TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/30 98/02/0070

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Veröffentlicht am 30.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
KFG 1967 §103 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.Böhm, über die Beschwerde des RH in Wien, vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Dezember 1997, Zl. UVS-03/P/19/04305/97, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Dezember 1997 für schuldig befunden, er habe es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 28. Februar 1997, zugestellt am 11. März 1997, binnen zwei Wochen bekannt zu geben, wer dieses Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher umschriebenen Ort abgestellt habe, weil die vom Beschwerdeführer genannte Adresse des angeblich auskunftspflichtigen M.d.S. ungenügend sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 begangen, wehalb gegen ihn eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) zu verhängen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer auf Grund der an ihn ergangenen Aufforderung der Behörde erster Instanz angegeben, die Auskunftspflicht hinsichtlich des Abstellens des angeführten Kraftfahrzeuges treffe M.d.S., welcher in "23 Calle Teniente Enrique Herreras El Salvador, San Salvador" wohnhaft sei. Ein in der Folge an den Genannten unter dieser Anschrift abgesendetes Aufforderungsschreiben zur Bekanntgabe des verantwortlichen Lenkers wurde der Behörde erster Instanz mit dem postamtlichen Vermerk "Direccion deficiente" - von der belangten Behörde mit "Adresse mangelhaft" übersetzt - rückgemittelt.

Die belangte Behörde vertrat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, der Beschwerdeführer habe mit seiner Behauptung, die angegebene Adresse sei die einzige ihm bekannte Anschrift des Auskunftspflichtigen nicht zu überzeugen vermocht, weil kein Hinweis hervorgekommen sei, daß die nunmehr als mangelhaft erkannte Adresse zu irgendeinem Zeitpunkt geeignet gewesen wäre, eine rechtsverbindliche Zustellung zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer habe auch weder Beweise noch Bescheinigungsmittel dafür angeboten, daß die angeführte Adresse jemals tatsächlich die des Auskunftpflichtigen gewesen sei. Weiters habe der Beschwerdeführer nicht darlegen können, daß die genannte Person überhaupt existiere. Der Beschwerdeführer sei somit der ihn treffenden Auskunftspflicht nicht nachgekommen.

Mit dieser Rechtsauffassung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, verpflichtet die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung am administrativen Ermittlungsverfahren zumindest erheblich erschwert ist, als Lenker im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 den Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkung am Verwaltungs(straf)verfahren. Die Behörde kann dann, wenn ihr Versuch, mit der als Lenker bezeichneten Person in Kontakt zu treten, scheitert, den Zulassungsbesitzer dazu verhalten, zumindest die Existenz dieser Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen. In diesem Zusammenhang kann davon ausgegangen werden, daß ein Zulassungsbesitzer sein Kraftfahrzeug nur Personen zum Lenken überläßt, die er näher kennt. Die Behörde hat umgekehrt die Verpflichtung, von Amts wegen jene Ermittlungen über die Richtigkeit der Angaben des Zulassungsbesitzers anzustellen, die ihr ohne Schwierigkeiten möglich sind, wie etwa die Einholung von Meldeauskünften. Verweigert es der Zulassungsbesitzer grundlos, die Glaubhaftmachung im oben genannten Sinn zu versuchen, wird die Behörde in der Regel berechtigt sein, die Angabe eines im Ausland befindlichen Lenkers als unrichtig zu qualifizieren. Das "in Verbindung treten" mit der als Lenker namhaft gemachten, im Ausland lebenden Person wird - sofern nicht ein Rechtshilfeabkommen eine andere Vorgangsweise gebietet - regelmäßig dadurch zu geschehen haben, daß die Behörde an die namhaft gemachte, im Ausland lebende Person ein Schreiben mit dem Ersuchen um schriftliche Stellungnahme richtet. Langt innerhalb angemessener Frist - aus welchen Gründen immer - eine Erklärung der betreffenden Person bei der Behörde nicht ein, so muß dieser Versuch als gescheitert angesehen werden und die Behörde hat dem Beschuldigten im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zu geben, entsprechend seiner erhöhten Mitwirkungspflicht den Entlastungsbeweis in anderer Weise - etwa in der Form, daß er selbst eine schriftliche Erklärung des Entlastungszeugen vorlegt oder, wenn es um die Lenkereigenschaft des Beschuldigten im Tatzeitraum geht, durch Glaubhaftmachung zumindest des Aufenthaltes dieser Person in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt - zu erbringen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991, Slg. Nr. 13.451/A, und das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1992, Zl. 92/02/0146).

Im Beschwerdefall hat die Behörde erster Instanz nach Scheitern des Versuches, die Aufforderung zur Bekanntgabe des verantwortlichen Lenkers dem M.d.S. an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse zuzustellen, den Beschwerdeführer mit Ladungsbescheid vom 2. Oktober 1997 vom Fehlschlagen des Zustellversuches infolge einer ungenügenden Adresse informiert und ihn gleichzeitig aufgefordert, zum Vernehmungstermin die zu seiner Verteidigung dienenden Beweismittel mitzubringen bzw. solche bekanntzugeben. Im Verlauf der am 22. Oktober 1997 durchgeführten Vernehmung hat der Beschwerdeführer aber lediglich angegeben, der bekanntgegebene Lenker sei ein Freund, den er seit etwa 25 Jahren kenne und der in unregelmäßigen Abständen nach Wien komme und ihn besuche. Der Genannte habe sich in den 70er-Jahren in Wien aufgehalten; die angegebene Anschrift sei die dem Beschwerdeführer zuletzt bekannte.

Mit diesem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren ist der Beschwerdeführer aber trotz gebotener Gelegenheit der ihm - wie dargelegt - obliegenden verstärkten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, weil diesem Vorbringen weder ein Hinweis darauf, daß der vom Beschwerdeführer angegebene Lenker sich zum Zeitpunkt des Abstellen des Kraftfahrzeuges tatsächlich in Wien aufhielt, noch Bescheinigungsmittel für die tatsächliche Existenz des Genannten zu entnehmen sind. Der belangten Behörde kann daher nicht der Vorwurf rechtswidrigen Vorgehens gemacht werden, wenn sie bei diesem Sachverhalt davon ausging, daß der Beschwerdeführer der in § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 normierten Verpflichtung zur Bekanntgabe des verantwortlichen Lenkers nicht nachgekommen ist.

Soweit der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde rügt, ist ihm entgegenzuhalten, daß gemäß § 51e Abs. 2 VStG eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängige Verwaltungssenat unterbleiben kann, wenn eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Durchführung einer Verhandlung von keiner Partei ausdrücklich verlangt wurde. Da im Beschwerdefall eine Geldstrafe von lediglich S 2.000,-- verhängt wurde und der Beschwerdeführer nach Ausweis der Verwaltungsakten weder in seiner Berufung noch sonst die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt hat, stellt das Unterbleiben einer solchen keinen Verfahrensmangel dar.

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. September 1998

Schlagworte

Beweismittel Zeugen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998020070.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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