben. Zumal das fragliche Firmenlogo auf großflächigen Transparenten im Bereich der Großbaustelle der Neuen Mittelschule *** angebracht gewesen sei, sei es für den Beschwerdeführer als Sohn eines vor den Nationalsozialisten geflohenen jüdischen Vaters unzumutbar, mit seinen Kindern an demonstrativ öffentlich zur Schau gestellten SS-Runen vorbeigehen zu müssen. Auch habe ein Experte des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands in einem Kurzgutachten festgehalten, dass eine Variation der Doppelsigrune als Abzeichen der Schutzstaffel (SS) eigentlich verboten wäre. Auch sei das Logo Gegenstand medialer Berichterstattung gewesen, was belege, dass ein öffentliches Interesse an dieser Angelegenheit bestehe. Dies nicht zuletzt deswegen, weil es sich beim Beschuldigten um einen FPÖ-Politiker handle und sohin den Funktionär einer politischen Partei, der eine besondere Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut nachgesagt würde. Das öffentliche Interesse würde weiters durch die zahlreichen Anzeigen aufgebrachter Mitbürger belegt, sodass die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran habe, zu wissen, ob zwischen dem Firmenlogo und der Doppelsigrune auch nach Ansicht eines unabhängigen Sachverständigen eine Ähnlichkeit vorliege. Zumal bloß um Übermittlung des Gutachtens in anonymisierter Form ersucht worden sei, lasse dieses keine weiteren Rückschlüsse auf die von der belangten Behörde gesetzten Ermittlungsschritte und den weiteren Verfahrensgang zu, sodass Beschuldigteninteressen des Herrn C dadurch nicht beeinträchtigt werden könnten.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Das Landesverwaltungsgericht stellt dazu fest:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss. Soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden. Relevant ist dabei im Bescheidbeschwerdeverfahren – nach h.M. (i.d.S. auch VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – regelmäßig die in seinem Entscheidungszeitpunkt geltende Sach- und Rechtslage, sodass diesbezügliche Änderungen – zum Vor- und Nachteil des Beschwerdeführers (VwGH 27.3.2007, 2007/18/0059) zu berücksichtigen sind.

Im konkreten Fall bezieht sich das Auskunftsersuchen auf zwei voneinander trennbare Aspekte, nämlich jenen, ob bereits ein Gutachten vorliegt und jenen nach dem Inhalt desselben. Generell verweigert die belangte Behörde die Auskunft unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG, andererseits aus Datenschutzgründen. Insoweit ist mit der belangten Behörde zunächst festzuhalten, dass es sich bei Informationen, die sich aus einem Verwaltungsstrafakt ergeben, um personenbezogene Daten i.S.d. Art. 4 Z 1 DSGVO bzw. des § 1 DSG handelt, also um Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (vgl. zum Vorgängerregime VwGH 27.6.2007, 2007/04/0105; weiters VwGH 26.6.2019, So 2019/03/0001 [Disziplinarverfahren]). An der Geheimhaltung von im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens vorhandenen Daten besteht ein Interesse des Beschuldigten (vgl. VwGH 26.6.2019, So 2019/03/0001).

Der Schutz personenbezogener Daten ist jedoch nicht absolut. Vielmehr ist ihre Verarbeitung, zu der auch die Erhebung, die Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung zählen (Art. 4 Z 2 DSGVO) dann zulässig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Wie bereits nach früherer Rechtslage hängt daher die Zulässigkeit der Auskunftserteilung davon ab, ob ein überwiegendes berechtigtes Interesse des Auskunftsersuchenden gegenüber dem gegenläufigen Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen besteht (VwGH 27.6.2007, 2007/04/0105; 26.6.2019, So 2019/03/0001). Um welche konkreten Interessen es sich handelt, hat im Zuge des Auskunftsverfahrens der Auskunftswerber initiativ darzulegen.

Im konkreten Fall stellt der Beschwerdeführer zwar nicht schlechthin in Abrede, dass es sich bei den begehrten Informationen um personenbezogene Daten im Sinn der DSGVO bzw. des DSG handelt, vermeint jedoch zum einen, ohnehin nur die Übermittlung des Gutachtens in anonymisierter Form beantragt zu haben. Die Ansicht, dass dadurch die Schutzwürdigkeit des im Verwaltungsstrafverfahren Beschuldigten geringer würde, kann schon deshalb nicht geteilt werden, weil das Gutachten evidentermaßen aus dem konkreten Verwaltungsstrafakt stammen soll, sodass es sich schon definitionsgemäß nicht um anonymisierte Informationen handeln kann. Im Übrigen vermeint er, von einem überwiegenden Interesse an der Auskunft ausgehen zu können. Insoweit verweist der Beschwerdeführer zunächst darauf, dass an der Auskunft ein (durch verschiedene Umstände belegtes) öffentliches Interesse bestehe. Entgegen Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO macht der Beschwerdeführer damit jedoch keine ihm zukommenden Interessen geltend, sodass einem damit begründeten Interesse des Beschwerdeführers schon aus diesem Grund kein Erfolg beschieden ist. Kein berechtigtes Interesse des Beschwerdeführers vermag aber auch darin erkannt zu werden, dass es ihm unzumutbar wäre, mit seinem Sohn an Transparenten vorbeizugehen, die das Logo des Herrn C tragen. Diesbezüglich kann schon ein Zusammenhang mit dem Auskunftsbegehren nicht erkannt werden. Am Zurücktreten dieser Interessen über den Stand und Inhalt des Verwaltungsstrafverfahrens hinter das Geheimhaltungsinteresse des Herrn C kann auch der Umstand nichts ändern, dass Letzterer – der Ansicht des Beschwerdeführers zufolge – eine Verwaltungsübertretung begangen haben könnte. Ein Auskunftswerber vermag nämlich seine fehlende Parteistellung in einem Verwaltungsstrafverfahren nicht im Wege der Ausübung des Rechts auf Auskunftserteilung zu kompensieren (vgl. VwGH 23.10.2013, 2013/03/0109; 25.11.2015, Ra 2015/09/0052; 26.6.2019, So 2019/03/0001).

Zumal die Geheimhaltungsinteressen des Herrn C die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen an der Auskunftserteilung überwiegen, erfolgte die Verweigerung der Auskunft zu Recht, sodass der Beschwerde kein Erfolg beschieden war.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der obzitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfolgte.

Schlagworte

Auskunftsrecht; Auskunftsbegehren; Datenschutz; personenbezogene Daten; Geheimhaltungsinteresse; Unionsrecht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1044.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten