RS Vfgh 2019/9/24 E1588/2019

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
Lohn- und Sozialdumping-BekämpfungsG §19 Abs4
AuslBG §18 Abs12

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung von Anträgen auf Ausstellung von EU-Überlassungsbestätigungen; Gewährleistung von Rechtsschutz auch nach Ablauf des Zeitraums der beantragten Überlassung geboten

Rechtssatz

Die Anträge der Beschwerdeführerin auf Ausstellung von EU-Überlassungsbestätigungen für die beantragten Zeiträume für 14 Arbeitnehmer wurden von der jeweiligen Regionalstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §18 Abs12 AusIBG abgewiesen und die Überlassung wurde untersagt: Auf Grund des Rechtssitzes in Österreich könne nicht von einer Arbeitskräfteüberlassung von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich iSd §18 Abs12 AusIBG ausgegangen werden. Die dagegen erhobenen Beschwerden hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu Unrecht mangels Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen. Vielmehr hätte es überprüfen müssen, ob die Abweisung der Anträge und Untersagung der Überlassung rechtmäßig erfolgt ist, denn es liegt kein Grund vor, das Rechtsschutzinteresse hier zu verneinen, zumal bei derartigen zeitraumbezogenen Rechten prinzipiell davon auszugehen ist, dass ein Rechtsschutzinteresse besteht:

Der Annahme des BVwG folgend, dass ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Sachentscheidung nur innerhalb des jeweiligen Überlassungszeitraumes besteht, wären Konstellationen wie die vorliegende generell dem Rechtsschutz entzogen. So würde angesichts des im Regelfall gegebenen zeitlichen Rahmens solcher Verfahren eine Rechtsmittelentscheidung kaum jemals vor Ablauf des beantragten Überlassungszeitraumes ergehen. Im Hinblick auf die Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin ist ferner zu bedenken, dass sie beabsichtigt, das in Rede stehende Verhalten in Zukunft zu wiederholen, womit die Bedeutung der Entscheidung für gleich- oder ähnlich gelagerte Sachverhalte für sie weiterhin gegeben ist.

Schließlich ist es der Beschwerdeführerin nicht zumutbar, eine gerichtliche Sachentscheidung zu erwirken, indem sie entweder keine Meldung der geplanten Tätigkeit erstattet oder entgegen der bescheidmäßigen Untersagung handelt und eine Verwaltungsübertretung begeht, da ein Strafverfahren jedenfalls nicht angestrengt werden muss, um Rechtsschutz zu erlangen.

Da die bescheidmäßige Abweisung der Anträge bzw Untersagung der Überlassung sohin auch nach dem Ablauf des Zeitraumes der beantragten Überlassung rechtliche Wirkung entfaltet, hätte das BVwG im vorliegenden Fall Rechtsschutz gewähren müssen. Durch die Zurückweisung der Beschwerde hat das BVwG zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Arbeitsrecht, Arbeitskräfteüberlassung, Ausländerbeschäftigung, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E1588.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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