TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/23 98/01/0040

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Veröffentlicht am 23.09.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §11a Z1;
StbG 1985 §11a Z2;
StbG 1985 §11a Z3;
StbG 1985 §11a Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Kurt Waldhör, Rechtsanwalt in 4929 Bad Ischl, Esplanade 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. November 1997, Zl. Gem(Stb)-401419/5-1997-Pr/Gru, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. November 1997 wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 i.V.m. § 11 a Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 i.d.F. BGBl. Nr. 505/1994 (StbG), ab.

Die belangte Behörde begründete den Bescheid damit, daß der Beschwerdeführer seit 31. Oktober 1989 den Hauptwohnsitz in Österreich habe. Er sei seit 9. Mai 1992 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wien vom 24. Oktober 1996 wegen fahrlässiger Krida, § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 Strafgesetzbuch, zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt worden. Im Ermittlungsverfahren seien von der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich Bedenken gegen die Einbürgerung des Beschwerdeführers unter Hinweis auf die gerichtliche Vorstrafe geäußert worden. Dem Beschwerdeführer sei in Wahrung des Parteiengehörs vorgehalten worden, daß mit der Abweisung seines Antrages zu rechnen sei. Für diesen Fall habe er eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof angekündigt.

Die belangte Behörde hielt dem Vorbringen, daß es sich bei der Straftat der fahrlässigen Krida nicht um ein Vorsatz-, sondern um ein Fahrlässigkeitsdelikt handle, entgegen, daß es sich um einen Rechtsbruch handle, der massiv in die öffentliche Ordnung und Sicherheit des österreichischen Rechtsbereiches eingreife, zumal ein Schaden von fast S 10,000.000,-- entstanden sei, der eine erhebliche Erschütterung von Gläubigerinteressen darstelle. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß auch gerichtliche Verurteilungen wegen Fahrlässigkeitsdelikten den Ausschlußgrund des § 10 Abs. 1 Z. 5 StbG darstellen können. Es handle sich um einen Rechtsbruch, der den Schluß gerechtfertigt erscheinen lasse, der Beschwerdeführer werde auch in Zukunft wesentliche, zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten. Der Ausschlußgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG liege vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 StbG kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und kein Einbürgerungshindernis nach den Z. 1 bis 8 dieses Absatzes vorliegt. Insbesondere darf gemäß Abs. 1 Z. 6 dieses Paragraphen die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur dann verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit bildet.

Gemäß § lla StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

sein Ehegatte Staatsbürger ist,

die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,

er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und

a) die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder

b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist.

Aus der zuletzt angeführten Gesetzesstelle folgt, daß die Behörde bei Vorliegen der darin normierten Voraussetzungen verpflichtet ist, die Staatsbürgerschaft zu verleihen, ohne daß ihr hiebei ein Ermessen eingeräumt wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/01/0005). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieses Paragraphen ist von der Behörde auch das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG zu prüfen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG steht die rechtskräftige Verurteilung wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten der Verleihung der Staatsbürgerschaft entgegen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.

Bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorzunehmenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat - vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt ist, auszugehen. Die zeitliche Komponente ist in die Überlegungen miteinzubeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. März 1998, Zl. 97/01/0433). Der Gesetzgeber stellt nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erlassene Vorschriften mißachten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0118, vom 11. März 1998, Zl. 97/01/0433 und die dort zitierte Judikatur). Auch Straftaten, welche sich gegen das Vermögen anderer richten, sind hiemit erfaßt.

Im Hinblick darauf, daß nach dem im Akt einliegenden Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen vom 24. Oktober 1996 der Tatbegehungszeitraum am 16. Oktober 1990 (sohin kurz nach Wohnsitznahme des Beschwerdeführers in Österreich) begann, bis 9. August 1994 andauerte und einen großen Kridaschaden in Höhe von S 9,600.000,-- bewirkte, der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst ca. acht Jahre in Österreich wohnhaft war und die Zeit seit gerichtlicher Ahndung der Tat zu kurz ist, um eine Prognose zukünftigen Wohlverhaltens im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG treffen zu können, ist die - im wesentlichen nur auf Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftat gestützte - Prognose der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zudem ist zu beachten, daß die Verurteilung wegen einer auf Fahrlässigkeit beruhenden Tat zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten dem - allein - auf einer Verurteilung zu einer mit Vorsatz begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten beruhenden Ausschlußgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG nahekommt.

Der Hinweis auf das praktizierte Vorgehen der Behörde in einem anderen Fall (causa Goldberger) entfaltet keine rechtlichen Auswirkungen auf den vorliegenden Fall.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010040.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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