TE Vwgh Erkenntnis 1989/1/20 88/18/0345

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Veröffentlicht am 20.01.1989
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §9 Abs7
VStG §44a lita

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde der HS in P, vertreten durch Dr. Werner Pennerstorfer, Rechtsanwalt in St. Pölten, Herrengasse 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. August 1988, Zl. I/7-St-Sch-87239, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. August 1988 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 1. Juni 1987 um 12,41 Uhr in St. Pölten, Bahnhofsplatz, vor dem Haus Nr. 1a, als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws das Fahrzeug nicht entsprechend der Regelung durch die Bodenmarkierung zum Halten abgestellt zu haben. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 7 StVO 1960 begangen, weshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. über sie eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Überlegungen als berechtigt:

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. N. F. Nr. 11.894/A) ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich wird, und 2) daß die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Dieser letzten Forderung ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Erfordernissen kam die belangte Behörde, die den diesbezüglichen Teil des Spruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch Bestätigung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhob, in keiner Weise nach. Denn der § 44a lit. a VStG 1950 betreffende Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides erschöpft sich in der rechtlichen Würdigung eines nicht näher dargestellten Sachverhaltes. Dem Spruch ist somit in keiner Weise zu entnehmen, welcher konkrete Sachverhalt der Beschwerdeführerin zur Last gelegt wird.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne auf das Beschwerdevorbringen im einzelnen eingehen zu müssen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelgebührenaufwand für eine nicht erforderliche dritte Ausfertigung der Beschwerde.

Wien, am 20. Jänner 1989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1988180345.X00

Im RIS seit

10.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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