TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/30 94/13/0195

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Veröffentlicht am 30.09.1998
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §167 Abs2;
BAO §183 Abs4;
BAO §184;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der N-GesmbH in Wien, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Juni 1994, Zl. GA 5 - 1825/11/94, betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds bei Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag für den Zeitraum 1. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde als Konsequenz der Feststellungen einer Betriebsprüfung festgestellt, daß Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von insgesamt rund S 2,8 Mio. nachzufordern sei. Bei der Betriebsprüfung war festgestellt worden, daß die im Prüfungszeitraum von einer W-GmbH (Stempelabdruck W-GmbH & Co KG), in der Folge W bezeichnet, ausgestellten Rechnungen nicht anzuerkennen seien, weil diese Gesellschaft nach dem Ermittlungsergebnis der Prüfer in diesem Zeitraum nicht mehr existiert habe. Es stehe jedoch außer Zweifel, daß die in diesen Fakturen aufscheinenden Leistungen erbracht worden seien, weshalb als erwiesen angenommen wurde, daß diese Arbeiten durch "Schwarzarbeiter, Pfuscherpartien udgl." geleistet worden seien. Ing. N, welcher offensichtlich allein für diese Malversationen verantwortlich sei, habe hiezu keine aufklärenden Angaben gemacht. Bei der Gewinnermittlung seien die diesbezüglichen Ausgaben im Nettofakturenwert anzuerkennen, zumal der jeweils von der Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin an Ing. N übergebene Scheck über den Bruttobetrag der Rechnungen von Ing. N seinem Privatkonto gutgebracht worden sei und in unmittelbarer zeitlicher Nähe hiezu Ing. N von seinem Konto einen im Durchschnitt der einzelnen Jahre in etwa der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer entsprechenden verminderten Betrag wieder abgehoben habe. Es sei daher davon auszugehen, daß der auf den Fakturen ausgewiesene Nettobetrag zur Bezahlung der Arbeitskräfte aufgewendet worden sei.

Im Lohnsteuerprüfungsverfahren wurde demgegenüber allerdings davon ausgegangen, daß als Bemessungsgrundlage für die genannten Nachforderungen nur 70 % der Nettofakturensumme in Ansatz zu bringen seien.

Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ - gemäß § 200 BAO vorläufig - gegenüber der Beschwerdeführerin einen entsprechenden Haftungs- und Zahlungsbescheid für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine dagegen sowie eine gegen den in der Folge ergangenen Bescheid, mit welchem der vorläufige Bescheid für endgültig erklärt wurde, eingebrachte Berufung - soweit dies im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof strittig ist - abgewiesen. In diesen Berufungen hatte die Beschwerdeführerin im wesentlichen entsprechende Dienstverhältnisse, die eine Nachforderung an Lohnabgaben rechtfertigten, in Abrede gestellt und unter Hinweis auf ihr Vorbringen ihre Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß es der Betriebsprüfung nicht gelungen sei, die Existernz der W zu widerlegen. Die belangte Behörde stellte die Beweisergebnisse, aufgrund derer sie zur Annahme gelangte, daß die W im Streitzeitraum (bereits längere Zeit) nicht mehr existierte, und die tatsächlich erbrachten Leistungen von Schwarzarbeitern erbracht wurden, umfangreich und detailliert dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt in zwei Punkten, daß die Beweisaufnahme hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhaltes unvollständig geblieben sei und in einem Punkt einen Begründungsmangel, weshalb dem angefochtenen Bescheid - neben einer behaupteten, aber nicht näher ausgeführten inhaltlichen Rechtswidrigkeit - eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anhafte. Zum diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ist folgendes zu sagen:

1. Im Berufungsverfahren hatte die Beschwerdeführerin gerügt, daß aus einem Aktenvermerk, wonach sich an der Rechnungsadresse der inkriminierten Rechnungen keine W, sondern die F und R-GmbH befinde und laut Hausinnehabung nur vor zehn bis fünfzehn Jahren eine W befunden habe, nicht hervorgehe, wer die Erhebungen durchgeführt habe, wann diese Erhebungen stattgefunden hätten und wer seitens der Hausinnehabung als Auskunftsperson gedient habe. Die belangte Behörde stellte in der Folge im Vorhaltsweg Ermittlungen bei der F und R-GmbH an, ob in den Jahren 1987 bis 1990 eine W an der gegebenen Anschrift existent gewesen sei bzw. Räumlichkeiten an dieser Adresse - möglicherweise als Untermieter - genutzt habe. Die diesbezügliche Antwort der F und R-GmbH lautete dahingehend, daß sich seit 1. März 1986 "wir, die F und R GmbH" an der Adresse "befinden". Seit dieser Zeit habe es im Hause keine W gegeben. Im angefochtenen Bescheid bezog sich die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung unter anderem auf dieses Beweisergebnis.

In der Beschwerde wird hiezu neben der oben dargestellten Kritik im Verwaltungsverfahren gerügt, daß die Anfrage an die F und R-GmbH nicht ausreichend gewesen sei, weil sich der Antwort dieser Gesellschaft nicht entnehmen lasse, ob ihr, sollte die W "an der angegebenen Adresse tätig sein, dies hätte bekannt sein müssen, oder ob das Gelände an dieser Anschrift so weitläufig ist, daß auch andere Firmen ohne Wissen der F und R tätig sein können". Die von der belangten Behörde vorgenommene Anfrage erreiche das Ziel der seinerzeit gestellten Beweisanträge nicht, weil die Behörde verpflichtet gewesen wäre, neuerliche Erhebungen an Ort und Stelle unter Befragung mehrerer Hausparteien vorzunehmen.

Mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Einerseits ist den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, daß im Verfahren ein derartiger, auf Vernehmung mehrerer Hausparteien gerichteter Beweisantrag gestellt wurde. Darüber hinaus behauptet die Beschwerdeführerin aber in der Beschwerde nicht, daß an der entsprechenden Andresse - entgegen den unbestrittenen Feststellungen der Betriebsprüfung, daß sich dort (nur) die F und R-GmbH befindet - überhaupt "mehrere Hausparteien" etabliert seien oder das Gelände entsprechend weitläufig sei, sodaß es möglich wäre, daß dort ohne Wissen der F und R-GmbH auch die (im übrigen im Handelsregister bereits gelöschte)

W tätig hätte werden können. Für eine Ermittlung in die Richtung der von der Beschwerdeführerin diesbezüglich vermißten Sachverhaltselemente hatte die belangte Behörde daher keine Veranlassung, zumal der Beschwerdeführerin das Beweisergebnis zur Wahrung des Parteiengehörs unbestritten vorgehalten wurde, ohne daß sie entsprechende Einwendungen bereits im Verwaltungsverfahren erhoben hat.

2. Die Beschwerdeführerin rügt weiters, daß drei namentlich genannte Personen (MP, GP und VZ) nicht als Zeugen einvernommen worden seien. Die Befragung der genannten Zeugen wäre geboten gewesen, nähere Angaben über den "Firmeninhaber G" (der W) in Erfahrung zu bringen. Auch diese Verfahrensrüge ist verfehlt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift in Einklang mit den vorgelegten Verwaltungsakten dargetan hat - ein Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme nur hinsichtlich VZ gestellt wurde. Weiters ist aktenkundig, daß die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgefordert hat, den laut Angaben der Beschwerdeführerin im ehemaligen Jugoslawien mit unbekannter Adresse wohnhaften VZ stellig zu machen, die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung jedoch unter Hinweis darauf nicht nachgekommen ist, daß dort "derzeit" Kriegsgebiet sei. Hinzu kommt, daß der belangten Behörde eine schriftliche Erklärung des VZ (und daneben auch des MP und des GP) vorlagen, welche die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung auch von der Beschwerdeführerin unwidersprochen berücksichtigt hat.

3. Ein Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides wird insofern gerügt, als nicht verständlich sei, weshalb die "belangte Behörde, gleich wie die Erstbehörde, von ca. 70 % als Eigenleistung" der Beschwerdeführerin ausgehe. Wie die Beschwerdeführerin somit selbst einräumt, wurde bereits im Verwaltungsverfahren erster Instanz von diesem Prozentsatz ausgegangen. Von der Beschwerdeführerin wurde aber im gesamten Verwaltungsverfahren nicht behauptet, daß dieser Prozentsatz für sie nicht nachvollziehbar oder zu hoch sei. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, daß das Schätzungsausmaß als solches nicht strittig ist und daher keiner Begründung bedurfte. Dadurch, daß im angefochtenen Bescheid - folgt man der eingangs dargestellten Annahme der Prüfer des Betriebsprüfungsverfahrens, warum Ausgaben in Höhe der Nettofakturenwerte anzuerkennen seien - eine ohne Begründung durch einen allenfalls zu niedrigen Prozentsatz zu niedrige Bemessungsgrundlage für die nachgeforderten Lohnabgaben angesetzt wurde, kann die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten jedenfalls nicht verletzt sein. Ein relevanter Begründungsmangel liegt daher ebenfalls nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994130195.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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