TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/8 98/15/0155

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Veröffentlicht am 08.10.1998
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §1 Abs2 Z2;
UStG 1972 §4 Abs2 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/15/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, in den Beschwerdesachen der X-Gesellschaft m.b.H. i.L. in K, vertreten durch die Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft Dr. Arnold in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Dezember 1993, Zl. GA 7-1090/4/93, betreffend Aussetzung der Einhebung (protokolliert zur hg. Zl. 95/15/0139), und Zl. GA 7-1090/93, betreffend Sicherstellung (protokolliert zur hg. Zl. 95/15/0140), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen von S 25.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Finanzamtes Krems vom 31. August 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. Juli 1993, die Einhebung der gesamten Umsatzsteuer auf Subventionen für den Zeitraum Jänner 1991 bis Oktober 1992 in der Höhe von insgesamt S 2,839.742,-- "bis zum Abschluß des gesamten Verfahrens" (gemeint offenbar: bis zum Abschluß des jeweiligen Umsatzsteuerverfahrens) auszusetzen, hinsichtlich des Zeitraumes bis Mai 1992 gemäß § 212a BAO mit der Begründung abgewiesen, daß die Berufung gegen die Behandlung der Subventionen als Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1972 nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 1993, Zl. GA 7-1090/4/93, als unbegründet abgewiesen; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO die Aussetzung nicht zu bewilligen sei, insoweit die Berufung nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine. Dies treffe auf die Berufung in Umsatzsteuerangelegenheiten der Beschwerdeführerin zu, weil es sich bei den ihr vom Land Niederösterreich gewährten Zuschüssen nicht um echte Subventionen, sondern um Entgelte im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 handle.

Mit Beschluß vom 13. Juni 1995, B 323/94-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab. Mit weiterem Beschluß vom 8. September 1995,

B 323/94-9, trat er die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab.

II.

Mit Sicherstellungsauftrag vom 15. Februar 1993 ordnete das Finanzamt Krems zur Sicherung der Umsatzsteuer für die Jahre 1991 und 1992 im Ausmaß von insgesamt S 1,492.000,-- die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Beschwerdeführerin an.

Die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung, in der unter anderem ausgeführt wurde, daß die Vorgangsweise des Finanzamtes mangels Steueranspruches nicht gedeckt sei, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 1993, Zl. GA 7-1090/93, abgewiesen. Auch diese Berufungsentscheidung wurde unter anderem damit begründet, daß die vom Land Niederösterreich an die Beschwerdeführerin gewährten Zuschüsse keine sogenannten echten Subventionen, sondern Entgelte im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 darstellten.

III.

Mit Beschluß vom 13. Juni 1995, B 322/94-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab. Mit weiterem Beschluß vom 8. September 1995,

B 322/94-9, trat er die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab.

IV.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin in beiden Beschwerdefällen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des jeweils angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Vorgebracht wird, "daß dann, wenn eine Umsatzsteuerforderung nicht berechtigt ist, aus Anlaß der Berufung gegen diesen Umsatzsteuerbescheid Aussetzung der Einhebung zu gewähren ist und ein Sicherstellungsauftrag nicht erlassen werden darf".

V.

Bezugnehmend auf den vom Verfassungsgerichtshof am 9. Oktober 1997 gefaßten Beschuß, B 4717/96-10, B 509/97-9, in welchem der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Wortteiles "bundes" in den Worten "bundesgesetzlich" im ersten und im zweiten Halbsatz der Z. 2 zweiter Satz des § 4 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, eingeleitet hatte, faßte der Verwaltungsgerichtshof am 18. Dezember 1997 zu den Zlen. A 2/98, A 3/98 den Beschluß, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, den eben wiedergegebenen Wortteil in den zitierten Gesetzesstellen als verfassungswidrig aufzuheben bzw. in eventu festzustellen, daß diese Gesetzesstellen verfassungswidrig waren.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juli 1998, G 466, 467/97 und G 25/98, wurde der Wortteil "bundes" in den Worten "bundesgesetzlich" im ersten und zweiten Halbsatz der Z. 2 zweiter Satz des § 4 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, u. a. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden als verfassungswidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof sprach aus, daß frühere gesetzliche Vorschriften nicht wieder in Wirksamkeit treten und die aufgehobenen Wortteile nicht mehr anzuwenden sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Da es sich bei den vorliegenden Beschwerdefällen um Anlaßfälle für die verfassungsgerichtliche Aufhebung der von der belangten Behörde angewendeten und auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Gesetzesstellen handelt, ist bei der Entscheidung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juli 1998 bereinigte Rechtslage zugrundezulegen. Demnach gehören zum umsatzsteuerlichen Entgelt nicht auch gesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschußberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln gesetzlich errichteter Fonds gewährt werden, mithin also auch nicht landesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschußberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln gesetzlich errichteter Fonds gewährt werden.

Demgegenüber geht die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden jeweils davon aus, daß die vom Land Niederösterreich an die Beschwerdeführerin gewährten Zuschüsse Entgelte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 darstellten.

Die vom Verwaltungsgerichtshof in den vorliegenden Beschwerdefällen anzustellende Prüfung, ob die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin in Umsatzsteuerangelegenheiten zu Recht als nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend angesehen und im Hinblick darauf gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO die Aussetzung nicht bewilligt hat bzw. bei der Sicherstellung, ob der gesicherte Abgabenanspruch gegenüber der Beschwerdeführerin entstanden ist, ergibt somit auf dem Boden der bereinigten Rechtslage, daß diese Fragen entgegen der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Rechtsansicht zu verneinen sind. Damit haftet aber den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes an, weswegen sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.

Eine Auseinandersetzung mit dem übrigen Beschwerdevorbringen war unter diesen Umständen entbehrlich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 8. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998150155.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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