RS Vwgh 2019/11/6 Ro 2019/12/0001

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Veröffentlicht am 06.11.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs1
AVG §13 Abs8 idF 1998/I/158
AVG §56
AVG §6
AVG §66 Abs2
AVG §66 Abs4
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwRallg

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2019/12/0003 E 10.04.2020

Rechtssatz

Die Änderung des Begehrens von der ursprünglich begehrten Rechtsgestaltung auf eine bescheidförmige Feststellung erfolgte (erst) im Zuge des Berufungsverfahrens. Diesfalls ist eine solche Änderung - auch bei Berücksichtigung des § 13 Abs. 8 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 - nur zulässig, wenn dadurch die "Sache" des Berufungsverfahrens nicht überschritten wird. "Sache" des Berufungsverfahrens (§ 66 Abs. 4 AVG) ist grundsätzlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Behörde erster Instanz gebildet hat (vgl. VwGH 26.4.2011, 2010/03/0109). Demnach hängt die Frage, wie weit eine Antragsänderung gehen darf, auch entscheidend davon ab, ob sie vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung - weiterhin - grundsätzlich zulässig und kann etwa auch zur Kassation eines Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG führen (vgl. VwGH 20.4.2001, 2001/05/0019). Allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Projektmodifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt und es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass diese für das Berufungsverfahren grundlegende Bestimmung durch die Aufnahme des § 13 Abs. 8 AVG eine Änderung erfahren hätte sollen. Somit ist es für die Zulässigkeit einer Antragsänderung nicht essentiell, ob hiedurch das "Wesen der Sache" im Verständnis des § 13 Abs. 8 AVG eine Änderung erfahren hat. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der geänderte Berufungsantrag noch auf jene "Sache" bezogen hat, welche Gegenstand der Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde gewesen ist. Dies ist auszuschließen, wenn sich der geänderte Berufungsantrag auf die Erlassung einer anderen Bescheidart, nämlich auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides anstelle des ursprünglich beantragten Rechtsgestaltungsbescheides, bezieht. Es mag durchaus zutreffen, dass eine Änderung der "Sache" jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn eine andere Norm zur Anwendung kommt. Dies schließt freilich nicht aus, dass eine Änderung der Sache auch dann vorliegt, wenn eine andere Art von Bescheid beantragt wird (vgl. VwGH 23.6.2014, 2013/12/0224). Da die VwG funktionell an die Stelle der Berufungsbehörden getreten sind, die sie insofern abgelöst haben, gilt diese Rechtsprechung gleichermaßen für Antragsänderungen im Verfahren vor dem VwG (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/22/0086). Liegt ein Feststellungsbegehren außerhalb der "Sache" des Verfahrens vor der Behörde vor, so ist der diesbezügliche Antrag gemäß § 6 AVG an die Behörde zu übermitteln.

Schlagworte

Allgemein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019120001.J08

Im RIS seit

14.07.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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