TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/9 96/19/1172

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Veröffentlicht am 09.10.1998
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;
StGB §164;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1965 geborenen SK in Graz, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 1996, Zl. 305.259/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 31. Mai 1995 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung; mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14. Jänner 1996 wurde der Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Behörde erster Instanz ging vom Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) aus, weil der Beschwerdeführer am 10. Jänner 1994 wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt worden sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er darauf hinwies, mit seiner Ehegattin und seinen beiden Kindern in Österreich nach seiner Flucht aus dem Kriegsgebiet Bosnien-Herzegowinas zu leben, über eine Arbeitserlaubnis zu verfügen und sich in Österreich als voll integriert zu betrachten. Es handle sich bei seiner Verurteilung nur um ein "verdünntes Vermögensdelikt", weshalb er um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ersuche.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Die belangte Behörde ging davon aus, der Beschwerdeführer habe durch seine Straftat gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die Vorschriften des österreichischen Fremdenrechtes einzuhalten und zu respektieren und stelle die Tatsache seiner Straftat eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, da sein Verhalten auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könnte und eine "Bewilligung seines Verhaltens" jegliche fremdenrechtliche Bestimmungen obsolet erscheinen ließen. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG durfte eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorlag. Die maßgebliche Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Vorauszuschicken ist, daß der gegenständliche Beschwerdefall nicht unter die Bestimmungen des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 fällt, weil der Beschwerdeführer zuvor noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung im Sinne des Aufenthaltsgesetzes oder über einen am 1. Juli 1993 gültigen Sichtvermerk verfügte.

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf den Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die im Bescheid festgestellte strafgerichtliche Verurteilung erlitten zu haben. Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, daß das in der wiedergegebenen strafgerichtlichen Verurteilung zum Ausdruck gebrachte Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere unter Berücksichtigung des hohen Strafausmaßes, den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht und somit gemäß § 5 Abs. 1 AufG dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen wäre (vgl. zur Gewichtung der Eigentumskriminalität das hg. Erkenntnis vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0004).

Der Beschwerdeführer wendet sich in der Beschwerde gegen die Begründung des angefochtenen Bescheides, soweit sie die bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vorzunehmende Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar derart, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 96/19/0400).

Der Beschwerdeführer brachte diesbezüglich in der Berufung vor, sowohl beruflich als auch sozial im Bundesgebiet integriert zu sein, zumal sich seine Familie (Ehegattin und zwei Kinder) im Inland aufhalte, er einer geregelten Arbeit nachgehe und über eine aufrechte Arbeitserlaubnis verfüge. Das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot sei aufgehoben worden und liege die Grundlage für die Annahme der Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG, nämlich die wegen Hehlerei erfolgte Verurteilung, bereits über zwei Jahre zurück, seither habe er sich wohlverhalten.

Die von der belangten Behörde - wenn auch nur kurz - vorgenommene Erforderlichkeitsprüfung im Sinn des Art. 8 MRK ist im Ergebnis jedenfalls zutreffend. Der Beschwerdeführer hält sich seit April 1992, allenfalls auf Grund eines aus § 12 AufG in Verbindung mit der jeweiligen Verordnung der Bundesregierung erfließenden "vorläufigen" Aufenthaltsrechtes, im Bundesgebiet auf. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erweist sich daher zum Schutz der öffentlichen Interessen als erforderlich im Sinn des Art. 8 Abs. 2 MRK. Wenn die belangte Behörde wegen der vom Beschwerdeführer gezeigten Mißachtung der österreichischen Rechtsordnung das öffentliche Interesse an der Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung für schwerer wiegend als das private Interesse des Beschwerdeführers ansah, kann ihr daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996191172.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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