TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/25 G314 2219002-1

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Entscheidungsdatum

25.06.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67

Spruch

G314 2219002-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, slowakischer Staatsangehöriger, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), der Slowakisch spricht und bis Oktober 2017 in seinem Herkunftsstaat lebte, war im Bundesgebiet von Oktober 2017 bis Juli 2018 als Arbeiter bei einem Transportunternehmen vollversichert erwerbstätig. Am 08.03.2018 wurde ihm eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer ausgestellt. Er ist ledig und kinderlos. Bis 19.02.2019 war er an einer Adresse in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet, hielt sich dort aber ab August 2018 nicht mehr auf, weil das Gebäude abgerissen wurde. Ab dieser Zeit war er im Bundesgebiet unsteten Aufenthalts. Nach dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses wollte er sich selbständig machen und war ab August 2018 bei der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft sozialversichert, zahlte aber die Beiträge nicht. Er hat Gewerbeberechtigungen für die freien Gewerbe "Handelsgewerbe" und "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen bis 3,5 t" inne, nahm aber als Einzelunternehmer keine Geschäftstätigkeit auf und hielt sich abwechselnd in der Slowakei und in Österreich auf.

Am 18.10.2018 wurde der BF im Bundesgebiet verhaftet, in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und teils durch Einbruch begangenen Diebstahls (§§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall, 15 StGB) zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er von August 2018 bis zu seiner Verhaftung in zahlreichen Angriffen Buntmetall und Batterien im Gesamtwert von über EUR 91.000 stahl bzw. zu stehlen versuchte. Bei der Strafzumessung wurden das Geständnis und der Umstand, dass Taten beim Versuch blieben, als mildernd, die Vorstrafenbelastung, die Zureise zur Begehung einzelner Straftaten aus dem Ausland nach Österreich, die zweifache Diebstahlsqualifikation, der rasche Rückfall nach einer Verurteilung in der Slowakei und die Begehung während eines dort anhängigen Strafverfahrens dagegen als erschwerend berücksichtigt.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig, war aber zuletzt in Österreich ohne Beschäftigung. Er wird aktuell in der Justizanstalt XXXX in Strafhaft angehalten; das urteilsmäßige Strafende ist - unter Berücksichtigung der angerechneten Vorhaft und diverser Ersatzfreiheitsstrafen wegen Verwaltungsübertretungen - am 06.02.2020.

Der BF wurde mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu äußern. Er erstattete keine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen den BF ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, weil er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei und über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfüge. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete aufgrund seines Verhaltens, welches das Grundinteresse der Gesellschaft an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre, hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Mit seiner Beschwerde strebt der BF die Behebung des angefochtenen Bescheids, allenfalls die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots, an. Hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Außerdem beantragt er, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Er bringt vor, dass die Behörde durch die Unterlassung seiner Einvernahme sein Recht auf Parteiengehör verletzt habe. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass er zehn Monate lang im Bundesgebiet unselbständig erwerbstätig gewesen sei und hier familiäre und private Anknüpfungen habe, weil seine Cousine mit ihren Kindern in Vorarlberg lebe. Er könne nach seiner Entlassung aus der Haft bei ihr arbeiten. Die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots sei nicht geboten, weil er seine Straftaten sehr bereue und ein straffreies Leben beginnen wolle, sodass keine Wiederholungsgefahr bestünde.

Das BFA legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 20.05.2019 einlangte. Am selben Tag langten auch eine Arbeitsbestätigung und eine Einstellungszusage für den BF beim BVwG ein.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus den Angaben des BF bei der Beschuldigtenvernehmung vor der Polizei, sowie aus dem Beschwerdevorbringen, aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug, dem Gewerbeinformationssystem Austria und dem Fremdenregister. Entscheidungswesentliche Widersprüche bestehen nicht.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat darüber gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, hat das BVwG diese gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG vom Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des oder der Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 oder Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Solche konkreten Gründe wurden hier nicht vorgebracht. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Slowakei) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG. Aufgrund der massiven gewerbsmäßigen Vermögensdelinquenz des BF, seines belasteten Vorlebens und der Missachtung melderechtlicher Vorschriften sind die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt, zumal aufgrund seiner finanziellen Situation eine erhebliche Wiederholungsgefahr besteht, seine Taten noch nicht lange zurückliegen und er im Bundesgebiet auch mehrere Verwaltungsübertretungen beging.

Auch das Vorbringen des BF, er sei mehrere Monate lang legal im Bundesgebiet erwerbstätig gewesen, habe gute Kontakte zu seiner in Österreich lebenden Cousine und deren Familie und einen Arbeitsplatz in Aussicht, führt nicht dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK zuzuerkennen ist, weil aufgrund der Straffälligkeit ein sehr großes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung besteht. Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es trotz der in der Beschwerde geäußerten Reue grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Vollzug der Haftstrafe (siehe z.B. VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0094).

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist knapp, aber im Hinblick auf die Eigentumskriminalität des BF und den Umstand, dass er sich nicht an seiner Meldeadresse aufhielt, als ausreichend anzusehen.

Im Ergebnis ist daher die sofortige Ausreise des BF nach dem Strafvollzug aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA in diesem Zusammenhang vorgenommene Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2219002.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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